Sepultura - Sepulquarta

Review von Damage Case vom 14.08.2021 (5661 mal gelesen)
Sepultura - Sepulquarta "Live" aus dem Studio bedeutet selbstverständlich nicht "live" vor Publikum, denn man hört keine Interaktion, keine Reaktionen - aber auch keine Soundeinschränkungen durch auf dem Rücken (ver)spielende Gitarristen. Diese vorliegenden, live eingespielten Songs spielen hinsichtlich der Performance und auch soundtechnisch auf demselben Klasselevel wie einst die "St. Anger"-Bonus-CD mit Rob Trujillo oder jüngst "At The Mill" von PARADISE LOST. Mit einer Einschränkung: Alle jeweils beteiligten Musiker spielten getrennt voneinander in ihren Homestudios.

Im Frühjahr 2020 starteten SEPULTURA ihre "SepulQuarta Quarantine Performance". Als Reaktion auf den anhaltenden Lockdown wollten sich Andreas Kisser & Co. nicht komplett lahmlegen lassen und sorgten damit auch bei ihren Fans für ein wenig Ablenkung. Diese durften sich gemeinsam im Onlineaustausch auch mit Songvorschlägen am Projekt beteiligen. In regelmäßigen Abständen von gut einer Woche wurde dann die Bandperformance eines eigenen Songs (plus 'Orgasmatron' natürlich, begleitet von MOTÖRHEADs Gitarrist 'Wizzo' Phil Campbell) online gestellt, viele davon mit Gastmusikern (57 in Summe!). Auf diese Weise spielten sich die Brasilianer/Amerikaner durch ihr komplettes Repertoire inklusive aller Hits aber auch vieler unterbewerteter Perlen. Alleine Wunderdrummer Eloy spielt mal wieder alles an die Wand, was im metallischen Bereich nicht am GOJIRA-Schlagzeug sitzt. Unfassbar, wie tight er die Songs aller Phasen aufwertet. Schon sein Drumming sowie die cleane Produktion rehabilitieren die beiden "Roots"-Nummern 'Cut Throat' und 'Ratamahatta' als astreine Thrasher. Leider wurde der Titelsong nicht performt. Spannend sind auf den ersten Blick die Performances mit Gastgesang. Der Uraltschinken 'Slaves Of Pain' (von "Beneath The Remains") erhält durch Marcello Pompeu (von den brasilianischen Thrashern KORZUS) genauso eine neue Färbung wie 'Hatred Aside' (von "Against"), das gleich von drei Shouterinnen, nämlich Angélica Burns (HATEFULMURDERS), Mayara Puertas (TORTURE SQUAD) und Fernanda Lira (CRYPTA, Ex-NERVOSA), im Chor mit aller Inbrunst dargeboten wird. Und dass Matthew Heafy (TRIVIUM) 'Slave New World' nun auch endlich mit den Originalmusikern performen darf (zuvor mit seinen Jungs vor zehn Jahren als Bonus auf "In Waves"), muss ihm mit Sicherheit einen Kindheitstraum erfüllt haben. Aber auch die instrumentellen Mitspieler können sich nach Herzenslust ausleben - begleitend zu empfehlen ist hier der Genuss aller visuellen Darbietungen auf dem offiziellen Youtube Channel der Quarantine Performances unter Sepultura. Minimaler (wenn auch extrem unrealistischer) Wermutstropfen: Eine kleine "Reunion" mit den Cavaleras, vielleicht eine "Helloween"-Performance der aktuellen Besetzung, erweitert um Max und Igor, zum Beispiel von 'Propaganda' (oder noch besser: 'We Who Are Not As Others'!), wäre eine kleine Sensation gewesen. Was daraus hätte entstehen können, mag man sich gar nicht ausmalen.

Bleibt nur eine Frage offen: Weshalb wurden nicht alle 23 Tracks dieser fantastischen Sessions als Doppelalbum auf den Markt gebracht? Schade um solche tollen Performances wie das mit Roman Ibramkhalilov (JINJER) an der zusätzlichen Gitarre gespielte 'Meaningless Movements' (von "Arise") oder die ohne Gäste tight gezockten Titelsongs von "Arise" und "Kairos" sowie das unkaputtbare 'Refuse/Resist'. Ganz zu schweigen vom gemeinsam von Derrick und Kisser geshouteten Medley 'Biotech is Godzilla/Polícia' (an den Saiten unterstützt von Tony Bellotto und Shavo Odadjian von SYSTEM OF A DOWN). Der Sound ist durchgängig druckvoll, variiert aber verständlicherweise je nach Sessionaufnahme ein wenig. Einzig Derricks Gesang klingt an einigen Stellen etwas dumpf in den Gesamtsound gemischt, was der spürbaren Spielfreude jedoch keinerlei Abbruch tut. Abgerundet wird "SepulQuarta" von einer geschmackvollen Coverzeichnung von Eduardo Recife.

Fazit: SEPULTURA bestätigen einmal mehr ihren Ruf als einzigartige Band, live wie auf Konserve. Mitten in ihrem dritten Frühling fällt nun hoffentlich dem letzten Fan auf, dass diese Besetzung mit Derrick Green und Eloy Casagrande so unfassbar stark ist - wer sonst schreibt und performt denn bitteschön Songs wie 'Phantom Self'? Hoffentlich kehren Sie bereits 2022 mit neuer Musik und Live-Performance vor Publikum zurück. Benotung entfällt, Kaufempfehlung wird selbstredend ausgesprochen.

Drei Anspieltipps: 'Cut Throat' erfährt durch Scott Ian, aber auch die "Roots"-freie Spielumgebung, einen ganz neuen Drive. 'Mask' erhält alleine schon durch den stets auf Weltklasseniveau zockenden Devin Townsend seinen verdienten Ritterschlag. 'Apes Of God' thrasht wie Hölle und ist um Längen besser als die Originalversion.

- ohne Wertung -
Trackliste Album-Info
01. Territory
02. Cut Throat
03. Sepulnation
04. Inner Self
05. Hatred Aside
06. Mask
07. Fear, Pain, Chaos, Suffering
08. Vandals Nest
09. Slave New World
10. Ratamahatta
11. Apes Of God
12. Phantom Self
13. Slaves Of Pain
14. Kaiowas
15. Orgasmatron
Band Website: www.sepultura.com.br
Medium: CD
Spieldauer: 61:00 Minuten
VÖ: 13.08.2021

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