Kairon;IRSE! - Polysomn

Review von baarikärpänen vom 13.09.2020 (6106 mal gelesen)
Kairon;IRSE! - Polysomn Nach POLYMOON veröffentlichen Svart nun auch die neue Scheibe von KAIRON; IRSE! (was für ein Name!!!), merkwürdigerweise "Polysomn" betitelt. Ich geh' aber mal davon aus, das war unbeabsichtigt. Prinzipiell passt eine Band zur anderen, was die Grundzüge der musikalischen Ausrichtung angeht. Und doch sind KAIRON; IRSE! so gar nicht mit POLYMOON zu vergleichen. Was Aktivität angeht, sind KAIRON; IRSE! ihren Landsleuten schon mal weit voraus. 2009 gegründet, ist "Polysomn" bereits das dritte Album der Jungs, die sich selbst in der Schnittmenge von MY BLOODY VALENTINE und RADIOHEAD verorten, aber von einigen Magazinen eine gewisse Nähe zum Free Jazz attestiert bekommen haben. Immerhin waren die Finnen schon zum Road Burn in 2018 eingeladen und haben, so man Augen- und Ohrenzeugen vertrauen darf, einen mehr als respektablen Eindruck hinterlassen. Wenn POLYMOON mit "Caterpillars Of Creation" zu einem bunten LSD-Trip einladen, ist "Polysomn" aber doch eher der zu Ton gewordene kalte Entzug. Sicher, KAIRON; IRSE! als Krachkombo zu bezeichnen wäre komplett falsch, aber sie verlangen ihren Hörern mit der Mischung aus genannten Vorbildern auf der einen und einem kruden Mix aus Shoegaze und Psychedelic Rock auf der anderen, so einiges ab.

imgcenter


KAIRON; IRSE! sind so etwas wie das ungezogene Kind. Zumindest was den Aufbau einiger ihrer Songs angeht. Da spielt der junge Spross der Familie ganz artig, baut mit seinen Klötzchen einen schönen Turm, nur um ihn in einem Wutanfall wieder mit einem Handstreich wegzufegen. Den ersten Eindruck davon liefert das eröffnende 'Psionic Static' mit seinen flirrenden Gitarren, Drumbeats und Synthi-Flächen, das ab der Mitte so richtig garstig wird. Hier trifft der Begriff Jazz übrigens den Nagel auf den Kopf. Ganz anders dann 'Retrograde' und 'Welcome Blue Valkyrie' mit ihren Elektro-Spielereien und fast schon poppigen Melodien. Echt jazzig dann 'An Bat None', zu Beginn mit soulmäßigen Blechbläser-Samples. 'Mir Inoi' ist so etwas wie der Ruhepol des Albums, fast schon Ambient, wohingegen 'Altaär Descends' mit seinem pulsierenden Bass gewaltig an den Nerven zerrt. 'Hypnogram' ist dann einer dieser Songs, bei dem einem erstmal partout nicht einfallen mag, wo man das schon mal gehört hat. Tief in den grauen Zellen gebuddelt kommt irgendwann die Erleuchtung. Der Song (zumindest große Teile davon) hätte sich prima als instrumentales Intro einer CHICAGO-Show gemacht. Der Titeltack ist eher sowas wie ein Intro zum abschließenden 'White Flies'. Für mich der beste Song auf dem Album, weil er mich, vor allem im Mittelteil, sehr an VOIVOD erinnert.

Ist ja alles nicht so schlecht, könnte man meinen. Tja, wenn da nicht die Vorliebe von KAIRON; IRSE! für elektronische Spielereien und (für meinen Geschmack) unnötig noisige Parts wäre. Aber das ist, wie so vieles, wieder mal Geschmackssache. Was KAIRON; IRSE! übrigens mit POLYMOON teilen, ist der Einsatz der Vocals, die hier ebenfalls als Untermalung des Sounds dienen und weit im Background ablaufen. Wäre ich böse, würde ich sagen, KAIRON; IRSE! sind eine dieser Bands, die Hipster gerne hören. Aber das würde dem musikaischen Ansatz der Finnen nicht gerecht werden. Es ist definitiv keine Musik für die breite Masse, was man durchaus positiv sehen kann. Und ich möchte dringend davon abraten, "Polysomn" mal so nebenbei zu hören, denn die Gefahr mit Alpträumen aufzuwachen, ist sehr groß.

Ach ja, hätten KAIRON; IRSE! das "n" gegen ein "s" ausgetauscht, es würde definitiv passen. Denn Kairos ist der griechische Gott der Gelegenheiten. Und "Polysomn" bietet bei konzentriertem Zuhören jede Menge Gelegenheiten, um einfach mal abzutauchen. So ist "Polysomn" ein Album geworden, das Roadburn-Besuchern sicher gefallen wird und darüberhinaus, bei entsprechender visueller Untermalung, auch auf anderen Bühnen für eine Auszeit vom Alltag sorgt.



Gesamtwertung: 7.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood dry dry dry
Trackliste Album-Info
01. Psionic Static
02. Retrograde
03. Welcome Blue Valkyrie
04. An Bat None
05. Mir Inoi
06. Altaär Descends
07. Hypnogram
08. Polysomn
09. White Flies
Band Website: www.facebook.com/kaironirse/
Medium: CD
Spieldauer: 49:01 Minuten
VÖ: 11.09.2020

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten