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Exkursion zur Hölle - The Last Supper

Ein Artikel von Zephir vom 13.03.2015 (20032 mal gelesen)
Ein vorerst letztes Mal fand am Samstag, den 7. März, die "Exkursion zur Hölle" statt: Die Organisatoren der Mainzer Veranstaltungsreihe haben beschlossen, die Ämter niederzulegen, ließen aber zum Abschied noch einmal so richtig die Erde beben.

Zusammengefunden hatte man sich im Studihaus am Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, um einen Abend rund um das Thema Post Black Metal in Theorie und Praxis zu genießen. Tatsächlich ging es nämlich erst einmal intellektuell zur Sache: Unterstützt wurde die Veranstaltung vom Forschungsprojekt Musik und Jugendkulturendes Musikwissenschaftlichen Instituts der JGU, und auf dem Vorlesungsplan standen zunächst zwei Vorträge. Eingeladen waren Sidney König von der Universität Köln und als Heimspieler Sascha Smollen von der JGU, die beide trotz des akademischen Gehaltes ihrer Reden lässig und unterhaltsam rüberkamen.

König sprach über die Genrekonstruktion und -dekonstruktion des Black Metal und seines jungen Nachwuchses, dem Post Black Metal. Beginnend mit der Genese des Diskursbegriffes nach Michel Foucault führte König mit viel Tiefgang über die Frage nach der Legitimität der Post-Strömung hinsichtlich der "Second Wave of Black Metal", stellte das Problem der Authentizitätskorrumpierung durch Marketing und Popularität in den Raum und bot der erfreulich aufmerksamen Zuhörerschaft anschließend Gelegenheit, Fragen zu stellen und diverse Punkte zu diskutieren.

Anschließend übergab man das Wort an Sascha Smollen, der sich als Musikwissenschaftler und Gitarrist auf die Gitarrenarbeit im Post Black Metal fokussierte. Auf der Grundlage diverser Tonbeispiele von ALCEST, HERETOIR, LANTLÔS und AGRYPNIE machte er auf die typischen Black-Metal-Elemente aufmerksam, die beiden Spielarten konstitutiv sind, wie beispielsweise die vollen Soundwände mit bis zu drei Dissonanzen in den Harmonien. In diese mischen sich zunehmend Shoegaze- und Post-Rock-Elemente: Breit gelayerte Klänge, extreme technische Verfremdungen, klare Leads, schließlich auch cleane Gesangspassagen und die Verwendung von Sprachsamples. Auch auf diesen Vortrag folgte eine Frage- und Diskussionsrunde, und nach einer kurzen Pause konnten die Anwesenden in lautstarker Praxis genießen, was zuvor in Theorie besprochen worden war.

Den Kickoff machten die leider viel zu wenig bekannten ANTAGONISM aus dem Odenwald, die mit Black Metal der eher klassischen Richtung vorglühten. Die bereits seit 2005 bestehende Band bewies den Mainzern allerdings auch, dass moderne Riffs und gute Laune durchaus mit Black Metal und seinem Anti-Kommerzialismus vereinbar sind, und das in Nebel eingelullte Publikum ergötzte sich an zitternden Wänden und der Stimmgewalt des Sängers Kimraz.
Als Kontrapunkt betraten anschließend die Augsburger HERETOIR die Bühne. Die Post-Black-Metal-Combo um Frontman Eklatanz kehrte die verträumte und gleichsam depressive Seite des Genres raus, lieferte zwischen lyrischem Cleangesang und verzweifeltem Gekreisch viel sphärischen Hall auf den Saiten und begeisterte nicht nur mit Lieblingstiteln wie 'Fatigue' und 'Graue Bauten', sondern spielte auch einen neuen Song vom angekündigten, aber noch unveröffentlichten Album: Das Release von "The Circle" ist für das Frühjahr 2015 angekündigt; für Interessierte gibt es vorab einen Youtube-Teaser.

Hauptact des Abends waren die Lokalmatadoren NOCTE OBDUCTA. Und wieder wechselte der Stil: Die Sechs aus Mainz zeigten, was Metal ist, der sich nicht kategorisieren lässt. Sänger Torsten, der zuvor bereits kurz mit HERETOIR auf der Bühne gestanden und dafür viel begeisterten Lärm aus den Reihen der Zuhörerschaft geerntet hatte, transportierte in all seiner Gelassenheit eine moderne Ernsthaftigkeit in den Raum. Drummer Matze, der viele Jahre bei den erst kürzlich aufgelösten AGATHODAIMON aktiv gewesen war, legte sich mächtig ins Zeug, und wer Gelegenheit hatte, den Saitenspielern auf die Finger zu gucken, bemerkte einige von Sascha Smollen erwähnte technische Besonderheiten in den avantgardistischen Riffs und den teils experimentellen Solopassagen. Dass man der treuen Fangemeinde zwischendurch eine Runde ausgab, war eine liebenswerte Geste, für die Begeisterung aber nicht nötig, denn die brodelte im Publikum ohnehin.

Abreagieren durfte man sich bei der anschließenden After-Show-Party. Und all's well that ends well: Inzwischen hat sich eine neue "Arbeitsgruppe Exkursion zur Hölle" formiert, die die Veranstaltungsreihe weiterzuführen gedenkt und Events in Planung hat. Wir scharren alldieweil ungeduldig mit den Füßen.

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