Fear Factory - Aggression Continuum | |
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Review von Damage Case vom 18.06.2021 (8887 mal gelesen) | |
FEAR FACTORY - selten war eine Metal-Band ihrer Zeit so weit voraus wie die Industrial Death Thrasher zu ihrer Hochzeit mit den Alben "Demanufacture" (1995), "Remanufacture" (1997) und "Obsolete" (1998). Denn auf dem Tacho stand nicht 1995 oder 1998, sondern ganz fett 2010, also die Zeit, welche von den Endzeitmuckern mit ihren Geschichten um Maschinen, die sich über den Menschen erheben werden, besungen wurde. Und was passierte nach dem immer noch mindestens guten "Digimortal" (2001)? Das legendäre Line-up um Sanges- wie Brüllgott Burton C. Bell, Gitarrenmops Dino Cazarez, Bassteufel Christian Olde Wolbers und Schlagzeugmaschine Raymond Herrera zerlegte sich in nahezu alle möglichen Bestandteile. Welche andere Band schaffte es während ihres Bestehens, dass so viele Inkarnationen existieren, in welchen in Summe alle vier essenziellen Mitglieder mindestens einmal fehl(t)en? Zuletzt erfolgte im Bandnamenrechtsstreit zwischen allen vier Mitgliedern eine öffentlich ausgetragene Schlammschlacht zwischen Cazarez und Bell, dass Letzter die Band nach den Aufnahmen von "Aggression Continuum" verließ und Ersterer momentan das einzige Urmitglied der aktuellen Angstfabrik darstellt. Das erklärt dann auch ein wenig, weshalb 2021 die Band beziehungsweise deren Sound mittlerweile eingeholt hat, und die Musik von FEAR FACTORY, auf dem Vorgänger "Genexus" (2015) wieder nahezu in alter Stärke vorgetragen, nicht mehr die Zukunft des Metals darstellt, sondern dessen Status Quo eben Ende der 1990er. Oder mit anderen Worten ausgedrückt: Dino & Co. sind im zweiunddreißigsten Jahr ihres Bestehens eine Retro-Band, deren Fans hauptsächlich Altfans sein dürften, die entsprechend ihrer Erwartung bedient und abgeholt werden möchten. Und wie schneidet "Aggression Continuum" diesbezüglich ab? Schon der Opener 'Recode' ("Demanufacture"-Vibes) und der zweite Titel 'Disruptor' ("Obsolete"-Groove) leiten gekonnt die gut dreiviertelstündige Reise in die Vergangenheit der Zukunft ein. Fett produziert schwanken die Songs zwischen 1995 ('Fuel Injected Suicide Machine'), 1998 ('Purity', 'Collapse') und den modernen Sounds der 2020er - sogar mit klassischem Gitarrensolo von Dino ('Monolith'). Einzig der etwas farblose Titelsong fällt ein wenig ab. Fazit: Einen Megahit wie 'Replica' schießen FEAR FACTORY auch als Cyborgmusiker in hundert Jahren nicht mehr. Aber auf Albumlänge macht das alles auch 2021 noch ordentlich Freude und reiht sich direkt hinter den 1990er-Großtaten neben den gelungenen Spätwerken "Mechanize" und "Genexus" ein. Einziger Wermutstropfen ist der Abgang von Burton C. Bell. Wer soll denn auf der Bühne und im Studio diese einzigartige Stimmgewalt ersetzen? Einzige glaubwürdige und passende Möglichkeit: Ein Replikant. Drei Anspieltipps: Schon der keyboardlastige Opener 'Recode' nimmt den Hörer mit auf die Reise nach 1995. 'Fuel Injected Suicide Machine' - so etwas Ähnliches wie ein Hit mit viel Melodie in Burtons Refrainstimme. 'End Of Line' ist diesmal nicht der typisch loungige Soundteppich zum Ausklang, sondern brettert erst einmal ein paar Minuten los, bis der Song und das Album die letzten Minuten langsam ausatmen. Gesamtwertung: 8.5 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Recode 02. Disruptor 03. Aggression Continuum 04. Purity 05. Fuel Injected Suicide Machine 06. Collapse 07. Manufactured Hope 08. Cognitive Dissonance 09. Monolith 10. End Of Line | Band Website: www.fearfactory.com Medium: CD Spieldauer: 48:34 Minuten VÖ: 18.06.2021 |
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