Thangorodrim - Liberation In Unbound Chaos 666 | |
---|---|
Review von baarikärpänen vom 26.11.2021 (6398 mal gelesen) | |
Okkult Rock ist sowas wie die nette kleine Schwester des Black Metals. Also jemand, den man gerne hört, auch wenn man mit der Message hinter der Musik recht wenig anfangen kann. Im Grunde genommen ist das ja letztendlich auch nur Classic Rock, der durch die Texte erst zum Okkult Rock wird. Rein oberflächlich betrachtet könnte man das auf diese Formel runterbrechen. Aber eben halt auch nur oberflächlich. Denn anders als LUCIFER, BLOOD CEREMONY oder die stilprägenden COVEN gibt es halt auch Bands, die sich nicht so einfach in das Schema pressen lassen. Dazu gehören auf jeden Fall THANGORODRIM aus San Jose/ Kalifornien. Die unterscheiden sich in vielen Punkten von den genannten, was schon beim Logo der Band und beim Titel des Albums anfängt, die eher auf Black Metal als auf Okkult Rock schließen lassen. Dazu passt auch, dass sich die Band unter anderem von Jon Nodtveidt (DISSECTION) inspiriert sieht. THANGORODRIM, die lediglich aus Gitarrist/ Bassist S.K.B. und Sängerin C.G. BloodCrown bestehen (für Auftritte, oder wie die Band es nennt "Rituale", stoßen weitere Musiker dazu), sind bereits seit 2015 unterwegs, haben seitdem zwei EPs und eine Single veröffentlicht. Seit neuestem stehen sie beim Nuclear Blast Unterlabel Blood Blast Distribution unter Vertrag (ein Label, das sich auf die Veröffentlichung in digitaler Form spezialisiert hat). 2020 begannen die Aufnahmen zu ihrem ersten Album "Liberation in Unbound Chaos 666", dessen elf Songs es auf eine respektable Spielzeit von 85 Minuten bringen. Da hat sich also jemand viel Zeit für das Songwriting genommen. Und was soll ich sagen, gegen satanisch ausgerichtete Vorreiter wie THE DEVIL'S BLOOD sind THANGORODRIM nochmal eine Spur extremer, denn das Album verlangt dem Hörer viel ab. Da ist nichts mit mal eben nebenbei hören. Ihrem selbstgesteckten Ziel, mit der Musik das antikosmische Chaos zu beschwören, sind THANGORODRIM auf einem sehr guten Weg. Auch wenn die Grundzutaten der Musik aus Classic Rock oder Psychedelic Rock bestehen, immer versehen mit einem Schuss Hippie-Flair, ist man nie auf der sicheren Seite beim Hören. Das liegt zum einen an der verschachtelten Rhythmik und zum anderen vor allem an Sängerin C.G. BloodCrown. Die hat eine Stimme, die sowas von außergewöhnlich ist, aber zugleich auch sehr fordernd. Mich erinnert das an das "King Diamond-Problem" - entweder man mag es oder nicht. Fakt ist aber, dass ihre Stimme nicht nur Gesang ist, sondern vielmehr fast schon zeremonielle Beschwörung. Dabei werden sich schon beim eröffnenden 'Through The Devils Door" die Geister(!) scheiden. Der in feinster Classic Rock-Manier beginnende Neunminüter wird potentiell Interessierte in zwei Lager teilen. Die, die sich verstört abwenden und die, die schon nach einer halben Minute in diesen düsteren Strom eintauchen. Für eine kurze Phase der Ruhe sorgt erst wieder das an fünfter Stelle platzierte Instrumental 'Cocaine Of The Multiverse'. So man denn einen Track nennen sollte, der so etwas ähnliches wie Allgemeinverträglichkeit versprüht, dann ist es das verstörend betitelte 'Thirst For The Bleeding Womb (B.S.M.)', dem mit 'Blood Of Anti-Kosmic Night' für mich das Highlight des Albums folgt. Keine Ahnung, ob es die (relative) Nähe San Jose's zu Mexiko ist, aber 'Santa Muerte' ist der ins Gegenteil vertonte Besuch eines verlassenen Friedhofs bei Nacht am "Día de los muertos", dem Tag, in dem in Mexiko die Toten eigentlich gefeiert und geehrt werden. Spannend wird es auf 'Hanged Are The Bones Of Love And Death'. Ich bezweifle stark, dass THANGORODRIM jemals in ihrem Leben etwas von der finnischen Bad VIIKATE gehört haben. Genau die haben ihren höchst eigenen Stil, indem sie die in Finnland seit den 1960ern entwickelte "Rautalanka-Musik" (eine besondere Spielart der Gitarre, vornehmlich in Instrumentalmusik) integrieren. Und die Gitarre auf 'Hanged Are The Bones Of Love And Death' hört sich original nach VIIKATE an. Wie dem auch sei, abgerundet wird dieses Album durch das zutiefst depressive 'Infinite Dimensions Suspend Within', einem Instrumental, mehr Soundcollage als Song. Was THANGORODRIM und "Liberation In Unbound Chaos 666" angeht, haben wir ein Album, zu dem es wirklich nur zwei Meinungen geben kann. Entweder man findet als Hörer einen Zugang oder er bleibt für immer verschlossen. Entweder man wird durch den Gesang von C.G. BloodCrown gefesselt oder man findet ihn einfach nur nervenzehrend. Entweder man sieht sich selbst in einer menschenleeren surreal-alptraumartigen Einöde unter bleiernem Himmel, der man mit Macht entfliehen will oder als Zeuge eines fesselnden Rituals. "Liberation In Unbound Chaos 666" ist ein Album, zu dem man keine neutrale Position einnehmen kann. Ich persönlich habe die Scheibe jetzt mehrmals am Stück gehört und bin immer noch "under the spell". So sollen bitte auch die neun Punkte verstanden wissen, die ich diesem satanischen Opus bereit bin zu geben. Wer hier musikalische Eingängigkeit erwartet, ist definitiv fehl am Platz. Die Konsequenz, mit der THANGORODRIM ihrer Vison folgen und dabei scheinbar auf die breite Masse pfeifen, nötigt Respekt ab und lässt vergleichbare Acts, die mit einem satanischen Image kokettieren ganz schön alt aussehen. Gesamtwertung: 9.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Through The Devil's Door 02. Praise Be The Sound Of Suffering 03. Spell Of Confusion 04. Devour-er Ov Time 05. Cocaine Of The Mutiverse 06. Thirst For The Bleeding Womb (B.S.M.) 07. Blood Of Anti-Kosmic Night 08. Santa Muerte 09. Father Of Flame 10. Hanged Are The Bones Of Love And Death 11. Infinite Dimensions Suspend Within | Band Website: www.facebook.com/ThangorodrimOfficial Medium: CD, Digital Spieldauer: 85:27 Minuten VÖ: 05.11.2021 |
Alle Artikel