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Take off: 08.09.2007 - Review (11546 mal gelesen)

Nachdem sich das ZwischenWelten seit zwei Jahren zu einem richtigen Festivalevent vergrößert hat, durften wir (Kruemel und Opa Steve) auch heuer gespannt sein, was uns und den Rest der schwarzen Welt zum 6. ZW auf der alterwürdigen Festung Ehrenbreitstein in Koblenz erwarten sollte.

Da die Parkplätze vor der Feste begrenzt sind, gab es auch dieses Mal wieder einen Shuttlebus-Service, welcher regen Anklang fand. Denn gleich die erste Fuhre am Nachmittag war brechend voll. Die vier schwarzgewandeten Übriggebliebenen taten uns irgendwie leid, aber selbst quer hätte niemand mehr reingepasst. Doch das Sardinen-Dosen-Gefühl tat der lockeren Stimmung keinen Abbruch und so stimmte man in freudiger Erwartung bereits auf der Hinfahrt das beliebte Lied "Die Sonne scheint (mir aus dem Arsch)" der APOKALYPTISCHEN REITER an.

Kaum oben angekommen, strömten die Leute in Richtung Eingang. Der Einlass selbst verlief (wie auch in all den Jahren zuvor) sehr ruhig und harmonisch. Nachdem man das Gelände betreten hatte, gab es zunächst einmal etwas für die Augen. Das altbewährte Shisha-Zelt (wo man zwischendurch sogar eine Bauchtanz-Einlage bewundern konnte), der kultige Absinth-Dealer sowie einige Stände mit diversen "schwarzen" Accessoires. Doch auch die durstigen und hungrigen Seelen wurden mit fleischlichen und vegetarischen Speisen sowie allerlei Geträngeangeboten bedacht. Dieses Mal bot man sogar Met, Schwarzbier u.ä. Leckereien an. Frisch gestärkt erwartete die Zuhörerschaft dann die erste Band.

NEUN WELTEN eröffneten mit ihrem mehr als ruhigen Folk den Reigen. Die Musiker spielten einen fast kompletten Akustikset, nur hier und da unterbrochen von einer lieblichen Frauenstimme. Im Hintergrund lief passend zu den Songs wie z.B. 'Der stille See', 'Auf kargem Fels' oder 'Heidenacht' eine Diashow mit zugegebenermaßen wunderschönen Naturaufnahmen. Das Ganze wurde untermalt von Kunstnebel. Ganz nett und chillig, wenn auch manch ein Zuschauer meinte: viel Rauch um nichts....

Nach dem vielerorts bekannten "Change Over" durften SPIRITUAL FRONT die Bühne betreten. Das war's aber dann auch mit der Action, denn sogleich nahmen die Herren alle auf Stühlen Platz, um den kompletten Auftritt im Sitzen zu absolvieren. Die vier Mannen präsentierten mit ihrem "Nihilist Suicide Pop" ruhigen gitarrengeprägten Poprock, der die Zuschauer eher dazu animierte, zurückhaltende Ruhe zu bewahren statt irgendwie mitgerissen zu werden. Den Hintergrund bildeten diesmal bewegte Bilder; und zwar schwarz-weiße Filmaufnahmen mit 50er Jahre Flair. Nach Songs wie 'Cruisin' My Shining' oder 'Bastard' textete man das bekannte 'Jesus Died In Las Vegas' kurzerhand um in 'Jesus Died In Koblenz' um. Schön, dass die Band auch wusste, wo genau sie auftrat. Bei 'Bed I Walk The (Dead) Line' und 'Liebes Lied' hatte dann sogar Alexander Kaschte von SAMSAS TRAUM einen Gastauftritt.

Auch von der dritten Band TENHI gab es sehr ruhige, beschauliche Musik zu hören. Die fünf finnischen Folkbarden sagen über sich selbst, TENHI sei eine Reise. Ihre Musik sei hauptsächlich deswegen komponiert, um mit ihr durch verschiedene Landschaften und Gefühle zu reisen. Und dies stimmt: während der schönen, melodisch-melancholischen Folksongs wie 'Korvenraivaajat', 'Etäisyyksien taa' oder 'Revontulet' hätte man getrost in einem gemütlichen, weichen Sessel abhängen und sich in irgendwelche (Klang)Welten beamen können. Selbst die Musiker wirkten bei ihrer Darbietung teilweise verträumt und entrückt. Tolle Musik, doch nicht gerade als Open Air Liveunterhaltung geeignet.

Nach dem Auftritt von TENHI hatte leider der Veranstalter Steffen Weigel eine schlechte Nachricht für alle Fans des ZwischenWelten: er betrat die Bühne und verkündete, das dies das vermutliche letzte Festival gewesen sei. Die (negative) Überraschung stand fast allen Zuschauern im Gesicht geschrieben. Was erzählte Steffen da? Warum, wieso, weshalb? Die Gerüchteküche über die genauen Gründe kursiert auch weiterhin, aber warten wir lieber auf ein offizielles Statement, welches hoffentlich irgendwann auf der Webseite veröffentlicht wird.

DIE APOKALYPTISCHEN REITER auf einem dezenten Festival in chilliger Gothic-Atmosphäre? Nee, auch schwarze Seelen lachen sich auch gern mal was von der selbigen und machen verrückte Party. Wie letztes Jahr KORPIKLAANI lag es diesmal an der Sympathentruppe, das Zwischenwelten gehörig durcheinanderzuwirbeln. Schon in den Shuttlebussen zum Festival ließen die Metaller im Publikum keinen Zweifel daran, weswegen sie dieses Festival besuchten. Während der Umbaupause liefen Roadrunner-Zeichentrickclips auf der Leinwand und sorgten für einen weiteren Stimmungszuwachs. Als dann die Reiter tatsächlich auf der Bühne standen gab es kein Halten mehr. Die ersten 20 Reihen wurde gebangt und gemosht, und das etwas schwächliche Absperrgitter geriet schon bei 'Riders Of The Storm' bedenklich ins Wanken. Zum 'Seemann' wurde dann eine Zuschauerin aus den ersten Reihen wie gewohnt auf die Bühne geholt, von der sie von nun an nicht mehr runtergelassen wurde. Wenigstens hatte das Mädel gezeigt, dass es Spass dort oben hatte (und saß nicht gelangweilt auf der Bühne rum, wie ihre Vorgängerin auf dem Summerbreeze-Festival). Vor 'Revolution' trat dann der ob des schwermetallischen Gebarens vor der Bühne nervöse Veranstalter kurz auf die Bühne und bat, nicht ganz so wild abzugehen, weil er sich um Mensch und Material sorgte. Aber hey, war doch nur eine normale Metal-Party, und alle waren glücklich. Nur das Gitter war halt etwas mickrig. 'Revolution' war natürlich der völlig unpassende Song, etwas Ruhe in den Pit zu bekommen, aber wir leben alle noch. Nichts passiert. Und die Reiter wären nicht die Reiter, wenn sie nicht noch etwas Spielzeug mitgebracht hätten: es gab natürlich wieder riesige Luftballons, und sogar das Schlauchbootrennen über die Köpfe wurde wie auf anderen Festivals geboten. Aufgrund der geringeren Zuschauerzahl mussten die Paddel-Ladies zwar die letzten Meter bis zum Mischpult getragen werden, aber was tut man nicht alles. Als letzter regulärer Song schien dann nochmal allen Zuschauern die Sonne aus dem Arsch. Natürlich durften Zugaben nicht fehlen, und die Reiter zockten als ultimativen Stimmungskracher ihre 'Dschingis-Khan'-Version. Man durfte nochmal so richtig die Sau rauslassen, bevor das Publikum fett grinsend in die Nacht entlassen wurde. Die Reiter haben mal wieder einmal unterstrichen, dass sie zu den besten Livebands des Planeten zählen.

SAMSAS TRAUM hatten schon immer eine gespaltene Presse, und auch die Hörer waren sich noch nie einig, was den nun genau von dieser Band zu halten sei. Ich selbst hatte noch nie das Vergnügen, die Musik live oder aus der Konserve zu erleben, und insofern erwartete ich schon etwas Kontroverse und war sehr gespannt, wie diese Band nun wirklich rüberkommt. Vor allem Alexander Kaschte, der sich schon mit dem RockHard anlegte und sich kürzlich erst mit den Summerbreeze-Veranstaltern in der Wolle hatte, versprach zumindest mal einen interessanten Bühnencharakter. Wobei ich schon etwas verwundert war, da dieser schon mittags mit SPIRITUAL FRONT kurz performte, und dabei irgendwie auf der Bühne verlorenging. Naja, mal gucken, wie sein eigenes Ding rüberkommt. Die Instrumentierung war recht avantgardistisch: Keys/Drumsequenzer (u.a. mit einem neuen Kollegen aus Frankreich besetzt), Gitarre, Saxofon, Gesang. Findet man schon mal nicht alle Tage. Die Musik die für diese Instrumentierung geschrieben war, war allerdings schon eher hausbacken. Es gab solide Rockmusik mit leichtem Indie-Einschlag, aber alles andere als weltbewegend. Der Schwerpunkt liegt ganz klar auf Alexanders Texten, die zwar wortgewaltig rüberkommen, aber bei genauem Hinhören doch nicht mehr als verblümtes Einerlei sind. Die Fans hängen jedenfalls nah am Ohr des Meisters, dessen Ausstrahlung mich bitter enttäuschte. Eine gehobene Abi-Band hat Frontleute gleicher Performancequalitäten, und wenn man sich dieser Band nicht verschrieben hat, dann bietet sie leider auch wenig Aufregendes. Bekanntere Titel wie 'Stromausfall im Herzspital' oder auch die Zugabe 'Blut ist in der Waschmuschel' wurden laut mitgesungen, während sich der Anteil der Gelgenheitsbesucher Steak mampfend eher über die recht abstrakte Poesie wunderte. Ich persönlich ziehe dennoch Autoren vor, die entweder nur unterhalten wollen, oder echte Inhalte rüberbringen.

Um Mitternacht gab es dann noch ein ganz besonderes Schmankerl für die Freunde ruhiger Musik, die auf dem diesjährigen Zwischenwelten wirklich voll auf ihre Kosten kamen. DORNENREICH spielten ein Akustik-Set, welches von Gitarre und Violine sowie Trockeneisnebel getragen eine gespenstisch stille Atmosphäre in den Burggraben zauberte. Die Songs wurden alle beinahe im Flüsterton vorgetragen und schwebten leicht durch die Nacht. DORNENREICH kamen auf diese Art und Weise wesentlich besser zur Geltung, als bei ihren letzten metallischen Gigs, die oft relativ undifferenziert klangen und somit keine Wirkung entfalten konnten. Ein wahrlich würdiger und angemessener Ausgang dieses kleinen feinen Festivals!

Das soll nun das letzte ZwischenWelten gewesen sein? Das wäre sehr, sehr schade, denn auch in diesem Jahr herrschte eine unheimlich lockere und angenehme Atmosphäre. Trotz der verschiedenen musikalischen Stilrichtungen, die hier wieder einmal aufeinandertrafen, vertrugen sich die diversen "Schwarzgefärbten" untereinander bestens. Selten ein so entspanntes Festival erlebt, obwohl dieses Mal erheblich mehr Zuschauer zugegen waren als im letzten Jahr.

Trotz des Andrangs kam es zu keinen essenstechnischen Versorgungsengpässen - für jeden war genug vorhanden. Also hat man aus den Fehlern der letzten Veranstaltungen gelernt und für mehr Vorrat gesorgt. Außerdem galt für einige Leute sowieso die Devise: das Bisschen, das man isst, kann man auch trinken...

Bleibt für alle Fans des ZwischenWelten nur zu hoffen und zu wünschen, dass dies doch nicht das Ende war. Und wir uns alle vielleicht im nächsten Jahr wiedersehen!

Billing

Bands 2007:

Samsas Traum

Die Apokalyptischen Reiter

Dornenreich

Tenhi

Spiritual Front

NeunWelten

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