Les Chants De Nihil - Le Tyran Et l'Esthète | |
---|---|
Review von Humppathetic vom 14.02.2021 (7648 mal gelesen) | |
Französischen Black Metal kennt man vor allem aus den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts, als sich zahlreiche Bands wie unter anderem MÜTIILATION, BELKÈTRE und VLAD TEPES gründeten und zusammen die sogenannten Légions Noires formten, gewissermaßen das französische Pendant zum norwegischen Inner Circle. Bis auf BELKÈTRE ist keine dieser Gruppierungen mehr aktiv, allerdings heißt das natürlich nicht, dass der Stil im Land der Crêpes und des Weins gänzlich ausgestorben wäre. Im Gegenteil erfreuen sich einige Bands größter internationaler Beliebtheit; die bekanntesten dürften wohl DEATHSPELL OMEGA und die kurios betitelten BLUT AUS NORD sein. Doch ganz tief im Westen geht eine weitere Band diesem Stil nach, und um die soll es hier gehen. LES CHANTS DE NIHIL existieren seit mittlerweile 14 Jahren und gaben 2008 ihr erstes Lebenszeichen in Form einer Demo namens "Les Six Leçons" ab. Mir allerdings waren sie völlig unbekannt, aber auch dafür macht man diese schöne Arbeit ja. Das diesjährige Werk trägt den Namen "Le Tyran Et L'Esthète" und bietet in knapp 50 Minuten und acht Songs plus Präludium, aufgeteilt in vier Akte, eine Idee davon, wie LES CHANTS DE NIHIL Black Metal interpretieren, und das tun sie auf sehr eigene Weise. Vorab aber ein paar im weitesten Sinne technische Details. Das Artwork des Albums ist nicht nur sehr schön anzusehen, sondern wurde von Sänger Jerry selbst gemalt. Das kann man im Übrigen auch im Video zum Song 'Ma Doctrine, Tu Vanité' nachschauen. Dass das Video in der Tat daraus besteht, dass das Cover gemalt wird, dient bereits als Fingerzeig darauf, dass wir es hier mit einer etwas anderen Band, respektive Musik zu tun haben. Aber dazu später mehr. Zudem möchte ich erwähnen, dass im Kontrast zum Vorgänger, "Dix Ans Et Demi De Lutte Contre Le Mensonge, La Stupidité Et La Sobriété", der Bass nicht mehr vom Sänger selbst gespielt wird, sondern von Youenn, der 2019 zur Band hinzustieß. Aber jetzt mal die französische Butter bei die Fische. Was hier musikalisch geboten wird, ist durchaus ein Aufhorchen wert. Man vertont ein lyrisches Konzept, das, und ich zitiere, von "einer tragischen Geschichte des Kollapses eines totalitären Staates" handelt. Der Protagonist "gleitet von der Macht ins Exil, von der Rache in die Aufopferung. Es geht um die Opposition zwischen Heroismus und Individualismus, Traditionen und Moderne, Idealismus und Materialismus". Satanische Rituale hört man also nicht. Diese sich diametral gegenüberstehenden Ideologien und Überzeugungen, der Kampf zwischen ihnen, all das kann man auch der Musik entnehmen, da sie mal wie der Sturm auf die Bastille klingt und dann in höchstem Grade melancholisch. Das wird ergänzt durch das Nutzen der französischen Sprache, die die Musik nicht etwa aufweicht, sondern sie optimal komplettiert. All das wird verpackt in einen annähernd progressiven Stil, den ich am ehesten mit ENSLAVED vergleichen würde, ergo prasseln viele Ideen auf den Hörer ein, und manchmal mutet man ihm vielleicht auch zu viel zu. Mal rasend, mal etwas gediegener packt man alle Kreativität in die Songs und kommt dadurch immer mal wieder vom eigentlichen Konzept ab. In Teilen fühlte ich mich ob des Dargebotenen an einen gejagten Hasen erinnert, der alle paar Sekunden die Richtung wechselt. Infolgedessen bleiben für mich bei aller Klasse weniger ganze Songs in Erinnerung als einzelne Melodiebögen und Parts. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel, und das bereits erwähnte 'Ma Doctrine, Tu Vanité' ist einer der gänzlich gelungenen Tracks. Das heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass das fünfte Album der Franzosen völlig versagt. Die im besten Sinne des Wortes interessante Herangehensweise und Umsetzung mit ihren ganzen Ingredienzen wie den Chören, dem für Black Metal-Verhältnisse äußerst präsenten Bass und dem sich grundsätzlich russisch anfühlenden Vibe, der durch 'L'Adoration De La Terre', in dem Igor Strawinskys Ballettmusik "Le Sacre Du Printemps" zitiert wird, noch verstärkt wird, überzeugen so sehr, dass ich mir "Le Tyrant Et L'Esthète" noch öfter anhören und die mir unbekannten Alben der Band ebenfalls zulegen werde. Und wenn eine Band solches Interesse weckt, ist das nun wirklich nichts Schlechtes, auch wenn ich ob der hervorgebrachten Kritik die Wertung hier etwas herunterschrauben muss. Gesamtwertung: 7.5 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Ouverture 02. Entropie Des Conquêtes Éphémères 03. Ma Doctrine, Ta Vanité 04. L'Adoration De La Terre 05. Danse Des Mort-nés 06. Le Tyran Et L'Esthète 07. Ode Aux Résignés 08. Lubie Hystérie 09. Sabordage Du Songeur - Final | Band Website: www.facebook.com/LESCHANTSDENIHIL Medium: CD Spieldauer: VÖ: 22.01.2021 |
Alle Artikel