Interview mit Georg von Altar Of I

Ein Interview von Schankwirt Arnie vom 19.06.2023 (22843 mal gelesen)
Ein kurzes Interview mit Georg von ALTAR OF I über das neue Album "Human Resources" und dies und jenes, was das Leben als Musiker zu bieten hat.

ALTAR OF I
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Hallo, vielen Dank, dass ihr euch Zeit nehmt, um für Bleeding4Metal ein Interview mit mir zu führen. Wie geht es euch heute?

Georg: Gut und vielen Dank, dass du Interesse daran hast, ein Interview mit uns zu führen.

ALTAR OF I wurde 2016 in Klagenfurt gegründet. Bitte erzählt unseren Lesern doch einmal, wie es zu der Bandgründung kam!

Georg: 2015 haben sich ein paar Jungs zusammengetan, um neben ihren Bands etwas anderes zu machen. So wurde eine Band mit dem Namen THE ONLY CONSTANT IS CHANGE gegründet und daraufhin auch ein paar Gigs gespielt. Dann kam die Sache aber wieder zum Erliegen und alle konzentrierten sich wieder auf ihre Hauptbands. Aber ein Jahr später bekamen sie wieder Lust und nahmen im Zuge dessen ein paar Veränderungen vor. So wechselte der Drummer an die zweite Gitarre, weswegen ein neuer Drummer her musste. Ich war mit eben diesem Mitglied in einer Progressive Metal-Band und er fragte mich, ob ich bei ihnen als zweiter Sänger einsteigen wollte, was ich dann auch tat. Kurz darauf stieg Ossian, unser jetziger Drummer, ein. Mit dem neuen Line-up entschieden wir auch, einen neuen Namen auszuwählen und so war ALTAR OF I geboren. Seitdem fanden so viele Mitgliederwechsel statt, dass im Grunde genommen nur noch Ossian und ich die einzigen "Originalmitglieder" sind, wobei die ursprünglichen Gründungsmitglieder alle nicht mehr an Bord sind, aber Ossian und ich haben die Band über all die Jahre und durch alle Probleme hindurch am Leben erhalten.

Wie kam es dazu, dass ihr bei dem spanischen Label Art Gates Records untergekommen seid?

Georg: Es war tatsächlich das Label, das sich bei uns gemeldet hat. Sie sind scheinbar immer auf der Suche nach neuen Bands, weswegen sich da auch einiges tut, wobei einige Bands schon dauerhaft und über mehrere Releases bei Art Gates Records dabei sind. Außerdem ist eine befreundete Band (IRDORATH, Black Metal aus Kärnten) auch bei diesem Label und so hatten wir jemanden, den wir bezüglich seiner Erfahrungen mit dem Label fragen konnten.

"Human Resources" ist ein recht abwechslungsreiches Album. Was könnt ihr unseren Lesern zu der Entstehungsgeschichte erzählen?

Georg: Wir spielten ein Konzert im legendären Club Q in Graz und saßen davor wie danach lange zusammen. Da sprachen wir auch über das geplante Album. Die EP war zu diesem Zeitpunkt bereits im Kasten und wir hatten auch schon ein paar fertige Songs. Die Idee, ein Album aufzunehmen, stand also schon im Raum. Da wir gerne mit Konzepten und Rahmenhandlungen arbeiten, machten wir uns auch darüber Gedanken. Da kam Ossian mit der Idee, den Wendigo als Hauptmotiv zu verwenden. Dem Rest war der nicht so vertraut, so dass seine Schwester eine Zeichnung eines Wendigo aus dem Ärmel schüttelte. Gleichzeitig erzählte Ossian uns vom Mythos und dem Hintergrund der Figur. Jeder von uns fand die Idee gut und passend und es fehlte nur noch ein guter Titel dazu. Tatsächlich kam auch dieser dann von Ossian und mir fiel gleich die Mehrdeutigkeit des Titels ["Human Resources" - Anmerkung der Redaktion] auf. Das gefiel mir sehr gut und passte auch gut zu den Texten, die ich schreibe. Von da an achtete ich bei den Texten und Titeln darauf, dass es immer wieder Verknüpfungen mit dem Thema und dem Titel gab, damit das Album zusammenhängender wurde. Was gerade bei dem Abwechslungsreichtum unserer Sounds und Einflüsse notwendig erschien. Dann kamen nach und nach Songs und Ideen dazu. Der Song 'Wendigod' zum Beispiel entstand durch meinen Nachdruck, dass wir auch einen langsamen, eher repetitiven Song auf dem Album brauchen, im Gegensatz zu den schnelleren, variantenreichen Songs. Den Text schrieb ich dann gezielt dazu. Ebenso den Text zum letzten Song 'Goyale', unserer Ballade. Bei den anderen Songs achtete ich darauf, immer wieder Querverweise einzubauen, um den roten Faden beizubehalten. Außerdem machte das auch Spaß und das Schreiben der Texte dadurch interessant. Sonst haben wir einfach drauflosgeschrieben und geschaut, was uns gefällt und was nicht. Aber eher passen wir unsere Interpretationen dem Konzept an, als dass wir dann zwanghaft Songs so umschreiben, damit sie passen. Das würde uns nur einschränken und das liegt uns nicht. Uns macht eher aus, dass wir bereit für Experimente sind und im Nachhinein hat sich oft herausgestellt, dass eben gerade diese sich gelohnt haben. Also, warum eine Strategie wechseln, die sich bewährt hat?

Auf dem Album befinden sich die beiden Interludes 'Scelus' und 'Conquistor', die im Prinzip nichts anderes sind, wie das Intro der nachfolgenden Songs. Könnt ihr erklären, warum ihr euch dazu entschieden habt, diese mit auf das Album zu packen?

Georg: Die Formulierung stört mich ein wenig und wir verstehen nicht, warum einige Leute ein Problem damit haben, dass wir die Intros zu den jeweiligen Songs mit aufs Album packen. Das machen alle Bands so, wieso auch nicht? Ich besitze Alben, wo zwischen allen Songs Interludes hineingepackt sind, die manchmal auch als Intro zum nächsten Song dienen. Wie in unserem Fall sind sie auch dazu gedacht, eine bestimmte Atmosphäre aufzubauen und für musikalische Abwechslung zu sorgen, nicht - wie manche bereits in Reviews vermutet haben - um das Album "künstlich in die Länge zu ziehen", was bei insgesamt 16 Songs wirklich nicht nötig ist. Wozu wir uns allerdings entschieden haben, war, die Intros von den Songs abzukoppeln, damit die Hörer diese - wenn sie wollen - überspringen und somit gleich zum eigentlichen Song skippen können. Live spielen wir die Intros aber auch dazu, nur bei kurzen Gigs, wo wir sehr auf die Zeit achten müssen, lassen wir sie eventuell weg.

Könnt ihr erklären, wie es zu dem interessanten Titelnamen 'Wiindigookaanzhimowin' kam?

Georg: Als feststand, dass der Wendigo das Titelmotiv wird, habe ich mich etwas in die Mythen der amerikanischen Ureinwohner eingelesen. Dabei stolperte ich auch über diesen Tanz, der dazu dienen soll, den Wendigo abzuwehren. Und das ist eben der Name dieses rituellen Tanzes. Außerdem auch, um es den Rezensenten und Rezensentinnen schwer zu machen, den Namen abzutippen. Aber ehrlich, bei ein paar Titeln war uns schon klar, dass sich manche fragen werden, was diese heißen beziehungsweise worum es in den jeweiligen Songs geht. Dadurch müssen sie nachfragen oder nachforschen, was letztendlich ja nicht so schlecht ist. Ich suche aber die Titel nicht danach aus, sondern wähle welche, die für mein Gefühl am besten das Thema des Textes oder die Stimmung des Liedes einfangen.

Wie verlief der Recording-Prozess zu eurem aktuellen Album? Welches Tonstudio habt ihr aufgesucht und welche witzige Geschichte gibt es von den Aufnahmen zu erzählen?

Georg: Wir haben alles selbst aufgenommen. Lediglich das Mastering haben wir abgegeben. Wir nahmen da auf, wo wir auch proben: In meinem Keller. Das hatte sowohl Vorteile als auch Nachteile. Ein Vorteil war es in dem Fall, dass wir so viel Zeit hatten, wie wir wollten oder brauchten. Das führte dann leider auch dazu, dass sich alles sehr in die Länge gezogen hat, weil uns auch der gewisse Druck fehlte. Klar, wir arbeiten alle, studieren, haben Familie. Da ist Zeit sowieso begrenzt, aber wir konnten immer wieder etwas auf den nächsten Tag oder die nächste Woche verschieben. Das wollen wir nächstes Mal vermeiden, auch dann, wenn wir wieder selbst aufnehmen sollten. Aber wir werden den ganzen Prozess anders angehen und natürlich auch versuchen, aufgetretene Fehler zu vermeiden. Die viele Zeit hat es uns natürlich auch erlaubt, kreativ zu sein und zu experimentieren. Alles war erlaubt und konnte immer noch rausgeschnitten werden. Da wurde alles, was im Proberaum herumliegt - Djembe, Mundharmonika ... - ausprobiert. Wenn man genau hinhört, hat auch einiges davon den Weg auf das Album geschafft. Eine besonders witzige Sache ist einmal passiert. Da wir in meinem Keller proben und eben auch aufgenommen haben, kommt oft meine kleine Tochter runter, die findet das alles natürlich sehr spannend und will auch alle immer sehen. Einmal haben wir gerade die Vocals aufgenommen, da kam sie wieder rein und wollte unbedingt mal etwas einsingen. Da haben wir sie gelassen und sie sang einfach drauf los, ohne überhaupt die Musik zu hören (diese lief über die Kopfhörer, wie beim Aufnehmen üblich, aber die konnte ich ihr gar nicht aufsetzen, da fing sie schon an zu singen). Sie improvisierte einen irrsinnig absurden Text, der just auch da aufhörte, wo der Teil aufhörte (der Anfang von 'Beauty Beast'). Und wir mussten natürlich alle lachen und sahen uns nur verwundert an, was sie da gerade gesungen hat. Aber es war aufgenommen und diese Aufnahme gibt es noch. Auf das Album hat es ihr Lachen und das meine geschafft (siehe das Ende von 'Beauty Beast'). Vielleicht wird das irgendwann veröffentlicht, aber zum Schutz meiner Tochter lieber nicht, haha! Ich kann nur sagen, dass es um mich und körperliche Ausscheidungen ging. Mehr wird nicht verraten.

Das Cover-Artwork eures Albums ist sehr interessant und gut gestaltet. Wer ist hierfür verantwortlich? Könnt ihr unseren Lesern die Bedeutung dahinter erklären und warum ihr euch explizit für dieses Artwork entschieden habt?

Georg: Das Artwork haben wir zusammen mit Alix Gratzer, der Schwester unseres Drummers, ausgearbeitet. Sie unterstützt uns schon länger gestalterisch. Der Wendigo steht, als kannibalistische Kreatur, metaphorisch für Systeme, in denen der Mensch wie eine Ressource verbraucht wird, um sie zu nähren. Gleichzeitig nährt der Wendigo aber selbst das Kind. Die Darstellung ist auch so entworfen, dass sie an ein klassisches Marienbildnis erinnert. Dieses Motiv versinnbildlicht gut meine Texte. Als Texteschreiber arbeite ich mittlerweile gerne mit Metaphern und Figuren aus verschiedenen Mythologien, Religionen und so weiter. Das Thema Angst, das beim Wendigo auch vorherrscht, ist eines der zentralen Themen des Albums.

Nach der erfolgreichen Veröffentlichung von "Human Resources" gibt es sicherlich weitere interessante Pläne. Was steht bei euch in der nahen Zukunft noch an?

Georg: Wir haben bereits angefangen einen neuen Song zu schreiben, der sehr spannend werden wird. Vielleicht werden wir ihn als Single veröffentlichen, vielleicht werden aber noch weitere Songs folgen und somit etwas Längeres daraus werden. Das werden wir dann abklären, wenn es so weit ist. Jetzt geht es erst einmal darum, die Songs vom Album zu spielen und zu schauen, was zu fixen Nummern unserer Setlist wird. Gleichzeitig entdecken wir auch wieder die älteren Songs, die ein Teil der Band noch nie gespielt hat. Es wird mit der wachsenden Anzahl von Songs nicht leichter. Ich kann auf jeden Fall sagen, dass es noch ein paar unveröffentlichte Songs gibt und dass uns das Schreibfieber bereits ergriffen hat. Wenn es nach uns ginge, könnten wir gleich mit dem nächsten Album starten. Aber jetzt geben wir "Human Resources" erst einmal genug Zeit und Raum, um sich zu entfalten. Dann wird schon der richtige Moment kommen, das nächste Kapitel aufzuschlagen.

Was war bisher das größte Konzert, dass ihr mit ALTAR OF I gespielt habt und welches war euer bisher bester Gig?

Georg: Bisher haben wir eher kleine und mittelgroße Gigs gespielt, was auch immer geil sein kann. Am Ende ist es egal, wie viele Menschen vor der Bühne stehen, die Stimmung ist da ausschlaggebend. Die ist auch bei kleinen Konzerten oft gut. Aber in manchen Sälen haben wir schon vor ein paar hundert Menschen gespielt. Schön ist es zu beobachten, wenn diese den Saal nicht gleich verlassen, wenn wir spielen. Ein häufiges Feedback, das wir erhalten, ist, dass bei uns noch alle Leute im Saal waren und bei den darauffolgenden Bands weitaus weniger Leute da waren und zusahen. So etwas pusht uns natürlich und ist ein herrliches Feedback - wenn man weiß, dass einem die Leute gerne zusehen und so gut unterhalten sind, dass sie auch den gesamten Auftritt sehen. Ein sehr guter Gig war der in Trofaiach, Steiermark. Den haben wir kurzfristig erhalten, da wir für die andere Band unseres Drummers einsprangen, da deren Sänger krank wurde. Wir hatten gerade eine Woche davor gespielt, waren also gut drin und sagten zu, ohne große Erwartungen zu haben. Letzten Endes war es ein super lustiger Abend, eine coole Show, super Sound, alles sehr professionell, wir wurden bestens umsorgt, den Leuten hat es gefallen und die Autofahrt war auch sehr lustig. Die genieße ich immer, da wir da mal Zeit haben, uns länger zu unterhalten, weil wir uns bei Proben doch eher auf das Spielen konzentrieren. Ich kann also sagen, dass spontane Shows eigentlich - anders als anzunehmen - sehr entspannt sind, da der Druck nicht so hoch ist, den man selbst auf sich ausübt. Man spielt eben und schaut, was passiert. Und da wir sehr gerne live spielen, geben wir sowieso immer Vollgas. Da kann also nichts schief gehen.

Sicherlich unterscheiden sich die Musikgeschmäcker der einzelnen Bandmitglieder! Wodurch wird eure Musik beeinflusst?

Georg: Zwar ist der Metal im Allgemeinen der gemeinsame Nenner in der Band, allerdings hat natürlich jeder seine eigenen Präferenzen. Außerdem sind wir auch alle in verschiedenen Phasen mit Metal, beziehungsweise härterer Musik, in Berührung gekommen, da uns auch einige Jahre das Alter betreffend innerhalb der Band trennen. Als ich Punk, Hardcore und Metal kennenlernte, war ein Teil der Band noch nicht mal auf der Welt. So kommt es zum Beispiel vor, dass wir bei einem bestimmten Genre an ganz andere Bands denken, eben je nach Epoche. Auch gibt es einzelne Bands, zu denen wir ganz unterschiedliche Meinungen haben. Zum Glück gibt es aber auch Bands, die wir alle mögen, wenn auch in verschiedenen Abstufungen. Da fallen mir spontan Bands ein wie zum Beispiel HEAVEN SHALL BURN, AMON AMARTH, BLACK SABBATH und andere. Letztlich kann man nur sagen, dass natürlich all die verschiedenen Einflüsse - und bei mir kann ich sagen, dass die auch von weit außerhalb des Metals reichen können - unseren Sound prägen. Manchmal denkt Ossian, unser Drummer, wenn er einen Song schreibt, an eine bestimmte Band, die er zu der Zeit viel hört. Dann kommen aber wir dazu und jeder bringt seine eigenen Ideen und Einflüsse mit in das Songwriting und heraus kommt dann wahrscheinlich etwas, das mit dem ursprünglichen Einfluss nicht mehr allzu viel zu tun hat. Wenn wir Songs schreiben, die mal etwas vom Gewohnten abweichen, höre ich manchmal schon gezielt Bands, die mich eventuell inspirieren könnten, was den Gesang betrifft. So habe ich in letzter Zeit (wieder) viel FEAR FACTORY, PARADISE LOST, alte OPETH, BEHEMOTH, THE OCEAN und ähnliches gehört. Da schnappe ich hier und da bestimmte Ideen und Elemente auf und sehe dann, wie ich die bei unseren Songs anwenden kann.

Zum Abschluss noch eine Frage: Welches Equipment benutzt ihr aktuell in der Band und auf was davon könnt ihr auf gar keinen Fall verzichten?

Georg: Worauf wir auf keinen Fall verzichten könnten ist das Interface. Blöderweise ist genau das, das wir immer verwenden, nach dem vorletzten Gig verschwunden! Dafür müssen wir also schnell einen Ersatz finden. Alex, einer unserer Gitarristen, spielt eine Solar Gitarre und Helix und David, der Basser, arbeitet mit einem Line 6 Pod Go, einem Multieffektgerät, das kompakt zum Mitnehmen ist. Das kann alles soundmäßig abdecken, ist perfekt für Live-Gigs, kann aber auch als Interface hergenommen werden, auch zum Aufnehmen und Sound [man merkt seine Begeisterung!]. Marvin, der andere Gitarrist, benutzt ein Headrush und spielt eine Ibanez Gitarre.

Ich bedanke mich recht herzlich, dass ihr euch die Zeit für dieses Interview genommen habt und wünsche euch weiterhin viel Erfolg.

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