Livebericht Dark Tranquillity (mit Equilibrium und Miracle Flair) |
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Ein Livebericht von Krümel aus Andernach (Juz-Liveclub) - 24.03.2018 (34625 mal gelesen) |
Es ist wirklich erstaunlich, welch' genialen Konzerte das JUZ in Andernach immer wieder auf die Beine stellt. Dieses Mal stehen DARK TRANQUILLITY auf dem Programm. Da steht es außer Frage, dass wir dabei sein müssen. Nichts wie hin... Obwohl sich die Tür zum JUZ relativ pünktlich gegen 18 Uhr öffnet, kommen die Fans erst einmal nur in den Eingangsbereich, in dem sich auch die Theke befindet. Die zwei großen Rolltore zur Halle bleiben jedoch noch geschlossen. Das führt dazu, dass sich die schon recht ansehnliche Meute ob der versperrten Zugänge immer dichter aneinanderdrängt und irgendwann von außen keiner nachrücken kann. Innen wissen wir sofort: Grund für das Nichtöffnen ist der im inneren der Halle noch laufende Aufbau. Außerdem hört man einen Soundcheck, der wegen der zu vernehmenden weiblichen Stimme sicherlich der ersten Band des Abends zuzuordnen ist. Über die weiß man vorher allerdings noch nichts, denn angekündigt wurde sie sowohl auf den Plakaten als auch auf der Webseite als "Special Guests". Als sich dann kurz vor sieben endlich die Tore zum Innenraum aufschieben, strömen die Wartenden zügig hinein. Sofort sieht man nun das Banner des Opener: Es sind MIRACLE FLAIR. Nun, der Name sagt mir persönlich nichts, aber ich lasse mich einfach mal überraschen. Kaum haben sich die Leute einen akzeptablen Platz gesucht, geht auch schon das Licht aus und die Bühne wird rot angestrahlt und vernebelt. "Toll!" denken wir uns alle, "jetzt geht es los". Doch leider ist dies ein Trugschluss, denn erst geschlagene 30 Minuten später betreten Nicole Hartmann (Vocals), Daniel Maurizi (Gitarre), Cédric Bron (Drums) und Jonas Lüscher (Bass) endlich die Bühne. Nach dem ersten Song weiß man auch als Nichtkenner, dass sich die Schweizer dem modernen, female-fronted Dark/Melodic Metal verschrieben haben. Sie präsentieren im Folgenden weiterhin ausschließlich Stücke ihres 2016 Langspielers "Angels Cast Shadows". Das Material ist genretypisch und lebt hauptsächlich von dem weiblichen Gesang. Nachdenklich stimmt aber, dass dieser merkwürdigerweise an manchen Stellen zweistimmig zu hören ist, obwohl außer Fronterin Nicole keine zweite Vokalistin da war. Leider kommt es im Verlauf des Sets immer wieder zu Rückkopplungen; auch der Sound fällt ein bisschen schepprig aus. Nach einer guten halben Stunde verabschieden sich MIRACLE FLAIR nach einem gefälligen, allerdings etwas unaufgeregten und fast schon ein bisschen zu brav wirkenden, Auftritt. Setlist: 'Still Remaining Part' 'The Whole' 'Challenge My Faith' 'Embracing The End' 'Angels Cast Shadows' 'Worth The Fight' 'The Unfulfilled' Nach dem zurückhaltend netten Metal der Opener stehen nun als krasses Kontrastprogramm die Stimmungskanonen des Tages auf dem Plan. EQUILIBRIUM aus Süddeutschland nehmen sich vor, die Halle vor dem Headliner mal so richtig anzuheizen. Die Besetzungswechsel der letzten 15 Jahre haben der Band eigentlich nie wirklich geschadet, denn sie konnte ihre Trademarks immer beibehalten und hat sich natürlich auch einen Ruf erspielt, eine hervorragende Liveband zu sein. Was nicht zuletzt an Robse liegt, der die Band in der zweiten Hälfte ihres Bestehens stets formidabel durch das Bühnenprogramm führt und natürlich die ideale Erscheinung für diese Art von Musik mitbringt. Auch heute zocken EQUILIBRIUM den JUZ-Liveclub in Verzückung. Mit 'Prey' und 'Heimat' wird sich zuerst am aktuellen Album warmgespielt, damit auch die Halle auf Betriebstemperatur kommt. Das AMON AMARTH-mäßige 'Prey' lockt dann auch gleich die ersten Headbanger, ist aber mit seinem gebremsten Tempo tatsächlich noch nicht der Oberburner. Als aber das Intro zu 'Heimat' ertönt, kommt sofort deutlich mehr Bewegung in die Halle. Die Bühne ist noch voller Nebel und wird in unwirkliches grünes Licht gehüllt, während sich die Gitarristen auf den Gitterpodesten in den Nebelfontänen in Position bringen. Ab sofort gibt es auch stückweise immer ein bisschen mehr Gas im Programm. Robse führt sympathisch durch das Programm und die Menge dankt es ihm mit spontanen und wilden Moshpits und einer Wall Of Death. Mir persönlich sind die Samples ein bisschen zu dominant, von denen in den letzten Jahren sehr exzessiv Gebrauch gemacht wird, um die Epik des Materials zu steigern. Damit einher geht natürlich auch eine leichte Verwässerung der Metal-Härte. Die ältesten Titel an diesem Abend dürften die Stücke vom "Sagas"-Album sein, von denen laut Robse ein Titel auf dieser Tour auch eine Live-Premiere hat. Die ungezügelte Wildheit der älteren Titel kommt beim Publikum auf jeden Fall total gut an und die Moshpits erfassen die halbe Halle. Die Temperatur im Innenraum legt deutlich zu und Robse ächzt "Ich will eigentlich gar nicht so schwitzen - das mach ich jetzt nur für euch!". Die "Sagas"-Titel bilden den Schwerpunkt in der Mitte des Sets, und nach 'Unbesiegt' mit seinen tanzbaren Lambada-Rhythmen wird es Zeit, das Tempo mal wieder etwas zu drosseln. Robse ist pitschnass und stellt anerkennend fest: "Jetzt habt ihr's geschafft: Der Schweiß tropft von der Decke. Gratuliere!". Nach einem Ausflug durch die neueren Alben endet der Gig dann mit dem thrashigen 'Apokalypse'. Bei der Zusammenstellung der Setlist erkennt man deutlich, dass EQUILIBRIUM ein paar richtig gut laufende Evergreens in ihrer Historie haben. Das Debüt, "Turis Fratyr", kommt leider hier überhaupt nicht zum Tragen, obwohl mir dessen Titel auch besser gefallen als die neuen Werke der letzten beiden Alben. Aber glücklicherweise trägt die starke Präsenz des "Sagas"-Albums auch zum Gelingen dieses Gigs bei, und an den Publikumsreaktionen merkt man, wo die Leute richtig steil gehen. Mich lässt die gute Laune des Gigs jedenfalls meinen Erkältungsinfekt, den ich an diesem Abend mit mir rumschleppe, für eine gute Stunde vergessen. Gute-Laune-Metal ist Gesundheits-Metal. Nach diesem Nackenmuskelkater erzeugenden Auftritt, wird das JUZ für den Headliner des Abends umgebaut. Als ich seinerzeit Andernach als eine Stationen der diesjährigen DARK TRANQUILLITY-Tour entdeckte, konnte ich es kaum glauben. Die schwedischen Melodic Deather waren noch nie hier. Entsprechend hoch ist meine freudige Erwartung - die ich übrigens mit vielen anderen Leuten heute teile. Und so ist es nicht verwundertlich, dass sofort Jubel aufbrandet, als endlich das Licht ausgeht und die Musiker die Bühne betreten. Frontsympath Mikael Stanne ist davon sichtlich erfreut und bedankt sich für das herzliche Willkommen. Somit ist von der ersten Minute an für eine super Stimmung. Nach dem Intro steigt der Sechser mit 'Encircled' (dem Opener des letzten Albums "Atoma") krachend ein und die Zuschauer nehmen diese Steilvorlage sofort an und gehen ordentlich mit. Die Band und insbesondere Mikael Stanne sind wirklich beeindruckt, dass das Publikum auch jeden der folgenden Songs abfeiert. Der charismatische Sänger strahlt bei seiner Performance über das ganze Gesicht und bedankt sich zwischendurch immer wieder bei den Leuten. Und dann beweist Stanne, dass er trotz der kleinen Größe von Andernach, etwas über diese Stadt weiß. Denn einer der Lieblingsschriftsteller des Schweden stammt von hier: Heinrich Karl Bukowski wurde 1920 in Andernach geboren und erlangte später in den Vereinigten Staaten als Henry Charles Bukowski einen gewissen Ruhm. So habe auch ich etwas gelernt. Aber nun weiter im Text ... nein mit der Musik ... Obwohl die Tour unter dem "Atoma"-Banner steht, präsentieren DARK TRANQUILLITY neben Stücken des 2016er Albums, auch sehr viele Songs aus früheren Werken. 'Final Resistance' findet genauso Platz in die Setlist wie 'The Science Of Noise' oder 'Miserys Crown'. Egal, welches Lied gespielt wird - bei jedem geht die Menge in der brechend vollen Halle so richtig ab. Doch nicht nur vor, sondern auf der Bühne ist Action angesagt. Bis auf den Keyboarder Martin Brändström und Drummer Anders Jivarp, die logischerweise ihren Platz an ihren Instrumenten nicht verlassen können, flitzen die Gitarristen Chris Amott und Johan Reinholdz sowie Bassist Anders Iwers ständig hin und her und heizen die Stimmung immer weiter an. Die Jungs kommen dabei sowas von tight rüber, dass es eine wahre Freude ist. Als DARK TRANQUILLITY die alte Perle 'Therein' (von dem 1999 erschienenen Werk 'Projektor') aus dem Hut zaubern, zeigt sich, dass in Andernach absolute Die Hard-Fans anwesend sind, denn nahezu alle Anwesenden singen dabei mit. Nicht nur die Band, sondern auch ich staune - einen solch intensiven Gig habe ich selten erlebt. Trotz der fortgeschrittenen Zeit zeigen weder die Musiker noch die Zuschauer Müdigkeitserscheinungen; alle Beteiligten geben bei den letzten beiden Songs 'Icipher' (welches schon lange nicht mehr live gespielt wurde) und 'Miserys Crown' nochmal alles. Mikael verlässt sogar die Bühne und sucht den Kontakt zu den Leuten, die sich vorne dicht an der Absperrung drängen. Das kommt natürlich bestens an; auch als sich der Fronter während des Songs nicht zu schade ist, um eigenhändig eine Crowdsurferin entgegenzunehmen und ihr sicher auf den Boden zu helfen. Das nenne ich mal Fan-Nähe! Leider, leider geht aber auch der allerschönste Auftritt einmal zu Ende und für meinen Geschmack viel zu schnell müssen sich die Schweden von uns verabschieden. Doch man muss wohl nicht betonen, dass dies unter größtem und natürlich mehr als wohlverdientem Applaus geschieht. Setlist: 'Intro' 'Encircled'("Atoma") 'Monochromatic Stains' ("Damage Done") 'Clearing Skies' ("Atoma") 'The Treason Wall' ("Damage Done") 'The Science Of Noise' ("Construct") 'Forward Momentum'("Atoma") 'Final Resistance' ("Damage Done") 'Atoma'("Atoma") 'Force Of Hand'("Atoma") 'The Lesser Faith' ("Fiction") 'Terminus' ("Fiction") 'Inside The Particle Storm' ("Fiction") 'Wonders At Your Feet' ("Haven") 'ThereIn' ("Projector") 'Icipher' ("Fiction") 'Miserys Crown' ("Fiction") |
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