Incertain - Rats In Palaces | |
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Review von Opa Steve vom 22.09.2017 (5443 mal gelesen) | |
In Teeniezeiten gegründet und noch vor dem Abitur Co-Headliner beim regionalen "A Chance For Metal"-Festival? Dazu braucht man eine Portion Glück, gute Connections, aber auch Ehrgeiz und doch ein Mindestmaß an Talent. Glück hatten INCERTAIN definitiv, dass sie Teil der lebendigen Metal-Szene rund um den Andernacher JUZ-Liveclub sind, gute Connections dadurch ebenso. Aber - und das hat der Auftritt auf dem ACMF auch der anwesenden Bleeding4Metal-Crew gezeigt - an Talent und Ehrgeiz mangelt es auch nicht. Schon die Debüt-EP konnte zeigen, dass die jungen Andernacher in der riesigen und doch meist recht gesichtslosen Thrash-Szene durchaus Oberwasser haben und sich nicht mit den üblichen Baukasten-Songs zufriedengeben. Dazu gehören vor allem die Mixtur aus Death- und Thrash-Einflüssen, die sich durch die beiden Hauptsongwriter Sven und Phil auf angenehm harmonische Art zusammenfügen, aber auch der Growl-Stil der Fronterin Liane, der sich weniger an den giftigen Vocals der einstigen Stil-Ikone Angela Gossow orientiert, sondern vor allem oldschoolig an die einstige Erfinderin Sabina Classen erinnert. Der nun vorliegende erste Longplayer kann erstmalig die Stilmixtur auf zehn Songs ausgiebig unter Beweis stellen. Viele Menschen denken ja bei der Mischung von Thrash und Death an recht moderne Einflüsse und Core-Affinität, aber das ist hier gottseidank so gut wie gar nicht der Fall. Für ihr Alter haben sie den Grundstock des traditionellen Heavy Metals ebenfalls gut aufgesogen und reichern die Songs mit recht souveräner Seele an und vor allem auch mit hörbaren Traditionseinflüssen sowie Melodien. Genau dies schafft es eben, dass sich die Songs immer gut freischwimmen und an Charakter und Wiedererkennungswert gewinnen. Einer der Anspieltipps ist auf alle Fälle 'Immortality', dessen Intro mich an irgendeine historische Scheibe in meiner Sammlung erinnert. Spontan hatte ich GRIFFIN (US) und NECRONOMICON im Kopf, aber ich konnte es nicht wiederfinden. Der Song könnte auch teilweise gut zu AMON AMARTH passen, denn hat er einfach dieses effektive Lick mittendrin nach dramaturgischer Pause, was in seiner Einfachheit und auf den Punkt kommend einfach Höhepunkte schafft, die einen guten Song ausmachen. Ebenfalls sehr gelungen ist der pure Thrasher 'Bring Back The Anarchy', welcher das Album mit starker Giftigkeit und einem aggressiven Paukenschlag eröffnet. Mir persönlich ist die Snare zwar etwas zu dominant, aber Luis zeigt nicht nur in diesem Song, dass er einiges auf dem Kasten hat. Stets präzise und ambitioniert drückt er die ziemlich lauten Gitarren in den Groove und bleibt dabei meist sehr songdienlich, darf sich in 'Pain Diet' auch ein längeres Drum-Intro gönnen und überzeugt in 'Social Lies' mit schönem Gehämmer und gelungenen Blasts an den richtigen Stellen. Hätte man sich die etwas austauschbaren Galopp-Riffs in der ersten Hälfte gespart, hätte es dieser Titel auch insgesamt in die Anspieltipps geschafft, denn am Schluss bekommt er eine überraschende und sehr lässige Wendung und dürfte mit diesen Parts live sehr gut abgehen, bevor sich das letzte Solo nochmal austoben kann. Stimmungstechnisch hat das Album auch was zu bieten - neben den klassischen Metal-Einflüssen und den vorhandenen Melodien gibt es mit 'Rage & Greed' einen für dieses Genre eher unüblichen Songs, der teilweise mit einer schönen Düsteratmosphäre aufwartet, die mich streckenweise an FEAR OF GOD erinnert (nur nicht so abgefahren). So gibt es eine ganze Bandbreite an Emotionen, von Dunkelheit bis zur Aggression, aber nie zu schematisch, sondern mit Bauch und Kopf. Dazu schöne Wechsel-Soli, ein tightes Fundament und eine talentiert röchelnde Frontfrau. Gibt's auch Abzüge? Ja, auch die gibt's. Nicht immer funktioniert das harmonische Zusammenfügen der Parts - in 'Rage & Greed' wurde zu viel erwartet und der Song etwas überfrachtet. Der Klargesang in 'Mask' fällt deutlich hinter die Power-Growls ab und irritiert, da Liane mit der gewünschten stilistischen Zielerfassung noch etwas unbeholfen wirkt. Und es gibt - natürlich - auch noch hier und da ein paar typische Thrash-Riffs, die in dieser Form nicht den Originalitätsfaktor haben wie viele andere Teile des Albums. Aber die Mixtur der unterschiedlichen Einflüsse ist insgesamt absolut gelungen, die Kritikpunkte gering, und die Band kann in ihrer kommenden Laufbahn genau bei den vorhandenen Stärken ansetzen und auf diese noch weiter aufbauen. Wenn der Rausschmeißer 'Pain Diet' im fetten Bay Area-Stil endet, hat man das Gefühl, dass die fünf für ihr Alter verdammt viel richtig machen. Anchecken! Wir haben uns während der CD-Produktion übrigens ein wenig an die Fersen der Band geheftet und können euch in unserer Reihe "Bleeding4Metal-TV" einen ausführlichen Blick hinter die Kulissen bieten: Gesamtwertung: 7.5 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Bring Back The Anarchy 02. Mankind's Grave 03. Amok 04. Rats In Palaces 05. Crusader 06. Rage & Greed 07. Immortality 08. Social Lies 09. Mask 10. Pain Diet | Band Website: www.incertain.de/ Medium: CD Spieldauer: 45:41 Minuten VÖ: 22.09.2017 |
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