Ihresgleichen - II

Review von Stormrider vom 19.02.2011 (6001 mal gelesen)
Ihresgleichen - II Selten hatte ich nach dem Hören eines Albums einen größeren Zwiespalt bezüglich des Gesamtproduktes. Was war das in den letzten 50:34 Minuten gerade? Noch mal hören... Wird die Diskrepanz kleiner? Nein, sie wird mit jedem Durchlauf der Platte größer!!

Um ehrlich zu sein, fällt es mir sehr schwer, "II" zu bewerten. Das hat einen ganz einfachen Grund. Die Musik steht in absolut keinem qualitativen Verhältnis zu den Lyrics. Es ist in etwa so, als bringt der Kellner ein wunderbar gegrilltes argentinisches Rinderfilet und anstatt eines guten Rotweins gibt es dazu warmes, schales, spanisches Dosenbier. So phantastisch das Fleisch auch sein mag, das Gesamtmenü verliert an Klasse.

Beginnen wir also mit der Musik. Man stelle sich eine Mischung aus Power Metal, Hard Rock, Industrialanleihen und typischem NDH Stoff vor - all diese Zutaten in ihren starken Momenten. Die Atmosphäre ist düster und ich fühlte mich hin und wieder an ICED EARTH zu "Horror Show" oder MORGANA LEFAY zu "The Secret Doctrine" oder "Sanctified" – Zeiten erinnert. Natürlich grüßen auch RAMMSTEIN ab und an mit einem freundlichen Wink. Die Songs sind allesamt melodiös und dennoch sehr kraftvoll und die Riffs haben neben einem BLACK SABBATH auch einen PANTERA – Einschlag. Sänger Bobbes hat ein eigenständiges, charakterstarkes Organ welches er entsprechend einzusetzen weiß und überzeugt stimmlich sowohl in den harten als auch in den weicheren Passagen der Songs. Es gibt abwechslungsreiche Songstrukturen, starke Breaks, pumpenden Bass, orchestrale Einschübe, eingängige Refrains, schöne Chöre und man fängt im Laufe des Albums unwillkürlich an, den Kopf und die Knie in Bewegung zu setzen bevor man mit dem Song 'Regenbogen' zum Abschluss eine Ballade gewählt hat, welche die ganzen Emotionen wieder etwas nach unten reguliert. Produzent Achim Köhler (u.a. PRIMAL FEAR, BRAINSTORM, AMON AMARTH) hat ganze Arbeit geleistet und der Band einen stampfenden und sauberen Sound verpasst, der schön differenziert aber immer druckvoll ist.

Metaller-Herz was willst du mehr? Halten wir fest – 8,5 Punkte für die Musik.

Leider hört man Musik nicht nur mit dem Herzen, sondern auch mit den Ohren und da kann ich mich noch so anstrengen, die Texte sind leider nicht wegblendbar. Schon gar nicht wenn sie in deutscher Sprache vorgetragen werden.

Der erste Song (das instrumentale Intro ausgespart) 'Deutscher Stahl' ist wohl als Bandhymne zu verstehen und liefert eine nette Verbeugung vor den Einflüssen von IHRESGLEICHEN. "Der schwarze Sabbat hat mich erleuchtet, geflogen bin ich mit dem Zeppelin. Durch tiefes Purpur, der Regenbogen, der kleine Gott hat mich dann umgehauen. Die Priester aus dem Engelland, die Jungfrau aus Eisen hat mich dran genommen. Metaller aus dem neuen Land, der Panther hat mich dann gebissen. Der Stein hat mich gerammt, die dunkle Burg kam aus dem Norden. Morbide Engel ergriffen mich, beunruhigt blicke ich in den Morgen." Wie singt Bobbes hier in der letzten Strophe "Die Sprache ist wie eine Waffe...". Allerdings ist sie das, leider führt sie zum Suizid der Musik. Denn von nun ab geht es wirklich steil bergab und die Lyrics können das Niveau des dargebotenen musikalischen Anspruchs nicht im Geringsten halten.

Bei J.B.O. mag es noch witzig sein, Kinderlieder zu zitieren. Da sich IHRESGLEICHEN aber bestimmt nicht in der Comedy-Metal-Ecke ansiedeln lassen wollen und 'Nimmerland' als Anti-Kriegssong zu sehen ist, wirkt es hier ziemlich deplatziert, die Sesamstraße zu zerpflügen... "Tausend schlechte Sachen, die gibt es überall zu sehen. Manchmal muss man töten, Soldat du wirst es schon verstehen..." Das Sandmännchen muss anschließend in 'Der Untergang' herhalten "Böse Kinder gebt fein Acht, hab' euch etwas mitgebracht. Habt mich lang genug gequält, drum werd' ich euch jetzt schlafen legen".

Noch nicht genug?? Kein Problem, es gibt noch Nachschlag… "Der Schnitzer hat mir zu zugeflüstert, dein Stundenglas ist abgelaufen, habe mich zum Schlachtfest gerüstet, um dein Blut zu saufen! Bin so enttäuscht, von dir enttäuscht, ja so enttäuscht ... von dir enttäuscht - du Schlampe!"(aus 'Schattenwelt der Qualen').
Es wird keine Plattitüde ausgelassen, was den Gesamteindruck von "II" eben doch stark nach unten zieht. Natürlich ist diese Bewertung stark subjektiv, aber Zeilen wie "Arschloch, Wixer, Hurensohn, Arschloch, Wixer, Hurensohn - hast du nicht genug? Arschloch, Wixer, Hurensohn, Arschloch, Wixer, Hurensohn - ihr lebt nur mit Betrug!" schrammen bei mir nur sehr knapp am Fremdschämen für unsere Musikrichtung vorbei.
Für diesen Teil des Menüs gibt es daher maximal 3 Punkte.

Würden wir nun das arithmetische Mittel ziehen, wären wir knapp unter einer 6. Eine, für das gelungene Songmaterial, natürlich viel zu schlechte Note, denn die Scheibe hätte wirklich das musikalische Potential, in Zukunft häufiger mal den Staub vom Laser zu blasen. Für mich besteht ein Song aber immer aus beiden Elementen, daher gibt's "nur" ausbaufähige 7 Punkte. Wem die Texte gänzlich egal sind oder wer drauf steht, der kann problemlos die 8,5 als Maßstab nehmen. Alle anderen sollten zumindest vorab reinhören, bevor sie sich den Silberling ins Regal stellen.

Gesamtwertung: 7.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood dry dry dry
Trackliste Album-Info
01. In Chalybis Veritas
02. Deutscher Stahl
03. Nimmerland
04. Der Untergang
05. Götter
06. Schattenwelt Der Qualen
07. Das Böse Ist In Dir
08. Engel Der Nacht
09. Schmerz
10. Meister
11. Regenbogen
Band Website: www.ihresgleichen.de
Medium: CD
Spieldauer: 50:34 Minuten
VÖ: 11.02.2011

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