Livebericht Black Trip (mit Reds'cool )

Ein Livebericht von Stormrider aus Weinheim (Cafe Central) - 24.09.2015 (16883 mal gelesen)
imgcenter


"Echte Männer hören wilde Musik!" Das sagt zumindest mein Sohn und fängt wie wild an durchs Wohnzimmer zu rocken, sobald er die ersten Töne von 'Die With Me', dem Opener des aktuellen Killers "Shadowline" von BLACK TRIP, hört. Da er mit seinen sechs Jahren aber doch noch ein wenig zu klein für einen Gig der Schweden ist, mache ich mich ohne ihn auf den Weg ins beschauliche Weinheim. Staubedingt komme ich erst kurz vor dem Opener im Cafe Central an und stelle fest, dass der Laden noch eher übersichtlich gefüllt ist.

Als RED'SCOOL pünktlich um 21 Uhr ihren Set eröffnen, stehen ca. 40-50 Nasen vor der Bühne, von denen offensichtlich nur eine Dame schon mal etwas von der Band gehört hat. Dabei haben die Sankt Petersburger in den letzten Jahren durchaus ein paar beachtliche Supportslots an Land gezogen und waren u.a. mit UFO, ACCEPT und den BLACK STAR RIDERS unterwegs. Das merkt man der Band zwar an, dennoch fühle ich mich irgendwie durchgehend an Filme wie "Rockstar" oder auch "Still Crazy" erinnert. Die Heterogenität zwischen den Musikern hat dabei eine gewisse tragikomische Komponente. Während Rhythmusgitarrist Sergey Fedotov in seinem Las Vegas-Paillettenhemd, dem Angela Merkel-Lächeln und der Sonnenbrille möglichst unnahbar erscheinen möchte, ist sein gutgelaunter Kompagnon an der Leadgitarre, Ilya Smimov, in einem auffälligen Magnum-Gedächtnishemd angetreten. Dazwischen agiert Sänger Slava Spark, der optisch ein wenig an Zak Stevens erinnert und offensichtlich bei Steven Tyler und Michael Jackson in die Poserlehre gegangen ist. Ein Metalfronter, der sich während des Gigs regelmäßig an die Eier greift, wirkt alles in allem ein wenig befremdlich, dazu kommt dann auch noch der berühmte Schlangenhüftschwung. Zum Glück versteht der gute Mann sein Handwerk und liefert eine gute Gesangsleistung. Ihr fragt Euch, wieso ich bis jetzt nicht auf die Musik eingegangen bin? Weil diese, aller Live-Routine zum Trotz, bestenfalls netter Hard Rock ist, von dem mir über die Dauer der 50 Minuten nicht wirklich was im Gedächtnis bleiben wird. Dazu verpasst es die Band, die Anwesenden in die Show einzubinden und verzichtet weitgehend auf Ansagen und Interaktion mit dem Publikum. Schon manche Band hat ihrem Gig eine schwungvolle Wendung gegeben, als sie die Fans einfach aufgefordert hat nach vorne zu kommen. So jedoch bleibt der Platz direkt vor der Bühne weitgehend leer, und als um 21:50 Uhr die Lichter angehen, erntet die Band immerhin ein wenig Höflichkeitsapplaus.

imgleft
imgcenter

imgright

Als um 22:10 Uhr das Intro vom Band eingespielt wird, sitzt BLACK TRIP-Sänger Joseph Tholl noch seelenruhig am Merchandisingstand. Die Band verkauft das Merch noch selbst und ist hier, mit Ausnahme des eigentlichen Gigs, ständig präsent und im direkten Kontakt mit den Fans. Pünktlich zum Kick Ass Auftakt 'Die With Me' steht er aber hinter dem Mikro und zeigt, dass er nicht nur ein ausgezeichneter Gitarrist ist (u.a. bei ENFORCER und ROBERT PEHRSSON'S HUMBUCKER), sondern sich auch ohne Gitarre auf der Bühne wohlfühlt. Wer mit so einem Track in seinen High-Energy-Set einsteigen kann, der hat die Fans zwangsläufig sofort auf seiner Seite, und so gehen die ersten Reihen, im mittlerweile gut gefüllten, aber bei weitem nicht ausverkauften Saal, direkt steil und lassen die Matten kreisen. Das nicht minder schwache 'Danger' kann im Anschluss durch seine schönen Twin-Guitar-Harmonien überzeugen und danach verabschiedet Joseph sich, dankt den Fans und wünscht noch einen schönen Abend. Ok, kleiner Scherz. Da aber nicht nur das aktuelle Album "Shadowline" vor Krachern nur so strotzt, sondern auch das Debüt des Fünfers ausschließlich grandiose Songs enthält, sinkt das Stimmungslevel nach diesem Auftakt auch bei 'The Bells' und 'Berlin Model 32' nicht ab, sondern erreicht bei beim Debüttiteltrack, 'Goin' Under', einen weiteren Höhepunkt. "Tonight, tonight I'm leaving with the dead" wird lautstark mitgesungen und abgefeiert. Es fällt übrigens auf, dass erfreulich wenige Handys hochgehalten werden, um sinnlose verwackelte Videos zu drehen. Offensichtlich scheinen sich Fans von Old School Heavy Metal daran zu erinnern, dass man ein Konzert am besten vor Ort live erlebt, anstatt danach auf einem Minibildschirm.

Da die Bühne im Cafe Central nicht gerade groß ist, bleibt bei fünf Musikern nur bedingt Platz für Bewegung, aber da hier nur erfahrene Mucker auf der Bühne stehen, kommt die Action trotzdem nicht zu kurz und insbesondere Bassist Johan Bergebäck grinst sich einen und interagiert regelmäßig mit dem Publikum. Nach 'Tvar Dabla' und dem Titelrack des aktuellen Drehers kommt 'Rooms' als kurze Verschnaufpause ganz Recht, wenn auch vom Band. Auf Konserve habe ich dieses kurze Instrumental nicht wirklich verstanden. Hier ist es ein guter Moment mal durchzuschnaufen. Nach knapp einer Stunde wird mit 'The Storm' der letzte Song angekündigt, der langsam startet, um dann im Mittelteil richtig Gas zu geben und die Fans nochmal zu fordern.

War es früher ganz normal, dass direkt nach dem letzten Akkord die Zugaberufe beginnen, kommen diese heute ja eher zögerlich, oftmals gar nicht. Manche Bands spielen deswegen keine Zugaben mehr, andere drehen den Spieß um, BLACK TRIP zum Beispiel. Johan Bergebäck kommt zurück auf die Bühne und erklärt, dass er ein deutsches Wort kenne: "Zugabe!" Und siehe da plötzlich kann das Publikum laut und ausgiebig "Zugabe" rufen. Nach 'Radar', mit kurzem Circle Pit, folgt mit 'No Tomorrow' ein weiteres Highlight des Abends, bevor 'Voodoo Queen' die Fans in den ersten Reihen ziemlich ausrasten lässt. Laut Setlist ist jetzt Schluss, aber die Band hat offensichtlich so viel Spaß an diesem Gig, dass Joseph fragt, ob von den Anwesenden jemand zufällig die Band RIOT und deren Album "Fire Down Under" kenne? Was für eine Frage!? Mit 'Outlaw' würdigen BLACK TRIP eine der Urväterbands des Speedmetal und das Publikum geht nochmals massiv steil. Der Sänger scheint sich in seiner Rolle als Fronter ohne Gitarre mittlerweile übrigens sichtlich wohl zu fühlen und wirkt sehr souverän. Im kurzen Plausch vor dem Gig meinte er noch, dass es sich für ihn durchaus komisch anfühle ohne Gitarre, er sich aber langsam daran gewöhne. Hier und heute war davon nichts zu sehen. Nach knappen 80 Minuten ist dann Schluss, was bei zwei Alben mit jeweils knapp 40 Minuten Spielzeit und einem Eintrittspreis von 17 EUR an der Abendkasse auch in Ordnung geht.

Wieso sich in der letzten Zeit aber selbst bei vielgelobten Newcomern, mit Bestplatzierungen in den größten Magazinen und ausschließlich hochbenoteten Reviews (zum B4M-Review), immer nur vergleichsweise wenige Fans bei den Gigs blicken lassen, das ist mir ein Rätsel. Metal lebt doch gerade in verschwitzten Clubs und von der Nähe von Musikern zu Fans. Also gebt Euch gefälligst demnächst mal wieder einen Ruck und schaut Euch einen kleinen Clubgig an. Bands wie BLACK TRIP haben es verdient live gehört und gefeiert zu werden. Diejenigen, die sich an diesem Donnerstag auf den Weg nach Weinheim gemacht haben, haben ihn bestimmt nicht bereut!

imgleft
imgcenter

imgright
imgleft
imgcenter

imgright

Setlist BLACK TRIP:
01. Die With Me
02. Danger
03. The Bells
04. Berlin Model 32
05. Goin Under
06. Tvar Dabla
07. Shadowline
08. Rooms (Playback)
09. Subvisual Sleep
10. Putting Out The Fire
11. The Storm

Encore:
12. Radar
13. No Tomorrow
14. Voodoo Queen
15. Outlaw (RIOT-Cover)
Location Details
Cafe Central in Weinheim (Deutschland)
Website:www.cafecentral.de
Adresse:Bahnhofstr. 19

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Vielen Dank - sehr guter Bericht und top Bilder !!! Was vergessen wurde ... die Band hat sich spontan entschlossen vor dem Song "Voodoo Queen" den Song "The perfect dream of a perfect death" zu spielen. Ich hatte vor dem Gig mit Joseph Toll (Sänger) gesprochen, wir haben uns schon öfter auf Enforcer Konzerten ausgiebig unterhalten. Nachdem ich Ihn gefragt hatte, warum eben dieser Song auf keinem Album vertreten ist und das es sich um einen großartigen Song handelt, hat sich die Band kurzfristig entschlossen diesen Song in der Zugabe zu spielen. Es zeigt einfach wie cool und bodenständig diese Jungs sind. Als der Song began kam er auf mich zu und es gab den "High 5"-Moment - übrigens hatten mich nach dem Konzert einige angesprochen, was es für ein Song war. Alles in allem, ein sehr geiler Abend, der mir lange in Erinnnerung bleibt und auch die 2 1/2 Std. Anfahrt waren es definitiv Wert. Beste Grüße von einem Metalhead aus dem Schwarzwald
9/10   (26.09.2015 von Timo)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten