Holger Schmenk - Kumpels In Kutten 2

Review von Zephir vom 12.02.2018 (4846 mal gelesen)
Holger Schmenk - Kumpels In Kutten 2 Bereits der erste Band von "Kumpels in Kutten", 2010 bei Henselowsky Boschmann erschienen, erfreute nicht nur die Herzen der zwischen Zechen, Staub und Kohle headbangenden Metaller mit einem ungezwungenen Kaleidoskop rund um Bands, Labels und Journalisten aus dem Pott. Nun erfährt der Heavy Metal aus dem Ruhrgebiet mit "Kumpels in Kutten 2" seine zweite imprimierte Huldigung durch den promovierten Historiker Holger Schmenk, diesmal gemeinsam verfasst mit dem Journalisten Andreas Schiffmann und veröffentlicht über den Verlag Nicole Schmenk.

Der Band wird eröffnet durch ein Grußwort des Rock-Hard-Herausgebers Holger Stratmann, der vorab die "Wahnsinnsvielfalt" der lokalen Szene lobt. Da hat er ganz Recht: In der ohnehin nicht übermäßig langen Hardcover-Backlist des Heavy Metal dürften gleich zwei Publikationen, die sich mit der Mucke einer einzigen Region beschäftigen, schon als statistische Häufung gelten. Also ran ans Eingemachte, Abtauchen in die acht Kapitel auf 336 Seiten, die als locker bebilderte Dokumentation zwischen den gern nostalgisch deskribierten Anfängen in den 1980ern über die "grungebedingte" Krise in den 90ern bis hin zum heutigen Status Quo der Szene pendeln.

Die mosaikartige Struktur des Bandes verbietet einen chronologischen Aufbau. Stattdessen eröffnet sich dem Leser eine unverkrampfte Choreographie aus Interviews, persönlichen Anekdoten, journalistischen Beiträgen und teils privat entstandenen Fotos. Naturgemäß kommen zahlreiche Musiker selbst zu Wort: Das Feuerwerk wird gezündet von Größen wie Anrd Klink von DARKNESS, Thomas Such (alias Tom Angelripper) von SODOM, Ex-GRAVE-DIGGER-Gitarrist Uwe Lulis (nun bei ACCEPT), der unvergleichlichen DORO oder dem immerhin in Krefeld ansässigen Dan Swanö. Es geht um musikalische Arbeit und Auftritte, um Verträge und Labels, um lustige Schwänke und nachdenkliche Anekdoten, um persönliche Belange und kollegiale Beziehungen, um das Verhältnis zum Ruhrpott und natürlich auch immer wieder mal um Klischees und deren Widerlegung. Das erwartet der Leser und freut sich über die schriftlich fixierten O-Töne ebenso wie über Schnappschüsse von STEELER anno 1984 (jawoll, mit 80er-Friesen auf den Köppen!), von VOIVOD mit POSSESSED in der Bochumer Zeche anno 1986 bis hin zu BLACK MESSIAH auf dem Rage Against Racism anno 2016.

Die besondere Würze aber erhält "Kumpels in Kutten 2" durch die Beiträge von und über Männer und Frauen, die sonst nicht im Fokus des Metal-Spektakels stehen, eben weil es im wahren Leben ihre Aufgabe ist, ihrerseits den Fokus auf Bands und Musiker zu richten: So lesen wir von interessanten Persönlichkeiten wie dem Merchandiser Andreas "Stoney" Stein, der seit rund drei Jahrzehnten für u.a. KREATOR, ACCEPT, HELLOWEEN durch die Welt tingelt. Oder von Rebecca Böhning von metalshot.com, früher Fotografin für das Legacy, die sich mittlerweile auf den Underground spezialisiert hat. Oder von Stephan Liehr, der als Vorstandsmitglied des Dong Kultur e.V. für das Dong Open Air Festival mitverantwortlich zeichnet. Kurzweilig wird der Band auch durch die immer wieder eingestreuten "Forgotten Tales", die unter dem Titel "Es war einmal in …" verschiedene Meilensteine der Metal-Geschichte aus Bochum, Essen, Gelsenkirchen, Herne … und so weiter beleuchten. Unerwartete Exkurse wie jene über den "unbekannten" SODOM-Gitarristen Uwe Christophers, die (natürlich subjektiv ausgewählte) Best-Of-Liste von jemals produzierten Metal-Alben aus dem Pott, oder das abschließende leidenschaftliche Plädoyer gegen Rassismus im Heavy Metal runden die "Kumpels in Kutten 2" gekonnt ab.

Also: Nur weil das vorliegende Werk ein Buch ist, ist es noch lange nicht komplizierter zu konsumieren als ein Szene-Magazin. Dafür ist es prall gefüllt mit über drei Jahrzehnten Metal-Historie, die sich kein Metaller entgehen lassen sollte und die belegt: Wer zur Ruhrpott-Horde gehört, darf sich glücklich schätzen. Wer es (noch) nicht tut, wird jederzeit mit offenen Armen und großem Herz Willkommen geheißen.


Gesamtwertung: 9.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood blood dry
Trackliste Album-Info
Kapitel 1: Hail to the Hordes: Einheit im Heterogenen. Blitzlichter durch die Metal-Szene
Kapitel 2:The Missing Link: RAGE versus REFUGE
Kapitel 3: Assorted by Satan – Ruhrpottperlen: Die besten Alben zwischen Emscher und Ruhr
Kapitel 4: Thrash till Death: DARKNESS und der große Bruder KREATOR
Kapitel 5: The Eyes of the Lost: Die Fotografen-Riege zwischen Castrop-Rauxel und Dortmund
Kapitel 6: When Truth Hurts? "Wir" bei den "anderen": Eine Außenbetrachtung
Kapitel 7: Thrash Mania: Gastbeitrag von Thorsten Fiolka: "Es war zwar ziemlich rumpelig eingetrümmert, aber verdammt extrem." SODOM: 1986–2017.
Kapitel 8: Refused to Die: Metal – was ist das heute eigentlich noch?
Band Website:
Medium: Buch
Spieldauer: 336 Seiten Minuten
VÖ: 17.11.2017

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten