Livebericht Tankard (mit Fabulous Desaster und Crusher) |
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Ein Livebericht von Opa Steve aus Andernach (Juz-Liveclub) - 03.11.2018 (31124 mal gelesen) |
Als Opener dieses thrashigen (NICHT trashigen!) Abends fungieren die Mainzer CRUSHER. Bereits vor dem Auftritt haben sich schon knapp 200 Leute eingefunden, die dann auch ein fast pünktliches Erscheinen der Musiker erleben dürfen. Logischerweise darf Bandmaskottchen Pit nicht fehlen und die schräg aussehende Puppe hat ihren Platz an den Drums gefunden. Der Fünfer startet seinen Set dann gleich mit den zwei nahtlos aufeinander folgenden Songs 'Religion'/'Son Of A Pit'. Dieses Doppel-Pack eröffnet auch das 2016er Album "Redemption". Noch reagiert das Publikum etwas verhalten, doch spätestens nach dem neuen Stück 'Downfall' ist das Eis gebrochen und der Zuspruch der Leute wird kräftiger. Das spürt natürlich auch die Band auf der Bühne und man merkt, dass Fronter Robin und auch Basser Alex Spaß an der Performance haben. Auch die Gitarrenfront geht ganz in ihrem Job auf. Dabei präsentieren sie voller Energie in der Hauptsache ihre aktuellen Stücke, aber auch etwas von den 2012 "Airfield Tapes" darf nicht fehlen. Und so gehen CRUSHER mit ihrer Melange aus Heavy Metal und 80er Thrash gut nach vorne. Besonders das sehr melodische und fast epische 'Time Leap Pit' mit seinem instrumentalen Mittelteil kommt bei den Zuschauern des JUZ sehr gut an. Über die positive Reaktion freuen sich die Musiker verständlicherweise sehr und Robin verrät uns sogar, dass dieser Song überhaupt noch nicht aufgenommen wurde. Die Mainzer Thrash-Truppe beendet ihre Show mit 'Operation: Rescue' und 'Redeemer'. Und da die anwesenden Fans ihre Lieblinge noch nicht von der Bühne lassen wollen, fordern sie eine Zugabe. Normalerweise gibt's das bei Vorbands selten, doch CRUSHER haben noch etwas Playtime, sodass sie dem Publikum als Encore sogar noch 'Don't Care' um die Ohren zocken können. Am Ende verabschieden sich die Thrasher nach einem wirklich guten Auftritt und haben sich den ordentlichen Applaus mehr als verdient. Die Bonner FABULOUS DESASTER sind nicht einfach eine Vorgruppe am heutigen Abend, sondern die Band hat was zu feiern: Nämlich die Release-Party des Albums "Off With Their Heads", welches in wenigen Tagen nach diesem Gig erscheinen wird. Natürlich hat die Band auch ein ganzes Paket CDs am Merch dabei und der frühe Vogel fängt bekanntlich den Wurm. Es ist auch sicher diesem Umstand geschuldet, dass sich das Besucherspektrum des JUZ-Liveclubs in Andernach bis in den Bonner Raum erstreckt, aus dem die Band stammt. Und wenn es etwas zu feiern gibt, dann feiert man auch. Jedenfalls hat man vom ersten Ton an den Eindruck, als hätte die Band - allen voran Frontmann Jan - schon gut vorgeglüht, bevor man auf die Bühne ist. Das tut der Spielfreude aber keinen Abbruch. Das Quartett geht von der ersten Sekunde an steil und überzeugt durch die irre Geschwindigkeit und Bewegungsfreude. Während das vorangegangene Album zwar ordentlicher Thrash, aber studiotechnisch sehr kontrolliert und gebändigt eingefangen ist, haben Songs wie 'Thrash Bang Wallop' auf der Bühne nochmal deutlich schärfere Zähne. Jan glänzt schon nach dem zweiten Song mit nuscheligen Ansagen und sympathisch bierzerwürfelten Halbsätzen und versucht möglichst umständlich zu erklären, dass der Song schon etwas älter war, nämlich schon ganze zwei Jahre. Man könnte auch sagen, " ... zurück zu 'Hang 'em High'-Zeiten". Aber bevor er sich komplett verquasselt, hauen sie lieber mit Musik rein, denn das Gitarrespielen klappt im Gegensatz zu den Ansagen tadellos. 'Shaved Bears' und 'Abra Cadaver' zeigen, dass sich die Band auf der neuen Scheibe nochmal steigern konnte. Im schönen Wechsel gibt es während des Gigs abwechselnd "alte" und neue Songs. In der ersten Reihe werden Besucher vorgestellt, die sich bei Songs einbrachten oder auch Lyrics-Videos gestalteten. Die Songs sind rasend schnell und die Band hat sichtlich Spaß. Wir auch. Die Kombination aus hasenfickflottem Thrash und sympathischen Promille-Ansagen (z. B. "Ich brauche mehr Haare, die sind immer so schnell weg ...", nachdem Jan öfter im Eifer des Gefechts seine Matte zwischen den Zähnen hatte) macht diese Release-Party zu einem Fest, und die 200 Anwesenden danken es mit energischem Headbanging. Vielen Dank an dieser Stelle an die Dame neben mir, die mit professioneller Propellerbanging-Technik pausenlos für angenehme Air-Condition sorgt. Und da die Band so flott unterwegs war, gibt es am Ende sogar noch Zeit für eine Zugabe inklusive Drumsolo. Das hat man auch noch nicht erlebt, dass man sich so viel Reserve rausspielt. Well done, Jungs! Nach der Vorlage ist mir schon klar, dass TANKARD sich an den Bonnern messen lassen müssen. Mit ca. 30 Jahren Altersunterschied können einem so Jungspunde mit Kerosin im Blut das Leben schon ein bisschen schwerer machen. Und Gerre ist ja bekannt dafür, dass er gerne mit dem Alter der Band kokettiert. Und so wird auch an diesem Abend die Band-Historie immer wieder betont, und dass sie alle ja alte Säcke seien. Ja, auf dem Pass vielleicht. Aber für mich altern TANKARD gar nicht. Wie immer ist auf der Bühne so viel Bewegung, dass man als Fotograf kaum ein gescheites Motiv vor die Linse bekommt. Da braucht man schon Gerre, der einem kurzerhand die Kamera abnimmt und die Linse stattdessen einfach ins Publikum richtet. Getreu dem "Senile with style"-Motto geht es auch am Anfang direkt mit "One Foot In The Grave" mit dem gleichnamigen Titelsong los. Die MAIDEN-Gitarren werden live durch den einen Gitarristen etwas reduziert, aber dann ist die Hölle los. Frank und Andy bauen zu zweit mächtig Druck auf, der von Olaf rhythmisch nach vorn gepeitscht wird. Und Gerre - heute mal wieder geschätzte zehn Kilo unter seinem Langfrist-Mittel - rennt über die Bühne, als gäbe es kein Morgen mehr. Unglaublich ist auch, wie geil so alte Schoten wie 'Zombie Attack' nach 30 Jahren noch klingen. Ich hatte ja anfangs etwas Sorge, ob sich das Publikum bei FABULOUS DESASTER nicht schon zu sehr ausgepowert hätte. Aber nichts da. Spätestens ab 'The Morning After' besteht die vordere Hallenhälfte ungelogen aus einem durchgehenden Moshpit. Und was für einer! Bier fliegt, Leute fliegen - sie fliegen auf dem klebrig-nassen Boden auch auf die Fresse. Die aufgeschrammte Stirn wird wie eine Trophäe den Kumpels präsentiert, und im lauten Inferno, was aus der PA brüllt, hört man tatsächlich immer wieder das fiese Klatschen, wenn es einen Mosher längs niederlegt. Natürlich hilft man sich auch sofort und schützt die Leute vor schlimmeren Verletzungen, aber am nächsten Tag werden einige ihre Wunden lecken müssen. Angesichts der Publikumsreaktionen klingt es fast amüsant, wenn Gerre wieder auf sein Alter, die Hüftschäden, kaputte Knie und Bänderrisse sowie Übergewicht anspielt. Es drehen sowieso alle am Rad wie an einem antiautoritären Freestyle-Kindergeburtstag. Und vor allem ist es laut. Richtig laut! Bei 'Rapid Fire' erreicht der Exzess seinen vorläufigen Höhepunkt, bevor Gerre das Publikum mit der Ankündigung des einzigen ernsten Songs am Abend etwas beruhigt. 'Die With In A Beer In Your Hand' ist angesagt. Die Masche ist ja schon bekannt, auch beim 30-jährigen Jubiläum auf dem Metalfest Loreley wurde 'Rectifier' wie auch heute Abend mit dem ähnlichen Wortlaut als "Ballade" angekündigt. Aber genau dieses Unbekümmerte macht ja die Sympathie der Band aus, der das Publikum aus der Hand frisst. Gerre betont, dass sich TANKARD nie aufgelöst hatten und dass es nie eine "fucking Reunion" gab. Das Publikum stimmt derweil während der Ansagen den Intro-Chor von AC/DCs 'Thunderstruck' an, der mit einem lautstarken "TANKARD!!!" garniert werden. Die Band antwortet mit 'Metaltometal' vom "Beauty And The Beer"-Album. Irgendwann ist aber auch die schönste Zeit vorbei, und irgendwie ist es schon erstaunlich, wie lange die Hessen den Energiepegel auf und vor der Bühne so hochgehalten haben. Sie machen genau das, was sie mögen. Und sie sind als Band eine schon lang zusammengewachsene Einheit. Das sind sicherlich die Hauptgeheimnisse für die Dauerfaszination TANKARD, und daraus ziehen Band und Fans die Energie. Songs wie 'A Girl Called Cerveza' haben kein bisschen weniger Power als die frühen Songs. Wie schon gesagt: TANKARD altern nicht merklich. Aber man gönnt ihnen trotzdem ein kurzes Verschnaufen, bevor es mit dem Zugabenblock weitergeht. Zum Abschluss gibt es noch ein paar drohende Worte Gerres an den Veranstalter: Wenn es nicht sofort Freibier für alle gäbe, dann gibt es eben Krawalle. Und so kracht das punkige 'Freibier' als Rausschmeißer in die Runde und mobilisiert die letzten Reserven. TANKARD sind live eine hessische Salatschleuder, die prima dazu geeignet ist, das Publikum so austicken zu lassen, wie man es seit den goldenen Spätachtzigern in deutschen Clubs nur noch selten erlebt. Einfach klasse. Und der JUZ-Liveclub hat zu Ehren der Band an diesem Abend - entgegen des üblichen Thekenangebots - sogar Äppler (aka Äppelwoi aka Apfelwein) im Ausschank. Ob dieser dazu führte, dass am Schluss der Party einige Gäste mehr schlecht als recht auf ihren Beinen stehen können, oder ob die letzten Energiereserven für TANKARD draufgingen, bleibt ein Geheimnis. Angesichts manch bleicher Gesichter und mit der Stirn an die Wand gelehnte Gestalten habe ich aber so eine Ahnung ... Es schwitzten, bangten, fotografierten und notierten vor Ort: Krümel und Opa Steve. |