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Take off: 06.05.2022 - Review (17450 mal gelesen)
Nachdem Corona in 2020 und auch 2021 dem A Chance For Metal Festival einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht hatte, sollte 2022 der JUZ-Liveclub zurückerobert werden. Das Billing wurde dabei mehr oder weniger zwei Jahre aufrecht erhalten, und aufgrund der großen Corona-Unsicherheiten, die im Planungszeitraum ja immer noch durch regelmäßig neue Vorschriften befeuert wurden, wurde sicherheitshalber das Festival einmalig nach draußen verlegt. Dies erlaubt nicht nur größere Kapazitäten (zumal ja auch in den Vorjahren trotz der Ausfälle Kosten entstanden sind, die zusammen mit dem tatsächlich stattfindenden Festival nicht allein mit dem VVK aus 2020 gedeckt werden können), sondern auch erfahrungsgemäß einen größeren Verhandlungsspielraum bei der Durchführung von Veranstaltungen während der Corona-Pandemie. Dieses Konzept wurde schon beim Ironhammer-Festival die beiden Jahre davor erfolgreich an gleicher Stelle durchgeführt. All dies nahmen wir auch zum Anlass, nach vielen Jahren mal wieder eine Video-Reportage von einem Festival am JUZ-Liveclub mitzubringen, die ihr euch weiter unten im Bericht finden könnt!

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Die Aufregung auf Veranstalterseite, aber auch auf Seiten der Bands und Fans, war natürlich nicht gering, als der Termin immer näher rückte. Schließlich ballerte gerade die Omikron-Welle durch Deutschland und führte zu hohen Infektionszahlen. Ausfälle waren natürlich vorprogrammiert. So mussten wenige Tage vor Start des Festivals zuerst GREYDON FIELDS und kurz darauf auch INCERTAIN wegen Corona-Infektionen innerhalb der Band ihre Gigs leider absagen. Mit SOBER TRUTH und der "50%-INCERTAIN"-Dampfwalze PLAGUEBORN wurden allerdings rasch Ersatzbands gebucht, die den Spirit des Festivals und das gut gefüllte Billing ebenso befeuern konnten.

imgleftDie Bleeding4Metal-Gesandschaft trifft dann zum Startschuss pünktlich am Gelände ein. Der Campground rund um den JUZ-Liveclub ist zu diesem Zeitpunkt schon gut gefüllt. Und vor allem: Das Wetter ist absolute Obersahne! Die Sonne scheint und pumpt in die Menge von über 1000 Fans nicht nur das nötige Vitamin-D, sondern sorgt auch vereinzelt für famose Sonnenbrände. Die Fans lassen sich davon aber kaum abschrecken. Man tummelt sich zusammen mit den Andernachern im benachbarten Freibad, chillt auf dem Campground, aber schon beim Opener des Festivals, TEMPEST, sind auch schon einige Reihen vor der Bühne gut gefüllt. Als die vier Jungs mit ihrem "Thrash Metal auf die Fresse" loszocken, entsteht nach dem Intro 'The Verdict' gleich zu den ersten Takten von 'Fire Will Judge' ein kleiner Moshpit. Man spürt und sieht förmlich, dass sowohl die Musiker auf der Bühne als auch die Leute auf dem Platz davor nach Liveauftritten gelechzt haben und musikalisch mehr als ausgehungert sind. Und bei dem flotten Auftritt der Truppe haben die Zuschauer Gelegenheit, sich zu Songs wie 'The Divide' oder 'Collateral Murder', die auch auf dem brandneuen zweiten Album "Point Of No Return" zu finden sind, die müde gewordenen Nackenmuskeln zu lockern und sich ordentlich zu bewegen.

imgrightAls nächstes stehen REDGRIN in den Startlöchern. Die bereits seit 19 Jahren bestehende Band aus Kaiserslautern hat sich dem Death Metal der ursprünglichen Sorte verschrieben. Nach einer kurzen Umbaupause mit Soundcheck, bei dem man bereits den hohen Energielevel spüren kann, betritt der Fünfer die Außenbühne des JUZ-Liveclubs. Und so verwundert es nicht, dass die Jungs gleich bei den ersten beiden Stücken 'Tombroar' und 'Purest Form' das Tempo anziehen. Wie viele der anderen Gruppen an diesen Festivaltagen waren die Kaiserslauterner auch schon für 2020 eingeplant. Das fasst Fronter Markus in passende Worte, als er meint: "Eigentlich wollten wir schon vor zwei Jahren spielen, leider wurden wir verhindert ...". Egal - jetzt sind sie da und legen ein ordentliches Brett und eine hohe 'Schlagzahl' hin. Den Fans gefällt es und so dürfen REDGRIN sogar noch eine kurze Zugabe spielen.

Zwischenzeitlich entert ACFM-Chef Jan Müller die Bühne und sorgt mit einer längeren Ansage für einen kurzweiligen Changeover. Bedankt wird sich bei den ganzen Unterstützern, auch der ehrenamtlichen Crew, die fleißig vor Ort für einen reibungslosen Ablauf des Festivals sorgt, und natürlich bei den Fans. Man merkt Jan deutlich die Erleichterung an, dass nach zwei enttäuschenden Corona-Jahren heute endlich die Zeichen auf Sturm stehen. Eine Rekord-Zuschauerzahl im Open-Air-Format, bestes Metal-Wetter, entspannte Stimmung und keine weiteren Bandausfälle wegen Erkrankungen sind Lohn für all die Mühen und bringen die ACFMF-Maschine gut geölt in den grünen Laune-Bereich. Apropos Grün: Natürlich wird Jan nicht müde, darauf hinzuweisen, dass die Wiese bei Abreise unbedingt wieder grün sein muss. Sprich: Sauber hinterlassen, ohne Müll oder sonstige Übrigbleibsel der Campingparty.

imgleftINCERTAIN gehörten leider zu den zwei Bands, die coronabedingt kurz vor dem Festival absagen mussten. Schnurstracks wurden sie auf dem Billing durch die Deather PLAGUEBORNE ersetzt, die ohnehin zur Hälfte aus INCERTAIN-Musikern bestehen. PLAGUEBORNE entfesselten sogleich auch ein brachiales Brett, um die Drehzahlen am ersten Festivaltag mal auf das Maximum zu schrauben. Drummer Luis, der seit Neustem die Andernacher verstärkt, brilliert durch gnadenloses Gehämmer und technisch hochwertige Eskalation an den Kesseln, während die Gitarren- und Bassfront für einen geschlossenen und fetten Sound sorgt. Stefan Höfer brüllt sich ohne Ausfallerscheinungen durch das Set, welches sich größtenteils aus Werken der neusten Scheibe "A Blueprint For Annihilation" zusammensetzt. Der tighte Zeitplan drängt die Band, und so gibt es weniger Ansagen, sondern Song für Song Feuer frei auf die Menge. Diese dankt es mit toller Stimmung, Circle-Pits, und großem Jubel, als INCERTAIN-Sänger Carsten für einen Song als Gast die Bühne entert. Apropos Gast: Totale Eskalation zum aggressiven Brett lebt auch ein Mensch im roten Shirt, der irgendwann die Bühne erklimmt und zu den Songs zappelnd mal so richtig steil geht. PLAGUEBORNE waren für Fans der härteren Sounds definitiv ein Highlight des diesjährigen ACFMF.

imgrightNach PLAGUEBORNE merken wir, dass der Tag doch langsam unseren Magenfüllstand auf Reserve geschoben hat und das volle Programm im Fotograben, Backstage und vor der Bühne zu wenig Zeit für eine ausgiebige Stärkung gelassen hatte. Also treten wir mal den Weg in die Mampfecke seitlich der Bühne an. Hier stellt sich leider heraus, dass gerade zu Stoßzeiten die Versorgung durch nicht einmal eine Handvoll Buden durchaus etwas Geduld erfordert. Die Schlange ist teilweise bis zu 10 Meter lang, was allerdings nicht nur an dem Angebot liegt, sondern teilweise auch dem gemächlichen Tempo des Budenpersonals geschuldet ist. Wenigstens ist nach optimierter Bestelltaktik die Currywurst/Pommes rotweiß - gemäß dem Motto "Gut Ding will Weile haben" - schmackhaft und rutscht in den dankbaren Magen. So kann es dann auch prompt zurückgehen vor die Bühne, wo SNAKEBITE gerade eine fabelhafte True Metal Show abliefern. Mit viel Melodie, mehrstimmigen Vocals und einer Menge Bewegung auf der Bühne zeigen SNAKEBITE schon mit 'Freedom', wo es lang geht. Die Spielfreude ist extrem groß und das positive Feedback des Publikums verleitet die Band sofort zu Posen der ganz Großen. So, wie die Nordrhein-Westfalen die Bühne ausnutzen, kann man kaum glauben, dass sie die letzten zwei Jahre unter Corona-Bedingungen mehr oder weniger unter Bühnenabstinenz litten. Um so souveräner muss man das einsortieren, was sie dort abgeliefert haben. Selbst ruhigere Songs wie 'Kill Wig Metal' packen das Publikum sofort mit ihren catchy Melodien und die Band wird im Takt immer wieder mit "Hey! Hey! Hey"-Chören und erhobenen Fäusten angefeuert. Die gute Laune rotiert zwischen Band und Publikum stets im Kreis und das zeitlose Material sowie die tollen Bühnenqualitäten können Fans vieler Genres überzeugen. Nikki freut sich auch sichtlich, nach drei Jahre des Wartens auf diesen Gig endlich auf der Bühne zu stehen, und muss dem Publikum nicht zweimal erklären, wie heiß die Band ist, endlich wieder zu spielen.

imgleftNach dem straighten Metalsound der Schlangenbisse kommt ein abrupter Stilwechsel, denn das Melodic Death Grundgerüst der Luxemburger SLEEPERS' GUILT fusioniert mit etlichen progressiven Elementen und diversen Stileinflüssen. Das etwas sperrige Material ist von CD und in Ruhe deutlich besser zu "erlernen", aber wenn man mit der Band noch nicht vertraut ist, hängt es stark von einem transparenten Livesound ab, der alle Facetten der Songs und ihre Strukturen klar rüberbringen muss, um auch mit der Band nicht vertraute Zuschauer zu packen. Leider hakelt es hier an einigen Ecken, als SLEEPER'S GUILT die Bühne betreten. Das ist nicht nur das Mikrofonproblem bei Shouterin Sany, welches bei den ersten Strophen den Gesang leider nicht über die PA hörbar macht, sondern auch insgesamt braucht der Sound bei SLEEPER'S GUILT eine ganze Weile, um das richtige Maß zu finden, und der Bass drückte die Gitarrenarbeit leider oft in den Hintergrund. Da war der Soundcheck - vermutlich unter Zeitdruck - leider etwas hektisch. Die Band lässt deswegen aber nichts anbrennen und vor allem Sany stürzt sich ungeachtet der Mikrofonprobleme schon nach dem Intro bei 'Freedom Undone' in eine energiereiche Bühnenshow und animiert das Publikum zur Mithilfe wenn es heißt: "Scream! Your voice won't be heard!". Aufgrund längerer Songs wie 'Pyre' passen natürlich nicht allzu viele Titel in so ein Festivalset und an den "Kilesa"-Zyklus ist natürlich nicht zu denken. SLEEPER'S GUILT haben ihre Fanbase und wurden nicht umsonst aufgrund der Publikumswünsche ins Billing genommen. Es steht und fällt halt auf Festivals mit dem Sound und der Vertrautheit des Publikums mit solch komplexeren Titeln und man kann nicht vorhersagen, wie gut die Kombination funktioniert. In Andernach funktionierte es vor allem nach dem ersten Drittel insgesamt gut, aber da ist noch Luft nach oben, was die nötigen Rahmenbedingungen angeht, um SLEEPER'S GUILT in der verdienten Qualität zu präsentieren.

imgrightIn der Pause zu MOTORJESUS hatten dann SNAKEBITE ein paar Minuten Zeit für uns, um nach ihrem beeindruckenden Gig für unsere Videodokumentation Rede und Antwort zu stehen, was wir auch dankend nutzen und uns mit der Kamera bewaffnet kurz zurückziehen. Auch dies könnt ihr in unserer Videodokumentation in voller Länge begutachten. Auch wenn die Runningorder bisher für alle Festivalzuschauer etwas Passendes zu bieten hatte, warten doch sehr viele schon den ganzen Tag sehnsüchtig auf den Headliner des ersten Abends, nämlich auf die Heavyrocker MOTORJESUS. Und was soll man sagen - die Leute werden natürlich nicht enttäuscht. Denn das Quintett aus Mönchengladbach legt trotz (oder gerade wegen?) der späten Stunde von Minute eins an eine ziemlich große Spielfreude an den Tag. Auch bei dieser Band scheinen sehr große Live-Entzugserscheinungen vorzuherrschen, denn bereits der Opener 'Drive Through Fire', der auch das 2021er Album "Hellbreaker" eröffnet, wird mit ordentlich Dampf präsentiert. Die Menge vor der Bühne lässt sich fast sofort von dem Spirit und dem erfreulich klaren Sound dieses "feel-good-motorfuel-inspired" Rock 'n' Roll anstecken und feiert die Band gehörig ab. Diese wiederum nimmt die positive Energie des Auditoriums auf, packt quasi den Tiger in den Tank und startet mit durchgedrücktem Gaspedal so richtig durch. MOTORJESUS zocken dabei nicht nur Titel des bereits oben erwähnten Langspielers, sondern eine sehr homogene Auswahl an Songs aus verschiedenen Schaffensphasen. Sowohl auf als auch vor der Bühne wird gerockt, gegroovt, gewippt oder gebangt. Die auf Hochtouren gebrachte Meute singt dann auch dankbar die kernigen Stücke wie zum Beispiel 'Fist Of The Dragon', 'Hellbreaker' (welches von einem fahneschwingenden Teufel mit Elvistolle begleitet wird) oder 'Fuel The Warmachine' textsicher mit. Es ist einfach großartig und toll, endlich wieder einen solchen Live-Spirit erleben zu dürfen. Aber schade, schade - die eine Stunde Spielzeit rast viel zu schnell dahin. Jeder hat alles gegeben und so verlassen die Motor-Rocker fertig, aber ziemlich glücklich, unter großem Jubel das ebenso fertige und glückliche Publikum.

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imgleftWährend die meisten Fans noch aufgeheizt von MOTORJESUS die Nacht am Zelt weiterfeiern treten wir den Weg in ein ordentliches Bett an. Da wir auch mit Aufnahmequipment vor Ort sind und einige Kilo auf dem Rücken über den ganzen Tag doch etwas schwerer werden, ist eine richtige Matratze Gold wert. Dafür sind wir am zweiten Tag ausgeschlafen und frisch geduscht wieder am Start. Der Start ist an diesem Tag erst einmal beim Italiener des Tenniszentrums, der an diesem Tag nicht nur ein Turnier veranstaltet, sondern zwischen den Sportlern - wen wundert's - diverse Tische mit schwarzgekleideten und durstigen Menschen bedient. Die Sonne legt am heutigen Mittag nochmal 'ne Schippe drauf; während der Wetterbericht von "lockerer Bewölkung" faselte, erfinden wir an unserem Außentisch ein Rotationsverfahren, damit wir auch von allen Seiten schön kross rot werden, während die Pizza fabelhaft gut schmeckt und das Stubbi eisgekühlt serviert wird. Frisch gestärkt geht es dann zurück auf's Gelände, wo aufgrund der Hitze erst einmal der Wasserkonsum das Bier in die zweite Reihe verbannt. Den ersten metallischen Happen gibt es dann pünktlich in Form von IN FROM THE STORM. Nachdem die ersten Zuschauer mit Kaltgetränken versorgt sind und der Soundcheck erledigt ist, startet pünktlich um 15 Uhr die lokal ansässige Band mit einem Intro. Leider haben sich zum Opener 'Revelation' noch nicht allzu viele Leute vor der Bühne eingefunden. Davon lassen sich die Andernacher aber nicht aus dem Konzept bringen und präsentieren freudig ihre Mischung aus Stonermetal und leicht punkigem Urthrash. Offenbar kommt dies recht gut an, sodass nach dem vierten Song 'Bloodshed Of Saints' schon doppelt soviel Publikum angetreten ist. Da die Truppe bereits sehr lange existiert, hat sie mit 'Downfall In Crowds' sogar ein Stück von vor über 30 Jahren parat. Und am Schluss gibt es mit 'Circle From The Tyrants' ein CELTIC FROST-Cover zu hören, bevor IN FROM THE STORM auch schon wieder von der Bühne müssen.

imgrightBei den nachfolgenden STONE BLIND tue ich mir schwer. Die Band hat wirklich ein paar lässige Songs und spielt Rock'n'Roll für die Straße und verbreitet auch an jeder Ecke augenzwinkernd gute Laune mit ihren Ansagen und Titeln. Es gibt Titel, die mehr in die Heavy-Ecke gehen wie 'Unbroken', aber auch richtig coole Titel für die freie Autobahn wie 'Riding With The Devil'. Aber auf der Bühne muss das junge Line-up definitiv noch mehr Präsenz aufbauen und souveräner das Publikum mitreißen. Sonst bleibt die Konkurrenz auf dem Livesektor zu groß. Und die Vocals waren leider doch immer wieder einen penetranten Viertelton neben dem Wohlklang, was auch unbedingt abgestellt werden muss. STONE BLIND haben eine gute musikalische Basis, aber auf der Bühne entweder nicht ihren besten Tag, oder noch einen längeren Weg vor sich. Das deutliche "Fuck Putin!" der Band wird natürlich unabhängig davon gefeiert. Als Opener und für Fans der Band aber durchaus OK, auch wenn ich mir etwas weniger Hitze gewünscht hätte, denn der Sound der Band schreit nach Bier, meine Dehydrierung nach nunmehr drei Stunden praller Sonne nach klarem Wasser, welches ich mir lieber in großen Mengen zuführe und den Biergenuss erst mal weiter auf den späten Nachmittag verschiebe.

imgleftNicht nur das Logo der folgenden Band, sondern auch das absolute true Outfit der Jungs aus dem Pott (Düsseldorf, Essen und Krefeld) lassen erahnen, was LIVERLESS dem erlauchten Publikum bieten wollen, als sie auf die Bühne kommen. Hier ist eine Zeitreise zurück in die glorreichen 1980er Jahre angesagt: entsprechendes Hairstyling, enge Hosen - man beachte die regenbogenbunte Leggins oder die ausgefransten hellen Jeansshorts. LIVERLESS leben den Style der damaligen Zeit. Was sich natürlich auch durch ihren authentischen Heavy Metal ausdrückt. Nachdem sich der Fünfer mit 'Doom' warm gespielt hat, springt der Funke von der Bühne über und die Leute formieren sich beim folgenden 'Cult Of The Viper' zu einem ersten kleinen Moshpit. Wie es damals so üblich war, darf dann später natürliche ein kleines Gitarrensolo nicht fehlen. Die Truppe macht echt Laune und so wundert es nicht, dass beim total ins Konzept passende Herbert Grönemeyer-Cover 'Alkohol' sehr, sehr viele Kehlen mittrinken ... ähm ... mitsingen. Den Schluss des Sets bildet eine Art gesungene Ansage "We are here to drink your beer", welche die Fans bierselig aufgreifen und auch noch nach dem Ende des Sets weitergrölen. Na dann Prost!

imgrightNach kurzer Pause entern schon die CRUSHER die Bretter des JUZ und starten mit den nahtlos ineinander übergehenden 'Operation' und 'The Others' ihren Auftritt. Die Mainzer kommen mit ihrer Mischung aus Melo Thrash und Heavy Metal gut bei den Zuschauern an, und so entstehen hier und da immer wieder Circle Pits. Wie auch bei allen anderen Bands merkt man auch bei CRUSHER wieder überdeutlich: Es wurde absolut Zeit, die Energie wieder live rauslassen zu können. Alle Musiker haben Spaß an der Performance und besonders Fronter Robin kommt ganz schön ins Schwitzen, während bewährte Stücke wie 'Violence' oder 'Time Leap' mit seinem tollen Mitsingrefrain ("By metal we are bound"), in dessen kurzem Instrumentalteil der Fronter die Flagge mit dem CRUSHER-Logo schwingt, zelebriert werden. Leider kann Gitarrist Alex heute nicht dabei sein, doch er wird würdig von Andi vertreten, der sich sogar einen Song ('Downfall') für die Setlist wünschen durfte. Auch diesen zocken die Mainzer Jungs ordentlich ab und es gibt für alle Beteiligten erst Erholung, nachdem die letzten Töne des Schlussdoppels 'Great Escape' und 'Redeemer' sowie der darauf folgende verdiente Applaus enden.

imgleftAuch nach dem fordernden Thrash-Auftritt ist dem Publikum wenig Pause bis zur nächsten Band gegönnt. Denn als nächste Band stehen schon DESOLATED THRONE in den Startlöchern, um dem ACFMF-Publikum ihre Art des melodischen Heavy Metal zu bieten. Die Hachenburger haben fast ein Heimspiel, als sie 'Tale Of The Slaughterer' oder 'Sanctuary' durch die Lautsprecher fetzen. Leider, leider meint es der bis dahin wirklich nett gewesene Wettergott nicht so gut mit den fünf Herren - denn plötzlich öffnen sich die Himmelsschleusen und ein Wolkenbruch mit Hagel fegt über das Gelände hinweg. Und obwohl viele der Zuschauer versuchen, vor dem Regen zu flüchten und sich irgendwo schützend unterzustellen, halten dennoch einige eingefleischte Fans eisern vor der Bühne aus, um weiter zu moshen. Schade - DESOLATED THRONE hätten es verdient, in trockenem Zustand und mit voller Aufmerksamkeit aller gehört und gesehen zu werden. Aber die Truppe zieht ihr Set bis zum Schlusstrack 'Desolated Throne' tapfer durch. Hut ab dafür.

imgrightMit SOBER TRUTH kommt dann der nächste Corona-Blitzersatz auf die Bühne. Statt GREYDON FIELDS, die ebenfalls leider einen positiven Fall in ihren Reihen bedauern mussten (Mensch, wie lesen sich solche Festivalberichte in zehn Jahren, wenn man die Corona-Zeit wieder vergessen hat?) stehen kurzerhand die Siegburger SOBER TRUTH auf der Bühne. Die Band ist gewohnt tiefenentspannt und bodenständig und lässt es ruhig angehen, während sie sich während des CRUSHER-Gigs backstage vorbereiten. Die komplette Band findet freundlicherweise auch noch die Zeit, dann für uns kurz vor der Kamera zu stehen und ein kurzweiliges Interview für unsere Festivaldoku abzuliefern. Fun Fact: Nicht nur kam die Band kurzfristig auf's Billing des Festivals. Sie treten auch noch mit dem befreundeten Aushilfsdrummer Patrick Fischer (SIC-ZONE) auf, der eigentlich plante, sich als Festivalbesucher gemütlich ein paar Kannen Bier zu genehmigen, und kurz vorher den Anruf bekam, dass er auch selbst spielen muss. Damit nicht genug, so spielt doch Rafael Stolpmann während des Interviews eben noch mit DESOLATED THRONE auf der Bühne, der in Folge als festes Bandmitglied bei SOBER TRUTH den Drumhocker einnehmen wird. ACFMF - hier gibt sich die Underground-Familie die Klinke in die Hand. Zurück zur Bühne, wo SOBER TRUTH in ihrer unnachahmlichen Art ein stilistisches Potpourri zu Songs arrangieren, die mal ernst, mal weniger ernst, immer originell, aber auch oft richtig fett wirken. Mit 'Distinctive' vom aktuellen Album "Laissez Faire, Lucifer geht es mit coolem Groove und düsterer Atmosphäre los. Torsten Schramm hat sichtlich Spaß, schneidet Grimassen während seiner Einsätze und lebt sich an der Gitarre aus. Dass im Song 'Hope, Enjoy & Death' eine Saite reißt, kann ihn ebenfalls nicht aus der Ruhe bringen und die Band groovt von Jules pulsierendem Bass angetrieben als Zeitüberbrückung einfach weiter. Spätestens mit 'Leave The Locust' läuft die Siegburger Maschine zusammen mit dem Publikum richtig rund und vor allem ist Aaron an der Lead-Gitarre in seinem Paralleluniversum und legt 120% körperlichen Einsatz in jeden einzelnen Ton. Auch Jules bangt fast ohne Unterlass, und zusammen mit den treibenden Songs, die stilistisch oft Haken schlagen und dadurch extrem kurzweilig bleiben, versprüht die Band richtig Feuer. Torsten animiert das Publikum dann auch noch zum Moshen und erklärt, dass sie sich schon lange bemühen, wieder in Andernach auftreten zu können. Wie sehr sich das Publikum darüber freut, dass die Band auf dem ACFMF spielen kann, wird anschließend an den lauten "Zugabe!"-Rufen deutlich.

imgleftFür SEPTAGON sind die Fans dann auch schon ausreichend in Fahrt gebracht und dank des kühlenden Regenschauers und der späteren Stunde schmeckt das Bier auch endlich wieder richtig gut. SEPTAGON bieten an diesem Abend eine richtig eindrucksvolle musikalische Leistung. Als sie mit 'Demon Divine' und 'The Rant' einsteigen, werden sie enorm schnell warm und laufen zur Höchstform und vor allem zu hoher Geschwindigkeit auf. Die doppelläufigen Gitarren sitzen astrein, das Gaspedal ist weit unten und so mischt sich zum melodischen Thrash-Sound eine deutliche Speed Metal-Komponente. Die Songs stammen zur Hälfte vom Album "We Only Die Once" - neben den oben genannten gibt es auch 'Ekke Nekkepenn', 'Decision Day' oder auch das düstere 'How To Kill The Boogeyman'. Markus Becker geht hier als Frontmann im Gegensatz zu ATLANTEAN KODEX richtig steil und gibt Gas bis in die hinterste Kehle. Ein sehr energiereicher Auftritt mit astreiner Leistung und starken Songs, die vor allem in den Liveversionen nochmal an Qualitäten hinzugewinnen.

imgrightFür SACRED STEEL sollte dieser Auftritt leider ein kurzer werden. Sie können die ersten Songs bockstark runterbrettern und sich mit vollem Einsatz auf Stahlkocher-Betriebstemperatur bringen. Das furiose 'Wargods Of Metal' haben sie gerade zuende gespielt und setzen zum nächsten Titel an, als jemand von der ACFMF-Crew auf die Bühne tritt und den Musikern ein Zeichen zum Abbruch gibt. Die Verwirrung ist bei der Band offensichtlich groß und Gerrit gibt die Info erst einmal ans Publikum weiter, was er mit den lässigen Worten ergänzt "... vielleicht waren wir auch einfach zu gut?". Im Publikum macht indessen schon die Runde, dass die Feuerwehr vor dem Gelände steht. Mit einer letzten Ansage des Veranstalters wird den Fans dann mitgeteilt, dass es im Technikraum des Clubs eine Rauchentwicklung gebe und die Feuerwehr aus Sicherheitsgründen den kompletten Strom auf dem Gelände abschalten muss. Damit wird der offizielle Teil des Festivals als beendet erklärt und äußerst zerknirscht bittet man um Verständnis, nicht ohne jedoch zu versprechen, SACRED STEEL und den noch ausstehenden Headliner PRIPJAT im Folgejahr wieder einzuladen. Das Publikum steht zwar mit offenem Mund da und man ist traurig, da nicht wenige speziell in Zeiten der Ukraine-Krise gerne Eugen und seine PRIPJAT abgefeiert hätten. Doch die Ansage der Behörden ist klar und deutlich, und auch die anrückenden Stadtwerke zeigen, dass es hier um mehr als eine überlastete Kabeltrommel geht. Nach und nach wird der Strom auf der Bühne und dem Gelände abgeschaltet, die Crew versorgt den Backstagebereich mit Akkulampen, und irgendwann ist sogar die Straßenbeleuchtung aus. Die Arbeiten hinter der Bühne laufen in einer betretenen Stille, und das vorzeitige Aus nagt bei den Beteiligten nach so zwei fantastischen Tagen spürbar an der Substanz.

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Aber die ACFMF-Community wäre nicht die ACFMF-Community, wenn man nicht auch in dieser misslichen Lage jeder das Beste aus der Situation machen würde. Es ist nirgendwo Wut über diese höhere Gewalt zu verspüren, alle bleiben gelassen und feiern den etwas stilleren Ausgang des Festivals noch lange auf dem Infield hinter dem Liveclub. Ein paar findige Fans organisieren vom Campground schnell eine Bluetooth-Box, die dann aufgestellt wird, und lassen PRIPJAT aus der Konserve laufen. Der Bierbrunnen bleibt bis zum Schluss bevölkert und es gibt auch ein großes Hallo, als aus alternativen Quellen wenigstens die Beleuchtung des Bierbrunnens wieder eingeschaltet wird. Ebenso diszipliniert läuft es ab, als die Feuerwehr auf dem Gelände eine Notbeleuchtung installiert. Und so ist auch der letzte Tag trotz der fehlenden Stunde an Livemusik dennoch als Erfolg zu verbuchen. Was sich natürlich auch auf den darauffolgenden Abreisetag erstreckt. Denn schon am frühen Nachmittag ist der Spuk vorbei, alles abgebaut und gereinigt, und der leere Campground ist grüner als die meisten Picknick-Wiesen Deutschlands. War hier was? Ja, und wie! Das ACFMF und seine Fans haben wieder einmal gezeigt, dass es abseits der großen Festivals eine Community gibt, die den Underground gemeinsam schätzt und auch schützt, und mit gegenseitigem Engagement für zwei glücklichmachende Tage gesorgt hat. Und das zu einem "Ich-muss-total-bescheuert-sein"-Ticketpreis.

Wir freuen uns auf nächstes Jahr! Und jetzt viel Spaß mit unserem Video, welches wir mitgebracht haben! Dort findet ihr eine Menge Fan-Stimmen, Impressionen, Livemusik, sowie auch Interviews mit SNAKEBITE und SOBER TRUTH!





Billing
Motorjesus - Pripjat - Sacred Steel - Greydon Fields - Sleeper`s Guilt - Incertain - Snakebite - Crusher - Desolate Throne - Liverless - Redgrin - Stone Blind - Tempest - In From The Storm

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