Interview mit Mat Sinner von Primal Fear

Ein Interview von Odin vom 02.04.2002 (14592 mal gelesen)
Nein, kein Selbstgespräch, man achte auf den feinen Unterschied...

Mat:   Ja hier ist der Matthias von Primal Fear, grüße Dich. Wir sollen ein Interview machen! Da kann ich wenigstens mal Deutsch reden, ist auch mal nett.

Nat:   Ja, der Ralph war mir angekündigt, der sollte eigentlich auch schon vor zwei Wochen anrufen - weißt Du, was da schief gelaufen ist?

Mat:   Ne. Ne, wer sagt sowas?

Nat:   Das war mit dem Jaap (Head of Promotion bei Nuclear Blast) abgesprochen...

Mat:   Aha. Der Ralph kann immer erst später abends.

Nat:   Na gut. In der Zwischenzeit ward ihr in .. Griechenland, glaube ich, auf Promotion?

Mat:   Mhm. Wir waren eigentlich überall jetzt. Ganz Europa.

Nat:   Wie kam es eigentlich, dass ihr für einen Teil der Aufnahmen bis nach Texas geflogen seid?

Mat:   Ja, wir wollten einfach mal unsere Ruhe haben. Und das Studio in Texas wurde uns angeboten von unserer amerikanischen Plattenfirma, die hatten da einen ziemlich guten Deal, das Studio ist technisch auch sehr gut ausgerüstet und dann haben wir uns halt dazu entschlossen, dieses Mal was Neues auszuprobieren und zu sagen, ja, komm', laßt uns mal was anderes machen. Dort kann kein Auto verrecken, kann keine Waschmaschine verrecken, gibt's keinen Stress mit der Freundin, keine Anwälte, keine Steuer, kein nix, sondern wirklich 14 Tage mal nur Konzentration auf Aufnahme und Mix. Und das war eine sehr schöne Zeit.

Nat:   Und das ist hierzulande nicht mehr möglich, da habt ihr zu viel um die Ohren?

Mat:   Ach, sage mal, ich muss eigentlich mal sagen, dass das überhaupt nichts mit der Technik zu tun hat. Weil technisch gut ausgerüstete Studios gibt's in Europa wirklich genug. Aber das war einfach um mal aus dem normalen Umfeld auch mal weg zu sein, um wirklich die Ruhe zu haben.

Nat:   Wie würdest Du die Entwicklung zum neuen Album hin und auf dem neuen Album beschreiben - auch im Vergleich zu "Nuclear Fire" etwa?

Mat:   Wir wollten eigentlich verschiedene Dinge anders machen, nicht das gleiche Album nochmal aufnehmen, und wir hatten von vorne herein eine klare Vorstellung, wie wir das umsetzen können. Also es gehört nicht nur die Musik dazu, sondern auch das Cover, das Coverartwork, die textliche Seite des Ganzen und natürlich auch 'ne Musik und da haben wir uns wirklich Gedanken gemacht, was können wir machen? Haben angefangen, dass man das Cover von der farblichen Seite in eine total andere Richtung schiebt, haben überlegt, ob wir diesmal irgendwie eine schöne Story stricken können und die dann sagen wir mal über die ganzen Texte gehen soll, und auch das haben wir irgendwie verwirklicht, dass wir ein kleines Konzept hinter der ganzen Sache hatten. Und dann kam die Musik und von vorne herein haben wir gesagt, wir wollen die Arrangements ein bißchen anders haben, bißchen mehr Platz haben für Gitarren, Lead-Gitarren, auch Breaks, auch Atmosphäre schaffen und auch die Songs ruhig mal ein bißchen länger gehen lassen und auch dem Ralph mal richtig Zeit und Platz zu geben, dass er auch mal etwas ruhiger singen kann und nicht nur in den höchsten Tönen rumschreien kann. Und so sind wir an das Songwriting rangegangen für die Platte.

Nat:   Und die textliche Thematik ist ja ziemlich endzeitmäßig?

Mat:   Ja, klar. Also irgendwie (lacht) ist das ziemlich - vielleicht kommt nächstes Mal 'ne fröhliche Platte raus, keine Ahnung. Aber es ist halt so, dass unsere Erde eigentlich die letzten 50 Jahren ziemlich viel mitgemacht hat und am Verrecken ist. Wir schicken unsere Adler ins Weltall - sind ja eigentlich stählerne Adler - um einen neuen Planeten für die Menschheit zu suchen, und auf dieser Reise durch das All, bis die den Planeten finden, passiert halt einiges, und das wird hier beschrieben.

Nat:   Mehr Platz für die Gitarren hast Du angesprochen - ist zwar schon eine Weile her, aber mit Henny (Wolter) ist da ja noch eine kreative Kraft hinzugekommen und das merkt man glaube ich, dass er sich da stark einbringt.

Mat:   Ja. Also ich meine beide sind eigentlich auf einem super Level, spielen beide eine wahnsinnig gute Gitarre, ergänzen sich super und spielen auch relativ unterschiedlich, so dass man da auch in verschiedenste Richtung sehr viel dabei rausholen kann. Also es sind auch sehr friedliche Menschen, die sich nicht irgendwie die ganze Zeit streiten, wer spielt welchen Part, sondern mit den zwei kann man wirklich super arbeiten und es ist ein sehr, sehr angenehmes Feeling mit denen und eigentlich sehr demokratisch. Und deswegen bleibt uns auch mehr Zeit, zu produzieren und zum Arbeiten und weniger Zeit zum Streiten, das ist mir grade recht.

Nat:   Merkt man ja auch an den teilweise mehrstimmigen Soli, die sie recht friedlich zusammen vortragen.

Mat:   (lacht) Ja, also auf jeden Fall, sagen wir mal so, ich habe ja schon mit sehr, sehr vielen Gitarristen und auch sehr guten und bekannten Gitarristen zusammengearbeitet, aber was die zwei da auf der neuen Platte spielen ist also für mich selbst - bin ich selber stolz, dass wir das so irgendwo hingezimmert haben.

Nat:   Müßt ihr euch eigentlich immer noch oft die Vergleiche mit Judas Priest gefallen lassen?

Mat:   Och... sagen wir es mal so, der Vergleich hinkt nach meiner Meinung immer mehr, immer mehr, immer mehr. Je mehr Platten Priest macht, je mehr hinkt der Vergleich. Weil im Prinzip denken wir eigentlich überhaupt nicht mehr an sowas. Dass der Hergott dem Ralph irgendwie so eine ähnliche Stimme wie dem Halford gegeben hat, kann was tolles sein, kann auch ein Fluch sein, wir nehmen es halt einfach so, wie es ist. Und wir versuchen also auch - z.B. auf der neuen Platte haben wir unheimlich viel am Gesang gearbeitet, dem Ralph seine Stimme hat im Studio super gehalten auch, es ist für Sänger nunmal nicht so einfach wie für Gitarristen, es ist nunmal ein humanes Organ. Aber dem Ralph seine Stimme war top in Schuss und wir konnten richtig an den Parts feilen und auch dran arbeiten, so dass er auch mal ein bißchen sich von einer anderen Seite zeigen kann. Aber wie gesagt, die Priest-Vergleiche - wenn wir das nicht die ganze Zeit lesen irgendwo und die Leute sagen "Jaaaa, Black Sun hört sich wie Judas Priest an!", dann sagen wir schon, ey, was soll der ganze Scheissdreck eigentlich, ach, stimmt doch gar nicht mehr! Also wenn ich jetzt "Black Sun" mit "Demolition" vergleiche... ach, das hat überhaupt nichts miteinander zu tun.

Nat:   Ja, ich hab' mich jetzt auch eher auf ältere Priest bezogen bzw. habe Leute gehört, die sagen, ihr hört euch an, wie sich Priest früher angehört hätten mit einer ordentlichen Produktion...

Mat:   Ja, es ist halt meistens so, weil a) haben wir zwei Gitarren, Priest hat auch ab und zu mal was so doppelstimmige Sachen gemacht, das stimmt schon, und es ist auch eine traditionelle Metal Band und Ralph hat halt ein ähnliches Organ wie der Halford, ja. Und ich möchte nicht abstreiten, dass das in manchen Passagen sich irgendwo ähnlich anhört, aber es ist ein Unterschied, ob du gestandene Musiker, talentierte Musiker vor dir hast, die auch selber in der Lage sind, einen Song zu schreiben, oder eine Coverband, ne? Also das ist schon ein Unterschied und wenn die Vergleiche dann zu oberflächlich und zu banal sind, dann versteht mal schon mal die Welt nicht mehr, aber eigentlich stehen wir da schon ganz gut drüber jetzt.

Nat:   Ihr habt ja ein Video gedreht zu... ähh...

Mat:   Armageddon.

Nat:   Ja, genau, danke. Habt ihr Hoffnung, dass das irgendwo Airplay bekommt?

Mat:   'türlich! Weil äh - (lacht) es hat viel gekostet... Aber Primal Fear ist eigentlich eine weltweit agierende Band und wir sehen nicht nur, dass bei uns in Deutschland irgendwie eine katastrophale Fernsehlandschaft ist, sondern es gibt auch Länder, wo sehr wohl auch solche Clips gespielt werden und viele Fans zuschauen. Aber das ist halt immer eine Problematik des Rufs unsere Metiers, dass Viva2 zum Beispiel es nicht auf die Reihe kriegt, mal irgendwie eine Stunde in der Woche Metal zu spielen, das ist eigentlich ein großes Armutszeugnis und eigentlich ein Offenbarungseid für die deutschen Medien. Wenn Du in die Charts glotzt, was sich da teilweise an wirklichen traditionellen Metal Bands rumtummelt und auf ordentlichen Plätzen tummelt, ist es unverständlich. Im Gegensatz dazu: Volksmusik kriegt die allerfeinsten Sendeplätze überall, und guck' mal in die Charts rein, wieviel Volksmusikplatten da sind... Also der Medienvergleich in Deutschland der hinkt so dermaßen, dass es einen nur ankotzen kann. Aber wie gesagt, Primal Fear guckt nicht nur auf Deutschland - Deutschland ist ein starkes Land von uns - aber Du in Italien, Frankreich, Spanien da freuen die sich richtig, wenn sie unser Video kriegen, und auch in Südamerika, Amerika und so weiter und so fort - es gibt überall eine kleine Plattform für das Video und Kleinvieh macht Mist und im Endeffekt macht das für uns Sinn.

Nat:   Hm, da sind die deutschen Fans ja etwas benachteiligt.

Mat:   Wir werden sicherlich einen Weg finden, wie wir das Video, ich sage mal von Viva ablehnen lassen, und den Fans trotzdem zugänglich machen. Also ich meine da gibt es Möglichkeiten zum Beispiel im Internet und so weiter, wo man sicherlich dann eine Chance hat auch mit Magazinen, Internet-Magazinen zusammenzuarbeiten etc.etc., um das Ding zu verbreiten - oder vielleicht auf der nächsten Single irgendwie draufzupacken usw. - also es gibt nicht nur irgendwie Viva und MTV.

Nat:   Ja, aber eine komplette DVD mit Video-Material ist noch nicht in Planung?

Mat:   Doch. Ja. Also wir haben letztes Jahr Wacken mitgeschnitten auf einer super Qualität und der Sound und das Bildmaterial ist wirklich vom allerallerfeinsten und es wäre eine Schande, wenn wir das nicht veröffentlichen würden. Wir haben auch Footage von der letzten Tour, werden natürlich auch verstärkt mit dem Gedanken dann auf der neuen Tour filmen, Video-Clips dazuaddieren, ein paar Gimmicks dazu machen und so weiter und so fort. Also da werden wir nächstes Jahr um diese Zeit schon irgendwas bereit haben.

Nat:   Das klingt vielversprechend...

Mat:   Ja, es ist auch wirklich toll geworden, das Material von Wacken ist einfach eine Wucht! Wenn Du die Menge der Leute dann siehst und wie das dann rüberkommt.. Als Musiker, wenn Du auf der Bühne stehst, kriegst du zwar mit, was da für eine Resonanz kommt, aber dass das so gewaltig war, das kriegst du dann wirklich erst mit, wenn du hinterher das Bildmaterial siehst und es war wirklich klasse.

Nat:   Die kommende Tour ist ja auch vielversprechend; Double-Headliner Package mit Rage - wißt ihr schon, wer noch als Special-Guest mit dabei ist?

Mat:   Nööö, also es ist auch so, dass wir Headliner sind und Rage ist Co-Headliner, wir sollen auch länger spielen und wir werden als letzter auftreten, also das mal zu dem, aber ich möchte mich da nicht rumstreiten. Rage ist eine tolle Band und ich bin froh, dass wir mal so eine Band mit auf Tour haben mit gestandenen Musikern, die auch wissen, was sie wollen, und eine tolle Musik machen. Und eine dritte Band geht nur dann mit, wenn sie dem Package noch zusätzliche Attraktivität bringt. Also wir nehmen nicht nur eine Band mit, weil sie Geld gibt oder damit halt drei Bands spielen, also das Hauptaugenmerkt ist ganz klar darauf, dass wenn eine dritte Band mitgeht, dass sie dem ganzen Package noch zusätzlich was bringt.

Nat:   Gut, das war's dann von mir aus.

Mat:   Alles klar, also mach's gut, tschüß!

Nat:   Tschüß, mach's besser.

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