Red Harvest - Hybreed | |
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Review von Opa Steve vom 23.03.2017 (5379 mal gelesen) | |
Kennt ihr das, wenn ein neues Album direkt beim ersten Durchhören schon ein bis zwei Songs mit dermaßen mitreißendem Hitpotenzial auffährt, dass ihr es reflexhaft ganz hoch in eure persönlichen Top Ten verorten möchtet? Schwierig wird es dann, wenn man diese prägenden Hörerlebnisse nochmal in Ruhe in den Kontext der gesamten Albenspieldauer setzen muss, anstatt sich darauf zu verlassen, dass man ohnehin einen Anwärter auf das Album des Jahres vor sich liegen hat. Oftmals sind diese sofortigen Smasher tückisch, wenn sie sich genauso schnell abnutzen wie sie einen begeistern konnten. Oder wenn eben nach der ersten Euphorie festgestellt wird, dass der Rest der Scheibe halt so lala ist und für eine Kaufempfehlung nicht reicht. Um euch noch mehr auf die Folter zu spannen, möchte ich noch erwähnen, dass mein Erstkontakt mit der Band 2008 sehr spärlich ausfiel, als ich ihr Album "The Red Line Archives" mit nur 4 Punkten abstrafte. Ja, ihr habt ja Recht - Mensch, Opa, laber net rum, komm auf den Punkt. Vorweg: "Hybreed" hat mich überzeugt und ich finde die Scheibe extrem inspirierend und spannend. Genau das Gegenteil, was ich vor neun Jahren mit dieser Band verband. Und jetzt kommt der Witz bei der Sache: "Hybreed" ist eine aktuelle Neuauflage der musikalischen Vergangenheit von 1996 und keineswegs neues Material einer gereiften Band! Musikalisch wird hier viel in einen Topf geworfen. Eine Prise abgespaceter und knüppelharter Thrash, wie man ihn von VOIVOD in der Eric Forrest-Phase oder auch von ALCHEMIST kannte. Dann die Düsterheit des Gothic Metals ... die Kargheit des Post Metals ... Ambient-Sounds. Und immer noch hier und da ein Sprenkel Industrial. Auch kalt war das Material damals schon. Aber die Musik, die hier mit einigen instrumentalen Drone-Geschichten sowie einem Live-Gig von 2016 auf eine Doppel-CD aufgeblasen wurde, wirkt trotz der exorbitanten Spieldauer als Kunstwerk wie aus einem Guss. Abstriche muss man bei dem Live-Mitschnitt machen, da man dort die Schwächen hier und da feststellt, die mich einst zur schwachen Bewertung trieben, denn gerade die späteren Songs um 2000 herum können die Klasse von 1996 einfach nicht mehr erreichen. Und die ist richtig geil. Ich bin absolut kein Freund von instrumentalen Streckmitteln und würde mich bei fast allen Bands über die Dreistigkeit aufregen, ein zwölfminütiges Ambient-Stück einzustreuen, aber im Gesamtkunstwerk wirkt es. Dies ist eine Scheibe, die man wirklich am Stück hören muss, um in das Universum von "Hybreed" einzutauchen. Daher möchte ich auch Song für Song auf dieses Werk eingehen. Mit 'Mazturnation' bekommt man eine Ahnung des Wahnsinns, der hier herrscht. Die oben zitierten VOIVOD-Assoziationen treten hier hervor und es geht monoton und brutal zu Werke. 'The Lone Walk' steigert sich über zehn Minuten von experimentellem und ruhigem Metal in stampfende Riffs - ein Song wie eine Reise durch eine postapokalyptische Welt. 'Mutant' hingegen wirkt stark verdrogt und hätte mit seinen infernalischen Gitarren auch MINISTRY gut zu Gesicht gestanden. In 'After All' herrschen karge Klänge und Gesang aus weiten Fernen. Nach dem Drone-Intermezzo 'Ozram' wird es düster und gotisch - ruhige Moll-Fahnen erheben sich episch bis weit über den Horizont. 'The Harder They Fall' ist dagegen sehr sperrig und arbeitet mit dissonanter Aggression, bevor 'Underwater' wieder stark dem Dark Metal mit verzweifelter Wut in den kräftigen Shouts verfällt. Das nun folgende 'Monumental' wird allen Fans der von uns gegangenen ALCHEMIST die Freudentränen ins Gesicht treiben - hypnotische Rhythmik, flirrende Gitarrengebirge und eine unglaubliche Atmosphäre bestimmen diesen Anspieltipp. Nach diesen sechs Minuten weiß man, dass man auf diese Musik nicht mehr verzichten möchte. 'In Deep' bietet nach diesem mitreißenden Song und einem CD-Wechsel zwölf Minuten Ambient mit exotischen Sounds, damit man nochmal schön runterkommen kann. Denn danach kommt direkt der zweite Oberhammer nach 'Monument', nämlich 'The Burning Wheel', welches auf CD 2 tatsächlich erst den Abschluss des historischen Materials bietet. Verzerrte, aber tanzbare Trance-Riffs wie beim Vorgänger paaren sich mit supergeilen (und für Metal sehr ungewöhnlichen) Gothic-Vocals und dezentem Synthie-Schmutz. Dass der folgende Live-Mitschnitt die exzellente Qualität der Wiederauflage nicht halten kann, soll hier nicht zur Abwertung führen. Da RED HARVEST 78 Minuten Studiomaterial liefern und ohnehin eine zweite CD anbrechen mussten, ist dies als kostenlose Dreingabe zu verstehen. Und obwohl zwischen den Hammer-Titeln 'Monumental' sowie 'The Burning Wheel' und dem Rest von "Hybrid" nochmal spürbare Qualitätsunterschiede liegen, kann ich ohne schlechtes Gewissen dieser Scheibe in der Gesamtheit die Höchstnote verpassen. Einen Gruß nach Norwegen - ihr wart mal richtig geil, Jungs. Schade, dass ich dies erst nach 20 Jahren auf den Tisch bekam. Und dass ihr so etwas nie wiederholt habt. Gesamtwertung: 10.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Mazturnation 02. The Lone Walk 03. Mutant 04. After All 05. Ozrham 06. On Sacred Ground 07. The Harder They Fall 08. Underwater 09. Monumental 10. In Deep 11. The Burning Wheel 12. Omnipotent 13. The Antidote 14. Hole In Me 15. Godtech 16. Cybernaut 17. Mouth Of Madness 18. Sick Transit Gloria Mundi 19. Absolut Dunkelheit | Band Website: www.redharvest.com Medium: DoCD Spieldauer: 01:56:11 Minuten VÖ: 00.00.0000 |
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