Livebericht Saltatio Mortis (mit Hämatom und Mr. Irish Bastard)

Ein Livebericht von Lestat aus Gießen (Kloster Schiffenberg) - 26.08.2024 (32212 mal gelesen)
Alle Bilder zum Konzert gibt es hier.

Es begab sich zu einer Zeit, dass die altehrwürdigen SALTATIO MORTIS sich zu einer Tour von Burg zu Burg aufmachten und dabei auch in den alten Mauern des Klosters Schiffenberg zu Gießen ihre musikalischen Künste darboten. Mit im Tross waren die Barden von HÄMATOM (okay, der Begriff "Barde" passt bei HÄMATOM jetzt nur so halb) und MR. IRISH BASTARD.

imgrightGenug Mittelaltergeschwafel, kommen wir zum Punkt. Wie es leider üblich geworden ist, halten sich Konzertveranstalter nicht an die eigenen Zeiten. Beginn offiziell: 18:30 Uhr. Um 18:15 Uhr sind wir am Kassenhäuschen und vom Innern der Gemäuer dringt bereits Finest Irish Drinking Music nach draußen. Die erste Band macht musikalisch einen grundsoliden Irish Folk-Eindruck, wirkt aber während der ersten zwei, drei Lieder eher unmotiviert, so ein bisschen, als ob man sie dazu gezwungen hätte, auf der Bühne zu stehen. Das dreht sich aber von Lied zu Lied, sodass am Ende der Show zwischen Zuschauern und Band durchaus eine Verbindung entstanden ist. Das Publikum feiert und alle haben ihren Spaß. Die Selbstbetitelung "Finest Irish Drinking Music" macht die Band schlussendlich auch selbst wahr und zumindest Sänger Mr. Irish Bastard (ja, so ist sein Künstlername) hebt im Laufe der Show ganz ordentlich einen.

imgleftNach einer kurzen Pause geht es weiter mit HÄMATOM. Ich, der sich mit HÄMATOM bisher noch nicht in der Tiefe beschäftigt hatte, wusste zunächst nicht, was ich davon halten sollte, dass HÄMATOM mit auf Tour sind. Aber nun gut, Tourzusammensetzungen sind manchmal seltsam, und so nehme ich diese Kombination erst mal als gegeben hin. Los geht es mit einem Dino, der die Menge ordentlich anheizt und testet, ob auch alle ordentlich eskalieren können. Nach den Anweisungen fällt der Vorhang und los geht's. Mit viel Flammen und einem Knalleffekt am Ende des ersten Liedes wird die Menge endgültig aus der Pause geholt. Gleich mit Lied zwei gedenken die Franken ihrem verstorbenen Basser West mit dem wegen dessen Todes geschriebenen Song 'Gott Muss Ein Arschloch Sein'. In der Ansage stellen sie auch gleichzeitig noch Rose als "fünftes Bandmitglied" vor. Statt eines Bassisten haben sie allerdings mit ihr eine zweite Gitarristin. Dem Sound tut das kaum einen Abbruch. Eben jene Rose ist es dann auch, die später Gitarre spielend als Zentrum im Circle Pit steht. Insgesamt liefern HÄMATOM eine fette Show ab. Sänger Nord hat irgendwann die Pyros an seinen Fingern und lässt sie sprühen, bei 'Es Regnet Bier' werden schwarze Riesenballons in die Menge geworfen. Ganz am Ende kommt die totale Eskalation, als die Band 'Kids (Zwei Finger An Den Kopf)' zum Besten gibt. Diese Coverversion des MARTERIA-Songs ist einfach Hammer. Die Stimmung wird durch HÄMATOM so dermaßen zum Kochen gebracht, dass ich mir nach diesem Auftritt ehrlich unsicher bin, ob SALTATIO MORTIS dagegen noch ankommen.

Irgendwann während HÄMATOM ist mir im Übrigen auch ein circa siebenjähriges Mädchen auf den Schultern seines Vaters aufgefallen, brav mit fettem Gehörschutz auf dem Kopf. Zunächst an dieser Stelle Respekt an den Vater: Er trägt das Kind tatsächlich den ganzen Abend auf der Schulter. Deshalb schreibe ich diese Anekdote hier aber nicht. Sondern weil es zeigt, was für eine friedlich-ausgelassene Stimmung herrschte. Nach HÄMATOM werden dem Mädchen nämlich aus der Menge immer wieder unter Jubel die schwarzen Riesenballons zugeworfen, die es dann wiederum dem restlichen Publikum zurückwirft.

imgleftLange Umbaupause, klarer Sinn: Der Headliner kommt. Unüblicherweise dürfen wir Fotografen erst während der Zugabe in den Graben. Es wird schnell klar, weshalb. SALTATIO MORTIS fackeln schon während ihres Openers 'Finsterwacht' eine Menge an Pyros ab, dass einem in der Mitte der Crowd schon fast heiß wird. Es folgt mit 'Schwarzer Sand' ein eher ruhiges Lied, bei dem allerdings zwei Tänzerinnen mit auf die Bühne geholt werden. Es geht mit dem Reigen weiter, die Songauswahl auffällig: Entweder ganz neu ('Odins Raben', 'Der Himmel Muss Warten') oder ganz alt ('Eulenspiegel'). Während dem 'Palästinalied' schließlich scheint die Technik zu versagen und ein Kurzschluss die Kabel zerstört zu haben. Daraufhin greift Alea zum Megaphon und kündigt an, dass sie es jetzt einfach wie früher machen. Daraufhin ziehen die Mittelaltermusiker mit Dudelsäcken durch die Menge zu einer kleinen Bühne direkt vor dem Soundturm und machen eher eine Show wie auf einem Mittelaltermarkt, reduziert auf das Wesentliche, mit nur geringer Verstärkung und so launigen Liedern wie 'Was Wollen Wir Trinken', 'Drunken Sailor' und 'My Mother Told Me'. Das ist auch der Punkt, auf dem die Band sich wieder einen Weg durch die Menge bahnt und auf die Bühne zurückkehrt und in ein Medley aus eben diesem Lied und 'Pray To The Hunter' einsteigt. Was wiederum alles endgültig als geplanten Teil der Show entlarvt - aber einen verdammt unterhaltsamen und guten Teil der Show. Die Zeit wurde auf der Bühne allerdings offensichtlich für einen kleinen Umbau genutzt, um ein bisschen Deko hinzuzufügen und ein anderes Backdrop aufzuhängen. Auch weiterhin ist die Auswahl auf der Setlist stark daran orientiert, die mittelalterliche Seite der Band zu betonen (im Gegensatz zu manchen Liedern in den Zehnerjahren, die doch sehr poppig daherkamen). Genauso wie der Band daran gelegen zu sein scheint, dass den Zuschauern nicht kalt wird - bei der Menge der Pyros, die abgefackelt werden.

Insgesamt hat die Show am Ende gewirkt wie aus einem Guss. Man hat den Eindruck bekommen, dass hier nicht nur Lieder aneinandergereiht wurden, sondern man mit der Burgentour ein Konzept verfolgt. Zusammen mit dem starken Auftritt von HÄMATOM war das ein grandioser Konzertabend!

Setlist SALTATIO MORTIS
01. Finsterwacht
02. Schwarzer Sand
03. Odins Raben
04. Der Himmel Muss Warten
05. Eulenspiegel
06. Palästinalied
07. Was Wollen Wir Trinken
08. Drunken Sailor
09. My Mother Told Me / Pray To The Hunter / My Mother Told Me
10. We Might Be Giants
11. Loki
12. Heimdall
13. Aurelia
14. Mittelalter
15. Vogelfrei
16. Prometheus
17. Oh Treues Herz
Zugabe
18. Wo Sind Die Clowns
19. Genug Getrunken
20. Spielmannschwur
Location Details
Kloster Schiffenberg in Gießen (Deutschland)
Anfahrt:Veranstaltungsserie "Gießener Kultursommer"

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