Livebericht Bullet For My Valentine (mit Callejon ) |
---|
Ein Livebericht von Stormrider aus Osnabrück (Hyde-Park) - 08.02.2014 (25415 mal gelesen) |
In der letzten Zeit hat es sich ja vermehrt so eingebürgert, dass nach einem Gig in manchen Clubs noch ein Discoabend angehängt wird. Das mag betriebswirtschaftlich sinnvoll sein, dennoch fühlen sich diese Early Shows immer etwas komisch an. Als ich kurz vor sechs am Hyde Park ankomme, ist der Club jedoch schon bestens gefüllt, und auch die 50m lange Schlange vor dem Eingang zeugt davon, dass BULLET FOR MY VALENTINE weiterhin ein Magnet für die jüngere Generation von Headbangern sind. Betrachtet man sich die Altersstruktur an diesem Abend, macht der frühe Start durchaus auch in dieser Hinsicht Sinn. Aber auch CALLEJON scheinen einige Fans zu ziehen, denn es sind jede Menge Shirts der Düsseldorfer zu sehen. Den Abend eröffnen dürfen, pünktlich um 18:30 Uhr, aber zunächst COLDRAIN, die die angekündigten WHILE SHE SLEEPS ersetzen und von der ersten Sekunde an richtig Gas geben. Die Japaner (ergänzt um einen äußerst unasiatisch wirkenden Fronter dessen BMI weit unterhalb der 20 liegen dürfte) wissen offensichtlich um die Chance, welche sie auf dieser Tour haben und wollen ihre 30 Minuten auch aktiv nutzen. Das professionelle Stageacting des Fünfers sowie die mehr als engagierte und spielfreudige Performance sorgen jedenfalls für einen energiegeladenen Start in den Abend. Musikalisch trifft der gebotene Metalcore offensichtlich exakt den Geschmack des Publikums, das sich auch nicht lange bitten lässt und sofort mächtig steil geht. Mit dem Material ist man zwar größtenteils nicht vertraut, aber die obligatorische Mischung aus Screaming, cleanen Gesangparts, Breakdowns, Melodie und Aggression kommt gut an, und beim abschließenden 'The War Is On' gibt es sogar den ersten Circle-Pit des Abends. Dass die Band am Merch-Stand aber keine CDs am Start hat, ist nach der gezeigten wirklich guten Performance dann natürlich massiv kontraproduktiv. Die Umbaupause gestaltet sich mit nur 15 Minuten dann erfreulich kurz, und da der Hyde Park mittlerweile nicht nur sehr gut gefüllt ist, sondern auch schon entsprechend angeheizt, erntet sogar der letzte Soundcheck vor CALLEJON bereits Zugaberufe. CALLEJON haben neben Backdrops im Piranha-Design dann gleich einen netten Showeffekt zu Beginn ihres 45-minütigen Sets eingebaut. Der mit Panzerknackeraugenbinde geschminkte Fronter Basti stellt sich in eine hochaufschießende Nebelsäule und brüllt die ersten Worte wie ein wild gewordener ... nun ja ... Panzerknacker. Dem Publikum gefällt's und das Stimmungsbarometer klettert nochmal ein paar Grad nach oben. Was auch für die Temperaturen in der Halle gilt. Glücklicherweise scheint die Klimaanlage aber zu funktionieren. Vielleicht ist es auch sie, die zu viel Energie frisst und für den kurzen Stromausfall auf der Bühne sorgt. Aber wie sagt Sänger Basti: "Das passiert halt mal, ist eben live, ne!?" Damit trifft er den Nagel auf den Kopf, einen Innovationspreis wird er für seine weiteren verbalen Ausführungen zur Pausenüberbrückung vermutlich dennoch nicht verliehen bekommen. Vor 'Zombie Fight' soll das Publikum ihm dann ein paar Mal ein schönes "Ähhh Ähhh" entgegenbellen, was genauso artig umgesetzt wird, wie die anschließende (und meiner Meinung nach immer wieder verzichtbare) Wall Of Death. Im vorderen Drittel der Halle ist die Stimmung durchgehend am Köcheln, während weiter hinten nicht alle auf das Material steil gehen. 'Kind Im Nebel' kann je nach Gusto nun als Kontrast zum ansonsten eher aggressiven Material oder als Stimmungstöter gesehen werden. Für die Mehrzahl der Fans scheint es aber eine willkommene Verschnaufpause zu sein, ehe sich alle zum letzten Stück hinsetzen sollen, um dann im Refrain aufzuspringen und auszurasten. Das kennt man schon von Konzerten von DIE ÄRZTE, funktioniert aber auch hier. Als um 20:00 Uhr die Lichter angehen, können CALLEJON den Abend als Erfolg verbuchen, auch wenn ich persönlich mit der Performance nicht so richtig warm geworden bin. Der Ansturm auf die Band als sie am Ende des Abends noch Autogramme am Merch-Stand gibt, gibt ihnen aber natürlich recht. Die folgende Umbaupause gestaltet sich leider etwas länger, dabei fällt auf, dass sich auffallend viele junge Damen in zerrissenen Netzstrümpfen nun in Richtung Bühne bewegen. Highlight ist dabei unbedingt die Kombination mit einer schwarzen venezianischen Karnevalsmaske. Auch die Sanitäter bringen sich und die Trage vorsichtshalber in Stellung und kommen leider auch auf ihre Einsatzzeiten. Als kurz vor 20:40 Uhr das Licht ausgeht, erhöht sich das Geschrei nochmals, und in dem Moment, in dem BULLET FOR MY VALENTINE die Bühne betreten und mit 'Raising Hell' in ihren Set starten, rastet die Halle zunächst mal kollektiv aus. Es wird der guten Anheizer zum Trotz sofort klar, wer heute hier Chef im Ring ist - Matt Tuck und seine Mitstreiter. Es dauert daher auch nicht einmal bis zum ersten Refrain, bis die ersten Stagediver nach vorne getragen werden. Die ersten drei Songs werden pausenlos in die Halle geballert, ehe nach einer Viertelstunde die erste Ansage für ein kurzes Luftholen genutzt werden kann. Schaut man in die Gesichter der jüngeren Fans, dann sieht man ganz oft dieses glückliche Augenfunkeln, das man auf Gigs mit älterem Publikum nicht mehr so häufig findet. Aber wir sind nicht hier um zu schmachten, sondern um das Haus zu rocken, und so kann bei '4 Words' Headbangen bis in die letzten Reihen festgehalten werden. Nach 'The Last Fight' geht's um 21:15 Uhr das erste Mal runter von der Bühne. Nach 35 Minuten? Ok, dass das noch nicht alles gewesen sein kann, ist jetzt nicht verwunderlich und so geht es mit 'Bittersweet Memories' weiter. Die über die Jahre erarbeitete Routine volle Hallen und große Bühnen zu bearbeiten und das Publikum zu bedienen, ist zu jeder Sekunde spürbar, da ist es für die meisten auch nicht so wichtig, dass der Sound zwischen druckvoll und leicht übersteuert schwankt. Die Fans haben offensichtlich eine gute Zeit und feiern ihre Helden zwischen den Songs immer wieder mit Bullet, Bullet-Rufen. Vielleicht fehlt auch mir mittlerweile dieses jugendliche Funkeln in den Augen, das einem jede Note, die von der Bühne kommt majestätisch erscheinen lässt, aber ich persönlich finde ausufernde Ego-Gitarrensoli auf Gigs weitgehend verzichtbar. Glaubt man aber dem Jubel der Gitarrist Padge bei seinem Solo zugestanden wird, stehe ich zumindest heute Abend mit dieser Meinung eher alleine da. Das Solo geht in 'Dirty Little Secrets' über, und damit in einen meiner Lieblingstracks von "Temper Temper", womit auch ich meinen Frieden wieder habe. Um 21:45 ist dann tatsächlich das erste Mal Schicht im Hyde Park. Die Band kommt aber nach ein paar Bullet, Bullet-Rufen zurück und spielt eine ziemlich straighte, nah am Original orientierte Version des MOTÖRHEAD-Klassikers 'Ace Of Spades'. Und dann passiert es. Das bis dahin so frenetisch abgehende, junge Publikum versagt auf ganzer Linie. Matt startet in die Strophe mit "You know I'm born to lose, and gamblings for fools ..." und will dem Publikum dann eine der legendärsten Textzeilen von Lemmy überlassen, und was an anderer Stelle vermutlich orkanartig mitgegrölt worden wäre, ist hier nicht mehr als ein laues Lüftchen und nur wenige wissen, was zu tun gewesen wäre ("... but that's the way I like it baby, I don't wanna live forever!!"). Offensichtlich gibt es eine musikhistorische Bildungslücke, die es zukünftig zu schließen gilt. Danach kommt mit 'Tears Don't Fall' einer der größten Hits des Quartetts, der nochmal entsprechend gefeiert wird, die restlichen Plektren fliegen ins Auditorium und um fünf vor zehn ist nach knappen 75 Minuten auch schon wieder alles vorbei. Die Lichter gehen an, und jede Menge glückselige Gesichter auf durchgeschwitzten Leibern schieben sich in Richtung Ausgang, dennoch hört man auch Stimmen wie: "Die 90 Minuten hätten sie schon voll machen können". Das sehe ich bei einem Ticketpreis für um die EUR 30 durchaus genauso, anschließende Party hin oder her. Fazit: Quality for money - ja! Value for money - na ja. 01. O Fortuna (Intro) 02. Raising Hell 03. Scream Aim Fire 04. Your Betrayal 05. All These Things I Hate 06. 4 Words 07. Temper Temper 08. The Last Fight 09. Bittersweet Memories 10. Guitar Solo 11. Dirty Little Secrets 12. Medley (Hand Of Blood, Room 409, Hearts Burst Into Fire, Begging For Mercy, Riot) 13. Waking The Demon 14. Pleasure & Pain Encore: 15. Ace Of Spades (Motörhead Cover) 16. Tears Don't Fall |
Alle Artikel