Interview mit Stéphan von Adagio

Ein Interview von Lestat vom 06.05.2010 (6182 mal gelesen)
Vor dem Konzert in Köln am 08.04.2010 gab Gitarrist und Bandkopf Stéphan Auskunft über zukünftige Pläne, die Tour, die Band - eben alles, was interessant ist.

Ich sitze hier mit Stéphan von ADAGIO. Stéphan, du bist das Mastermind von ADAGIO. War die Band von Beginn an als Band geplant, oder war es zu Beginn eher ein Projekt?

Stéphan: Am Anfang war es mehr ein Projekt. Ich habe am Anfang mehr istrumentales Zeug gemacht. Und irgendwann hat mich ein Label gefragt, ob ich etwas mit Gesang machen könnte. Mit Mitgliedern von ELEGY, PINK CREAM 69 und MAJESTY. Dann habe ich die Lieder dafür geschrieben. Im Laufe der Zeit wurden wir dann doch zu einer richtigen Band.

Und wie kam der Kontakt zustande zu den Jungs von ELEGY, PINK CREAM 69 und MAJESTY? Ich meine, das sind ja nicht gerade unbekannte Bands...

Stéphan: Das kam alles vom Label.

Ihr seid nun seit ca. zwei Wochen auf Tour. Wie war sie?

Stéphan: Großartig! Es herrschte eine großartige Stimmung zwischen den Bands, wir hatten eine Menge Spaß zusammen.

Und haben euch die Fans auch gut behandelt? Schließlich ist ja ADAGIO zumindest in Deutschland noch nicht so bekannt.

Stéphan: Das kam auf das Land an. Ich meine, in Deutschland hatten wir nie zuvor gespielt bisher. Und die Leute kamen noch während der Show zum Merchstand und fragten, was das für eine Band sei, die da gerade spielt und wo die her kommt. Wir haben auch eine Menge Merch verkauft. Das zeigt ja, dass wir die Leute hier erreichen. Außerhalb Deutschlands war es etwas anderes, da wir da schon waren. In Spanien drehten die Leute total ab, in Frankreich sowieso...

Also wird es demnächst mehr Shows in Deutschland geben?

Stéphan: Hm, im Moment gibt es nichts Konkretes. Wir beenden erstmal die Tour morgen mit der Show in Hamburg. Ich hoffe es jedenfalls. Wenn ich erstmal wieder zu Hause bin, muss ich die ganzen Visitenkarten sichten, die ich gesammelt habe und muss die Leute anrufen.

Stehen auch Festivals zur Debatte?

Stéphan: Wir haben uns gerade von unserer Bookingagentur getrennt und suchen eine neue. Und ohne Bookingagency kommt man nur schwer auf Festivals. Wir arbeiten daran.

Vor drei Jahren wart ihr in Japan. Was war das für eine Erfahrung?

Stéphan: Wahnsinn! Während der zehn Tage haben wir uns die Bühne mit KORPIKLAANI geteilt. Das ist zwar eine etwas andere Art Metal, aber es war cool. Es gab auch Gitarrenmagazine, die seitenlange Specials über uns gemacht haben, mit Inhalten wie "ADAGIO shredden" oder so. Es war lustig, und cool! Wir hatten viel Spaß, haben viel getrunken.

Ihr seid jetzt auf Tour mit einem neuen Sänger, Mats Levén. Wie kam es zur doch recht schnellen Trennung von Chris? Vor einem Jahr schien er noch euer Traumsänger zu sein.

Stéphan: Wir haben damals Chris noch nicht so gut gekannt. Er ist ein toller Sänger, er ist auch wirklich nett, aber er hat psychische Probleme. Bei den Liveshows war er einfach nicht hunderprozentig verlässlich. Normalerweise hätten wir ihn gern behalten, aber so...

Und mit Mats ist nun alles bestens? Er hat sich auf der Tour gut integriert?

Stéphan: Mats ist ein Profi. Er ist wirklich erfahren. Er weiß, wie er mit sich und seiner Gesundheit umgehen muss. Und wann er trinken kann und wann nicht. Und wie er sich auf der Bühne verhalten muss. Er ist eine großartige Person, hat eine tolle Technik und ist menschlich einfach voll in Ordnung. Wir hatten auch eine Menge Spaß zusammen. Er hat sich wirklich gut in die Band integriert. Ich meine, es ist nicht so einfach, gerade als Sänger aus einem anderen Land, sich in die Band, in die Familie, zu integrieren. Aber das hat einfach perfekt geklappt.

Wenn du die Entwicklung von ADAGIO von 2001 bis jetzt beschreiben müsstest - wie würdest du das?

Stéphan: Nun ja, am Anfang waren wir mehr Neoklassischer Progressive Metal, so wie SYMPHONY X. Dann ging es mehr in Richtung Orchestral Progressive Metal, aber wirklich progressiv, komplizierteres Zeug. Und dann haben wir festgestellt, dass wir auf der Bühne andere Musik spielen müssen, weil das Publikum vor uns stand und nichts damit anfangen konnte. Also gingen wir zurück zu den Wurzeln, zu meinen Wurzeln im Metal. Wir haben das Progressive und Komplexe ein wenig zur Seite geschoben und wurden straighter und dunkler. Und "Archangels in Black" zeigt den Weg auf, den wir für das nächste Album beschreiten werden.

Und ist bereits ein neues Album in Sicht?

Stéphan: Noch nicht. Im Moment stelle ich mein instrumentales Soloalbum fertig. Das ist etwas, worauf ich schon lange Zeit gewartet habe, und das ich wirklich endlich vollenden will. Und wenn ich damit fertig bin, wird das nächste ADAGIO-Album in Angriff genommen. Im Sommer wird das Soloalbum fertig sein, dann mache ich mich ans Songwriting, also kann man 2011 damit rechnen.

Und wie wird das Soloalbum heißen?

Stéphan: Da habe ich mehrere Ideen: "Recording The Apocalypse", "Another Pitch Of Black", weiß ich noch nicht genau. Es wird sich an der Musik orientieren. Es wird nichts Lustiges werden, eher etwas Persönliches.

Was für Gastmusiker sind geplant?

Stéphan: Es gibt da schon einige Freunde, die ich einladen will. Manche habe schon zugesagt, manche noch nicht. Mir schwebt zum Beispiel Michael Romeo vor.

Du hast vor einiges Zeit einen Endorsementvertrag mit Mesa Boogie unterschrieben, hast schon einige Zeit einen Vertrag mit Lag für deine Gitarre. Hattest du bei der Gitarre Einfluss auf die Entwicklung?

Stéphan: Wir haben an der Gitarre etwa zehn Jahre gearbeitet, wir hatten viele Versuche, bis wir die Wunschgitarre hatten. Jetzt ist sie perfekt.

Und was ist für dich bei einer Gitarre wichtig?

Stéphan: Zuallererst muss es eine Siebensaiter sein. Dann muss das obere Ende des Halses wirklich gut erreichbar sein, auch im Bereich des 25. Bundes. Ich spiele da zwar nicht oft, aber er soll dennoch wirklich leicht erreichbar sein. Dann spielt das Design noch eine Rolle. Und der Hals sollte sich gut bespielen lassen, so dass er für Shred geeignet ist.

Und wie bist du an den Vertrag mit Mesa Boogie gekommen? Haben sie dich oder du sie angesprochen?

Stéphan: Sie kamen zu mir. Und es hat sich damit ein Traum erfüllt. Ich wusste, dass sie nicht viele Leute ausstatten, und wenn, dann nur die ganz, ganz Großen. Daher habe ich es gar nicht versucht. Es war also eine ganz große Sache. Sie haben mir ein Dual Rectifier- und ein Mark 5-Topteil plus einen Cabinett gegeben. Ich hatte noch nicht die Zeit, alles auszuprobieren. Wahrscheinlich nehme ich den Mark 5 für die Solos und den Dual Rectifier für die anderen Parts. Ich muss also auch immer noch an meinem Rack arbeiten. Aber so weit ist es genau das, was ich will.

Ich habe übrigens festgestellt, dass Chris auf der Homepage noch als Sänger geführt wird...

Stéphan: Ja, das kann sein, auf der MySpace-Seite ist er nicht mehr dabei. Wir halten die MySpace-Seite aktueller, die ist einfach zu bearbeiten. Die Homepage wird manchmal ein wenig vernachlässigt. Ich bin mehr oder weniger der Manager der Band, und es gab in letzter Zeit einfach dringlichere Sachen, die es zu regeln galt, wie zum Beispiel die Tour. Aber in Zukunft soll auch die Homepage aktueller gehalten werden.

Und wenn du dich selber als Manager der Band bezeichnest - siehst du dich als Kopf oder als Teil der Band?

Stéphan: Um ehrlich zu sein: Ich bin der Boss. Also ich treffe keine Entscheidungen, ohne die anderen zu befragen. Ich denke aber, dass es zu nichts führt, wenn Entscheidungen zu viel ausdiskutiert werden, sondern es braucht jemanden, der entscheidet.

Ok, das soll es von mir gewesen sein. Viele Dank für das Interview - die letzten Worte gehören dir!

Stéphan: Erstmal möchte ich sagen, wie glücklich ich bin, endlich einmal in Deutschland spielen zu können. Wir hatten es lange vor, weil es schließlich die Metalnation in Europa ist. Wir hoffen, dass einige neue Leute die Band kennen lernen und gut finden. Und da die Tour sich dem Ende nähert: Wir hoffen, dass wir so bald wie möglich zurück nach Deutschland kommen können.

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