Ungfell - Mythen, Mären, Pestilenz

Review von Tripz vom 23.03.2018 (4719 mal gelesen)
Ungfell - Mythen, Mären, Pestilenz Nach dem bockstarken Vorgänger "Tôtbringære" meldet sich die Horde UNGFELL aus der Schweiz zurück, um den geneigten Hörer abermals mit archaischer Tonkunst zu beglücken.

Als Einklang zum neuesten Longplayer "Mythen, Mären, Pestilenz" wählt das Duo ein paganeskes Stück namens "Raubnest Ufm Uetliberg" welcher sowohl auf Mittelalterfesten begeistern könnte, als auch einer Neo-Folk-Band wie NEUN WELTEN gut zu Gesicht stünde. Hiermit zeigt UNGFELL direkt ihr zweites Gesicht neben dem Black Metal, und zwar authentisch klingende, mittelalterliche Weisen, welche niemals ins Kitschige abdriften, wie man es bei Metalbands, die sich solcher Versatzstücke bedienen, oft gewohnt ist.

Beim zweiten Track "De Türst Und S Wüetisheer" wird jedoch geprügelt und gekeift bis der Dorfpfaffe kotzt. Das gemarterte Kreischen von Menetekel erinnert an einen Hexenmeister, welcher seine Torturen in finsteren Folterkammern mit einer Mischung aus frohlockenden Schreien und gequälten Höllenquälen durchlebt. Einen solch ausdrucksstarken Sänger im deutschsprachigen Black Metal habe ich lange nicht mehr erlebt.

Der nächste Einspieler "Oberlandmystik" zeigt eine weitere Facette von UNGFELL, und zwar die psychedelische Seite, welche an BURZUM auf "Filosofem" auf der einen Seite und an die verschwurbelte Außerweltlichkeit von Künstlern wie WALDTEUFEL erinnert. Das anschließende "Bluetmatt" hängt sich irgendwo zwischen räudigem Gossenpunk, Grabeswalzer und asseligem Black-Metal-Uffta-Uffta an den Strick, so das es eine helle Freude ist.

Die Kauzigkeit von UNGELL zeigt sich nicht nur im ungewöhnlichen gesanglichen Vortrag, sondern auch in den durchaus überraschenden Breaks, die zwischen Folk und Psychedelik pendeln - jedoch immer mit der gewissen Ranzigkeit und einer höhenlastigen Produktion tief aus der Gruft. Nicht nur beim Song "Die Heidenburg" mit seinen weintrunkenen Hintergrundchören werden parallelen zu den Franzosen von PESTE NOIRE wach, wobei UNGFELL ein gutes Stück mehr im Black Metal verortet sind und trotz aller Verspuhltheit den Fokus ihres Schaffens nie aus den Augen verlieren.

"De Fluech Von Toggeli" lädt den Hörer zum Durchatmen ein und entführt mit seiner folkigen Wandergitarre in eine scheinbar friedliche Zwischenwelt, wobei man auch hier wieder an Neo-Folk-Gruppen wie DARKWOOD oder FORSETI erinnert wird. Doch diese Ruhe währt nur kurz, denn im nachfolgenden "Die Hexenbrut Zu Nirdendheim" führt Menetekel eine todbringende Wilde Jagd durch die Boxen und Riffs, welche mit ihren Melodien fast schon zum Mitsingen einladen, bilden einen harschen Kontrast zu Menetekels Gesang, welcher tief aus dem Giftschrank kommt und sich mit seiner Intensität bis tief in den Schädel bohrt.

Das anschließende "Guggisberglied" mit seinem Akkordeon und den martialischen Trommeln könnte genau so auch von einer STURMPERCHT-Scheibe stammen. Hier hört man zum ersten Mal weibliche Vocals als Kontrast zu den üblichen Schreikaskaden.

Die letzten beiden Tracks bieten dann noch einmal rustikalen Black Metal,
welcher jedem Freund von glattgebügelter Breitwandproduktion ein großes Fragezeigen über den Kopf zaubern dürfte und für geneigte Krachfetischisten mit einem Hang zur Obskurität ein wahres Fest sein dürfte.

Alles in allem ist "Mythen, Mären, Pestilenz" ein absolut stimmiges Underground-BM-Album, welches mit einer eigenen kautzigen, fast "hotzenplotzigen" Note zu überzeugen weiß. UNGFELL machen keine Gefangenen sowohl was die Darbietung, die Ästhetik, wie auch ihre Eigenständigkeit angeht und haben hier einen heißen und einzigartigen Anwärter für mein persönliches Album des Jahres ins Rennen geschickt.

Gesamtwertung: 9.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
1. Raubnest ufm Uetliberg
2. De Türst und s Wüetisheer
3. Oberlandmystik
4. Bluetmatt
5. Die Heidenburg
6. De Fluech vom Toggeli
7. Die Hexenbrut zu Nirgendheim
8. Guggisberglied
9. Der Ritter von Lasarraz
10. Raserei des Unholds
Band Website:
Medium: CD
Spieldauer: 48:16 Minuten
VÖ: 23.03.2018

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