Accept - Too Mean To Die

Review von baarikärpänen vom 26.01.2021 (12391 mal gelesen)
Accept - Too Mean To Die "Da weiß man was man hat", so lautete ein Werbeslogan, den sich zuerst ein Automobilhersteller und danach eine Waschpulvermarke gönnten. Diesen Slogan kann man getrost auch 1:1 auf ACCEPT übertragen. Denn wo ACCEPT draufsteht, ist nun mal auch ACCEPT drin. Geradezu bewundernswert, mit welcher Beständigkeit Wolf Hoffmann und seine Mitstreiter Qualität abliefern. Daran hat sich auch nach dem Ausstieg von Peter Baltes nichts geändert. Umso bemerkenswerter übrigens, daß Hoffmann an den Trademarks der Band nichts ändert, aber sehr wohl stilistische Schlenker einbaut, um so den Vorwurf zu umgehen, ACCEPT würden sich einfach nur wiederholen. Klar, auch ACCEPT hatten ihre Phasen, in denen sie etwas orientierunglos waren. Ich denke da an "Eat The Heat" oder "Death Row", obwohl ich persönlich beiden Scheiben doch einiges abgewinnen kann. Aber besonders seit dem Einstieg von Mark Tornillo und der Veröffentlichung von "Blood Of The Nations" ist das Flaggschiff des Metals aus Deutschland klarer denn je auf Kurs. Daran ändert übrigens auch "Stalingrad" nichts, das Hoffmann rückblickend als einen Schnellschuß bezeichnet.

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'Zombie Apocalypse' eröffnet "Too Mean To Die" und einen besseren Opener hätten ACCEPT gar nicht wählen können. Der Song geht im Vergleich zum Rest als der Härteste der Scheibe durch's Ziel. Textlich hat er (naturlich) rein gar nichts mit Zombies oder dem Untergang der Welt zu tun. Nein, Mark Tornillo nimmt sich mit einem Augenzwinkern der Smombies an. Heerscharen von Smartphone-Süchtigen, die starr auf den Bildschirm glotzend durch die Straßen schlurfen - genial! Wo wir gerade bei den Texten sind: Hut ab vor Mark Tornillo, der für "Too Mean To Die" seine bisher stärkste Leistung abgeliefert hat, wobei 'The Best Is Yet To Come' und 'How Do We Sleep' nochmal deutlich hervorstechen. Alltagsbetrachtungen, ernstere Themen oder einfach nur mal metaltypsche Lyrics, alles im Angebot. Den Titelsong werden viele als das wohl unspektakulärste Stück bezeichnen. Ich bin dann aber doch völlig anderer Meinung. Sicher, beim ersten Hören kommt da ein "Okay, kann man machen, aber auch nicht mehr". Der Song ist ein heimlicher Grower, weil man ihn spätestens beim zweiten Durchlauf nicht mehr aus dem Schädel bekommt. Dass Songs mit einem leichten AC/DC-Touch auf fast allen Alben der bisherigen Diskographie ihren Platz gefunden haben, ist fast schon sowas wie Tradition. Damit bricht auch "Too Mean To Die" nicht. Hier gibt's nämlich gleich zwei davon: 'Overnight Sensation' (ein kritischer Blick auf all die aufpoppenden Sternchen, die am nächsten Tag schon jeder vergessen hat und auf die Warhols Spruch der "15 minutes of fame" bestens zutrifft) und 'Sucks To Be You'. Letztendlich bleibt aber alles klar als ACCEPT zu erkennen. Dafür sorgt natürlich der Signature-Sound von Wolf Hoffmann, den man eh locker blind erkennt. Es wird spannend sein, wie ACCEPT auf der Bühne klingen werden. Immerhin ist mit Philip Shouse nun sogar ein dritter Gitarrist mit an Bord. Mehr Freiheiten für Hoffmann. Überhaupt, was Wolf Hoffmann auf "Too Mean To Die" leistet, da kann man (wieder mal) nur wohlwollend nicken. Sind schon die Soli in 'No Ones Master', 'The Best Is Yet To Come' und 'How Do We Sleep' allerfeinste Sahne, legt Hoffmann in 'Symphony Of Pain' sogar nochmal eine Schippe drauf, inklusive eines kleinen Klassikausflugs zu Beethoven, von dem auch der Text handelt. Wo ich 'The Best Is Yet To Come' schon erwähnt habe, fällt mir ein Kollege ein, der vor allem Tornillo lobte und sinngemäß meinte, daß er Tornillo jede einzelne Silbe des Textes zu 100 Prozent abnehmen würde. Treffender kann man diese (Halb-)Ballade nicht beschreiben. Ich weiß, dass es da draußen immer noch jede Menge Hörer gibt, die sich ACCEPT ohne Dirkschneider nicht vorstellen können, aber Hand aufs Herz, mit einem Song wie 'The Best Is Yet To Come' wäre Udo klar überfordert gewesen. Ein weiteres Mal kommt die Klassik beim abschließenden Instrumental 'Samson And Delilah' zum Zuge. Hoffmann zitiert hier Camille Saint-Saëns und Antonín Dvořák. Ähnliches Prinzip wie beim Soloalbum "Headbangers Symphony", aber weil der Track genügend Heaviness besitzt, passt er bestens als Abschluß dieses bärenstarken ACCEPT-Albums. Laut Wolf Hoffmann war zu Beginn der Corona-Pandemie erst ein Teil der Aufnahmen abgeschlossen. Vor diesem Hintergrund kann vor Produzent Andy Sneap wohl mal ganz galant der Hut gezogen werden. Denn die Produktion, die er "Too Mean To Die" trotz all der Schwierigkeiten verpasst hat, ist, wie der Engländer sagen würde, "outstanding". Apropos Pandemie: Mich würde mal interessieren, wann die letztes Jahr bereits veröffentlichte erste Auskopplung 'The Undertaker', mit der ersten Textzeile "The undertaker is a busy man", geschrieben wurde. Passt aber zur, wie Hoffmann es nennt, dunkleren Ausrichtung des Materials auf "Too Mean To Die".

Ich habe ACCEPT ja bereits als Flaggschiff des (reinrassigen) Heavy Metals aus Deutschland bezeichnet. Ganz egal, daß die ehemalige Bezeichnung der "Stahlschmiede aus Solingen" nicht mehr zutrifft, wo alle Mitglieder rund um den Globus verteilt beheimatet sind. Diesen Status zementieren sie mit "Too Mean To Die" aufs Neue. Und um nochmal zum Anfang des Reviews zurückzukommen, beschließe ich es einfach mit einem weiteren Zitat aus einem Werbeslogan eines deutschen Automobilherstellers: "Und er (es) läuft und läuft und läuft ...".



Gesamtwertung: 9.5 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood blood dry
Trackliste Album-Info
01. Zombie Apocalypse
02. Too Mean To Die
03. Overnight Sensation
04. No Ones Master
05. The Undertaker
06. Sucks To Be You
07. Symphony Of Pain
08. The Best Is Yet To Come
09. How Do We Sleep
10. Not My Problem
11. Samson And Delilah
Band Website: www.acceptworldwide.com
Medium: CD
Spieldauer: 52:08 Minuten
VÖ: 29.01.2021

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