Netherlands - Severance

Review von derkleinekolibri vom 02.04.2023 (1122 mal gelesen)
Netherlands - Severance Brooklyn, einer von fünf Stadtbezirken des Molochs New York City und mit mehr Einwohnern gesegnet als jede deutsche Stadt - Berlin ausgenommen - ist ein Pool von Kreativität, was jede Form von Kunst und Kultur betrifft. Da wundert es niemanden, dass Multi-Instrumentalist Timo Ellis 2010 NETHERLANDS formte und seitdem acht Alben veröffentlichte, denen nun ein neuntes, "Severance", folgt. Zusammen mit Schlagzeuger David Keith wurden zehn Songs eingespielt, deren Komplexität und Vielfältigkeit weit über das Maß der allermeisten Bands hinausgeht.

Falsettähnlicher Gesang, ungerade Taktarten und faszinierende Hooks bestimmen das musikalische Geschehen. Zum Ausdruck kommen sollen die Wut über das immer untragbarer werdende Leben im Anthropozän und gleichzeitig der Hoffnungsschimmer, dieses noch irgendwie ins Positive ändern zu können. Timo Ellis setzt all seine in den Jahren gewachsenen Fähigkeiten ein, um diesem Anliegen auf verschiedenste Art und Weise Gehör zu verschaffen. Es gelingt, den Hörer ein ums andere Mal zu überraschen. Schließlich gleicht kein Song dem anderen. Man könnte meinen, hier wäre aus zehn unterschiedlichen Genres jeweils ein Stück herausgepickt und dann zu einem Album zusammengefügt worden. Alleine der furchteinflößende Start lässt sofort aufhorchen. Der Eintritt in eine düstere Welt, so oder ähnlich könnte man das Stück deuten. Es folgt ein wilder, aggressiver Aufschrei, dem sich ein Ausflug in Stoner-Gefilde anschließt. Und so geht es weiter, Stück für Stück, bis man sich einem unerwarteten Ende nähert.

Immer wieder taucht der Begriff Heavy Progressive Sludge-Duo auf, sucht man nach Informationen über NETHERLANDS. Über diese Einordnung bin ich aber nicht sonderlich glücklich, denn es drückt nicht im Entferntesten aus, was den Hörer erwartet. Nimmt man sich beispielsweise den Titeltrack vor, beginnt dieser wie ein uralter AC/DC-Song, von dem aber im weiteren Verlauf nichts übrigbleibt. Nicht einmal vor irrem elektronischem Geplänkel schreckt Timo Ellis zurück. Er paart das einfach mit schrägen Riffs und schon ist 'Glow Stick' fertig. Das bereits angesprochene unerwartete Ende wird dann mit 'Silencio' eingeleitet, hier wird alles dezent gehalten, die Basslinien spielen sich sofort in die Herzen der Zuhörer. Keine Ahnung, welchem Pop-Sternchen hier "nachgeeifert" wird. Den Schluss markiert schließlich ein "Ich weiß nicht, wie viele Genres da drin stecken"-Stück.

"Severance" wird nicht jedem gefallen, das ist ganz klar. Ist aber auch sicher nicht Timo Ellis' Absicht. Es gehört Mut dazu, sich auf nichts festzulegen, alles komplett nach eigenem Gutdünken zu gestalten und jeglichen Konventionen zuwider zu handeln und nicht auf irgendwelchen Mustern zu beharren, die nur dazu führen, in eine Schublade gesteckt zu werden.

Vorbildlich ist auch das, was uns am 31. März 2023 präsentiert wird. Der geneigte Hörer kann zwischen einer CD, einem schwarzen und einem roten Vinyl sowie digitalen Plattformen wählen. Das Cover-Artwork ist nicht unbedingt außergewöhnlich zu nennen, entfaltet aber bei längerer Betrachtung so etwas wie ein Zugehörigkeitsgefühl zur Natur, das wir aber gleichzeitig mit unserem technischen Fortschritt immer weiter zerstören und mit Füßen treten. Mich hat es zum Nachdenken angeregt.

Gesamtwertung: 8.5 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood dry dry
Trackliste Album-Info
01. Sicarrivallo (Feat. Michael Dafferner)
02. Swimming Dog
03. Omisha
04. Animal Insults
05. Severance
06. Blue Whale
07. Goons
08. Glow Stick
09. Silencio
10. Celia's Mansion
Band Website: www.facebook.com/nethrock/
Medium: CD, LP, Digital
Spieldauer: 37:43 Minuten
VÖ: 31.03.2023

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten