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Take off: 12.09.2009 - Review (18635 mal gelesen)

Swordbrothers 8

Noch eine Premiere gab es für Bleeding4Metal in der diesjährigen Festival-Saison, nämlich das schnuckelige und kultige Swordbrothers-Festival, welches im JUZ-Live-Club in Andernach mittlerweile in die 8. Runde ging. Und auch das Festival, welches auf eine private Initiative von Volker Raabe zurückging, erlebte eine Premiere: zum ersten Mal war das Festival komplett ausverkauft. Doch dazu später.

Das Swordbrothers lebt davon, größtenteils Insider-Tipps weltweiter Bands zu verpflichten, und selbst Kenner der True-Metal-Bewegung dürften wohl nur selten in der Lage sein, aus dem Stegreif ein komplettes Lineup im heimischen CD-Regal zu haben. Insofern kann man immer gespannt sein, ob man selber ein paar neue Perlen entdeckt, wobei die Überraschung in Zeiten des Webs oder Myspace natürlich nicht mehr so groß ist, da man sich die nicht geläufigen Bands auch mal recherchiert. Ich muss aber gestehen, dass die Verlockung, die genialen OMEN mal auf der Bühne zu sehen, ganz schön wibbelig machte. Auch GODDESS OF DESIRE war im diesjährigen Lineup natürlich ein ziehender Name, denn die Show der Nachbarn ist immer einen Besuch wert. Leider ist aktuell davon auszugehen, dass der Gig in Andernach der letzte deutsche Gig gewesen sein wird, wenn die Band ihre planmäßige Auflösung nicht doch noch rückgängig machen sollte - also eine doppelte Verpflichtung, anwesend zu sein.

Das Swordbrothers-Festival kann man natürlich nicht mit den üblichen Festivals vergleichen. Es ist kleiner, weniger eine reine Promotion-Veranstaltung irgendwelcher Labels, und es ist durch seine Zielgruppe alles andere als eine kommerzielle Veranstaltung. Das macht zusammen mit der wohlüberlegten Bandauswahl wohl die Einzigartigkeit aus, mit der das Festival aus ganz Europa Fans anzieht, die den Weg an den Rhein für diese wenigen Stunden (und sicher noch die Party durch die Nacht) auf sich nehmen. Als wir jedenfalls mittags am Gelände antreffen, sind heimische Nummernschilder beinahe eine Minderheit. Man hört viel Spanisch und Englisch, und immer wieder laufen einem Musiker wie Kenny Powell (der überhaupt den ganzen Tag so viel Fan-Nähe gezeigt hatte, wie kaum ein anderer Musiker) paar HALLOWEEN-Jungs und andere über den Weg. Neben der Theke mit wie üblich fanfreundlichen Getränkepreisen gab es noch einen Imbisswagen eines lokalen Caterers, der für das leibliche Wohl zwar nicht viel Auswahl hatte, aber dafür exzellente Qualität (super Pommes! Göttlicher Spießbraten!) feilbot. Dies ersparte lästige Konzert-Überlegungen wie "Wo ist hier der nächste Mäcces".

Vor den Toren gab es noch einen kleinen Metal-Market verschiedener Händler, wo man sich verschiedene genreübliche Textilien unter den Nagel reißen konnte, oder auch CDs in allen Preisklassen kaufen konnte. Natürlich wurde auch viel nach raren Perlen gefragt, und das Sortiment gab wirklich Einiges her. Den Vogel abgeschossen hatten allerdings GODDESS OF DESIRE, die normalerweise in ihrem kultigen "Laminat & Bodenbeläge"-Van eine ganze Menge Utensilien durch die Gegend karren. Sie hatten nämlich auch einen kleinen Merch-Stand, aber da dies der letzte Deutschland-Gig war, bekam am Einlass jeder Besucher einen Gutschein, und konnte diesen am Stand gegen ein Geschenk (CD, LP, Textil) einlösen. Wow! Krasse Geste, Respekt!

Barbarian

Eröffnunen durften das diesjährige SWORDBROTHERS die Spanier BARBARIAN. Allerdings kam das Trio nicht pünktlich auf die Bühne, sondern fing mit ein paar Minuten Verspätung an. Was nicht sonderlich schlimm war, denn im JUZ befanden sich eh noch relativ wenig Leute. Doch das störte Pep Casas (Gesang und Gitarre), Simon Lamb (Gesang und Bass) und Carles Badal (Drums) nicht im Geringsten. Vor einer kleinen Meute von etwa 50 Köpfen zogen sie frohgelaunt ihren halbstündigen Heavy/Thrash Metal-Gig im klassischen 80er Jahre Stil durch.

Steelraiser

Nach der Umbaupause enterte mit STEELRAISER aus Italien ein schon etwas älteres Semester die JUZ-Bretter. Dabei fiel zunächst Sänger Alfonso mit seiner lustigen, und irgendwie an CRIMSON GLORY erinnernden, Augenklappe aus Metall auf. Und wie sollte es auch beim SWORDBROTHERS anders sein? Stilistisch true präsentierte die Truppe klassischen (Power) Metal und gaben Songs wie z.B. 'Princess of Babylon' von ihrem letztjährigen Album "Race Of Steel" zum Besten. Inzwischen war auch etwas mehr los in der Halle und die ca. 150 Leute dankten den Italienern mit angemessenem Applaus für ihren Auftritt. Allerdings hätten wir uns gern etwas mehr Stageacting zu den Songs gewünscht. Hier müssen die Jungs noch etwas nachholen....

Hellish War

Während die Roadies drinnen alles für die nächste Band vorbereiteten, nutzten die Besucher die Zeit, um draußen die trockenen Kehlen mit kühlem Bier ölen. Trotzdem dauerte es nicht allzu lange, bis es die ersten wieder vor die Bühne zog. Denn man wartete gespannt auf HELLISH WAR, obwohl die wenigsten sicherlich schon mal etwas von den Brasiliern gehört haben dürften. Tja, und der Name versprach nicht zuviel. Während eines instrumentalen Intros, betraten die Höllenkrieger um Fronter und Sympathiebolzen Roger Hammer die Bühne und legten mit energetischen Heavy Metal Songs wie 'Hellish War' oder 'Metal Forever' los. Bei der sehr agilen und frischen Darbietung der Truppe kam dann auch sofort und zum ersten mal an diesem Tag so richtig geile Stimmung auf. Roger Hammer (Vocals), Vulcano (Gitarre), Daniel Job (Gitarre), JR (Bass) und Daniel Person (Drums) posten alle, was das Zeug hielt. Mit Songs aus ihren beiden Alben wie z.B. 'Defender Of Metal' , 'Memories Of A Metal ' und 'Destroyer' zeigten HELLISH WAR, wofür sie leben: den Metal. Und hatten damit das Publikum in der jetzt gefüllten Halle voll auf ihrer Seite; die Stimmung stieg immer weiter. Die Brasilianer nutzten die 3/4 Stunde Spielzeit, die irgendwie leider viel zu schnell vorbei war, voll aus und verabschiedeten sich nach dem Schlusstrack 'Living For The Metal' unter tosendem Beifall vom beigeisterten Andernacher Publikum.

Zarpa

Heute war wirklich Oldschool angesagt. Und in dieser Tradition stehen auch die Spanier ZARPA, die seit über 30 Jahren zusammen Musik machen. Ob's daran lag, dass die Leute vom vorherigen Auftritt so ausgepowert waren und eine Pause brauchten? Jedenfalls befand sich nur noch 1/3 der Zuschauer wie bei der Vorband drinnen im JUZ, um sich den zwar ordentlich und souverän präsentierten, aber dennoch irgendwie dahinplätschernden Gig von ZARPA anzusehen (Zuschauerstimme: "Da gibt es soviel Lalala...") Leider ist der aus dem Großraum Valenzia stammende und dort sehr erfolgreiche Vierer, hier bei uns nicht so bekannt und so konnten auch die wenigsten Leute die Lieder mitsingen bzw. dazu mitgehen. Schade, denn die Herren wirkten äußerst sympathisch und schienen sich im JUZ trotzdem wohl zu fühlen.

Enchanter

Auf ENCHANTER warteten dann wieder ein paar mehr Zuschauer. Maurice Fauteux (Vocals), Mark Elliott (Gitarre), John Dennen (Bass) und Ray Perron (Drums) aus Übersee boten etwas dunklen angehauchten epischen Metal. Dabei wirkte der Fronter meines Erachtens etwas verloren und verkrampft auf der Bühne. Und so kam die Show doch etwas nüchtern und unspektakulär rüber. Trotzdem schienen die Anwesenden den Auftritt zu mögen und zollten respektablen Beifall, als der amerikanische Vierer die Bühne wieder verließ.

Goddess Of Desire

Wer hätte das gedacht: GODDESS OF DESIRE hören auf... Ja - richtig gelesen - der Gig im JUZ war der letzte Auftritt in Deutschland! Kein Wunder also, dass sich kaum einer der anwesenden Besucher diese finale deutsche Show entgehen lassen wollte. Schon während der Umbaupause füllte sich die Halle mehr und mehr und die Fans begannen mit GODDESS-OF-DESIRE Rufen zur Melodie von 'Vamos a la playa'. Als dann endlich das Licht ausging, betraten die Holländer unter frenetischem Jubel - und wie immer stilecht mit Fellen kostümiert und mit Schwertern bestückt - die Bühne. Und da das Wort "Show" bei den Niederländern wirklich ganz groß geschrieben wird, boten sie auch genau eine solche. Zu Songs wie 'Rites of War', 'Conquerors Divine' oder 'Metal Cunt' posten GOD wie Hölle, und zum Klassiker 'Teacher's back' gab's wie immer eine laszive Showeinlage von Delilah der "wahren Goddess of Desire". Daneben wurden auch diverse Pyros oder Feuerspuckeinlagen ('War Of The Crusader') eingesetzt. Als Schmankerl erlebten wir ein MOTÖRHEAD-Cover mit einem Gastsänger, der tatsächlich Lemmy täuschend ähnlich klang und dazu noch ständig an einer Flasche Jack Daniel's nuggelte. Die Stimmung im Publikum stieg immer weiter und so enterten bei 'Metal forever' etliche Leute spontan die Bühne, um gemeinsam mit der Band während des Songs zu Posen, zu Bangen und mitzugrölen. Die Zeit verging wie im Fluge und so stimmte man nach einer Stunde den letzten Song an, zu dem ein überdimensionales Pentagramm auf Bühne geschoben und von Delilah mit ihren Facken angezündet wurde. Doch so einfach wollte die Meute in der Halle die Truppe nicht weglassen und forderte vehement eine Zugabe. GODDESS OF DESIRE ließen sich dann auch nicht lange bitten. Und obwohl Zeitplan dies eigentlich nicht vorsah, war's der Band egal. Denn wenn's schon die letzte Show ist, dann muss auch eine Zugabe drin sein. Und so traten die Holländer mit einer wirklich furiosen Show und unter riesen Beifall ab.

Thunder Rider

Auf den Gig von THUNDER RIDER war ich wegen der Hintergründe sehr gespannt: da John Blackwing aktuell keine Band im Rücken hat, hatten sich ROXXCALIBUR mal eben zur Verfügung gestellt und das Material einstudiert. John selbst - ein selig ausgeglichener Mensch - schlurfte dann fernab aller Egomanie mit langem Mantel und Hut auf die Bühne. Seine Ansagen waren kaum zu hören, wenn er nicht gerade sang, grinste er selbstvergessen das Publikum an. Man merkt, wie er in seiner Musik aufgeht, aber vielleicht war er ob dieser Konstellation auch einfach nur besonders konzentriert. Nicht die besten Voraussetzungen, um die Headbanger zum Kochen zu bringen, aber die Fans achteten ohnehin viel mehr auf die Musik. Vom hypnotisch gesungenen 'New Born' bis zum proggigen 'Dark Castle' klebten die Augen an den Fingern des Meisters. Zur Vollendung der THUNDER RIDER Atmosphäre fehlte noch ein bisschen die nötige Feinheit im Mix, und natürlich auf stimmungsvolle Samples musste verzichtet werden. Und John sollte vor allem darauf achten, live nicht in der Grönemeyer-Technik zu singen - dieses speziell deutsche Problem nimmt viel von der Magie, und auf CD kann er's auch besser!

Omen

Ja, da hält man entspannt mit einem Bier draußen ein Schwätzchen mit neuen Bekanntschaften und lässt sich so bisschen über ARAKAIN aufklären, die man drin in der Halle gerade beim Aufbau wähnt. Was unser Fachmann darüber zu erzählen wusste, machte Lust auf mehr, also rechtzeitig wieder rein und guten Platz sichern. Ob's an dem letzten Bier lag oder an der mentalen Vorbereitung auf ARAKAIN - ich weiß es nicht. Ich raffte nämlich immer noch nichts. Doch irgendwie sahen die gar nicht so osteuropäisch aus..... und englisch sprechen sie auch überraschend fließend. Aber der Opener, Leute, mann das geht echt geil ab! Und irgendwie scheine ich ARAKAIN doch schon zu kennen, denn ich hab den Titel schon mal gehört. Mann, schlagt mich, natürlich stehen da schon OMEN auf der Bühne! Vorgezogen, weil ARAKAIN irgendwie verpeilten, auf dem Festival aufzulaufen. Und OMEN haben der Menge sowas von in den Arsch getreten, das war ein Freudenfest. George brachte die alten Titel absolut souverän rüber und entpuppte sich als fantastischer Frontmann. Die volle Halle ging zu den Stücken, die allesamt etwas heftiger und schneller als auf den LPs rüberkamen, natürlich komplett steil. "OMEN!!!"-Rufe erfüllten jede Songpause, es gab Stagediver wie vor 20 Jahren (echt jetzt! Mit Salto und dem ganzen Oldschool-Wahnsinn!), und die Texaner wussten, was sie den Fans schuldig waren. Zu dem früh erklingenden 'The Axeman' musste George erst mal die Lederjacke ausziehen, und mit Stücken wie 'Battle Cry' oder 'In The Arena' stieg der Stimmungspegel immer weiter an. Kenny Powell poste wie ein Gott und ließ es sich nicht nehmen, vor dem Zugabenblock selbst ins Publikum zu springen und sich einmal quer durch die Halle tragen zu lassen. Großes Kino, große Liveband, und alle Bedenken bezüglich "Alte-Säcke-Reunions" lösten sich in Luft auf.

Halloween

Auch HALLOWEEN gehören noch zu meinen alten Helden aus Tapetrading-Zeiten (ja, das waren diese kleinen Bänder, wo man spulen musste, und das Erstellen einer Kopie genauso lang dauerte wie die Musik als solche). Nach dem Glückserlebnis mit OMEN war ich natürlich heiß auf den Headliner. Dieser hatte sich zudem mit einer Horrorshow angekündigt. Nun, vielleicht wurden die Erwartungen durch all dies einfach zu hoch geschraubt. Aber so richtig warm konnte ich mit HALLOWEEN nicht werden. Über die Faschingsverkleidungen des Sängers hätte ich ja noch schmunzeln können, wenn die Musik wenigstens mitreißend gewesen wäre. Aber - so leid es mir tut - herrschte durch den ganzen Gig konturloses Mittelmaß. Durch früh positionierte neuere Titel wie 'Candles' stellte sich die Oldschool-Stimmung auch nicht so richtig ein. Erst als sie so richtig in die Kult-Kiste griffen und pausenlos das "Don't Metal With Evil"-Album zitierten, während Brian Thomas laufend seine Masken wechselte, wurde der Rest der Zuschauer etwas wärmer. Schade, dass es den Jungs nicht gelang, überzeugend zu wirken. Um die albernen Verkleidungen zu übersehen musste man sich schon gehörig viel vom alten pubertären Spirit einreden. Wie sagte jemand aus dem Publikum so treffend: "Damals gab's ja nichts.". Oder andersrum: heute sind wir vielleicht übersättigt. HALLOWEEN sollten sich daher auf aktuelle gute Headbanger wie 'Angel Of Evil' oder 'Hell' konzentrieren und sich nochmal als bodenständige Metal-Combo präsentieren, die nur noch versucht, gute Songs zu schreiben, als mit Gewalt ein überholtes Image zu pflegen.

Das Festival mit seinem gemütlichen, aber reibungslosen Ablauf war für die Ü30-Generation eine sehr angenehme Zeitreise - fernab von Trends sowohl musikalischer Art, als auch aktueller Artikulations-Affigkeiten. Wo gibt's heute noch gepflegte Konzerte, wo man sich mal nicht urplötzlich in einem stressigen Moshpit wiederfindet? Oder wo mal nicht zu einer unsäglich bescheuerten Wall Of Death aufgerufen wird? Der True Underground ist lebendig, was durch die weit angereisten Fans, aber auch durch den stattlichen Anteil Jüngerer bewiesen wurde. Einige Fans der glorreichen NWOBHM-Zeiten kamen mittlerweile sogar schon mit Nachwuchs auf das Konzert, und wenn die Kleenen schon Jeanskutten mit "Iron Sarah" tragen oder am Bühnenrand bangen und die Drumfills in der Luft nachspielen, dann mach ich mir um die Zukunft des Metals keine Sorgen. Und man darf gespannt sein, wer nächstes Jahr die Rolle OMENs als absolutes Highlight ausfüllen wird.

Billing
BARBARIAN
STEELRAISER
HELLISH WAR
ZARPA
ENCHANTER
GODDESS OF DESIRE
THUNDERRIDER
ARAKAIN
OMEN
HALLOWEEN

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