Interview mit Fuzz von R.I.P.

Ein Interview von baarikärpänen vom 03.03.2017 (24792 mal gelesen)
In Sachen Doom passiert in letzter Zeit jede Menge. Eine der neuen, aufstrebenden Bands sind R.I.P. aus Portland/ Oregon, die mit "In The Wind" ein erstklassiges Debüt vorgelegt und gleich mal ein neues Sub-Genre namens "Street Doom" begründet haben. Was es damit auf sich hat und was es sonst noch Interessantes zu R.I.P. zu erfahren gibt, wollte ich von Fuzz, dem Sänger der Doom-Heads, erfahren. Und dass Doom nicht gleichbedeutend mit Griesgram ist, könnt ihr locker an den Antworten erkennen.

Gratulation zum brillanten "In The Wind" - Album. Vielleicht kannst du uns kurz was zur Band selbst sagen?

Fuzz: Angel und ich spielten eine ganze Weile in verschiedenen Metal Bands hier im Nordwesten der USA, probierten verschiedene Sounds in verschiedenen Line-ups. Schließlich beschlossen wir, zu den Ursprüngen zurückzukehren. Mit unserem Drummer Willie D fanden wir den perfekten Bruder im Geiste. Um das Ganze dann auch richtig anzugehen, experimentierten wir zuerst mal mit allen möglichen synthetischen und natürlichen Genussmitteln, bis wir blöde und primitiv genug waren, dem 'Geist der Alten' auch musikalisch gerecht zu werden. So begann dann der Schreibprozess zu "In The Wind". Fehlte nur noch der geeignete Bassist, der genau so einen an der Klatsche haben sollte, wie der Rest von uns. Idealerweise stolperten wir über Jon Mullett, der zu dem Zeitpunkt schon dermaßen in Coors Light gebadet war und dämlich genug, so das er den nötigen, langwierigen Prozess der Drogenexperimente ganz einfach überspringen konnte. Der Rest ist Geschichte ...

Wie ist das Feedback zur Scheibe bisher von Presse und Fans?

Fuzz: Die Fans wurden immer gieriger nach dem Metal, so wie wir ihn jetzt liefern. Bevor R.I.P. auf der Bildfläche auftauchten, war der Metal todgeweiht, ein Patient im Koma, künstlich am Leben erhalten, nur ein paar langweilige neue Bands davon entfernt, dass jemand endgültig den Stecker zieht. Der Release von 'In The Wind' war der nötige Schuss Viagra, der den Patient wieder senkrecht stehen lässt. Unseren Street Doom, das war es, was die Szene gebraucht hat und das wird auch von der Presse und auf den Straßen gebührend gewürdigt.

Aha, interessant. Und was genau ist es, das euren Street Doom so speziell macht?

Fuzz: Lass es mich so sagen: Du entfernst die Zellophan-Verpackung von einer Flasche Poppers, nimmst einen tiefen Zug. Und dann weißt du nicht mehr, ob du nun tot oder lebendig bist, ob du jemals wieder zurückkommen wirst. Dieses Glücksgefühl, gepaart mit dem süßen Geschmack der Angst tief in deinem Schädel, genau das ist es, was Street Doom oder den Genuss von "In The Wind" ausmacht.

In meiner Kritik zu "In The Wind" habe ich geschrieben, dass eure Musik nicht nur eine kleine Gruppe von Fans ansprechen dürfte, auch Freunde anderer Spielarten könnten damit warm werden. Stimmst du dem zu?

Fuzz: Wir schreiben unsere Songs so, wie die ganz frühen Metal-Bands der 80er Jahre es auch gemacht haben. Bevor die Musik super akribisch in Genre unterteilt wurde mit ihren speziellen Sounds. Nimm zum Beispiel CELTIC FROST oder VENOM. Wenn die eine neue Platte rausgebracht haben, da konntest du alles drin finden, ob es nun Thrash, Doom, Punk oder Black Metal war. Wir schnappen uns ebenfalls das Beste aus allen Richtungen, verschmelzen es zum für R.I.P. typischen Street Doom. Insofern liegst du mit deiner Einschätzung richtig, dass jeder etwas in unseren Songs finden kann, was ihm gefällt.

Portland/ Oregon ist ja ziemlich weit entfernt von den musikalischen HotSpots wie New York oder LA. Glaubst du, das gibt eurer Musik so eine spezielle Note?

Fuzz: Ich denke, Portland hat keinerlei Einfluss auf unsere Songs oder unseren Sound. Wir sind ein weltweites Phänomen. Unsere Musik entspringt den Urängsten und dem Terror, die sich im Gehirn jedes Menschen breitmachen, ganz egal, in welcher Ecke der Welt er lebt. Portland selbst ist wenig aufregend, also ziehen wir unsere Inspiration aus der Angst vor unserer eigenen Vergänglichkeit und nicht aus dem, was um uns herum in der Stadt so passiert.

Wie sieht es mit der lokalen Szene in Portland aus, auch und vor allem auf dem Live-Sektor?

Fuzz: Viele Bands machen in Portland Station, wenn sie auf Tour sind. Das bietet also schon mal 'ne gute Gelegenheit, sich tolle Konzerte anzuschauen. Und uns gibt es die Möglichkeit, für viele dieser Bands auch als lokaler Opener aufzutreten. Leider ist Portland in den letzten Jahren zum Ziel der Upper Middle-Class geworden. Neureiche, langweilige Menschen, die absolut ihre Ruhe haben wollen. Viele tolle Clubs und Bars sind verschwunden, ersetzt durch überteuerte Eis-Cafés oder Schickimicki-Läden. Ein paar der alten Clubs gibt es noch, wo man Spaß haben kann. Aber ihre Zahl nimmt immer weiter ab, je mehr dieser reichen Langweiler in die Stadt strömen.

Wie wir alle wissen, wird man nicht gerade mit Geld überschüttet, wenn man Doom spielt und nicht gerade BLACK SABBATH heißt oder, mit Abstrichen, Leif Edling. Was macht ihr also, um über die Runden zu kommen?

Fuzz: (lacht) Yeah, mit Doom machst du wirklich nicht viel Geld. Aber mit Street Doom schon. R.I.P. hat uns vier zu echten Berühmtheiten gemacht, wir kriegen mittlerweile sogar Geld dafür, dass wir unsere Visagen auf irgendwelchen Firmen-Events zeigen. Wir kommen kaum noch nach, uns die Kohle für die Musik und das Merchandise abzuholen. Ganz abgesehen von den ausverkauften Shows überall im Land.

Da muss ich mich ja wirklich bedanken, dass du überhaupt noch Zeit für das Interview hast und nicht erstmal 'nen Scheck sehen wolltest. Aber nochmal zurück zu "In The Wind" ... verfolgt ihr ein besonderes Konzept, was die Lyrics betrifft?

Fuzz: Ein Konzept gibt es da nicht wirklich. Im Grunde drehen sich alle Songs um Themen wie Angst, Panik, Abhängigkeit oder Irrsinn. Die drei Parts des Songs 'In The Wind' handeln zum einen von dem Gefühl des ultimativen Bedauerns in dem Moment, wenn du stirbst, dem Kampf für deine Freiheit und den oft schrecklichen Konsequenzen, die dein Handeln mit sich bringt. Ich denke, jeder von uns war schon mal an dem Punkt, wo er sich einfach nur gefragt hat, was zur Hölle er falsch gemacht, was da falsch gelaufen ist, es zu spät ist, etwas zu ändern.

Ebenfalls sehr gelungen ist das Artwork, was sich vor allem in der Vinyl-Veröffentlichung gut macht. Ist es speziell für "In The Wind" angefertigt worden? Und was bevorzugst du, CD oder Vinyl?

Fuzz: Das Artwork stammt von Adam Burke, einer echten Legende hier in Portland. Wir kennen uns schon einige Jahre und haben auch schon oft mit seiner Band PUSHY die Bühne geteilt. Kurz bevor "In The Wind" fertig war, haben wir ihm kurz erklärt, was wir mit der Scheibe ausdrücken möchten, wohin die Reise geht. Und er kam dann einige Tage später mit dem Entwurf an und ich kann dir sagen, wir waren alle mehr als zufrieden. Ich selbst bevorzuge Vinyl. Wenn du dir die wirklich edle Aufmachung von "In The Wind" anschaust, Double Gatefold, farbiges Vinyl, Etching auf der vierten Seite, da bleibt dir ja gar keine andere Wahl. Eine CD kann dir so etwas nie bieten.

Gemessen an den Promo-Fotos sind R.I.P. eine Band, die man live erleben muss. Gibt es Pläne für Gigs in Europa? Ein Festival wie das "Hammer Of Doom" wäre doch z. B. bestens geeignet.

Fuzz: Wir brennen geradezu darauf, in Europa aufzutreten. Vor allem, weil wir so viele tolle, positive Resonanzen von da erhalten haben. Wenn es also interessierte Bands, Festivals oder Booking Agenturen gibt, die uns in Europa sehen wollen, zögert nicht und kontaktiert R.I.P.!

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