Earthwomb - Becoming Immanence

Review von Humppathetic vom 12.12.2021 (4658 mal gelesen)
Earthwomb - Becoming Immanence Ende Oktober erreichte mich unversehens (und von mir ad hoc und, wie sich herausstellte, fälschlicherweise als Versehen vermerkte) Post in Form einer digitalen Brieftaube, auch bekannt als E-Mail. Der Inhalt: Die Band EARTHWOMB aus dem weit entfernten Lima, Hauptstadt des offensichtlich ebenso weit entfernten Peru, frug mich freundlich, ob ich nicht Zeit und Muße aufwenden könne, das Debüt der Band, die EP "Becoming Immanence", einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Norddeutsch enthusiastisch sagte ich mir: "Meinetwegen." Und so sitze ich nun, knapp mehr als einen Monat später, an den Zeilen zum Review dieser EP. Wer mich kennt, der weiß, was jetzt kommt: die technischen Details. Alles muss seine Ordnung haben. EARTHWOMB sind ein im Jahr 2019 gegründetes Dreiergespann, bestehend aus Sänger und Texter Giancarlo Melgar, Gitarrist und Texter Eduardo Yalán und Gitarrist und Programmierer Pedro Zamalloa, der zudem auch für die Produktion, das Mixing und das Mastering verantwortlich zeichnete (heißt auch: Bass ist überbewertet). Alle drei spielten bereits zusammen in der Deathcore-Band CRANEOTOMY; man kannte sich also und wusste, wie man miteinander Visionen zum Leben erweckt. Gewissermaßen arbeitet die Band also als Triumvirat in der Do-It-Yourself-Variante, schließt damit äußere Einflüsse aus (in CRANEOTOMY gab es schließlich noch drei weitere Lärmkasper) und kann sich - ganz so, wie es der Plan vorgesehen haben dürfte - der Verwirklichung des eigenen, unkorrumpierten Konzepts widmen. Und wie lautet dieses Konzept? Lassen wir den Beipackzettel zu Worte kommen. Atmosphärischer Black Metal im Stile solcher Koryphäen wie WOLVES IN THE THRONE ROOM, AKHLYS, TRNA und THE GREAT OLD ONES soll gespielt, ein verwüstender wie himmlischer Klang dargeboten werden, erschaffen durch eine Balance aus aggressiven Riffs und einer intensiven Wand aus Schallsektionen, beständigem Schlagzeug-Hämmern und rohen, durchbohrenden Vocals. Narrhallamarsch, dann mal ran an den Speck.

Fünf Songs erreichen das Gehör des potentiellen Fans. Dazu ein Intro und ein Zwischenspiel. Und man stellt es sofort fest: Die angegebenen Referenzen von WITTR und Co. treffen definitiv zu. Man hört jene Bands unumstößlich heraus. Fähig sind die drei Peruaner zudem. Und gute Momente kreieren die Männer genauso. Gerade der Opener, 'Fractal Phenomenon', punktet durch wunderbare Melodieläufe und ein annähernd entrücktes Gefühl, so wie man es sich auch gewünscht hat. Der zweite Höhepunkt innerhalb der 31 Minuten hört auf den Namen 'Trespassing The Paragons Of Consciousness'. Der Song, so gut in der Mitte platziert, wo er auch absolut hingehört, ist ein beinahe sechs Minuten langes Instrumental, das ähnlich wie 'Fractal Phenomenon' funktioniert. Ausladende, gefühlvolle Leads in sphärischen Sphären.

Doch der Kurztext verriet es bereits: Die Band steht noch am Anfang und wirkt in einigen Teilen doch ein bisschen übermotiviert. WITTR, AKHLYS, TRNA, TGOO sind allesamt Bands, die Songs jenseits der zehn-, teilweise jenseits der 20-Minuten-Marke komponieren. Natürlich geht sowas auch in aller Kürze, aber dementsprechend muss auch alles andere proportional dazu mit herunterschrumpfen. Das aber machen EARTHWOMB nicht. In die 31 Minuten wird alles "but the kitchen sink" hineingeworfen. Dadurch entsteht zwar durchaus Wuchtigkeit, aber auch ein ungutes Gefühl der Verwirrung. Wo soll ich hinhören, wenn da gerade was ... ach, jetzt passiert da was ... nee, vorbei ... wo kommt denn der Lärm plötzlich her? Die Peruaner muten mir als Hörer - anderen mag es, Überraschung, anders ergehen - viel zu viel zu. Wie ein gehetzter Wolf schlägt die Musik nach rechts, nach links, Salti und über sich selbst hinweg. Da ich leider kein Aktienhändler an der Wall Sreet in den 80er Jahren bin und meine Taschen nicht voller Kokain sind, entzieht sich mir die Musik so zusehends beziehungsweise -hörends. Und so fehlt den anderen Songs leider die Stringenz, der rote Faden, um von mir noch genügend verstanden zu werden.

Bei aller Kritik aber ist das Ganze - eben dank der beiden wirklich guten Lieder und auch der unabstreitbaren Fähigkeiten der Musiker - für ein Debüt, noch dazu von einem Kontinent, den man doch eher für Hardcore, Thrash und Death kennt, eine veritable Angelegenheit geworden, der einfach nur das Fine Tuning gefehlt hat. Trotzdem sage (schreibe) ich an dieser Stelle: ¡Gracias por esta música y la experiencia, amigos!

Gesamtwertung: 6.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood dry dry dry dry
Trackliste Album-Info
01. Cosmic Revelation
02. Fractal Phenomenon
03. Walkscapes
04. Trespassing The Paragons Of Consciousness
05. The Gathering
06. Ulterior Revelation
07. Vital Flux
Band Website: earthwombperu.bandcamp.com/
Medium: Digital
Spieldauer: 31:12 Minuten
VÖ: 07.10.2021

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten