Interview mit Charly Steinhauer von Paradox

Ein Interview von Opa Steve vom 06.11.2021 (23518 mal gelesen)
Mit "Heresy II: End Of A Legend" haben PARADOX nicht nur thematisch an das Ur-Heresy vor 30 Jahren angeknüpft, sondern auch ein Monument aus Epik und Thrash mit musikalischer Finesse gezimmert, welches nur knapp an der Höchstnote vorbeischrappte. Grund genug, mit Charly Steinhauer über die letzten Jahre und die Zukunft zu sprechen.

imgrightPünktlich zum vereinbarten Termin erreiche ich den bestens gelaunten Charly Steinhauer von PARADOX, der mir schon direkt nach der Begrüßung schildert, wie begeistert er von den weltweiten Reaktionen auf das neue Album "Heresy II: End Of A Legend" ist. Doch mich interessiert auch die Verbindung in die Vergangenheit, weswegen ich direkt mal 30 Jahre zurückgehe:

Charly, lass uns mal über die Verbindung zwischen "Heresy" und "Heresy II" sprechen. Welche gibt es denn da, ist es eine Fortführung der Geschichte?

Charly Steinhauer: Nein, es sind zwei separate Stories. Sie sind zwar miteinander verwandt, da sie in der gleichen Zeit, im Mittelalter, spielen, nämlich in Südfrankreich bei der Belagerung von Montségur. Da sollte ein Katharerschatz beseitigt werden. Dieser bestand aus zwei Reliquien, die die Kirche ablehnte, weil sie nicht wollte, was diese aussagen. Die Story handelt von der gefährlichen Reise der Rittergruppen und endet damit, dass Christus nicht der Messias ist, sondern Johannes der Täufer. Wenn du heute den Papst siehst, der trägt auch einen Ring von Johannes dem Täufer! Die Story ist von Peter Vogt. Der hat die Story der ersten "Heresy"-Scheibe geschrieben, und dann 2014 kam er zu mir und meinte: "Charly, ich hab da noch eine Story in der Schublade, das könnte ein zweiter Teil von "Heresy" sein, diesmal aber nicht über eine wahre Begebenheit, sondern eine fiktive Story.". Ich hatte Bedenken, never touch a classic! Wenn die Leute "Heresy II" hören, wollen sie das Gleiche hören wie damals. Aber die Story ... die war dermaßen komplex; und wenn du ein Die-Hard-Fan bist, da googelst du dann alles über das Mittelalter und willst alles wissen. Einem normalen Konsumenten ist das wurscht, der will einfach geile Songs hören. Peter hatte auch schon 13 Songtitel, aber mein Kopf war komplett bei "Pangea", die Songs hätten dazu nicht gepasst. Ich wollte "Pangea" dann erst fertigstellen, und danach könnte es was werden. Ich wusste aber schon, dass es eine große Herausforderung werden würde, denn 13 Titel könnte lang werden. Aber gut - bei METALLICA motzt auch keiner, wenn die 78 Minuten machen. Wenn ich einen Song schreibe, achte ich nicht auf die Zeit - ein Song ist fertig, wenn er fertig ist. Und dann merke ich: Scheiße, auf eine CD gehen nur 80 Minuten. Wie soll das gehen? Und es fehlten noch das letzte Stück und der Opener. Und dann sollten wir noch einen Bonustrack für Japan machen. Es musste also was Kurzes sein, und es musste ganz anders klingen als der Rest, damit die Leute merken, dass es nicht mehr zur Story gehört. Und dann hab ich gedacht, ich mache nach dem Outro noch eine Coverversion. Und ich weiß noch genau, wie ich 1984 zu METAL CHURCHs 'Merciless Onslaught' gebangt habe. Da hab ich gedacht, entweder das, oder 'March Of The Crabs' von ANVIL.

Also das METAL CHURCH-Cover ist ja auch ziemlich geil geworden ...

Charly Steinhauer: Ah, hast du es schon gehört?

Ja, bei unserer Promo-Bemusterung war der Track dabei.

Charly Steinhauer: (lacht) ja, bei der Bemusterung ist er dabei, aber eigentlich ist das ja der Japan-Bonustrack. Kann mal passieren. Ich freu mich ja drüber, wenn's die Leute hören. Weil's einfach geil ist und ganz anders als das Album. Und halt oldschool. Ich bin in letzter Zeit eh wieder in diese Schiene gerutscht. Da läuft dann FORBIDDEN, EXODUS, FLOTSAM & JETSAM. Die 80er ... ich bin ja nicht nur Musiker, ich bin ja auch Fan von der Musik. Und ich versuche immer, herauszufinden, was die Musik so geil macht, wenn du einfach ein pures Riff hast, ohne es zu verzieren. Wenn du das heute als neue Band machst, bist du irgendwie der B-Movie, der mit aller Macht versucht, wie 80er zu klingen. Ich wollte aber nicht einfach jetzt "Heresy" kopieren, denn dann wäre ich als Komponist nicht weitergekommen. "Heresy II" steht dafür, wie sich die Band bis 2021 entwickelt hat. Und ist natürlich ein bisschen outstanding, weil das hier das Finale der Story ist. Würde ich auf dem nächsten Album noch mehr Atmosphäre schaffen, dann wäre das zuviel für mich. Jetzt muss ich wieder in die Basics zurück, jetzt haben die Leute das ultimative Paket aus "Heresy" und "Heresy II", und es wäre nicht schlecht, wenn das mal als Box rauskommen könnte. "Heresy II" ist zwar die New School-Variante, aber wenn du einfach mal alle Harmonien aus Gitarren und Gesang rausnimmst, hörst du lauter Oldschool-Riffs - volle Eighties!

Du hattest am Anfang den Peter erwähnt - als Peter und Nigel in der Band waren, wurde ja schon mal "Heresy II" angekündigt. Der Titel war aber noch "Lasting Treasure".

Charly Steinhauer: Ja, "Lasting Treasure" war ein Zungenbrecher. Das ist das Ende der Story, und einen dritten Teil will ich nicht machen. Das ist eine Legende, das hat Klassikerstatus. "End Of A Legend" wäre doch geil! Und so ist der Titel entstanden. Peter hat mir dann die Songtitel und die Story vorgelegt, ich habe die Musik dazu geschrieben. Ich habe dann überlegt, welche Silben man wozu singen könnte, und habe dem Peter dann ein Demo mit Fake-Englisch aufgenommen. Peter hat die Texte dann darauf entwickelt und die Wörter eingesetzt. Danach habe ich die Harmonien entwickelt. Da hatte ich hohe Ansprüche und musste zeigen, was ich kann. Nicht, dass ich die CD einsinge, weil sie eingesungen werden muss, sondern weil ich es will und sie geil ist. Und genau in der Stimmung habe ich die CD dann auch eingesungen.

Die Chöre waren alle von dir?

Charly Steinhauer: Alle von mir, da ist kein Gastsänger dabei. Da sind manchmal Stimmen dabei, die würde man gern mal zeigen, indem man die Musik runterfährt. Du meinst teilweise, du bist in einem Orchester. Das ist genauso wie mit dem Basic Riff. Ich habe auf diesem Album die Vocals verziert, und ich habe die Riffs verziert. Das ist halt "Thrash with class" - nicht einfach Thrash, sondern da ist mehr dabei. Kleine Dinge, die du auch irgendwann über Kopfhörer entdeckst. Dauerhaft kann das anstrengend werden. Deswegen gibt es diesmal dieses große Monument, aber dann schauen wir mal, dass wir auch mal wieder was für die Fans machen, die es so basic oldschool mögen.

Wie weit waren denn die Vogt-Brüder an dieser Produktion beteiligt, denn die Besetzung war ja eigentlich die von der "Tales Of The Weird"-Scheibe, nur mit Ur-Drummer?

Charly Steinhauer: Ja, der Nigel ware jetzt gar nicht dabei, das war nur der Peter. Mit Peter hatte ich die ganzen Jahre Kontakt. Im November 2019 haben wir angefangen, daran zu arbeiten. Peter war für die Story und die ganze Vision verantwortlich, nur die Musik kommt von mir. Und die Band natürlich, die ihre geilen Beiträge abgeliefert haben. Da nützt der Charly Steinhauer wenig, wenn kein Christian Münzner solche Übersoli drauf macht und überhaupt jeder alles gegeben hat.

Die Spielfreude war tatsächlich von allen überaus präsent!

Charly Steinhauer: Ja, das hat auch richtig beim Aufnehmen Spaß gemacht! Ich will keinem der Ex-Mitglieder zu nahe treten, aber diese Zusammenarbeit mit Christian, die ist einmalig. Und ich hoffe, dass die noch lange Bestand hat. Das ist ein fantastischer Gitarrist, der auch immer für den Song arbeitet und nicht einfach nur rumshreddet. Und dass da nichts zu verbessern ist ... ne! Der hat einfach nur abgeliefert! Das ist das Beste, was PARADOX passieren konnte. Der kommt daher, spielt sein Instrument, und zack! Das passt einfach! Und so ist es halt in der ganzen Band. Das sind Leute, die sich über Jahre zusammengerauft haben. Da hat sich etwas entwickelt, worauf man aufbauen kann. Ich bin aber auch dankbar für jeden, der in der Vergangenheit Zeit investiert hat, und auch zu den meisten Ex-Mitgliedern ist der Kontakt immer noch da.

Was war denn der Grund, warum das Line-up seit der "Tales Of The Weird" nicht einfach bestehen blieb?

Charly Steinhauer: Das hat mehrere Gründe gehabt. Der Olly hat fokale Dystonie - der Christian hat das übrigens auch, deswegen spielt er mit einem Handschuh. Der Olly ist ein Bassspieler, der mit den Fingern spielt. Vor dem Songwriting für die "Pangea" hat er mich angerufen und gesagt: "Charly, ich kann keinen Bass mehr spielen". Er hat einen Arzt dafür und hat sich behandeln lassen. Er meinte dann "Charly, nimm dir einen, ich höre auf.". Warum er mittlerweile wieder dabei ist, will ich auch direkt sagen. Er hat umgestellt vom Spiel mit den Fingern auf Plektrum, und es gab natürlich zahlreiche Behandlungen. Jetzt hatte der Tilen Hudrap mitgekriegt, dass da ein Platz am Bass frei war. Er war zu der Zeit bei VICIOUS RUMORS, aber meinte, er fände PARADOX total geil. Ich hab dann mal recherchiert und festgestellt: guter Mann! Spielt sogar bei TESTAMENT, wenn die mal gerade keinen Bassisten haben. Und dann wurde Tilen fester Bassist, weil Olly nicht mehr konnte. Mit dem Christian war damals eigentlich gar nichts, aber es gab ein paar Missverständnisse mit dem Drummer und dem Olly, und da Olly dann auch raus ist, wusste ich eine Zeit nicht, was ich machen sollte. Es war ja keine Band mehr. Und der Chris war ja auch ziemlich beschäftigt und wir haben eine Zeit lang kaum noch kommuniziert. Dann war da der Gus, der auf der "Tales ..." ja schon paar Soli gemacht hatte. Und ich hab mir gedacht, warum ihn mal nicht mehr machen lassen? Er hat dann noch den Schlagzeuger Kostas Milonas mitgebracht, und obwohl er dann auch noch bei den SUICIDAL ANGELS angefangen hat, hab ich gesagt: OK, machen wir das Album so! Aber es war von vornherein klar: Hired Guns. Als der Tilen dann zu U.D.O. ist, hab ich den Olly gefragt, ob es wieder bei ihm geht und ob er wieder mitmachen will. Und er wollte das Album mitmachen. Als ich dann auf einem LEPROUS-Konzert war, sprach mich jemand an, er hätte gerade mit dem Christian Münzner telefoniert und er solle mir schöne Grüße ausrichten. Nach zwei Tagen haben wir auf Facebook geschrieben, und dann war es fix, dass er wieder bei PARADOX ist. Und der Axel, der ist sowieso mein bester Kumpel, mit dem habe ich PARADOX gegründet. Bei dem war es speziell. Der hat 1991 aufgehört, Schlagzeug zu spielen. Dann hockt er bei den Aufnahmen zu "Pangea" neben mir und meint: "Irgendwie juckt es mich wieder, die Songs sind so geil. Meinst du, ich schaff es nochmal?". Ich mein zu ihm: "Ja kauf dir ein Schlagzeug, wir suchen einen Proberaum, mach halt!". Dann kaufte er sich gleich das Beste vom Besten: das Lars-Ulrich-Schlagzeug für 8000 Euro (lacht). Und es hat geklappt, er hat gespielt, wie ein Verrückter! Und der Axel war sogar schon wieder dabei, bevor der Olly und der Christian wieder eingestiegen sind. Wir wollten ja nochmal im Ur-Line-up spielen.

Das war für die Festival-Saison vor fünf oder sechs Jahren, oder?

Charly Steinhauer: Ja. Da haben wir schon geprobt und es lief anfangs auch ganz gut. Dann sind wir für das Bang Your Head-Festival gebucht worden. Samstag, Main-Stage. Direkt vor RAVEN, die wir 1982 vergöttert haben. Und dann hat leider der Axel so was wie ein Burn-Out gekriegt. Und er sagte, er könne das nicht spielen. Die ganze Band hat ihm bestätigt, dass er es doch könne. Doch es kam im Kopf nicht an. Er hatte dann noch Behandlungen gehabt ohne Ende - das hat lange gedauert. Und es geht nie ganz weg. Das heißt, wenn wir jetzt live spielen wollten und Axel ein Problem hat, kann es immer sein, dass der Schlagzeuger live ein anderer ist. Aber: Der Axel ist ein Familienmitglied, und selbst wenn er gar nichts mehr machen würde, wäre er bei PARADOX ein festes Bandmitglied. Wir haben das zusammen angefangen, und wir hören zusammen auf. Er hat so viel in den Songs mitgemacht und Teile verändert. Er hat mich überzeugt, die Halbballade hinzuzunehmen. Er ist ein ganz wichtiges Mitglied. Aber für den Auftritt mit dem Original-Line-up war er dann raus, und ich habe mir gesagt, dass ich das nur mit Dreien nicht anbieten kann. Entweder ganz, oder gar nicht, und schon gar nicht ohne Gründungsmitglied. Dann habe ich das Festival abgesagt und wünschte mir einfach nur noch eine feste Band. Mit der man nicht nur im Proberaum ist, sondern für die ich auch privat erreichbar bin. Das habe ich mit dem Olly gehabt, mit dem Chris, mit Axel sowieso. Im Nachhinein muss ich sagen, es sollte einfach so sein.

Jetzt wart ihr in der Corona-Zeit ja nicht in der Verlegenheit, live zu spielen. Aber wie sehen denn die Pläne für nächstes Jahr aus?

Charly Steinhauer: Wir haben gesagt, dass wir gerne live spielen möchten. Aber in dieser Zeit, wo ständig irgendwelche Maßnahmen sind oder nur halb so viel Leute erlaubt sind, und die einen dürfen nicht rein und andere dürfen nicht rein ... solange diese Scheiße noch läuft, befassen wir uns nicht mit Live-Shows. Da konzentrieren wir uns lieber, noch einen nachzulegen. Dass die Leute nicht wieder fünf Jahre warten müssen. PARADOX war eh nie eine Tour-Band, und wir könnten die 30 Jahre jetzt auch nicht nachholen, wenn wir anfangen, hier oder da zu spielen. Einzelshows schließe ich natürlich nicht aus. Wir wollten auch warten, wie die CD überhaupt ankommt. Die CD muss das Level halten - bis zum letzten Song. Das ist ja kein Konzeptalbum von denen, die ich gar nicht mag: Wo zwischendrin ewiges Gelaber ist. Du kannst dir auch jeden einzelnen Song rausziehen und alleine hören, außer vielleicht 'A Man Of Sorrow (Prologue)' und das Outro. Für ein solches Album brauchst du natürlich ein richtig melancholisches Ende. So traurig, wie die Platte anfängt, so soll sie auch aufhören. Aber für einen PARADOX-Fan soll sie glücklich enden. Das war wirklich mit Abstand die heftigste Arbeit. Bis zum Burn Out. Der Axel hat mich schon gefragt: "Wie machst du denn das? Du schläfst ja kaum noch." - Ja, Schlaf hat mir zu viel Zeit weggenommen (lacht).

Du hast ja schon einige gesundheitliche Probleme in der Band angesprochen, und auch bei dir gab es ja schon ernste Phasen, damals mit der Herzgeschichte.

Charly Steinhauer: Ich hab damals jahrelang kämpfen müssen. Bis ich mit der "Pangea" angefangen hatte, waren zweieinhalb Jahre, wo ich erst mal gar nichts machen konnte. Ich hatte vorher ja auch eine Darmgeschichte, mein Bauch war vier mal auf. Ich muss sagen, wenn die Musik nicht gewesen wäre, wäre ich daran gestorben. Im Krankenhaus war schon der Pfarrer da, weil sie nicht glaubten, dass sie es nochmal hinkriegen. Und sie fragten, was ich so denke. Da hab ich an die Musik gedacht und gesagt, ich habe es geschafft, meinen Jugendtraum zu erfüllen. Wenn ich jetzt sterbe, habe ich es ja erreicht. Sogar übertroffen. Ich wollte auf einer Bühne stehen. Ich hab's dann auch geschafft, dass ich auf Schallplatten drauf bin. Das kannst du in Deutschland oder Europa schaffen - aber in der ganzen Welt? Da ist es dann egal, ob du METALLICA oder PARADOX bist. Es geht nicht um die Anzahl, ob du fünf Millionen oder 20 auf der ganzen Welt erreichst. Es ist nicht die Anzahl, sondern dass du es überhaupt geschafft hast. Das kann mir niemand mehr wegnehmen. Ich mache das aus Leidenschaft, nicht wegen dem Geld. PARADOX muss das nicht machen, PARADOX will das machen, weil es Spaß macht. Und es gibt dir Stärke. Und um da auf die Krankheit zurückzukommen: Wenn das nicht gewesen wäre, ich wäre dann hopps gegangen. Jetzt habe ich nochmal zehn Jahre dazugekriegt, und ich hab schon wieder zwei Alben mehr. Ich kämpfe ständig mit Herzrhythmusstörungen. Ich wäre jetzt dreimal fast gestorben, und da kommst du nur raus, wenn du an irgendwas glaubst. Bei mir war es keine depressive Phase, sondern die Wut: Ich. Lass. Mir. Das. Nicht. Gefallen. Als ich damals mit der Darmgeschichte aus der Intensivstation raus kam, hab ich direkt den Kai angerufen: "Ey, ich hab einen Songtitel!" (lacht).

Wie oft wurdest du eigentlich schon gefragt, inwieweit der neue Albumtitel für das Ende von PARADOX steht?

Charly Steinhauer: Ja ja, deswegen habe ich auch eben gemeint, das ist nur das Ende der Heresy-Story, weil es keinen dritten Teil mehr gibt. Und das Ende von PARADOX? Nur über meine Leiche. Natürlich kann im Leben immer was passieren. Wenn ich im Krückstock über die Bühne gehe, dann gibt es halt keine Live-Konzerte mehr. Aber neue Musik geht immer, solange ich gesund bleibe. Ich fühle mich jetzt überhaupt nicht wie 58, ich fühle mich wie 38. Wenn man Musik für sein Leben ausgesucht hat, da kann man doch gar nicht richtig loslassen. Guck dir Udo (Dirkschneider - Red.) an oder Ozzy. Von vielen Fans bekomme ich aus aller Welt Nachrichten, was die Musik für sie bedeutet. Ich freu mich immer, wenn mir die Leute solche Sachen schreiben. Ich denk dann immer, ich mache doch nur Musik? Einer schrieb mir, der war im Endstadium von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Er wollte sich bei mir bedanken für die geile Musik. Wenn er gar nicht mehr konnte, hat er sie voll aufgedreht. Ich wusste gar nicht, was ich da antworten sollte, so war ich geflasht. Ich hab mich dann an 1975 erinnert, als ich das erste mal 'Whole Lotta Rosie' gehört habe. Bei Angus Young hätte ich mich in der Situation ja auch bedankt, der war Jesus für mich. Es ist ja nicht nur die Musik, sondern das ganze Außenrum, was du mit der Musik verbindest. Und das kann man mit Geld nicht bezahlen.

Wird es eine Vinyl-Version des Albums geben?

Charly Steinhauer: Ja, eine Doppel-LP in zwei verschiedenen Farben. Die kommt vermutlich im November raus.

Wenn nächstes Jahr dann noch paar Gigs möglich sind, wäre es ja perfekt!

Charly Steinhauer: Ja, aber ich lege mich da gar nicht fest, was das für eine Kapazität haben soll. Es gibt Festivals, wo du auf der Bühne weit weg bist, und dann gibt's die Club-Gigs. Und da erinnere ich mich dran, da gab es Gigs, da hast du gemeint, der Laden bricht auseinander. So sind die Leute ausgerastet. Das war geiler als jedes Riesenfestival. Für nur eine Show lohnt es natürlich nicht, so eine komplizierte Setlist zusammenzustellen und einzuproben. Die Leute wollen ja von allen Scheiben was hören. Wenn wir irgendwo spielen, werden es auch mehrere Shows sein. Ich fahr nächste Woche mal zum Chris hoch und da werden wir mal schauen, wie wir es machen. Ich will auch dann die nächste CD vorbereiten. Lieber lasse ich mir etwas mehr Zeit, aber ich weiß schon genau: Die nächste wird 30 Minuten kürzer (lacht). Mir fallen laufend so oldschool-Riffs ein, ich höre eine Menge SLAYER und EXODUS. Das macht ja auch Spaß, diese Stakkato-Dinger zu spielen, ich bin ein absoluter Bay Area Freak. Ich will da aber keine Kopie von irgendwelchen 80er Scheiben machen, aber wenn, dann muss das Riff einfach zünden. So wie damals bei 'Angel Of Death'. Im Moment bin ich auch ein bisschen mit dem Matt von EVILE am Schreiben. Der singt da ja nicht mehr, denn sein Bruder macht jetzt EVILE. Wir tauschen uns da gerade aus, und vielleicht kommt aus der Ecke auch noch was. Aber Fokus ist ganz klar PARADOX!

Na, das ist doch ein schönes Schlusswort! Ich hätte auch jetzt keine Fragen mehr.

Charly Steinhauer: Ja, vielen Dank! Es hat Spaß gemacht! Ich steigere mich da immer ins Erzählen rein. Ich glaube, ich werde später mal so ein alter Krückstock-Opa wie die, die immer vom Zweiten Weltkrieg erzählen. Und ich erzähle halt allen von PARADOX (lacht).

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Ach, der Charly! Schreibt einfach saugeile Songs und ich gönne ihm von Herzen noch ein langes Musikerleben, bis er zum Krückstockopa wird und nur noch über Paradox redet, harharhar. Leider sind die Verkaufszahlen dennoch relevant als er denkt und ohne touren werden Paradox da weit hinter den Möglichkeiten zurückstehen. Aber Spass an der Muggesik ist auch ein absolut akzeptabler antrieb. Sie hättens nur verdient, größeren Bekannheitsgrad zu erreichen.
10/10   (06.11.2021 von Tom)

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