Incursion - Blinding Force

Review von baarikärpänen vom 10.11.2022 (2291 mal gelesen)
Incursion - Blinding Force 2020 - den Deal mit No Remorse Records in der Tasche - war man im Lager der Traditionsmetaller INCURSION noch frohen Mutes, bereits 2021 mit neuem Material aufwarten zu können. Wir wissen ja alle, daß Corona auch weiterhin die Welt im Griff hatte und so sicher auch seinen Beitrag leistete, dass sich die Arbeit am ersten Langdreher in 40 Jahren Bandhistorie etwas verzögerte. Aber auch Besetzungswechsel innerhalb der Band dürften dazu beigetragen haben. Weiterhin sind aber mit Maxx Havick und Michael Lashinsky immer noch zwei Musiker der Urbesetzung an Bord, und die beiden neuen Mitglieder fügen sich neben Sänger Steve Samson (seit der Reaktiverung 2018 hinterm Mikro) perfekt ins Bandgefüge ein. Jetzt ist es also soweit, und mit "Blinding Force" steht ein Album in den Regalen, das die Erwartungen nach der famosen "The Hunter"-EP sogar noch übertrifft. Gut Ding will eben doch Weile haben!

Zugegeben, das Rad haben INCURSION mit "Blinding Force" (natürlich) nicht neu erfunden. War so ganz bestimmt auch nicht geplant. Die Schuster bleiben mit diesem Album bei ihren Leisten, und die heißen: schnörkelloser Metal in der allerbesten aller Traditionen. Sicher, ein wenig NWoBHM und MAIDEN lassen sich im Sound auch finden. Aber welche 1982 gegründete Band könnte sich davon freisprechen? Absolut charmant finde ich hingegen, dass genannte Referenzen nur einen Bruchteil im Gesamtbild ausmachen. Im Gegensatz zu manch anderer Kapelle aus dieser Zeit, die nicht den Sprung in die Oberklasse geschafft hat, aber immer noch neue Alben veröffentlicht, oder im Gegensatz zu neueren Bands, die sich dem traditionellen Stahl verschrieben haben, klingt das neue Material von INCURSION beim ersten Durchlauf sogar ein wenig sperrig. Liegt zum Teil auch an der Produktion, die die Band - unterstützt von Engineer Chris Short - selbst in die Hand genommen hat und natürlich auch am Mix und Mastering von Jörg Uken. Glattgebügelt ist hier, bei aller Transparenz, nichts. Liegt aber halt auch am Songmaterial, mit dem INCURSION nicht auf Nummer sicher gehen. Im Vergleich zu "Blinding Force" war die "The Hunter"-EP deutlich eingängiger. Und trotzdem verfügt die neue Scheibe über weitaus mehr Substanz. Irgendwie haben INCURSION einen ganz eigenen Stil gefunden, durch den man sie relativ einfach von anderen unterscheiden kann.

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All das gesagt, wird es Zeit, zu den Songs an sich zu kommen. Fairerweise sollte man vorab sagen, dass sich unter den neun Stücken auf "Blinding Force" mit 'Vengeance' und 'Hang 'Em High' zwei Tracks befinden, die schon auf dem 1984er Demo waren. Dass diese beiden Songs sich aber nahtlos einfügen, spricht irgendwie für die Güte, zumal 'Vengeance' sogar zu den Höhepunkten auf der Scheibe zählt. Eröffnet wird "Blinding Force" mit dem MAIDEN-mäßig beginnenden Titelsong, der schon kurze Zeit später in einen klasse Banger übergeht, der mich sogar an das göttliche Debut von LIEGE LORD erinnert. Mutig die Entscheidung der Jungs, das Album mit einem fast siebenminütigen Stück zu eröffnen. Aber der Mut zahlt sich aus, weil 'Blinding Force' dank seines eingängigen Chorus mit jedem Durchlauf wächst. Direkt im Anschluß zieht das fast schon in Speed-Gefilden wuchernde 'Vengeance' eventuelle Falten aus dem Gesicht. Herrlich diese Riffs und die Doublebass. Weil Abwechslung ja noch nie geschadet hat, folgt mit 'Running Out' der englischste aller True Metal-Songs, den eine US-Kapelle je auf Band gezaubert hat: sehr eingängig und melodiös, toller Chorus. Überhaupt kann man festhalten, dass "Blinding Force" sehr europäisch tönt, was ganz klar als Kompliment gemeint ist. Gilt auch für den nächsten Longtrack 'The Sentinel' - geht beinahe als Halbballade durch. Mit dem anschließenden 'The Rites' mit seinem galoppierenden Rhythmus nehmen INCURSION wieder etwas Fahrt auf, bevor mit 'Master Of Evil' die nächste Abrissbirne im Uptempo folgt. INCURSION nehmen geschickt immer wieder das Tempo raus, was dem Hörvergnügen sehr zuträglich ist. Mein persönlicher Favorit (neben den pfeilschnellen Songs) auf "Blinding Force" ist dann 'Strike Down', das zu Beginn an PRIEST denken lässt ('In Union We Stand'), nach Halbzeit aber an Geschwindigkeit zunimmt, ein ganz feiner Banger. Nach dem vom Demo stammenden 'Hang 'Em High' (Pedal To The Metal!) gibt's mit dem Albumcloser 'Riot Act' und seinem Rock'n'Roll-Vibe sogar noch einen Aha-Moment.

INCURSION schaffen es tatsächlich, mit "Blinding Force" und seinen knapp 41 Minuten diesem an spannenden Veröffentlichungen nicht armen Jahr 2022 nicht nur die Sahnehaube aufzusetzen, sondern auch gleich noch die Kirsche obendrauf zu packen. Das Cover stammt dieses Mal nicht von Philip Lawvere, aber Marcos Miller liefert ein ähnliches Artwork, das geradezu nach dem Kauf der Vinyl-Ausgabe schreit. Besonders ehrgeizigen Vinyl-Sammlern sei übrigens noch die limitierte 12"-Single von 'Running Out' empfohlen, die auf der B-Seite ein Cover von 'Allied Forces' (TRIUMPH) bietet, als Gäste darauf zu hören Jean-Pierre Abboud (TRAVELER) und Matheus Luciano (HELL GUN). Traditionsmetallerinnen und -metaller greifen hier bedenkenlos und sofort zu. Ich zücke derweil mal die Höchstnote für diese tolle Scheibe.



Gesamtwertung: 10.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Blinding Force
02. Vengeance
03. Running Out
04. The Sentinel
05. The Rites
06. Master Of Evil
07. Strike Down
08. Hang 'Em High
09. Riot Act
Band Website: www.facebook.com/TheBandIncursion/
Medium: CD, LP
Spieldauer: 41:11 Minuten
VÖ: 11.11.2022

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