Dool - Summerland

Review von Damage Case vom 30.03.2020 (11440 mal gelesen)
Dool - Summerland Es gibt sie, diese Künstler, die dich gefangen nehmen, Dir in die Seele schauen, sie spiegeln oder einfach aus selbiger "sprechen". Was hat das mit den Niederländerinnen DOOL zu tun? Viel zu selten erscheinen Künstler des vorgenannten Kalibers auf der Bildfläche. Und DOOL gehören definitiv zu diesem erlauchten Kreis. Über Ryanne Van Dorst und ihre Band ist momentan viel zu lesen, sind sie doch momentan, sofern abseits von Corona noch irgendwelche Themen existieren sollten, so etwas wie die Band der Stunde. Vielleicht sogar die Band für dieses Jahrzehnt?

"Summerland" vollzieht seinen ersten Durchlauf, und der Hörer mag etwas enttäuscht sein. Das soll der Nachfolger des Jahrhundertdebüts "Here Now, There Then" (2017) sein? Wo ist ein den Hörer direkt verschlingendes 'Vantablack'? Wo der offensichtliche Hit der Marke 'Oweynagat'? Wo die Hooklines und Melodien, mit denen 'In Her Darkest Hour' oder 'The Alpha' unzählige Fans zu Tränen gerührt haben? Unruhe macht sich breit. Zweiter Durchgang, da vom ersten so gar nichts hängen geblieben ist. Der Refrain von 'Wolf Moon' kommt schon mal bekannt vor, den hat man zuvor schon mal gehört, da ist was hängengeblieben. Die Textzeile "What Would You Ask Me If I Spoke Your Tongue, If We'd Howl To The Same Moon?" fräst sich direkt ins Gehirn. Wer schreibt so etwas? Wem fällt so etwas ein? Der an vierter Stelle stehende Titelsong scheint gut zu sein, ist mit achteinhalb Minuten aber zu lang und zu komplex, um ihn nach zweimaligem Hören schon verstanden haben zu können. 'A Glass Forest' ist durchzogen von einem wiederkehrenden Thema, simpelste Melodie, aber sie lässt einen nicht mehr los. 'The Well's Run Dry' ist einer dieser Songs, bei dem man unweigerlich an THE DEVIL'S BLOOD denken muss. Diese Umsetzung von Classic Rock, feine Leads und Soli - mit Faridas Gesang und ordentlich Satan-Worshipping (das es bei DOOL nicht gibt) hätte das von Selim Lemouchi stammen können. Der nächste Song 'Ode To The Future' genauso, wobei die Spoken Word-Passage am Ende Gänsehaut erzeugt - und das soll weder ein Plagiatsvorwurf sein, noch die Qualität oder Originaltät der Songs schmälern. Bei DOOL spielt mit Schlagzeuger Micha Haring ein ehemaliger Sidekick der Lemouchi-Geschwister (THE DEVIL'S BLOOD-Bassist Job Van De Zande verließ DOOL bereits 2016 wieder), und sie spielen mit diesen Einflüssen. Beim vorletzten Song 'Be Your Sins' muss man wieder lächeln, denn der Rhythmus, dieser Stampfbeat... 'Christ Or Cocaine' von Ihr wisst schon wem. Der Song beinhaltet auch ein feines Orgel-Solo, das DEEP PURPLE nicht hätten besser machen können. Und wieder passen diese Elemente zu einhundert Prozent zu DOOL, denn was sie machen, machen sie mit einer schlafwandlerischen Güte, wie sie keine andere nach 2010 gegründete Band zwischen Sonne und Mond vorzuweisen hat. Wären Musikkapellen Fußballteams, würde jede gottverdammte andere Kapelle auf diesem Erdenrund DOOL um Fronterin und Torschützenkönigin Ryanne Van Dorst beneiden. Dieses Charisma, diese Stimme, diese Abgebrühtheit vor dem Tor. Es ist Liebe. Zum Abschluss dann 'Dust & Shadow'; eingeläutet durch eine Spieluhrmelodie, fließt anschließend ein achtminütiges Riff-Monster über den Hörer hinweg. Bei alldem hat man das Cover von "Summerland" im Auge. Ein Schloss, eine Burg oder ähnliches, umhüllt von einer tiefroten Wolke. Kein Sommer weit und breit. Ist aber alles auch egal. Denn neben Liebe ist es auch Magie. Wie schafft diese Band das? Nach sechs Wochen und über dreißig Durchgängen hat man darauf immer noch keine Antwort. Wer braucht 2020 schon Neuauflagen von 'Vantablack', 'Oweynagat' oder 'In Her Darkest Hour', wenn man neunmal "Summerland" erhält? Spätestens sobald Ryanne am Ende von 'Dust & Shadow' "Into The Eye Of Fire" singt, stellt sich beim Hörer Ganzkörpergänsehaut ein.

Fazit: groß. Riesengroß. Ein wahrer Grower von Durchgang zu Durchgang. So ist es geworden, das Album Nummer eins nach "Here Now, There Then". Und neben der neuen SEPULTURA bereits ein ganz großer Kandidat für die Album-des-Jahres-Trophäe. Die Erwartungshaltung mit der megaeingängigen Cover-Version 'Love Like Blood' (2019) war eine falsche Lunte, denn "Summerland" muss man sich erarbeiten, verdienen und lieben lernen. Dann wird neben "Note" auch irgendwann eine "10" stehen. Ganz sicher. Und nicht vergessen: Auch wenn die Tour im April und Mai wegen Corona auf unbestimmte Zeit verschoben wurde, gilt, dass es sich hier um Pflichtpräsenztermine handelt. Interview mit Ryanne folgt in Kürze.

Drei Anspieltipps: 'Wolf Moon', nach zuvor besagter Textzeile gleitet der Song ab in den Melodienwahnsinn. 'A Glass Forest', weil man dessen vergleichsweise simple Themen und Melodien schneller erfassen kann als die Monolithen 'Summerland' und 'Dust & Shadow'.

Gesamtwertung: 10.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood blood blood
Trackliste Album-Info
01. Sulphur & Starlight
02. Wolf Moon
03. God Particle
04. Summerland
05. A Glass Forest
06. The Well`s Run Dry
07. Ode To The Future
08. Be Your Sins
09. Dust & Shadow
Band Website: allthosewhowanderaredool.com/
Medium: CD
Spieldauer: 54:35 Minuten
VÖ: 10.04.2020

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten