Livebericht Devin Townsend |
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Ein Livebericht von Opa Steve aus Köln (Underground) - 29.06.2010 (30630 mal gelesen) |
Es war mal wieder so ein richtig heißer Tag, als die DEVIN TOWNSEND BAND (oder nun doch das DEVIN TOWNSEND PROJECT? Wir werden dem Meister noch in einem Interview auf den Zahn fühlen müssen) ohne viel Aufhebens im Kölner Underground auf ein Konzert lud. Ich war mir nicht klar, ob überhaupt viele dieses Event so richtig mitbekommen hatte und richtete mich schon auf einen luftig-gemütlichen Clubabend ein, so wie seinerzeit im Prime-Club oder später auf dem Prog-Power in Baarlo. Doch weit gefehlt. Schon der volle Biergarten des Underground ließ vermuten, dass sich dort nicht alle einfach mit einem frischen Getränk kühlen wollten, sondern heute war tatsächlich Devin angesagt. So traf man auch dann direkt zwischen Biergarten und Burger-King diverse "Stammkundschaft", die sich dieses seltene Event natürlich wieder einmal nicht entgehen lassen konnten. Devin, dessen Stil sich zwischen "Ocean Machine" und dem aktuellen Album "Addicted" mehrmals neu erfand, scheint trotz aller Unberechenbarkeit für seine Fans eine Konstante zu sein. Doch zuerst galt es, die Vorgruppe anzuchecken. Eigentlich waren LAYMENT dort mal angekündigt, aber offenbar wurde kurzfristig umdisponiert. SOLE SENTRY übernahmen die undankbare Aufgabe, ein auf Devin eingestelltes Publikum anheizen zu müssen. Obwohl das Material mit Blues-Einflüssen stark Rock-orientiert war, war die Publikumsflucht doch geringer als ich zuerst vermutete. Wie dem auch sei - die Dortmunder ließen nichts anbrennen, obwohl ihre Position an diesem Abend äußerst unpassend war. Glücklicherweise hatten sie auch ein paar angeproggte Titel wie 'Reveal' im Gepäck, die die entfachte Glut am Leben hielt. Zudem hatten sie eine faire Spielzeit und als Opening-Slot einen guten Sound. Im Club war es mittlerweile viel zu heiß, viel zu voll, der Schweiß zu nass, der Vordermann zu ungeduscht, und das Bier zu weit weg. Aber egal, unter diesen Bedingungen zählt jeder Zentimeter. Also begrabbelten sich die Die-Hard-Fans frühzeitig ganz vorn in den ersten Reihen, um bloß keinen guten Platz aufzugeben. Schon der Soundcheck des Bühnen-Notebooks für die Samples wurde bejubelt, genau wie jeder Kopf, der irgendwo mal im Halbdunkel des minimalistischen Backstage-Bereichs auftauchte. Als das Intro dann startete (welches mich im Übrigen stark an den Geisterbahn-Sound des nahegelegenen Phantasialand-Parks erinnerte) gab es kein Halten mehr. Schon mit dem Opener 'Addicted' zerstreuten sich allerdings leider die klammheimlichen Hoffnungen, dass Anneke van Giersbergen vielleicht auf Tour dabei sein könnte. Hey Anneke - Köln ist doch nun wirklich nicht so weit, das hättest du uns doch mal gönnen können?!? Schade, so kamen die Chöre vom Notebook, was gerade bei den "Addicted"-Titeln den Drummer immer wieder zu Clicktrack zwang. Überhaupt ist es witzig, die meist recht überproduzierten Titel der DEVIN TOWNSEND BAND live zu hören, wenn sich jedes Instrument klar durchsetzt, anstatt in einer Wall Of Sound unterzugehen. Die sonstigen weiblichen Leadvocals waren sehr dezent zurückgemischt bzw. wurden von Devin selbst gesungen, oder er motivierte das Publikum zu lauten Chören. So fehlte unter'm Strich nichts so richtig, und die Songs wirkten dennoch komplett. Devin wirkt anno 2010 unglaublich entspannt, wach und frisch. War er früher einst der geniale Lärm-Anarchist und dann der abgespacete Bewusstseinserweiterungs-Musiker ist er heute bodenständig und wirkt so, als könnte er zum ersten mal die Interaktion mit dem Publikum so richtig genießen. Er strahlte stets über beide Backen, genoss den Applaus, verbreitete Hippie-Vibes (schon zu Beginn wurde das Publikum aufgefordert schön stressfrei jeder auf seine Art das Konzert zu genießen, später animierte er zum Kuscheln und Schunkeln...). Bei den Songs gab es nicht mehr wie vor vielen Jahren endlose Echo-Soli aus dem Paralleluniversum, sondern er rockte die ersten Reihen in Grund und Boden, suchte Kontakt und drängte sich nebst Gitarre fast ins Publikum rein, und guckte auch mal gerne wie eine Mischung aus Mad Professor und Nosferatu. Dieser Blick war aber auch alles, was an den einst komplett Durchgeknallten erinnerte. Ähem, und vielleicht die Tatsache, dass er den Gig bei gefühlten 37°C durchweg im langärmeligen Pulli absolvierte.... Bei den vielen Titeln, die Devin im Laufe seines Lebens geschrieben hat, war eine repräsentative Auswahl natürlich schwierig. Das Material setzte sich aus der Schaffensperiode zwischen "Infinity" und "Addicted" zusammen, wobei das härtere "Physicist"-Album nur mit 'Kingdom' bedacht wurde - noch ein Indiz, dass der Mann auf kernigen Metal zur Zeit absolut kein Bock hat. Am außergewöhnlichsten kommt auch Live der "Ziltoid"-Stoff rüber. Der Fingerbrecher 'N9' wurde allerdings in atemberaubender Präzision runtergezockt, dass einem schlichtweg schwindelig wurde. Die DEVIN TOWNSEND BAND verzückte das Publikum schlussendlich mit einer enorm langen Spieldauer für's Geld und bot nach dem epischen 'Earth Day' einen ersten längeren Zugabenblock, der wieder mit einem epischen Titel ('Deep Peace') endete. Anschließend ließ er sich nochmal für 'Life' auf die Bühne bitten, und dann war der Abend dann leider doch zuende. Einem Crewmitglied wurde noch ein Geburtstagsständchen gesungen, und der Meister entließ uns mit einem augenzwinkernden "Now go home.". Fazit: mit diesem Mann wird noch lange zu rechnen sein. Wer seinen ersten Rückzug zur Familie als schleichenden Rückzug aus der Musik betrachtet hat, wird hier Lügen gestraft. Denn einer, der so viel Spass auf der Bühne hat, der wird auch immer wiederkommen. Und das hoffentlich bald! |
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