Livebericht Steel Panther (mit The Sirens ) |
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Ein Livebericht von Elvis aus London (O2 Academy Brixton) - 19.03.2010 (40479 mal gelesen) |
Die 80er - rückblickend ein goldenes Jahrzehnt der Angst vor dem atomaren Aufeinandertreffen zweier Supermächte am Ende des Kalten Krieges, einer zumindest geforderten geistig-moralischen Wende unter Bundeskanzler Helmut Kohl, geschmacklicher Entgleisungen der Extraklasse auf allen Gebieten und vom unerwarteten Fall der Mauer spektakulär beendet. Spektakulär ist auch das richtige Stichwort, denn von A wie ANVIL über M wie MODERN TALKING und N wie NENA bis Z wie ZZ TOP mit Tierfellgitarren, irgendwie gab es in diesen zehn Jahren so ziemlich alles von unentdeckt oder unterirdisch, genial bis peinlich oder gigantomanisch zu hören und sehen. Ein ganz großes Thema war dabei auch infektiös eingängige Musik von Männern mit Make Up und Lippenstift, Spandexhosen und engen Leibchen sowie toupierten Haaren mit solchen Mengen Haarspray, dass es an ein Wunder grenzt, im Jahre 2010 überhaupt noch so etwas wie eine Ozonschicht am Himmel zu haben. Der abschätzig als Hairmetal bezeichnete Musikstil, der viele bunte Bands hervorbrachte und schließlich - zugestanden, nach vielen Sünden der Musikindustrie in Gestalt austauschbarer Epigonen-Bands - zu Beginn der 90er einen jähen Tod infolge akuter Grunge-Vergiftung fand. Mittlerweile fällt das Urteil der Geschichte milder aus, denn viele alte Recken wagen lukrative Wiedervereinigungen und selbst Kritiker müssen eingestehen, dass manchmal tatsächlich Gold ist, was glänzt, selbst wenn es damals sogar Platin kassiert hat. Kurz gesagt: nicht nur aufgrund diverser skandinavischer Bands, Hairmetal ist zurück und legt ein bemerkenswertes Comeback hin. Es gibt wieder ungehemmtes Posing auf den Bühnen dieser Welt und ob man nun den Geistern, die man nicht rief und für mausetot hielt, nun positiv oder negativ gegenübersteht, die Fakten kann man nicht ignorieren. So ungeniert wie BON JOVI mittlerweile für mittelalte Hausfrauen rocken und NICKELBACK Musik für dezente Hintergrundbeschallung von Mainstreampartys liefern, so unerbittlich hat sich eine einzige Band der Rückkehr des Metal verschrieben. STEEL PANTHER aus Los Angeles fordern nicht weniger als 'Death To All But Metal' und zeigen mit ihrem im Jahr 2009 endlich veröffentlichten Debüt "Feel The Steel" allen Weichspülern und Möchtegern-Gangstern den erhobenen Mittelfinger. Nach eigenen Angaben sind die vier wilden Männer mit dem erbarmungslosen Namen schon seit den 80ern dabei und haben es aufgrund eines Zeitlochs und zahlloser, unaussprechlicher Exzesse bloß nicht geschafft, seit 1988 endlich ihr Major-Debüt zu veröffentlichen. Kritischere Betrachter als die Protagonisten selbst behaupten gelegentlich, dass STEEL PANTHER doch eher ein Comedy-Act im Stile von SPINAL TAP seien, auch wenn die Bandmitglieder teils schon bei den L.A. GUNS oder FIGHT aktiv gewesen seien. Selbst wenn dem so wäre: würde das etwas an der universalen Botschaft ändern, dass alles außer Metal ein strafwürdiges Sakrileg darstellt? Ist nicht zumeist das Werk sowieso viel größer als sein Autor und muss es nicht unabhängig von diesem beurteilt werden? Ob man nun gleich philosophisch werden will oder nicht, unbestreitbar ist "Feel The Steel" ein bärenstarkes Album voller Hymnen, die den meisten Recken der 80er gut zu Gesicht gestanden hätten. Neben großen Melodien sind es vor allem auch die Texte, die keinerlei Blatt vor den Mund nehmen und vor Sex nur so triefen und nach einer Live-Performance gradezu schreien. Und damit kommen wir auch langsam zum Punkt, denn dieser Schlachtruf im Kampf für gute Musik verhallte ausgerechnet im alt-ehrwürdigen Königreich der Briten nicht ungehört. "Feel The Steel" schlug im UK nämlich wie eine Fliegerbombe aus den 1940ern ein und zündete gewaltig. STEEL PANTHER konnten dies natürlich nicht ignorieren und nach einigen kleineren Gigs anno 2009, u.a. als Special Guest von ZZ TOP, ist 2010 die Zeit reif für die erste richtige UK-Tour. Ein derartiges Ereignis darf man sich als Freund der gepflegten Spandexunterhaltung natürlich nicht entgehen lassen, erst recht nicht, wenn dabei auch die legendäre Brixton Academy in London auf dem Tourplan steht. Das sehen ein paar tausend Briten und hörbar auch zahlreiche Fans von außerhalb der Insel ähnlich, denn die Venue füllt sich beständig mit teils spektakulär aufgebrezelten Damen und Herren. Während Metal sonst oft sehr männerlastig ausfällt, zieht der geballte Sexfaktor von STEEL PANTHER zahllose hübsche Frauen in beachtlich knappen Klamotten an. Die Stimmung ist bereits vor dem Gig prächtig und das liegt vermutlich sogar nur zum Teil an der wirklich faszinierenden Optik der Venue. Brixton als ehemaliges Theater und Kino hat immer noch um die Bühne herum eine deutliche Theateroptik behalten mit Balkonen und Geländern, zudem ist der Innenraum auch wie im Kino schräg nach unten gehalten (ohne Sitze natürlich), was zwar zunächst leicht ungewohnt, der Sicht von jedem Platz aus jedoch sehr zuträglich ist. Es ist jedenfalls nicht verwunderlich, dass Brixton Academy seit 1994 bereits zwölf mal zur Konzert-Venue des Jahres gewählt wurde. Vorbildlich auch der Merchandisestand: die diversen STEEL PANTHER-Devotionalien zu akzeptablen Preisen von bspw. 20 Pfund für ein T-Shirt können auch mit Karte bezahlt werden (wenn auch mit einem leichten Aufschlag von 1,50 Pfund für die Kartenzahlung) - das wäre in Deutschland ebenfalls oft wünschenswert. Nachdem der Merchandisehunger gestillt ist, kann der geneigte Metalfan sich an zahlreichen Getränkeständen mit seinen Lieblingsdrinks eindecken - klar, billig ist das nicht, aber das kann man von deutschen Hallen auch in den seltensten Fällen behaupten. Langsam wird es Zeit für den Special Guest, der mit dem nicht unbedingt aussagekräftigen Namen THE SIRENS daherkommt und nur aus Frauen besteht - das läßt immerhin hoffen. Die vor dem Vorhang der Bühne aufdrapierten Ketten und sonstigen Utensilien lassen auch nicht direkt erahnen, was die Zuschauer nun erwartet. Denn anstelle von Musik bieten die vier Damen, die sich nach einer enthusiastischen Ankündigung durch einen Sprecher auf der Bühne einfinden eine waschechte Stripshow. Und die hat sich tatsächlich gewaschen, denn mangelnde Professionalität kann man dem Schauspiel gewiß nicht unterstellen. Trotz aller Reize schaffen die hübschen Protagonistinnen es stets, dass man nicht zu viel sieht. Das tut der Stimmung im Publikum jedoch keinerlei Abbruch, denn erwartungsgemäß stößt das Spektakel auf Begeisterung vor allem der anwesenden Männer. Ansehnlich, wohlgeformt und anmutig zeigen die Mädels, was sie haben, ohne dabei billig zu wirken und heizen die Brixton Academy angemessen auf für STEEL PANTHER. Die knappe halbe Stunde vergeht schneller als im Flug und vermutlich hätte niemand etwas dagegen einzuwenden gehabt, wenn man noch ein bisschen was dran gehangen hätte. Eine mehr als originelle Einstimmung und ein deutlich besserer Special Guest als irgendein mittelmäßiger Musik-Act - sehr gelungen! Nach einer doch noch längeren Umbaupause gibt es noch eine Vorwarnung, die der aufmerksame Konzertbesucher angesichts der zahlreichen großen Kameras an allen möglichen Stellen längst erahnen konnte: das heutige Konzert wird für eine DVD-Veröffentlichung professionell mitgeschnitten, weswegen STEEL PANTHER darum bitten, dass man doch besonders gut mitgehen möge. Das braucht man dem britischen Publikum an sich noch nicht mal explizit mitzuteilen, denn nachdem Sänger Michael Starr, Gitarrist Satchel, Bassist Lexxi Foxxx und Drummer Stix Zadinia die Bühne betreten haben und standesgemäß mit 'Eyes Of A Panther' einsteigen, kennt der Jubel keine Grenzen mehr. STEEL PANTHER werden die folgenden 105 Minuten gnadenlos bejubelt und lassen sich auch nicht zweimal bitten - begleitet von gelegentlichem Feuer, Pyros und zahlreichen spärlich bekleideten Damen ziehen die vier Jungs aus Kalifornien eine Show ab, die einer kommenden DVD-Veröffentlichung auch absolut würdig ist. Dass Sex dabei eine große Rolle spielt, steht außer Frage, dass die Band das Thema Treue auf eine Weise interpretiert, die Bill Clinton alle Ehre machen würde, verwundert dabei nicht - alleine Titel wie 'Eating Ain’t Cheating' oder 'Party All Day (Fuck All Night)' sprechen eine mehr als deutliche Sprache. Keine Frage, STEEL PANTHER lieben alle Frauen, unabhängig von Herkunft oder Nebensächlichkeiten wie dem Minenfeld der Gewichtsfrage. Weniger zarte Damen bekommen gleich ihre eigene Hymne mit 'Fat Girl (Thar She Blows)' gewidmet, ebenso werden einschlägig berufstätige Asiatinnen mit 'Asian Hooker' gefeiert - wer wollte den Männern von der schönen Westküste da noch Oberflächlichkeit vorwerfen? Gut, Sänger Michael Starr läßt sich vielleicht von zwei hübschen Asiatinnen mit einer Rikscha auf die Bühne kutschieren, doch hat das dabei einen so liebenswert-ironischen Unterton, dass man nicht wirklich von sexistischen Untertönen sprechen kann. Mag sein, dass Bassist Lexxi Foxx zwischen den Songs verdammt viel Zeit mit seinem straßbesetzten Handspiegel und der Haarbürste verbringt und sich allgemein eher durch hohle Bemerkungen und flache Witze hervortut - doch das ist Teil der Show. An dieser Stelle kommt dann tatsächlich die Tatsache ins Spiel, dass es bislang nur "Feel The Steel" und ein paar Singles gibt, denn die Songs werden durch diverse längere Diskussionen zwischen den Bandmitgliedern verknüpft, bei denen gnadenlos jedes Hairmetal-Klischee bedient wird. Dafür sitzen die gespielten Songs jedoch astrein und man merkt jederzeit, dass STEEL PANTHER gestandene Bühnenprofis mit jahrelanger Erfahrung sind. Großzügig sind die Jungs ebenfalls, so fliegen für die B-Seite 'I Want Pussy' (eine unmißverständliche Liebeserklärung an die Frauen dieser Welt) etliche aufgeblasene Sexpuppen ins Publikum, für 'The Shocker' gibt es die vor allem vom Wrestling bekannten Schaumstoff-Hände en masse. Dennoch, Treue ist ein Thema, welchem sich bei allen sexuellen Exzessen nicht verschlossen wird. 'Community Property' ist eine meisterhafte Ballade, die auf den Punkt den Wert einer festen Beziehung mit einem liebevoll gepflegten Heim und Garten heraustreicht - der Sex mit anderen Frauen auf Tour hat dabei einfach nichts zu bedeuten, denn manche Teile des Mannes seien nun mal Gemeinschaftseigentum. Solch kommunistische Teilaspekte des Spätkapitalismus wurden selten so schön und zärtlich in Worte gegossen. Der Mottosong 'Death To All But Metal' wird natürlich gegen Ende des regulären Sets gewaltig gefeiert - Brixton explodiert förmlich vor Energie. Dennoch, die Rufe nach einer Zugabe verhallen nicht ungehört - und ehrlich geben STEEL PANTHER an dieser Stelle zu, dass aufgrund Mangels an weiteren eigenen Songs nun noch ein wenig Cover angesagt seien. Hier zeigt sich die jahrelange Erfahrung als Coverband, denn die Version des MÖTLEY CRÜE-Klassikers 'Shout At The Devil' ist gigantisch und wird im Gegensatz zu den Originalen auch in der Originalversion gespielt und nicht in der 97er Version, die Nikki Sixx und Co. heutzutage nur noch spielen. Bombastisch beenden STEEL PANTHER ihren Gig unter immensem Beifall mit einer ebenfalls grandiosen Version von 'Paradise City' - ob Axl Rose den Song heutzutage noch derart gut auf die Ketten bekommen würde? Es ist stark zu bezweifeln. Das Publikum entschwindet nach diesem fantastischen Gig durchgehend glücklich und voller Vorfreude in die Londoner Nacht und freut sich schon auf die hoffentlich bald erscheinende DVD. Immerhin, die Rückkehr von STEEL PANTHER ist bereits für die Mainstage beim Download-Festival angekündigt. Für den heutigen Abend ist der Beweis zumindest schon mal angetreten: Heavy Metal's Back! Ob man diese Band im gelegentlich leicht ignoranten Deutschland mal zu sehen bekommt? Angekündigt wurde es in einem Interview jedenfalls schon mal. Bis zur Beantwortung dieser Frage sei jedenfalls bereits jetzt die DVD des Brixton-Gigs ans Herz gelegt und es bleibt an sich nur eins noch zu sagen: Death To All But Metal! STEEL PANTHER Setlist: 01. 'Eyes Of A Panther' 02. 'Eating Ain’t Cheating' 03. 'Fat Girl (Thar She Blows)' 04. 'Party All Day (Fuck All Night)' 05. 'Hell’s On Fire' 06. 'Stripper Girl' 07. Satchel's Guitar Solo 08. 'Asian Hooker' 09. 'Turn Out The Lights' 10. 'Girl From Oklahoma' 11. 'I Want Pussy' 12. 'Community Property' 13. 'The Shocker' 14. 'Death To All But Metal' Encore: 15. 'Shout At The Devil' 16. 'Paradise City' |