Interview mit Patrick und Malik von Start A Revolution

Ein Interview von Mandragora vom 31.03.2018 (9213 mal gelesen)
Vor kurzem haben START A REVOLUTION ihr aktuelles Album "Survivors" veröffentlicht. Die Scheibe hat mich nicht nur musikalisch, sondern auch inhaltlich begeistert und so bin ich sehr froh, dass sich Patrick und Malik die Zeit genommen haben, mit uns über die Band, das Album und die zukünftigen Pläne zu reden.

Hey, zunächst möchte ich euch zu eurem neuen Album "Survivors" gratulieren, das mir wirklich ausgenommen gut gefallen hat.

Patrick: Hey Anja, lieben Dank!

Gleich als Erstes stellt sich mir natürlich die Frage, wie ihr zu eurem aufrührenden Namen START A REVOLUTION gekommen seid? Wollt ihr alle zur Revolution aufrufen, oder was steckt hinter eurer Namenswahl?

Patrick: Die Idee hinter dem Bandnamen START A REVOLUTION meint im ursprünglichen Sinne keine politische Revolution, sondern fordert zu einer Revolution in unseren Köpfen auf. Sich das Leben bewusster zu machen, bewusst zu leben und sich von den Automatismen, die unser Leben dominieren, zu lösen.

Ihr seid ja noch verhältnismäßig unbekannt, berichtet unseren Lesern doch mal etwas zu eurer Bandgeschichte. Wann habt ihr euch gegründet und wie kommt ihr zu eurem Albumtitel "Survivors"?

Patrick: Gegründet haben wir uns ursprünglich im Jahr 2005, wobei wir in der jetzigen Formation - mal ganz abgesehen von kleinen Besetzungswechseln - seit 2012 unterwegs sind.

Malik: Der Titel hat für uns viele Facetten, die sich aus den Geschichten ergeben haben, die wir erlebt haben und die auch die Songs erzählen. Natürlich naheliegend ist das wörtliche physische Überleben wie zum Beispiel das der Menschen, die aufgrund von krasser Bedrohung aus ihrer Heimat fliehen müssen. Unser Opener 'Hellcome' handelt davon – und auch von den Gründen, die unserer Meinung nach dazu führen. Aber auch das erfolgreiche Überstehen schwerer persönlicher Krisen kann sich wie ein Überleben anfühlen, Depression ('Anchor', 'Sit&Wait') oder das Ende von Beziehungen ('Broken Heart') und den damit verknüpften Vorstellungen und Illusionen. Einfach das schmerzhafte Durchstehen solcher Situationen. Im Englischen werden nach einem Todesfall die Hinterbliebenen auch als Survivors bezeichnet: “He/She is survived by her family”. Auch der Tod ist etwas, mit dem wir uns schmerzhaft auseinandersetzen mussten. All das findet seinen Widerhall in dem Titel.

"Survivors" ist ja schon euer zweites Album. Wie unterscheidet sich euer neues Album im Vergleich zum Debüt?

Patrick: Ich würde behaupten "Survivors" klingt alles in allem erwachsener als unser erstes Album "The Day We’ve Been Waiting For". Beide Alben trennen zehn Jahre, in solch einer Zeit verändert sich vieles, man erlebt oder durchlebt Höhen und Tiefen. Ein anderer, maßgeblicher Unterschied ist, dass wir uns auf der neuen Platte auch an politische und gesellschaftskritische Themen rantrauen. Wir sind mehr oder weniger erwachsen, unsere Standpunkte zu diversen Themen sind gereifter. Wir wollten damals auch nicht als halbstarke Wohlstandskids wahrgenommen werden, die linke Parolen dreschen, um in der linken Szene eine Plattform für ihre Musik zu finden.

Ihr wart ja auch schon in Russland auf Tour, was ich persönlich sehr beeindruckend finde. Erzählt doch mal etwas darüber – war es anders als in Deutschland? Gab es deutliche sprachliche Barrieren?

Patrick: Oooh ja! Wir waren 2014 und 2016 in Russland unterwegs. Während wir in 2014 mit der Transsibirischen Eisenbahn im Platzkart - der sogenannten Holzklasse - im 52-Betten-Wagen von St. Petersburg bis nach Westsibirien (Tyumen) unterwegs waren, hatten wir in 2016 einen Tourvan mit unserem russischen Fahrer Evgeny, der uns in einem Radius von ca. 700 Kilometern rund um Moskau durch die unglaublichen Straßen Russlands chauffiert hat. Russland ist schon eine andere Welt, wobei es von Stadt zu Stadt auch Unterschiede gibt. So sind St. Petersburg und Jekaterinburg vom Flair eher westlich angehaucht, Städte wie Samara oder Toljatti das Kontrastprogramm, mit vielen, kaputten Häusern, sehr viel Staub und Sand. Die Sprachbarriere beginnt am Flughafen in Russland und knifflig wird es vor allem in Bahnhöfen, wenn man kein einziges Wort lesen kann und eigentlich vollkommen aufgeschmissen ist, weil kaum jemand Englisch sprechen kann. Wir hatten aber beide Male unseren russischen Tourmanager Alex dabei, der uns durch alle Situationen geholfen und sich um alles gekümmert hat. Ohne ihn hätten wir das so nicht machen können, die Sprachbarrieren sind tatsächlich zu groß.

Eure Songs weisen ja eine doch verhältnismäßig große Bandbreite an Einflüssen und Stilen auf und sind meines Erachtens nach sehr reflektiert. Welche Bands beeinflussen euer Songwriting, was hört ihr privat gerne und habt ihr eine besondere Art eben dieses Songwritings? Was steckt hinter euren Texten?

Patrick: Tatsächlich ist die Herangehensweise an das Songwriting eine verhältnismäßig reflektierte. Das meint, dass die Musik in ihrem Stil nicht zufällig so passiert ist, sondern dass ich als Songwriter bewusst entscheide, welche stilistischen Merkmale in einem Song verarbeitet werden. Natürlich bediene ich mich da an charakteristischen Merkmalen meiner Lieblingsbands, das sind u.a. BOYSETSFIRE, IGNITE oder die Kölner DAYS IN GRIEF, die es mittlerweile leider nicht mehr gibt, aber auch Bands wie STORY OF THE YEAR und BILLY TALENT, deren Einschlag man aber eher in Songs auf dem ersten Album hören kann. Ich kopiere dabei keine Passagen, aber lasse mich gerne inspirieren, kombiniere die Einflüsse miteinander und versuche, etwas Eigenes daraus zu machen. Die Texte sind vielschichtig: In 'Hellcome' geht es um die Flüchtlingskrise, die nach wie vor aktuell ist, und setzen diese in Zusammenhang mit Rüstungsexporten in Krisenländer. 'Broadcaster' thematisiert die Manipulation durch Massenmedien. In 'Anchor' hingegen wird es persönlich. Darin geht es um das Thema Depressionen, wobei der Fokus da auf dem Element der Hoffnung liegt. Wenn es Dir schlecht geht, halte Dich an Deinem persönlichen Anker fest, der Dir hilft, die harte Zeit zu überstehen und da wieder rauszukommen. Das kann der Freund oder die Freundin sein, die Familie oder aber auch die Liebe zur Musik.

Was ist denn euer Lieblingssong auf "Survivors"?

Patrick: Meiner ganz klar 'Anchor'! :)

Und was sind eure nächsten Pläne (Auftritte usw …)?

Malik: Wir booken ja eigentlich ununterbrochen und freuen uns immer über interessante Gig-Angebote. Trotz unserer weiten Reisen gibt es immer noch viel zu viele weiße Flecken auf der Landkarte, allen voran Süd- und Ostdeutschland – wobei wir uns freuen, dass wir auf die Rock’N’Metal Dayz in der Motorsportarena Oschersleben gebucht wurden. Wir wissen: der Osten ist heiß und wir würden definitiv dort gerne mehr spielen.

Was war eure bisher verrückteste Situation die ihr mit START A REVOLUTION erlebt habt?

Patrick: Ich erinnere mich zurück an einen Abend in Tyumen, Westsibirien. Nach einer sehr langen Zugfahrt wurden wir vom Veranstalter abgeholt und zum Club gefahren, in dem wir auftreten sollten. Er zeigte uns den Club und erzählte uns auf die selbstverständlichste Weise, dass er kein Essen vorgesehen und auch kein Hostel für uns eingeplant hat. Es gäbe zwei Liegebänke und das ein oder andere Sitzkissen, auf dem man Backstage schlafen könnte nach der Show. Wir waren leicht angefressen. Da sich kein Hostel mehr organisieren ließ, nahmen wir unser Schicksal an. Gegen halb 4 Uhr morgens lagen wir im Backstage auf Bank und Boden, der ein oder andere schlief, aber nicht lang. Der total betrunkene Veranstalter hatte sich zu uns gelegt und schnarchte so laut, dass wir alle wach waren. Also haben wir ihn vom Allerfeinsten dekoriert, mit Kartons, ihn mit Klebeband eingewickelt, viele alberne Selfies gemacht. Irgendwann wurde er wach, stand, auf befreite sich von seinen Klebefesseln, zückte ein Messer und war außer sich. Das war ein wenig brenzlig, er ließ aber dann schnell ab und alles ging gut aus.

Welchen Berufen geht ihr nach und wie könnt ihr eure Berufe mit dem Wunsch nach Touren vereinbaren?

Malik: Wir sind alles vom Student über Freiberufler (Design, Musik) über Ingenieur, also einmal die volle Bandbreite. Das Praktische in unserer Band: Jeder kann auf seine Weise was zum Wachsen des Projekts beitragen. Ich mache zum Beispiel Design und Video-Dinge, Jens und Ferdi haben als Maschinenbauer die Technik im Griff … innerhalb einer Band gibt es unendlich viele spannende Aufgaben für jeden. Oder wie ein Freund von mir immer sagt: Jeder kann was.

Vielen Dank für das Interview! Zum Abschluss habt ihr noch die Chance etwas loszuwerden, das ich nicht gefragt habe …:

Malik: Uns freut sehr, wenn ihr unserem Album ein Ohr schenkt - aber das Größte bleibt weiterhin, wenn wir mit euch eine Show zusammen rocken. Der Dialog zwischen Bühne und Crowd ist einfach das Intensivste und Größte, was es gibt. Immer spannend, immer neu, immer spontan – immer ein Event. Daher: bis zur nächsten Show und danke an Bleeding4Metal!

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