Interview mit Sathony von Agathodaimon

Ein Interview von Eddieson vom 22.08.2013 (8165 mal gelesen)
Im Zuge der Veröffentlichung von AGATHODAIMONs neuem Album "In Darkness" sprach ich mit Sathony (Gitarre) und Ash (Vocals) natürlich über das neue Werk, die Metalszene in Deutschland, das Internet, die Farbe Blau, die Zukunft und und und ... viel Spaß!

Hallo! Hier ist Jan von Bleeding4metal.de, erst mal Glückwunsch zu eurem neuen Album.

Sathony: Danke, es hat ja auch lange genug gedauert!

Wenn ich „Phönix“ noch richtig im Ohr habe, klingt „In Darkness“ im Gegensatz zum Vorgänger weniger orchestral sondern wieder etwas mehr back to the roots. Ist das gewollt oder hat sich das beim Songwriting einfach so ergeben?

Sathony: Es war durchaus geplant, die Keyboards etwas zu reduzieren, insbesondere in der Melodieführung bzw. in deren Dominanz. Die Gitarren sollten klar im Vordergrund stehen. Dennoch sind Keyboards ein wichtiges Element, aber wir setzen sie nun flächiger und dezenter ein. Und manche Klänge wollten wir auf natürlichem Weg einbinden; so haben wir unter anderem eine Violinistin ins Studio eingeladen. Generell sollte der Sound auf „In Darkness“ weniger poliert sein, etwas rauer klingen, organischer. Und die Songs etwas fokussierter, erdiger. Im Vorfeld der Produktion haben wir uns kollektiv über eine gemeinsame Ausrichtung abgesprochen, was sehr gut geklappt hat.

Seid ihr Perfektionisten im Studio oder könnt ihr auch mal über kleine Fehler hinwegsehen?

Sathony: Wir schon, aber nicht unsere Produzenten Kohle und Kai - wobei, diesmal lief es eigentlich recht reibungslos. Totale Perfektion kann allerdings kontraproduktiv wirken, wir spielen schließlich eher Black als Progressive Metal. Wir haben alle noch die Aufnahmen zu „Phoenix“ im Hinterkopf, wo minutiös an Details gefriemelt wurde, damit auch alles perfekt ist. Mitunter tragen auch kleine Unsauberkeiten oder leichte Dissonanzen zur Atmosphäre bei. Ein Song wie „Favourite Sin“ war im Workflow von „Phoenix“ nicht möglich, auch wenn ich die Arbeiten dazu bereits begonnen hatte, konnte ich ihn erst jetzt umsetzen.

Wie steht es jetzt mit „In Darkness“? Wenn ihr es jetzt hört, gibt es für euch hier und da einige Sachen, die ihr während der Aufnahmen lieber anders gemacht hättet oder seid ihr zufrieden mit dem Album? Kann man überhaupt 100-prozentig zufrieden sein?

Ash: Also ich denke, man kann und wird nie 100 Prozent zufrieden mit etwas sein. Wenn es so wäre, müsste man nicht mehr an etwas/an sich arbeiten. Sicherlich gibt es immer etwas bei dem man hinterher sagen kann es wäre anders besser oder auch geil gewesen, aber ich kann mit Sicherheit sagen: wir stehen voll und ganz hinter dem Album und sind sehr zufrieden!

Keine Ahnung warum, aber ich finde AGATHODAIMON ist prädestiniert für ein Konzept-Album. Habt ihr schon mal darüber nachgedacht?

Sathony: Ich hatte mich vor Jahren darüber mit Vlad unterhalten; er hatte angedacht, das Gedicht „A Dacian’s Prayer“ von Eminescu als Konzeptalbum umzusetzen. Allerdings war dies ein zu großes Unterfangen, um es über die Entfernung Rumänien-Deutschland mit der nötigen Sorgfalt anzugehen. Generell gibt es eigentlich keinen Plan, ein Konzept-Album zu entwickeln. Reizen würde es mich theoretisch schon, aber dazu muss erst ein Konzept stehen, das über die Länge eines Albums auch umzusetzen ist und stimmig wirkt. Da also weder ein richtiger Plan noch die Motivation für ein solches Projekt besteht ... aber wer weiß, es kann ja noch einiges passieren bis zur nächsten Scheibe.

Gab es für die Band mal die Überlegung ein reines Black Metal Album zu machen, ohne den klaren Gesang und ohne das Keyboard?

Sathony: Moment, wer sagt, dass Black Metal keine Keyboards enthalten darf? „In The Nightside Eclipse“ von EMPEROR ist für mich DAS Black Metal-Album überhaupt. Ich denke, gerade Black Metal ist prädestiniert für den Einsatz von Black Metal [er meint wohl Keyboard. Anm. d. Verf.] Aber natürlich kommt es auch auf die Art der Klänge an. Aus diesem Grund haben wir „In Darkness“ in der klanglichen Bandbreite (was die synthetischen Klänge betrifft) auch limitiert und uns an den Wurzeln orientiert. Außerdem haben wir bspw. eine echte Violine eingesetzt, um nicht auf Synthesizer zurückgreifen zu müssen. Auf klaren Gesang verzichten könnte ich mir vorstellen; es war ursprünglich auch geplant, diesen auf „In Darkness“ noch weiter zu reduzieren, letztendlich hat die Produktion in gewissem Rahmen aber ihre eigene Dynamik entwickelt und es kam zu mehr Gesang als geplant- aber es kann durchaus sein, dass die nächste Scheibe noch eine ganze Ecke heftiger wird.

Wird es irgendwann mal eine DVD von euch geben?

Sathony: Leider existieren nicht wirklich gute Aufnahmen, die eine Veröffentlichung rechtfertigen. Aber es würde mich durchaus freuen, wenn wir etwas an den Start bekämen. Ein erster Schritt ist mit dem ersten Videoclip zur neuen Scheibe getan; hier kümmere ich mich um Aufnahme, Schnitt und Postprocessing; auch um wichtige Erfahrungen zu sammeln für weitere Clips und etwaige Live-Aufnahmen. Ich bin also optimistisch, was eine DVD oder Bluray in Zukunft beträfe.

Wenn ihr die Chance hättet, an der Metal-Szene in Deutschland etwas zu ändern, was wäre das?

Sathony: Ich würde die teils verquere Einstellung der Metal-Fans ins Visier nehmen. Manches macht irgendwo keinen Sinn - ein Beispiel: Wenn ein Package mit beispielsweise vier guten Bands für 17 Euro spielt, beschwert sich so mancher über den hohen Ticketpreis, aber sobald „große“ Bands wie NIGHTWISH oder MAIDEN kommen, spielt ein vielfaches dieser Summe keine Rolle. Klar, „muss“ man ja gesehen haben. Allerdings habe ich doch das Gefühl, dass sich die Mentalität der Metal-Fans teilweise geändert hat in den letzten Jahren. Gerade die kleineren Bands bewegen sich meist an einer kritischen Grenze, was die Einkünfte durch die Musik angeht. Gerade diese können Unterstützung gebrauchen.

Arbeitet ihr lieber im Studio oder auf der Bühne?

Ash: Was für eine Frage: natürlich auf der Bühne! Es gibt nichts Geileres als seine Musik gemeinsam mit den Fans zu teilen und zu erleben. Jeder Auftritt ist zudem eine Herausforderung und es prickelt auch nach Hunderten Konzert noch wie zu Beginn!

Die Band besteht jetzt seit ca. 18 Jahren. Wie haben sich die Bedingungen in den Jahren geändert? Ist es schwieriger an Konzerte und Labels zu kommen. Sind die Veranstalter und auch Labels evtl. anspruchsvoller geworden?

Sathony: Eigentlich ist es dank Internet prinzipiell leichter geworden, an Kontakte zu kommen. Alles ist viel vernetzter. Aber die Grundmechanismen der Szene haben sich natürlich nicht geändert, dafür aber manche Rahmenbedingungen. Früher hast Du als kleine Band ein mickriges Demo aufgenommen und per Post auf Kassette an Labels geschickt, heute nimmst Du im Heimstudio auf und stellst elektronische Portfolios zwecks Promotion zusammen. Dennoch, Aufmerksamkeit ist schwerer zu erlangen, es gibt einfach massenhaft Konkurrenz. Das Image einer Band hat an Wichtigkeit gewonnen, da über die reine Musik meist weniger Interesse geschürt werden kann.

In euren Düster-Metal packt ihr viele verschiedene Musikrichtungen. Legt ihr es beim Songwriting darauf an? Achtet ihr darauf, nicht in eine Schublade gesteckt werden zu können?

Ash: Nein. Wir achten darauf, geile Songs zu schreiben. Dabei ist es egal, ob das nun nach Blackmetal, Gothic, Rock oder was auch immer klingt. Wir bedienen uns eben sehr vieler Stile und ziehen da kaum Grenzen. Ich würde jedoch auch nicht ausschließen, dass eine Platte in Zukunft mal nur in eine Richtung geht. Dieses Schubladen-Denken haben wir längst abgelegt und das sollten viele von den "truen" Metalheads da draußen auch endlich mal tun. Trotzdem würde ich sagen, dass sich ein kleiner aber feiner roter Faden durch unser Schaffen zieht.

Ich finde es ja immer wieder interessant, wie Musiker über das Internet denken. Ist es für Bands ein Segen oder ein Fluch? Wie geht ihr damit um, dass eure Alben evtl. schon vor offizieller Veröffentlichung im Netz verbreitet werden?

Sathony: Nun, wir gehören nicht zu den Bands, die von den Albumverkäufen wirklich Geld sehen - was wir verdienen, deckt im besten Fall die Produktionskosten, welche das Label vorstreckt. Aber für das Label ist es natürlich wichtig, dass die Verkäufe nicht durch illegale Downloads geschmälert werden. Natürlich ist es eine Milchmädchenrechnung, wenn man davon ausginge, dass jedes illegal runtergeladene Album ein Album ist, das weniger gekauft würde. Ich denke, heutzutage laden Fans im Schnitt mehr Alben runter, aber würden nicht unbedingt auch jedes Album kaufen - man kann sich zwar darüber ärgern, dass die Leistung der Musiker nicht finanziell entlohnt wird, aber andererseits kann es genauso sein, dass ein Musikkonsument erst durch einen beiläufigen Download zum Fan einer Band wird. Und sich vielleicht das nächste Album, oder ein Shirt kauft. Insofern sehe ich selbst illegale Downloads nicht zwangsläufig als etwas Negatives. Früher gab es Tapetrading, oder man hat CDs getauscht. Dennoch, die Verkäufe sind klar rückläufig, bis auf wenige Ausnahmen. Insofern hoffe ich, dass die Fans ein gewisses Bewusstsein dafür entwickeln, dass insbesondere kleinere Bands mitunter sehr stark auf die Unterstützung der Fans angewiesen sind.

Der Metalfan gilt ja im Allgemeinen als eine treue Seele, was CD- und LP-Käufe angeht. Merkt ihr trotzdem rückläufige Verkaufszahlen, jetzt, wo es (fast) alles für lau im Netz gibt?

Sathony: Ja, das merkt man durchaus, und es geht nicht nur uns so. Glücklicherweise kann man kein Merchandise runterladen - und natürlich gibt es auch viele Fans, welche das Schaffen einer Band honorieren und die offiziellen Bezugsquellen nutzen. Natürlich ist es sehr bequem, einschlägige Downloadportale aufzusuchen und sich die aktuellsten Scheiben runterzuladen. Aber wie gesagt, wenn es alle so machen würden, gäbe es keine neuen Alben mehr. Von irgendetwas müssen schließlich Studioaufenthalte oder laufende Kosten finanziert werden ...

Wie kommt es, dass eure Cover immer von der Farbe Blau dominiert werden?

Sathony: Es war von Anfang an eine bewusste Entscheidung, mit einer farblichen Prägung zu arbeiten. Da wir uns musikalisch prinzipiell keine Grenze auferlegen, sollte das Artwork zumindest ein durchgehendes und etwas restriktiveres Element besitzen. Blau passt einfach am besten zur Musik, bzw. besitzt die nötige Schwere für unsere Musik.

Hat sich das AGATHODAIMON-Publikum im Laufe der Jahre verändert?

Sathony: Es gibt noch die alten Fans - und natürlich kommen auch viele neue hinzu. Unsere Musik verändert sich ebenso, insofern wäre es seltsam, wenn sich hier nichts ändern würde. Viele Fans verlieren unsere Musik sicher mit der Zeit aus den Augen oder ändern ihre Hörgewohnheiten, während neue Fans unsere Musik entdecken. Wir sind immer sehr an Feedback und persönlicher Kommunikation interessiert, insofern sind wir recht gut auf dem Laufenden, was die jeweilige Resonanz seitens der Fans angeht. Auch hier gibt es verschiedene Lager; einige, welche die frühen Alben mochten, oder andere, welche eher die letzteren Alben bevorzugten. Glücklicherweise haben wir aber für das aktuelle Album seitens der Fans ausschließlich positives Feedback erhalten.

Wo siehst du die Band in 10 Jahren?

Sathony: Ich denke, die Band wird sich nicht grundlegend verändert haben. Wir haben ja bald zwei Jahrzehnte überstanden, ohne unseren Stil zu verlieren. Aber wir hoffen, dass wir zu einem regelmäßigeren Turnus gefunden haben werden, was die Zeiträume zwischen den Veröffentlichungen angeht. Aber wer weiß, vielleicht unterhalten wir uns ja dann erst über das kommende, siebte Album ;)

Gibt es schon Tourpläne?

Sathony: Ja, wir verhandeln gerade mit einigen Bookern. Es gibt bereits ein paar Pläne darüber hinaus, unter anderem für West- und Osteuropa, aber leider ist noch nichts spruchreif. Sobald wir Details wissen, werden diese unter www.facebook.com/agathodaimon oder unserer Webseite www.agathodaimon.de zu finden sein.

Okay, das war es. Vielen Dank für eure Zeit und die letzten Worte gehören euch.

Sathony: Danke für die Unterstützung und das Interesse. Wir hoffen, dass die Leser mal in unsere Musik reinhören. Wir würden uns über Rückmeldungen freuen und natürlich darauf, die Songs in Kürze live vorstellen zu können ...

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