Picture - Wings

Review von baarikärpänen vom 16.08.2019 (7010 mal gelesen)
Picture - Wings
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Die Niederländer PICTURE können in der Tat auf eine recht bewegte Geschichte zurückblicken. Gerne auch mal scherzhaft als "die holländischen SAXON" bezeichnet, haben PICTURE qualitätsmäßig immer geliefert. "Diamond Dreamer" und "Eternal Dark" gehörten zu dem stärksten, was 1982 und 1983 in Sachen Heavy Metal auf den Markt kam. Darüber wird leider oft genug vergessen, dass es da noch den selbstbetitelten Erstling und "Heavy Metal Ears" gibt, die aber in einer anderen Besetzung eingespielt wurden. Vor allem Ur-Sänger Ronald van Prooijen war auf beiden Scheiben sowas wie eine Bank. Nach einer längeren Pause erschien dann 2012 "Warhorse" mit Pete Lovell am Mikro, ein respektables neues Album. Aber jetzt, einige Jahre später, wollen es PICTURE anscheinend nochmal richtig wissen. Denn nicht nur Ronald van Prooijen ist wieder mit an Bord, sondern auch Ur-Gitarrist Jan Bechtum. Quasi als Aufwärmer veröffentlichten PICTURE letztes Jahr das Live-Album "40 Years Heavy Metal Ears - 1978-2018". Jetzt liegt dann auch endlich die neue Scheibe "Wings" vor.

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Und was für eine musikalische Wundertüte haben PICTURE da zusammengestellt. Fast schon im (rockigen) Stil der SCORPIONS beginnt 'Line of Life', nur um kurze Zeit später zu einem echten Kracher mit jeder Menge SAXON-Feeling zu werden, Doublebass inklusive. Der Titelsong dann wiederum könnte glatt aus der Phase VAN HALENs stammen, als Stadionrock groß geschrieben wurde, gewürzt mit einem Schuss DEEP PURPLE (was die Keyboards angeht). 'Is It Real' wirkt dagegen wie eine Lokomotive, die mit Höchstgeschwindigkeit über die Schienen brettert. Was für eine Macht. In die gleiche Kerbe haut 'Blown Away'. Dass PICTURE wissen, wie man einen stampfenden Banger schreibt, müssen sie eigentlich niemandem mehr beweisen und 'No Place To Hide' ist ein ebensolcher, mit jeder Menge Potential für gereckte Fäuste. Zwar nicht in Lichtgeschwindigkeit, aber trotzdem mit Doublebass ohne Ende kommt 'Empty Room' daher. Dass PICTURE aber auch den Schelm im Nacken haben, dafür steht das leicht bluesige 'Never Enough'. Sehr geschickt, meine Herren, wie ihr da mal eben GRAND FUNK RAILROAD's 'We're An American Band' im Chorus eingebaut habt. Mal gespannt, wem es noch auffällt. 'Still Standing' wird zur textlichen Verbeugung vor der eigenen Karriere und mal eben in einen Laune machenden Song mit ordentlich Schmackes verpackt. Meinen Hut ziehe ich allerdings endgültig vor dem abschließenden 'Stroke'. Wie PICTURE hier, sowohl was den Text als auch die Musik angeht, das Thema Schlaganfall behandeln, konnte man so nicht erwarten. Nach den vorherigen Songs hatte man solch schwere Kost eigentlich nicht auf dem Schirm, auch wenn die Lyrics an sich schon teilweise dunkel waren. Dass es PICTURE gelingt, diese Thematik derart umzusetzen, vor allem ohne Gefahr zu laufen, banal oder platt zu wirken, verdient Hochachtung. Dass in den meisten Songs auf "Wings" SAXON durchschimmern, sollte man PICTURE auf jeden Fall nicht vorwerfen. Immerhin haben die Holländer diese Mucke schon gespielt, als die Briten gerade durchstarteten. Von Abkupfern kann hier also nicht die Rede sein. Vielleicht eher die berühmte Frage: Wer zuerst da war, das Huhn oder das Ei?

"Wings" kann man wirklich jedem traditionsbewussten Metaller ans Herz legen. Auf dem Album wird Qualität von vorne bis hinten geboten. Und wenn man nicht wüsste, dass man da gerade einer Band zuhört, die schon 40 Jahre auf dem Buckel hat, könnte man glatt meinen, man hätte gerade einem vorzüglichen Album eines hoffnungsvollen Newcomers gelauscht. Ein schöneres Kompliment kann man PICTURE und "Wings" eigentlich gar nicht machen.



Gesamtwertung: 9.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Line Of Life
02. Wings
03. Little Annie
04. Is It Real
05. Blown Away
06. No Place To Hide
07. Empty Room
08. Never Enough
09. Still Standing
10. Stroke
Band Website: www.pictureband.nl
Medium: CD
Spieldauer: 40:17 Minuten
VÖ: 16.08.2019

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Hoi, das Video lässt es ja erkennen - bei 'Stroke' geht es um Bassist Rinus Vreugdenhil, der tatsächlich einen Schlaganfall erlitten hatte. Trotzdem stark, das so offen zu thematisieren. Der Instrumentalteil beim Einfahren in die Röhre erinnert schon ziemlich stark an die Geräuschkulisse, die so ein MRT tatsächlich generiert.
(17.08.2019 von Rockmaster)

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