Macbeth - Gedankenwächter

Review von baarikärpänen vom 10.04.2020 (8589 mal gelesen)
Macbeth - Gedankenwächter Dass MACBETH sowas wie die letzten Mohikaner sind, dürfte bekannt sein. Eigentlich die letzte noch existierende Band, die ihren Ursprung in der damaligen DDR hatte. Nun wollen wir hier nicht schon wieder die Geschichte der Thüringer aufrollen, die viele Höhen und Tiefen aufzuweisen hat. Das haben andere schon zur Genüge getan. Ich bin mir auch fast sicher, die Jungs selber wollen vor allem an dem gemessen werden, was sie jetzt so machen und veröffentlichen, statt schon wieder die "History-Karte" zu spielen. Und ehrlich gesagt ist mir das auch viel lieber. Denn wer so ein gelungenes Scheibchen wie "Gedankenwächter" vorzuweisen hat, der hat es mehr als verdient, das Augenmerk voll und ganz auf das Hier und Jetzt zu legen.

Vorab die gute Nachricht, dass MACBETH den auf dem Vorgänger "Gotteskrieger" eingeschlagenen Weg nicht nur beibehalten haben, sondern ihn sogar noch weiter verfeinert und mit noch mehr Schmackes angereichert haben. Heißt also, auf "Gedankenwächter" gibt es Thrash und noch mal Thrash. Das größte Pfund, mit dem MACBETH wuchern können, ist dabei der Fakt, dass ihr Thrash zu jeder Sekunde zu überzeugen weiß. Völlig egal, ob es mit Vollgas nach vorne geht, wie im Opener 'Friedenstaube', oder eher im Midtempo, wie in 'Krieger'. Ja auch leicht blackmetallische Gitarren lassen sich ausmachen, z.B in 'In Seinem Namen', auch wenn die nur zur Auflockerung dienen. Womit wir schon beim nächsten Pluspunkt wären: den Gitarren. Genau die sorgen nämlich dafür, dass "Gedankenwächter" ein solch großartiges Album geworden ist. In Sachen Melodie und Können brauchen sich beide Sechssaiter nicht hinter den ansonsten unangreifbaren Thrash-Platzhirschen KREATOR zu verstecken. Gilt natürlich auch für die Rhythmusfraktion, ohne die im Thrash gar nichts möglich ist (und leider viel zu selten mal erwähnt wird). Nachdem die Herren Musiker an den Instrumenten die wohlverdiente Würdigung erfahren haben, bleibt noch Sänger Oliver Hippauf. Dessen Leistung steht mit der seiner Kollegen nämlich auf einer Stufe. Herrlich derbe, diese Stimme. Und doch immer klar verständlich. Das muss auch so sein, denn was MACBETH auf "Gedankenwächter" an Texten liefern, das soll, ja darf, nicht ungehört und unverstanden bleiben. MACBETH gehen nicht den einfachen Weg, sondern fordern den Hörer. Man muss schon bereit sein, sich intensiv mit den Texten auseinanderzusetzen. So geht es in 'Wolfskinder' vordergründig um die elternlosen Waisen nach dem zweiten Weltkrieg. Gräbt man aber etwas tiefer, dann findet man auch Querverweise zu den vielen minderjährigen Fluchtlingskindern unserer Zeit und ihrem Schicksal. Hut ab auch vor der schonungslosen Wahrheit, die das Titellied und 'Brandstifter' aufzeigen. Beide Stücke könnten nicht aktueller sein. Dass zweiteres sogar mit einem Zitat von Bertold Brecht eröffnet wird, sollte dann auch klar machen, wo MACBETH stehen. Selbst Songs wie 'Daskalogiannis' oder 'Hexenhammer', die eher nach Geschichtsstunde klingen, sind bei näherer Betrachtung mehr als deutlich. Mir ist auf jeden Fall schon seit gefühlten Ewigkeiten kein Metal-Album mehr unter die Finger gekommen, das deutsche Texte in dieser hohen Qualität bietet. Perfekter Job auch von Patrick W. Engel, der ja selbst mal Mitglied von MACBETH war und also genau weiß, welchen Sound er der Band zurechtzimmern muß.

MACBETH haben es, im Gegensatz zu vielen anderen Kombos aus den 80ern, gar nicht nötig, immer wieder auf ihre Geschichte zu verweisen, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Denn alleine ihr "Gedankenwächter" dürfte mehr als ausreichend sein. Das Album ist ein nahezu perfektes Statement. Und das betrifft sowohl den gnadenlos geilen Thrash, der hier geboten wird, als auch die schonungslos ehrlichen und ohne jegliche Plattheiten auskommenden Lyrics. MACBETH waren ja immer schon erstklassig, aber "Gedankenwächter" ist für mich dennoch DIE Überraschung des noch jungen Jahres!




Gesamtwertung: 9.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Friedenstaube
02. Krieger
03. In Seinem Namen
04. Wolfkinder
05. Daskalogiannis
06. Neue Welt
07. Brandstifter
08. Hexenhammer
09. Gedankenwächter
10. Demmin
Band Website: www.facebook.com/officialmacbeth
Medium: CD
Spieldauer: 54:40 Minuten
VÖ: 27.03.2020

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