Torian - Dawn | |
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Review von EpicEric vom 24.05.2012 (5279 mal gelesen) | |
Ich weiss noch genau, wie ich TORIANs neues Album "Dawn" zum ersten Mal meinem Plattenteller kredenzte. Wie der mächtige Rhein-Herne-Kanal durch die Vororte Gelsenkirchens, bahnt sich das instrumentale Intro 'Run Of The River' zartplätschernd seinen Weg durch einen Satz Boxen, von dem ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht erahne, dass sie eigentlich viel zu leise sind. "Cleane Gitarren, klassisch angehauchte Synthiestreicher", denke ich mir, als der River sachte wie ein Kätzchen meine Ohren umsäuselt, "aber Rock Guerilla haben mit Leder-und-Nieten-Pathos überladenem 80's Metal geworben! Wo ist mein MANOWAR-Klon, Rock Guerilla?!" Fluchend recke ich die Faust in den verdunkelnden Himmel, als der samtige Flow des Intros auch mit Übergang in den Opener 'Grateful' nicht abebbt. "WO IST MEIN - MANOWARHEILIGEMARIAMUTTERGOTTESMEINGESICHTSCHMILZT" - das nächste was ich weiss, ist, dass ich mit drei verdammt angepissten 200-Watt-Amps auf Rechtsanschlag in einer Bassdrum eingesperrt bin, die mit 32tel-Kaliber-Trommelfeuer versucht, den Painkiller vom Himmel zu schießen. Was hier vor sich geht, lässt sich nur in Superlativen beschreiben, und die meisten davon sind "STÄHLERNST!". Mit dem zwischendurch eingestreuten hymnischen Elementen ergibt sich eine wuchtig-bombastische Mische, die auch den Folgetitel 'Soul Desert Asylum' zu einem abwechslungsreichen Hörerlebnis macht. Aber weil das hier True Metal ist, ist das auf Dauer nicht zu verantworten, weshalb der nächste Song 'Thunder Battalions' heisst. Wenn du nicht weisst, wie ein Song, der 'Thunder Battalions' heisst, klingt, geh weiter SLIPKNOT hören, während ich mir die Zeit nehme, den unglaublich fetten Sound dieses Höllenauswurfes abzufeiern. Man hört alles: Bass, Gesang, Drums und Gitarren dringen alle für sich glockenhell durch die Flammenwalze, die die doch absolut bündige Soundwand auf "Dawn" darstellt. Die Bassdrum prügelt einem das Leben aus der Magengrube und macht einem mit jedem der hochgerechnet 12000 Anschläge während des Albums schmerzhaft klar, dass man doch nur sterblich ist, während der Bass den Boden zum Beben bringt. Und das alleszerfetzende Sägen der Klampfenfront ist der Hauptgrund dafür, dass Auswilderungsprogramme für Biber im Großraum Paderborn auf 2032 verlegt wurden. Der Gesang legt wärenddessen eine unglaubliche Variabilität an den Tag und kann powermetallische Hymnen ebenso gut verkaufen wie räudiges Thrashgekeife. Das beste Beispiel dafür ist das nachfolgende 'Lost Command', was gleichzeitig meine Nummer Eins des Albums ist. Nicht von dem tuntigen Intro abschrecken lassen, hier geben sich Blastbeats mit perversen Shreds und deftige Powerchords über titanischen Hooklines die Klinke in die Hand, dass es weh tut. Nur die zwei, drei Synthietakte hätte man sich sparen können. A propos sparen können, 'Oceans' ist ne Ballade, die lasse ich aus meiner Wertung raus. 'Fall Of The Golden Towers' ist 'ne generische Power Metal-Nummer, die nach GARY MOOREs 'Out In The Fields' klingt und mit wenig Überraschungen aufwartet, dabei aber schon ne Ecke mächtiger ist, als es sich hier liest. Außerdem ist der Mittelpart Zucker! Anders verhält sich das mit 'Lords Of Babylon', der einfach wieder mit so ekelhaft schnellen Drums aufwartet, dass man gar nicht weiß, in welche Richtung man zuerst vor Freude ausrasten soll. Ich entscheide mich für Westen und bin indes ein wenig enttäuscht von dem fußkranken Chorus. Aber ohne den würde man vermutlich zu schnell kaputtausrasten. Und das zweiminütige Interlude 'Anthem To Ignorance' hätte man sich auch sparen können. Wieder meckern auf hohem Niveau kann man bei 'Fires Beyond The Sun', der sich zu 'Fall Of The Golden Towers' auf die "Nur Geil"-Bank setzen darf. Ein kurzes Interlude ('Wounded') später sieht man sich auch schon dem Titeltrack und Rausschmeißer gegenüber, der einfach mal über ne Viertelstunde dauert. 'Dawn' leidet ein wenig unter dem 'Achilles, Agony And Ecstacy In Eight Parts'-Syndrom, was nicht bedeutet, dass es einen zu langen Namen hat, sondern, dass ein wenig der rote Faden fehlt, der die einzelnen Sinnabschnitte zu einem bündigen Song macht. Als Ausgleich darf man sich aber auf eine Reise quer durch den akustischen Gemüsegarten gefasst machen - mehr noch, als es bei den fast durchweg abwechslungsreichen Vorgängersongs der Fall war. Es gibt ein ruhiges Intro, ein episches Intro, ein ruhiges Intro mit Vocals und dann halt das gewohnte Shred-Break-Hymne-Hin und Her. Meine Güte, hat mich die Platte verwöhnt, das ist natürlich bodenlos untertrieben! Was hier zusammengeschustert wird ist schlicht grandios, und bei der beachtlichen Länge von 16,5 Minuten kommt einem auch kein Takt zu viel vor. Dieser Abwechslung fällt nur leider wie gesagt die Koherenz zum Opfer. Also, was haben wir hier? 62 Minuten Spielzeit, die meisten davon göttlich oder zumindest besser als alles, was MANOWAR in diesem Jahrtausend gemacht haben. Hier sollte jeder zugreifen, dem Power Metal in letzter Zeit zu lasch geworden ist! Gesamtwertung: 10.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Run Of The River 02. Grateful 03. Soul Desert Asylum 04. Thunder Battalions 05. Lost Command 06. Oceans 07. Fall Of The Golden Towers 08.Anthem To Ignorance 09. Lords Of Babylon 10.Fires Beyond The Sun 11. Wounded 12. Dawn | Band Website: www.torian-legion.de Medium: CD Spieldauer: 62 Minuten VÖ: 18.05.2012 |
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