Interview mit Bobby von Overkill

Ein Interview von Eddieson vom 01.12.2014 (18722 mal gelesen)
"White Devil Armory" ist gerade erschienen und fährt jede Menge gute Kritiken ein. Kein Wunder also, dass uns ein bestgelaunter Bobby Blitz gegenüber sitzt. Mit einer E-Zigarette bewaffnet nahm er sich vor der Show im Osnabrücker Rosenhof etwas Zeit, um mit uns etwas über die Tour, seine Eltern, seine Frau und die allerletzte Show zu sprechen.

Hi Bobby. Wie geht's dir?

Bobby: Gut, ich liebe es in Europa zu sein. Ich liebe es in Deutschland zu sein. Das ist der Ort, an dem wir begonnen haben so richtig zu touren. Ich erinnere mich noch, wie wir 1986 in der Alabamahalle in München waren. Jedes Mal, wenn ich nach Deutschland komme, fühlt es sich gut an. Seit 28 Jahren geht das schon so. Deutschland gehört also auch zu unserer Geschichte. Es ist gut hier zu sein.

Wie läuft die Tour bis jetzt?

Bobby: Gut, wir waren zuerst in den Staaten. Nach anfänglichen Problemen sind wir dann nach Spanien und Portugal. Also erst die Weinländer und jetzt sind wir in den Bierländern. Es ist klasse. Der Szene geht es gut und unsere letzten drei Alben fanden eine sehr hohe Akzeptanz. Die Shows sind voller Energie.

Im nächsten Jahr feiert ihr 35-jähriges Jubiläum. Was habt ihr euch dazu überlegt?

Bobby: Ein weiteres Album und eine weitere Tour. Etwas worauf ich bei OVERKILL stolz bin ist, dass wir immer relevant waren. Wir haben bisher noch nicht darüber geredet. Ich hoffe, dass es "business as usual" sein wird. Ein weiteres Album und eine weitere Tour. Also alles ganz normal. Ich werde feiern, wenn ich in Rente bin.

Glückwunsch zu eurem aktuellen Album "White Devil Armory". Wir finden es großartig! Ja, eure letzten drei Alben waren alle großartig. Was meinst Du? Haben OVERKILL ihren zweiten Frühling?

Bobby: Ich weiß nicht, ob es der zweite Frühling ist, aber was wir haben, ist die richtige Chemie. Ich will überhaupt nicht darüber nachdenken. Ich möchte einfach den Vorteil des Augenblickes nutzen. Für mich fühlen sich die letzten Alben wie eine Trilogie an. "White Devil Armory", "The Electric Age" und "Ironbound" passen einfach zusammen. Ohne darüber nachzudenken, haben wir in einer Richtung weitergemacht. Die Alben spiegeln eine wirklich gesunde Szene wieder. Wenn die Szene nicht gesund wäre, dann hätte man diese Alben nicht akzeptiert.

Wie fühlen sich die neuen Songs live an? Passen sie zu den anderen?

Bobby: Ich glaube schon. Wenn die Chemie stimmt, dann erscheinen sogar die alten Songs neu, weil wir sie heute spielen. Wenn du 'nen Song wie 'Bitter Pill' neben 'Wrecking Grew' oder 'Hello From the Gutter' spielst, dann fühlen sie sich alle verwandt an. Das spiegelt auch die Chemie der Band wieder.

Warum ist 'In Union' nicht mehr in der Setlist?

Bobby: Wir haben ihn hier immer gespielt. Das ist wohl der Hauptgrund. Die Setlist haben wir uns in den USA überlegt, gleichzeitig haben wir gedacht, dass wir auch mal wieder etwas älteren Kram auf die Listen setzen müssen, wie z. B. 'End Of The Line'. In Zusammenhang mit den neuen Songs klingt das irgendwie frischer. Wir haben ihn also nicht rausgeschmissen, weil wir ihn nicht mehr mögen, sondern weil wir ihn halt schon so oft hier gespielt haben.

Wie viele neue Songs werdet ihr spielen?

Bobby: Drei. 'Bitter Pill', 'Pig' und 'Armorist'. imgright

Ja, 'Pig' ist großartig!

Bobby: Ja, das ist auch mein Favorit. Sehr punkig.

Ich mag den Refrain. Jetzt hast Du schon den Punk erwähnt. Du kommst aus New York und hast viel Punk gehört?

Bobby: Ja, ich wohne jetzt in New Jersey. Ich bin aber nach der High School in New York auf die Uni gegangen, und die Punk-Szene war fantastisch und riesig. Die RAMONES waren da, DEAD BOYS sind aus Cleveland rübergezogen, HEARTBREAKER und die NEW YORK DOLLS. Und als Teenie auf der Uni musste man diese Bands sehen. Diese Energie war der absolute Wahnsinn, glaubt mir. Das war etwas, zu dem ich mich schon immer hingezogen gefühlt habe und das ist das, was wir heute machen wollen. Wir haben diese Energie von damals, mixen es etwas mit NWOBHM plus unsere Punk-Roots aus Kindheitstagen.

Der Punk hat also immer noch Einfluss auf OVERKILL heute?

Bobby: Sicher, das hört man auch in Songs, wie 'Pig' oder 'Hello From The Gutter'. Wir haben einen Song gemacht, der heißt 'Old School' oder natürlich auch 'Fuck You', das ist ein Punk-Coversong, den wir schon seit Jahren spielen, von den SUBHUMANS. Wir sind eine Metal-Band. Ich möchte nicht sagen, dass wir eine Punk-Band sind, aber wir haben eine Menge von der Einstellung seit Jahren in uns drin.

Was würdest Du heute tun, wenn Du kein Rockstar geworden wärest?

Bobby: Ich will nicht sagen, dass ich ein Rockstar bin. [lacht] Ich hatte vor Kurzem ein Interview mit einem Typen, der mir sagte, dass er kaum glauben könnte, jetzt ein Interview mit einer Legende zu haben. Ich sagte zu ihm: "Dann sage ich dir, dass die Legende am Samstag noch selbst seinen Rasen gemäht hat." [lacht] Das ist aber etwas, das ich so an dieser Band mag. Es geht mir gut, ich kann viel reisen und Leute kennenlernen, ich kann aber auch noch die alltäglichen Dinge erledigen, die ich möchte, weil wir eben nicht so groß sind. Ich kann immer noch hingehen, wo ich möchte. Ob es nun eine Bar ist, ein Sandwich-Shop zum Baseball oder Hockey. Wenn ich aber das alles heute nicht hätte, würde ich bestimmt irgendwie mit Menschen arbeiten. Ich hätte meinen Abschluss gemacht und würde irgendwas mit Kommunikation oder so machen.

Wie haben Deine Eltern darauf reagiert, dass Dein Leben dann doch etwas anders verlaufen ist?

Bobby: Meine Mutter ist selbst Sängerin und hat 2 Alben gemacht. Sie hat mit dem GLENN MILLERS ORCHESTRA gesungen und in den Fünfzigern in einigen TV-Shows, sie hatte also kein Problem damit. Mein Vater war Anwalt. [lacht] Aber, zu seiner Anerkennung: Er sagte immer zu mir, es sei ihm egal, ob ich Fische am Ende des Piers verkaufe, solange es die besten Fische der Stadt sind. [lacht] Sie hatten also nie ein großes Problem damit. Das Einzige, womit mein Vater ein Problem hatte, war, dass ich die Uni verlassen habe, er meinte, ich hätte so viel Zeit verschwendet, da hätte ich sie besser beenden sollen. Ich sagte ihm, dass ein Geschäft mit einer Plattenfirma nicht ewig auf mich wartet, vielleicht grad einen Monat. Das war also etwas, das ihn ein bisschen störte.

Dürfen wir kurz noch mal auf Deine Krankheiten zurückkommen? Du hattest einen leichten Schlaganfall und Krebs in der Nasenschleimhaut. Haben Dich diese beiden Krankheiten in irgendeiner Form verändert?

Bobby: Nein, ich glaube nicht. Wenn es mich doch in einer Form geändert hat, dann die Sicht auf Probleme. Körperlich hat es mich nicht verändert, wohl etwas das Aussehen [zeigt auf seine Narbe an der Nase], aber jetzt weiß ich, dass es immer noch eine andere Sicht auf ein Problem gibt. Man mag das Ergebnis nicht mögen, aber es ist nicht das Problem, sondern es geht durch das Problem. Da war ein Typ aus einem Motorrad-Club, der mir sagte, dass es eine andere Sicht sei, man muss nur durchgehen. Wenn man sich den Dingen stellt und durchgeht, dann wirst du auf der anderen Seite das Glück finden. Die Sicht auf Probleme hat sich also dadurch etwas geändert. Anstatt mich also ständig zu fragen, warum es mich getroffen hat, bin also einfach durchgegangen. Und im Falle des Schlaganfalls und des Krebses wurde es besser.

Ich habe viele alte Interviews von Dir gelesen und in fast allen hast Du mindestens einmal Deine Frau erwähnt. Ist das vertraglich zwischen euch geregelt, dass Du das tun musst?

Bobby: [lacht]Das ist lustig, sie ist mein Geschäftspartner. Ich sollte ihren Laden erwähnen [lacht und nimmt sich das Aufnahmegerät] Chokolaterie. [lacht weiter] Die Band hat seit fast 30 Jahren einen guten Lauf. Wir haben die Musik gemacht, als sie nicht angesagt war. Als Metal fast ein Schimpfwort war, haben wir trotzdem Plattenverträge bekommen und Shows gespielt. Was viele aber nicht erkennen, dass es nicht nur um die Band geht, sondern auch um Leute, die diese Band rundrum unterstützen. Und die Menschen, die uns am meisten unterstützen, sind die die zu Hause bleiben, unsere Familien, unsere Frauen, unsere Kinder und unsere Eltern. Das sind diejenigen, die das möglich machen, weil sie alles in einer gewissen Balance halten. Und ich denke, ich erwähne sie so oft, weil sie leider nicht bei mir ist, und so habe ich eine Art Kontakt zu ihr, es fühlt sich so mehr komplett an. Es ist, als ob sie mich an der Leine hat, sie könnte mich jederzeit einziehen. [lacht]

Dann hast Du jetzt noch mal die Möglichkeit Werbung für den Laden Deiner Frau zu machen.

Bobby: Geht auf www.chokolaterie-ny.com imgleft

Stell Dir mal bitte vor, OVERKILL würden irgendwann ihr letzte Show spielen. Wo würde die stattfinden und welche Bands würden mit euch spielen?

Bobby: Oh scheiße, das ist eine sehr gute Frage. Ich denke, es sollte auf jeden Fall in New York stattfinden. Ich kann mich an eine Show in New York erinnern, da kam ich auf die Bühne, es waren ungefähr 200 Leute da, und ich sagte: "Die eine Hälfte von euch kenne ich mit Vornamen und mit der anderen Hälfte habe ich schon ein Bier getrunken." [lacht] Es fühlte sich toll an. Also sollte es in New York stattfinden. Einer meiner Lieblingstouren, die mir bis heute in Erinnerung geblieben ist, war die Tour mit MOTÖRHEAD. Letztes Jahr haben wir eine Tour mit KREATOR gespielt, das war mindestens genau so geil. Am Ende der Tour fühlten wir uns wie miteinander verbunden. Dieselbe Art von Menschen, mit derselben Art von Musik. Ich sprach zu Mille vor der Tour, wie wir das machen wollen. Er sagte: "Er seid die eine Hälfte Headliner, wir die andere. Ihr nehmt die eine Hälfte des Geldes, wir die andere. Fertig." [lacht] Also, MOTÖRHEAD und KREATOR.

Ich werde dir jetzt Bandnamen sagen und Du sagst mit bitte, was Dir spontan dazu einfällt: SLAYER

Bobby: Bärte [lacht]

Stimmt. Tom sieht momentan aus, wie der Weihnachtsmann.

Bobby: Ja, und Kerry hat auch so ein Teil.

METALLICA

Bobby: METALLICA. Oh, Mann. Was fällt mir da spontan ein? Ich überlege grad, wie das Buch heißt. Ach ja: Nam. James hat es sich mal von mir ausgeliehen und mir bis heute nicht wieder gegeben. [lacht]

MANOWAR

Bobby: Pelzunterwäsche [lacht]

ANTHRAX

Bobby: Erste Tour

KREATOR

Bobby: Sehr gute Freunde

Eine Frage, die Dir wahrscheinlich schon öfter gestellt wurde, aber wer gab Dir den Spitznamen "Blitz" und warum?

Bobby: Damals wollte jeder einen Spitznamen haben. DD kam in die Band und hieß DD. Rat, der Original-Drummer, hieß Rat, wegen seines Nachnamens. Eine der Bands, die wir damals gecovert haben, hatte einen Schlagzeuger namens Johnny Blitz. Und ich habe damals, wie sage ich das, nichts anbrennen lassen. [lacht] Blitz ist ja eigentlich flash, aber wir haben dann umgangssprachlich gesagt, dass man geblitzt ist, wenn man zu viel und so. Es war also DD, der ihn mir gegeben hat.

Wirst Du Bobby oder Blitz genannt?

Bobby: Beides. Ich habe sogar meine Frau mittlerweile dazu gebracht, mich Bobby Blitz zu nennen. [lacht]

Vielen Dank, dass Du Dir etwas Zeit für uns genommen hast. Die letzten Worte gehören Dir.

Bobby: Es ist schön wieder in Deutschland zu sein. "White Devil Armory" ist das Album um das es momentan geht und wir lieben die momentane Tour.

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