New Model Army - Unbroken

Review von John Torronto vom 11.03.2024 (1212 mal gelesen)
New Model Army - Unbroken "Wir haben Mitte 2021 in unserem eigenen Studio angefangen, erste Ideen zu schreiben und aufzunehmen. Schon früh wussten wir, dass unsere erste Wahl für den Mix der legendäre Tchad Blake [mehrfacher Grammygewinner als Musikproduzent und Toningenieur] sein würde. Das Album klingt nach uns, aber doch anders, und es wurde grandios abgemischt - kraftvoll, dynamisch und musikalisch", sagen NEW MODEL ARMY über ihr 16. ALBUM "Unbroken", erschienen am 26. Januar 2024 als CD Hardcover Mediabook, Heavyweight Black LP Gatefold, Ltd. Heavyweight Red LP Gatefold und Digital auf dem Label earMUSIC.

Ich sehe die Produktion an einer bestimmten Stelle anders als die Band selbst: Das Album klingt nicht anders, sondern ganz genauso, wie NEW MODEL ARMY klingen (müssen). Der erste Track 'First Summer After' (Singleauskopplung) lässt da auch keinen Zweifel aufkommen. Wummernder und dennoch knackiger Basssound, reduzierte Drums, welche nur Akzente auf die Snare setzen und ansonsten den Beatfokus auf die Toms legen, führen den charakteristischen Indie-Sound dieser nord-englischen Ausnahmeband seit ihrer Entstehung 1980 konsistent weiter. Die Gitarre hält sich sehr oft im Hintergrund und liefert meist mit gebrochenen Akkorden (Akustikgitarre meist vom Sänger Justin Sullivan gespielt) in Kombination mit dezent eingesetzten Synthie- bzw. Keyboardsounds einen unterstützenden Klangteppich. Genau dieses In-den-Vordergrund-Treten der Basslines macht den anfangs beschriebenen kraftvollen und dynamischen Sound aus. Ab und an bricht die E-Gitarre von Dean White in offenen Akkorden aus dem Nichts in einen Song ein, liefert aber dennoch kein Metalbrett. Nichtsdestotrotz spielen NEW MODEL ARMY keinen weichgespülten Indierock - das taten sie noch nie. Das Zusammenspiel von Bassist Ceri Monger und Schlagzeuger Michael Dean trägt auf besondere Art und Weise durch die einzelnen Songs. So beginnt 'Language' auch mit einer Solobassline, die sich dann als Main-Riff etabliert, gepaart mit einem klassischen Drum Shuffle fast ohne Snare. Wenn die Snare bemüht wird, dann ist das Fell bis zum Bersten gespannt, was soundtechnisch an NY-Hardcore Drums like SNAPCASE erinnert. Ich gebe zu, das alles muss man mögen, aber das scheinen viele Fans auch so zu sehen, da die meisten Tourtermine (Beginn 16.12.2023 im ausverkauften Köln Palladium) bereits ausverkauft sind. Wenn der geneigte Musikfreund jetzt nicht an dem immer gutturaler klingenden Gesang im Yorkshire Dialekt eines nicht mehr zahnlosen Justin Sullivan (bis ca. 2016 war er bekannt für seinen fehlenden Schneidezahn, das Gebiss ist jetzt vollständig) steht, dann gibt es von meiner Seite keine negative Kritik.

Textlich bewegen sich die Songs zwischen altem anklagendem Anti-Establishment und starkem Aktualitätsbezug, mit Hauptaugenmerk auf europäische und britische Politik, ohne jemals die Eindeutigkeit ihres Smash-Hits '51st STATE' zu erlangen. Aber auch die persönliche, menschliche Selbstreflexion in beispielsweise 'If I am Still Me' ist schon immer eine Eigenheit der Briten. You get what you deserve - wenn man sich "Unbroken" anhört (am besten auf Vinyl). Und das ist nur gut und richtig.

Das Coverartwork erinnert nicht nur in seiner Farbgebung an das 1986er Erfolgsalbum "The Ghost of Cain", sondern auch in seiner brachialen Song- und Soundgestaltung (eben nur technisch moderner). Nicht umsonst haben SEPULTURA 'The Hunt' (Opener auf "The Ghost of Cain") auf ihrem 1993 Erfolgsalbum Chaos A.D. interpretiert. Vielleicht ist das eine Kaufentscheidung für alle NEW MODEL ARMY Puristen. Allen anderen kann ich sowieso nur eine absolute Kaufempfehlung aussprechen, um den Schwermetall-belasteten Musikgeschmack zu erweitern.

NEW MODEL ARMY liefern ab! Gefühlvolle Songs, weitgehend ohne Jammer- oder gar Love-Pathos, werden immer wieder durch rohe, rifflastige Parts durchbrochen, die nie Zweifel daran lassen, was NEW MODEL ARMY in ihrer 43jährigen Bandgeschichte waren und sind: eine wichtige Konstante im (englischen) Indie Punkrock und ein popkulturelles Gegengewicht zu dem angestaubten englischen Rechtskonservatismus.

Gesamtwertung: 10.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01 First Summer After
02 Language
03 Reload
04 I Did Nothing Wrong
05 Cold Wind
06 Coming Or Going
07 If I am Still Me
08 Legend
09 Do You Really Want To Go There?
10 Idumea
11 Deserters
Band Website: www.newmodelarmy.org
Medium: CD
Spieldauer: 45:21 Minuten
VÖ: 26.01.2024

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