Anheim - Maere Einer Alten Zeit

Review von Humppathetic vom 19.01.2021 (7987 mal gelesen)
Anheim - Maere Einer Alten Zeit Der Winter ist kalt. Corona bedroht uns alle. Die Würzburger Kickers befinden sich auf einem Abstiegsplatz. Hass staut sich auf. Zeit für Black Metal!

ANHEIM (der Name bedeutet so viel wie "Heimat" oder "Zuhause") aus eben Würzburg gibt es seit letztem Jahr, bestehen aus Musikern, die schon unter anderem in solch illustren Gruppierungen wie VEHEMENZ, KAIN oder auch DISASTER KFW krachten, verloren innerhalb eines Jahres Sänger Dhm (mutmaßlich an eine andere Band - gestorben ist er auf jeden Fall nicht), gewannen dafür Sänger und Gitarrist Ezz, brachten direkt mal eine EP heraus, sind noch nirgendwo unter Vertrag und wurden auf dieser Scheibe gemastert von Danny Seith, der auch schon das Mastern für THE MORGROTUSKTHULULUSTOCCULTOBSKULLTY HORRORMANCE übernahm. Ich hätte auch die ebenfalls von ihm gemasterten SUNDAY OF THE DEAD nennen können, aber ich ärgere den Editor gerne mal damit, ihn zu beauftragen, herauszufinden, ob sich in dem Ungetüm von Bandnamen ein Fehler befindet (tut er nicht, glaub' es mir).

Schön, dass wir hiermit die technischen Details geklärt hätten. Zu letzterem möchte ich aber doch eine Frage stellen: warum? Diese Band verdient ein Label. Es gibt so viel austauschbaren Kram, so viel unterdurchschnittliches Zeug und all das findet seinen Weg auf ein Label - und ANHEIM nicht? Okay, zugegeben: Die Band gibt es eben erst seit letztem Jahr, aber das Debüt ist eine Unterschrift wert, möchte ich doch mal kühn behaupten.

In vier Songs über eine Laufzeit von 23 Minuten und 48 Sekunden wird eine Geschichte erzählt, die da handelt von Männern, Getriebenen, die es nach Anheim (kleingeschrieben, da es sich hierbei um einen fiktiven Ort handelt, nicht um die Band - das wäre ja doch sehr skurril) schaffen wollen, das vielleicht oder auch nicht ihre Heimat darstellt. Diese Reise wird dabei musikalisch so pointiert wie intelligent darboten, und vor allem in den ersten beiden Songs herrscht ein Motto vor: "Na, also das ist jetzt Mobbing und zur Strafe wird geballert!" Ja, ANHEIM ballern. Nie kopflos, nie sinnlos, vor allem aber nie glücklos. Im Grunde trifft jedes Riff sein Ziel. Doch dessen ist man sich irgendwie schon direkt am Anfang gewahr. Wenn das versatil bearbeitete Schlagzeug den ersten Song einleitet, schießt mir sofort eine Assoziation ins Gehirn: NAGELFAR. Zwar keine direkte Hommage, aber doch eine sicherlich zu Recht als Reminiszenz zu interpretierende Verbeugung vor 'Sturm Der Katharsis'. Doch nicht nur wird das Gaspedal mit chaotischer Wut bearbeitet, es wird sich auch des Mottos der Negation jeglicher Atmosphäre entledigt: "Darauf kommt's beim Ballern nun wirklich nicht an!" Doch. Doch, das tut es. Raserei à la mittlere bis neuere MARDUK (mit Ausnahmen!), LUX FERRE oder DARK FUNERAL mag gefallen, und das werfe ich keinem vor oder mache es ihm madig, aber wenn Atmosphäre und Emotion ins Spiel kommen, dann wird es für mich erst so richtig schön.

Wenn im Opener geradezu sakral eine Orgel erklingt oder im Rausschmeißer eine Spieluhr; wenn Groove à la TAAKE oder WHOREDOM RIFE Einzug findet; wenn die Gitarren verwaschen daherkommen (auch in Zeiten von Corona immer noch die beste Art von Waschen); wenn Sänger Ezz zwischen Thyme von RAGNAROK und Pest von GORGOROTH mäandert und dabei auch mal etwas Growling einstreut (neben einer kleineren, fast clean gesungenen Passage); wenn AnZ den Bass prägnant in Schwingungen versetzt (sympathisches Zitat des Herrn übrigens:"Ich spiele den Bass, was anderes kann ich nicht."); wenn einem in 'Loch Khan Otrov' ein massiver Break massivster Massigkeit vor den Latz knallt - erst dann bin ich so richtig zufrieden.

Und so beende ich ein mal wieder viel zu lang geratenes Review mit neuneinhalb Punkten und zwei Hoffnungen: dass die Qualität mindestens so bleibe, und dass sich ein Label für diese Herren südlich der Elbe (als Norddeutscher musste das jetzt sein) findet! Chapeau, ihr Recken, Chapeau!

Gesamtwertung: 9.5 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Surgoths Schwur
02. Exodus
03. Nevosia
04. Loch Khan Otrov
Band Website: www.facebook.com/Anheimband
Medium: CD
Spieldauer: 23:48 Minuten
VÖ: 31.10.2020

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