Myrkur - Folkesange | |
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Review von Opa Steve vom 26.03.2020 (7492 mal gelesen) | |
Amalie Bruuns schubladenfreies Projekt MYRKUR wandelt weiter auf unberechenbaren Pfaden. Die Frau, die einst Black Metal mit Harmonien provokanter Schönheit vermischte und eine ganze Szene gegen sich aufbrachte, erfindet sich nicht nur auf jedem Album neu, sondern bricht auch immer mal wieder vollständig aus. Während der letzte Longplayer, "Mareridt", ihr Crossover-Konzept im Sinne des Debüts perfektionierte, überraschte schon der Livemitschnitt "Mausoleum" mit Kompositionen von "M", die völlig unplugged von ihr und einem Mädchenchor in einer Gruft dargeboten wurden. Ohne das Harsche und die brutalen Blasts der Originaltitel war "Mausoleum" schon überraschend, aber zeigte auf der anderen Seite auch das kompositorische Feingefühl, wie Amalie Harmonien und Melodien zusammenbringt, dass es in unterschiedlichen Instrumentierungen immer wieder wirkt. Nach der Geburt ihres ersten Kindes im vergangenen Jahr hat es nicht lange gedauert, und schon steht MYRKUR wieder in den Startlöchern. An Bord der fast 50 Minuten befindet sich skandinavisch geprägte Folklore in einem Dutzend unterschiedlicher Titel. Diese haben zwei Dinge gemeinsam: Black Metal kommt auf "Folkesange" überhaupt nicht vor. Und das Gespür für exzellente Harmoniefügungen ist wieder einmal unglaublich. Mit akustischen Instrumenten minimal begleitet dominiert Amalies Gesang vielstimmig und glasklar. Sie erinnert mich immer wieder an die Künstlerin ENYA, wobei der Stil von MYRKUR erdverbundener ist. So traditionsbewusst der Stil auf "Folkesange" ist, so ist auch das Cover. Mich hat das bunte Gemälde schon etwas erschrocken, weil die schreiende Naivität des Motivs irgendwie eine Mischung aus "Heidi" und rechtsnationalem Heimatideal ergibt. Klammert man das allerdings aus, bleibt immer noch eine packende, faszinierende Musik. Die hat mit Metal zwar so viel zu tun wie ein Island-Pony mit der Formel 1, aber Amalie reduziert mit den Werken auf "Folkesange" so ziemlich alle akustischen Werke sogenannter Folk- oder Mittelalter-Metalbands auf ein plattes Stück Pappe, wenn man die Filigranität und die Details von "Folkesange" als Maßstab nimmt. Die Songs, die Amalie alle im Alleingang mit Unterstützung von Christopher Juul (HEILUNG) produzierte, leben von kraftvollen und packenden Harmonien, die niemals kitschig oder museumsreif klingen. Über Amalies Stimme muss man ohnehin keine Worte mehr verlieren; von zart bis glaszerschmetternd hält sie spielerisch die Töne, bringt Gefühl hinein und hat ein absolut begabtes Händchen, ihre Vocals mehrstimmig in der perfekten Dosis zu arrangieren. Die Produktion ist transparent und dynamisch, und dennoch angenehm weich. Ich vergebe keine Punkte, weil MYRKUR hier den Metal-Sektor komplett verlassen hat, aber wer auf ruhige, exzellente Akustikmusik steht, in der man versinken kann, findet hier ein Juwel mit einer Ausnahmesängerin. Ich platze schon jetzt vor Neugierde, was unter dem MYRKUR-Banner als nächstes auf uns wartet.
- ohne Wertung - | |
Trackliste | Album-Info |
01. Ella 02. Fager Som En Ros 03. Leaves Of Yggdrasil 04. Ramund 05. Tor I Helheim 06. Svea 07. Harpens Kraft 08. Gammelkäring 09. House Carpenter 10. Reiar 11. Gudernes Vilje 12. Vinter | Band Website: www.myrkurmusic.com/ Medium: CD Spieldauer: 47:04 Minuten VÖ: 20.03.2020 |
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