The Neptune Power Federation - Memoirs Of A Rat Queen | |
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Review von baarikärpänen vom 26.09.2019 (8410 mal gelesen) | |
Es gibt sie eben doch noch, diese kleinen Wunder. Soll man da dem Internet danken, dass eine außerhalb Australiens weitgehend unbekannte Band wie THE NEPTUNE POWER FEDERATION mit einem in Eigenregie veröffentlichten Album den Rest der Welt mit offenen Mündern dastehen lässt? Kann man. Denn zu Zeiten des Tapetrading per Post wäre es schwierig, wenn nicht sogar unmöglich gewesen, dass TNPF diese weltweite Aufmerksamkeit erfahren hätten, die ihnen seit "Neath A Shin Ei Sun" zukommt. Was ist es also, das die Australier*innen so faszinierend macht? Dazu muss man etwas weiter ausholen. THE NEPTUNE POWER FEDERATION sollte man besten als Gesamtkunstwerk begreifen. Ein Rädchen (Musik) greift hier nahtlos in das andere (Image). Das ist natürlich kein Alleinstellungsmerkmal für TNPF, siehe beispielsweise GHOST oder SLIPKNOT. Wo SLIPKNOT völlig abgedreht sind und GHOST immer poppiger werden, um die Aufmerksamkeit der breiten Masse zu erregen, gehen TNPF einen völlig anderen Weg. Eine Anbiederung an den Mainstream, wie GHOST, haben TNPF gar nicht nötig und die findet auch nicht statt. Trotzdem schaffen die Aussies es fast spielerisch, Songs zu schreiben, die aber sowas von zu überzeugen wissen. Und das über sämtliche Genregrenzen hinweg. Ganz egal, ob jemand Black Metal, Heavy Metal, Classic Rock, Stoner oder Melodic Rock hört, auf THE NEPTUNE POWER FEDERATION können sich letztendlich alle einigen. Mir fällt da nur eine weitere Truppe ein, die das in jüngster Vergangenheit in ähnlicher Weise hinbekommen hat. Die Rede ist natürlich von IDLE HANDS. Auch wenn die, sollte man erwähnen, eine völlig andere Herangehensweise haben. TNPF sahnten für "Neath A Shin Ei Sun" damals neun Punkte ab, IDLE HANDS' "Mana" war mir zehn Punkte wert. Mal schauen, ob TNPF das Kunststück fertigbringen, auch für "Memoirs Of A Rat Queen" die Höchstnote abzustauben. "Neith A Shin Ei Sun" war eine Macht von einem Album und die neun Punkte eigentlich eine Untertreibung vor dem Herrn. Und der Vergleich mit einem zu Musik gewordenen Tarantino-Film, zu dem stehe ich auch jetzt noch. Man kann sich die Musik auf dem Album richtig laut geben, dann macht sie einfach nur Druck und vor allem eine Menge Spaß. Allerdings funktioniert sie auch bestens unter dem Kopfhörer, wo man sämtliche Nuancen aufsaugen kann und bekommt auf diese Weise eine echte Achterbahnfahrt der Gefühle. TNPF hätten einfach das bewährte Konzept des Vorgängers weiterführen können, lediglich leicht abgewandelt. Niemand hätte es langweilig gefunden oder ihnen übel genommen. Haben sie aber nicht, und das spricht für die Band. Auffälligster Unterschied zum Vorgänger ist der Verzicht auf einen Longtrack, wie es 'We Shall Triumph' war. Sämtliche Songs auf "Memoirs Of A Rat Queen" sind, mit kleineren Ausreißern nach oben, in kompakter Länge gehalten. Aber, und da beginnt die große Kunst, die Songs haben überhaupt keine Überlänge mehr nötig, um sämtliche Emotionen zu bündeln und rüberzubringen. Um beim filmischen Vergleich zu bleiben, auch auf "Memoirs Of A Rat Queen" gibt es noch eine Menge Tarantino. Nur hat der sich dieses Mal mit den Regisseuren so mancher Horror-Streifen der 70er und 80er zusammengetan. So fühlt man sich bei 'Bound For Hell' unweigerlich an Wes Cravens "Das Ding aus dem Sumpf" erinnert. Man sieht förmlich Alligatoraugen, die knapp über die Wasseroberfläche linsen, hört eine Schlange, die sacht ins Wasser gleitet. Dazu noch die fast schon beschwörend klingende Stimme von Imperial Priestess Screaming Loz Sutch. Auch die nach kurzer Zeit in bester Stoner-Manier bratenden Gitarren können das Bild nur schwer zerstören. Kino für die Ohren, im wahrsten Sinne des Wortes. Stoner-Sounds sind es auch, die immer wieder auftauchen. Aber TNPF wären nicht TNPF, wenn sie sich einzig darauf beschränken würden. Sehr elegant zum Beispiel wie sie diese in 'Can You Dig?' mal lockerflockig mit Güte-Glam der Klasse von T. REX oder SWEET kombinieren. Als ob es ein Kinderspiel wäre, wird dann in 'Flying Incendiary Club For Subjugating Demons' (was für ein Titel!!!) so fast schon im Vorbeigehen AC/DC gewürdigt. Nicht auffällig, sondern geschickt im Song versteckt. Das nachfolgende 'I'll Make A Man Out Of You' liefert dann die Vollbedienung in Sachen catchy Chorus. Und man nimmt Screaming Loz Sutch jede einzelne Silbe des Titels zu 100% ab. Wie man Okkult Rock spielt, das zeigen TNPF auf 'Pagan Inclinations'. Nichts gegen die an sich untadeligen BLOOD CEREMONY, aber genau so gehört sich das. Ein ganz toller Rocker mit ebenso tollen mehrstimmigen Backing Vocals. So richtig abgefahren wird es dann auf 'Rat Queen', dessen Beginn unweigerlich an MOTÖRHEAD in ihrer Frühphase erinnert, nur um im Chorus mal ganz nebenbei JEFFERSON AIRPLANE sowas von alt Aussehen zu lassen. Weil das an Referenzen noch nicht reicht, gibt's als Bonus in der Mitte des Songs noch feinsten Boogie Rock obendrauf. Proto Metal, bei dem gehörig auf's Gaspedal getreten wird, liefert 'The Reaper Comes For Thee'. Das aber auch dieser Song mehr als das zu bieten hat, dürfte mittlerweile ja klar sein. Da wird's im Mittelteil fast schon sakral, inklusive kanonartigem Choral zum Ende hin. Absolutes Highlight (falls man bei der Ansammlung an bombigem Material überhaupt davon sprechen kann) ist aber 'Watch Our Masters Bleed'. Der Beginn des Songs könnte glatt aus der Feder von Debbie Harry & Chris Stein (BLONDIE) stammen. Wie TNPF allerdings nach knapp drei Minuten Lemmy mit einem Arschtritt-Part Tribut zollen, plus Fast Eddie-Gedächntis-Riff, ist phänomenal. Mr. Kilmister, wo immer er sich auch gerade einen Jack Daniels/Cola gönnt, kann sich bestimmt ein wohlwollendes Nicken nicht verkneifen. Auf "Memoirs Of A Rat Queen" passt einfach alles. Über den genialen Gesang brauchen wir kein weiteres Wort zu verlieren. Aber auch was die Gitarristen Inverted Crucifox und Search and DesTroy aus den sechs Saiten rauskitzeln ist erwähnenswert. Technische Kabinettstückchen gibt's hier keine, sondern songdienliche, hart riffende Vollbedienung. Aber natürlich wäre das alles gar nichts, wenn nicht auch die Rhythmus-Fraktion einen formidablen Job erledigen würde. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass ich echte Bedenken hatte, ob THE NEPTUNE POWER FEDERATION die Qualität von "Neith A Shin Ei Sun" würden halten können. Aber wie die Aussies diese Qualität nicht nur halten konnten, sondern sogar nochmal gesteigert haben, ist bewundernswert. Genau deswegen steht auch die Höchstnote unter diesem Review. Und das Beste ist und bleibt, dass TNPF kein Ding für eine spezielle Gruppe von Hörern sind, sondern die breite Masse ansprechen, ohne auch nur im geringsten Gefahr zu laufen, in eingangs erwähnten Mainstream abzugleiten. Sicher, "Memoirs Of A Rat Queen" ist nur etwas mehr als 38 Minuten lang, aber weil TNPF es wie keine andere Band im Moment draufhaben, Stücke zu schreiben, bei denen so viel passiert, hat man mit dem Album eine Menge Spaß und Langeweile kommt da nicht auf. Gesamtwertung: 10.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Can You Dig? 02. Watch Our Masters Bleed 03. Flying Incendiary Club For Subjugating Demons 04. Rat Queen 05. Bound For Hell 06. I'll Make A Man Out Of You 07. Pagan Inclinations 08. The Reaper Comes For Thee | Band Website: www.theneptunepowerfederation.com/ Medium: CD, LP Spieldauer: 38:03 Minuten VÖ: 20.09.2019 |
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