Tramalizer - Fumes Of Funeral Pyres

Review von Humppathetic vom 10.03.2023 (1316 mal gelesen)
Tramalizer - Fumes Of Funeral Pyres Dass Finnland vom Gothic beeinflussten Death Metal kann, wissen wir alle wohl spätestens seit SENTENCED. Dass Finnland eine Melange aus Folk und Black Metal kann, wissen wir seit FINNTROLL und MOONSORROW. Dass Finnland so klaren wie epischen Power Metal kann, wissen wir seit STRATOVARIUS und SONATA ARCTICA. Dass Finnland garstigen Black Metal ... ok, you get the drill. Dank TRAMALIZER wissen wir nun aber auch, dass Finnland weiß, wie man kratzbürstig durchs Unterholz rumpelndes Todesmetall à la ENTOMBED und DISMEMBER schmiedet.

Aus Pieksämäki in der ostfinnischen Landschaft Savo kommt das Vierergespann um Sänger Riku Tarvonen, der wie Rhythmus- und Leadgitarrist Mikko Jokelainen in der Southern / Sludge Metal-Band BLOODREDSKY lärmte. Jokelainen spielt darüber hinaus die Gitarre in der Black Metal-Band MARRAS, aus der er respektive die Band sich kurzerhand Viersaitenbediener T. Oranen ausgeliehen hat, und so brauchte man im Gründungsjahr 2021 nur noch einen fähigen Schlagzeuger und fand eben jenen in Kalle Laanto, der die sechs Saiten in der Death Metal-Kapelle CRYPTBORN und bei den Thrash Metal-Bölzern UNHOPED zum Schwingen bringt. Man sieht: Sämtliche Mitglieder waren bereits vor TRAMALIZER umtriebig und das schon seit teils langer Zeit und in gefühlt allen Extreme Metal-Genres, die einem einfallen können.

Noch im Jahr der Genese der Todesmetaller, genauer gesagt im Dezember, veröffentlichte man ein schlicht "Promo 2021" benanntes Demo, auf dem sich bereits drei Songs, die nun auch auf dem Full Length-Debüt vertreten sind, befinden. Dieses Demo schickte man an zahlreiche europäische Labels - man will sich ja nicht lumpen lassen -, und das niederländische Label Soulseller Records, bei dem unter anderem so illustre Bands wie BLOOD RED THRONE, GORGOROTH, OVÁTE oder auch SVARTTJERN unter Vertrag stehen, meldete sich und bot an, das Debüt der Finnen zu verlegen.

Und da sind wir nun, im Februar 2023, und "Fumes Of Funeral Pyres" erblickt das Licht der Welt. In neun Songs nebst zwei Interludien präsentiert man dem Rest der Kugel, auf der wir alle leben, was schwedischer Death Metal auf Finnisch heißt - also nicht wortwörtlich. Das wäre wohl "Ruotsin kuolema metalli", aber wen interessiert das schon außer Leuten, die sich für ganz unnützes Wissen interessieren? Es geht natürlich um die figurative Antwort. Wie klingt Death Metal im Stile der alten ENTOMBED und DISMEMBER, wenn er aus dem Land etwas weiter östlich kommt? Simple Antwort: verdammt gut. Differenziertere Antwort: Bitte lesen Sie die nächsten Absätze.

Vereinfacht kann man "Fumes Of Funeral Pyres" in zwei Hälften unterteilen, und damit täte man der Band nicht Unrecht, denn das dürfte genau so geplant gewesen sein. Die ersten vier Songs bewegen sich teils im groovigen Midtempo (beispielsweise im Opener 'Tramalized'), teils wird das Gaspedal aber auch ordentlich durchgetreten, wie in 'Point Of No Turning Back', das auch noch mit SLAYEResken Gitarrensoli aufwartet - durchaus eine Huldigung der thrashigen Komponenten, die gerade die "Left Hand Path" noch besonders stark aufwies -, oder am Anfang von 'As They Are Put To Sleep', wo man geradezu durch die finnischen Wälder rast. Auch gesanglich orientieren sich die Kleinstadtbewohner (Pieksämäki beherbergt gerade einmal 17000 Einwohner - und ja, auch das war wieder unnützes Wissen) an den Erschaffern des Sounds. Sänger Riku Torvanen klingt stark nach Matti Kärki (DISMEMBER), wenn er brüllend unterwegs ist, weist in den seltener gezeigten tieferen Tönen aber durchaus eine Ähnlichkeit mit dem leider vor zwei Jahren verstorbenen ENTOMBED-Sänger Lars-Göran Petrov auf. Man bleibt den Ursprüngen als auch hier treu und geht nicht den Weg des völlig gutturalen Kehlschleifens, wie es beispielsweise die Schweden von ENTRAILS tun.

Und ja, zur zweiten Hälfte der Scheibe komme ich jetzt. Eingeleitet wird selbige gewissermaßen durch den in der Mitte als Trennwand fungierenden Track 'Curse Of The Lake Drag', der episch, stampfend und dank eines musikalischen Horrorfilm-Samples, das meines Erachtens am ehesten dem Hauptthema des Films "Phantasm" von 1979 (in Deutschland als "Das Böse" veröffentlicht) nachempfunden zu sein scheint, mit ordentlich Atmosphäre aufwarten kann. Generell gilt für die zweite Hälfte: mehr Gestampfe, mehr Chills. Mit 'Curse Of The Lake Drag' folgt das erste von zwei knapp eineinhalbminütigen Interludien, die dem Werk mit Gitarrenarbeit und Sprechgesang noch mehr an Ambiente liefern. Danach folgt mit dem Titeltrack ein zuerst ebenfalls zügiges Stück, das dann aber zu eine veritablen Stampfer mutiert - eine gern gesehene wie gelungene Abzweigung. Doch eine richtige Überraschung halten die Finnen mit 'Looking For Reality' parat, denn dabei handelt es sich um ein wirklich obskures Cover des Thrash Metal-Songs der ebenfalls aus Pieksämäki stammenden Band FEROX. Und dank gütiger Mithilfe von TRAMALIZER, die mir freundlicherweise eine MP3 überstanden - denn das Lied von der Single "Hidden Minds" aus dem Jahr 1989 war nirgendwo (!) im Netz aufzuspüren - kann ich das Cover auch tatsächlich einordnen. Es ist ein in Grundzügen am Original festhaltender Song, der das Ganze schlicht todesmetallisiert hat, und das definitv mehr als gelungen. Ich möchte beinahe behaupten, TRAMALIZER haben dem Song gar noch einiges an Pfeffer hinzugegeben. Zum Abschluss geben uns die Sumpfländer mit 'At The Night Of Feast' noch eine kleine Ladung Heavy Metal-Riffings auf den Weg, und Ende Gelände. 44 Minuten hervorragenden, originären und doch Ausfallschritte wagenden Death Metals sind vorbei und man möchte sich direkt die nächste Dosis verabreichen. Und wo ich von "verabreichen" spreche, noch eine minder gelungene Überleitung zum Namen der Band: Der Gitarrist der Band brach sich vor Gründung der Band oder direkt zu dieser Zeit den Rücken und bekam Tramal, ein Opioid verschrieben. Dieser Herr fühlte sich bei den ersten Proben also ziemlich benommen, und ihm war schwindelig. Er fühlte sich somit gewissermaßen "tramalized", und da Finnen bekannterweise gerne ihre Gefühle, Ängste und Depressionen auf allerlei Wege (vor allem aber mit Alkohol) betäuben, steht TRAMALIZER quasi stellvertretend für das Betäuben der eigenen Gefühle.

Gesamtwertung: 8.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood dry dry
Trackliste Album-Info
01. Tramalized
02. Point Of No Turning Back
03. Hating God
04. As They Are Put To Sleep
05. Curse Of The Lake Drag
06. Gift
07. Fumes Of Funeral Pyres
08. Looking For Reality (Ferox Cover)
09. Plain Evil
10. The Rostov Ripper
11. At The Night Of Feast
Band Website: www.facebook.com/tramalizer
Medium: CD, LP, Digital
Spieldauer: 44:46 Minuten
VÖ: 17.02.2023

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten