Infidel Reich - Reichenstein

Review von Damage Case vom 13.11.2019 (5920 mal gelesen)
Infidel Reich - Reichenstein Gegenwärtig erlebt die Metal-Szene und insbesondere ihre extremen Ränder im Todes- und Schwarz-Sektor einen interessanten Trend: Die meisten Musiker, die in den späten 1980ern/frühen 1990ern als Teenager ihre legendären Bands gründeten und damals die musikalische Welt eroberten, überschreiten um 2020 ihr fünfzigstes Lebensjahr. Die wilden Jahre sind um und die Qualität vieler neuen Projekte ist gar vorzüglich, man spürt eine Altersweisheit vieler dieser Veteranen. Was zur transatlantischen Brücke hat das mit der amerikanisch-niederländischen Kollaboration INFIDEL REICH zu tun? Diese Band besteht aus Veteranen jenseits der Midlife Crisis und stellt ein gutes Beispiel für die zuvor aufgestellte These dar. Die beiden bekanntesten Beteiligten sind Schlagzeuger Bob Bagchus (viele ehemalige und aktuelle Bands, darunter langjährig elementarer Bestandteil von ASPHYX) und Shouter Vincent Crowley (Gründer von ACHERON und dort Multiinstrumentalist).

Nach der 2017 veröffentlichten selbstbetitelten EP erscheint nun das erste Langeisen "Reichenstein". Zwei Dinge fallen direkt auf: Keines der fünf EP-Stücke wurde auf das Debüt gepackt - es gibt zehn neue Brecher, was sehr löblich ist und auch Neu-Fans die Anschaffung der EP nicht unrentabel macht. Zweitens gibt es erneut ein Cover-Artwork, das mit militärischer Optik spielt. Die Selbstbetitelte kokettierte mit der Wehrmacht, 2019 ist die Rote Armee dran. Außerdem hat die Band das Wort "Reich" im Bandnamen und Albumtitel. Allerdings wurden die bekannten Symbole der beiden Armeen/Regime ausgetauscht - so zum Beispiel das Hakenkreuz durch einen Ausschaltknopf. Die Band betont zusätzlich im Promo-Sheet, dass sie keinerlei rassistischen, kriegsverherrlichenden oder sonstigen extremistischen Tendenzen anhängt, und so sind auch deren Mitglieder in der Vergangenheit nie mit derartigen Äußerungen aufgefallen. Vielmehr wollen INFIDEL REICH mit Texten über Arbeiterklasse, Medienmanipulation und Meinungsfreiheit aufrütteln und in ähnlicher Weise mit Worten provozieren wie dereinst CARNIVORE. Dass die Politcal Correctness ein Ende haben muss oder freies Recht auf Waffenbesitz, wie die Band fordert, kann man diskutieren - muss man aber zumindest als Meinung auch einmal aushalten können. Über die militärische Optik kommt man direkt zum musikalischen Vergleich mit dem niederländischen Death Metal-Panzer HAIL OF BULLETS. Und von dort aus ist der stilistische Weg zu ASPHYX, dem letzten ACHERON-Werk "Kult Des Hasses" oder auch aktuell MEMORIAM nicht mehr weit. Und all diese Genannten geben einen guten Eindruck davon, was man von INFIDEL REICH erwarten darf. Und sogar fast in gleicher Qualität! Grooviger Death Metal, meist im Midtempo, melodische Leads, Double Bass-Drums und mehr Growl als unverständlicher Grunz. Nur den Doom von ASPHYX oder den leicht verwaschenen, typisch holländischen Gitarrensound findet man hier nicht - und Vincent Crowley ist ohne Satan aus den USA eingeflogen. Erwähnt seien noch die beiden Versionen des Abschlusstracks 'Hymn To Victory', der in zwei Versionen enthalten ist. Einmal als "Reich Version" ausschließlich mit Vincent Crowley am Mikro, und einmal mit einer illustren Gästegrunzarmada, bestehend aus Mike Browning (NOCTURNUS AD), Kam Lee (MASSACRE), Dave Ingram (BENDEDICTION und DOWN AMONG THE DEAD MEN, Ex-BOLT THROWER), Wannes Gubbels (PENTACLE), Aad Kloosterwaard (SINISTER), Stephan Gebedi (THANATOS), Scott Reigel (BRUTALITY), Tomas Stench (MORBOSIDAD) und Rai Wollers (bisher unbekannt). Dieses Namedropping hätte jedoch es nicht gebraucht, um diesen tollen Song aufzuwerten.

Fazit: Leckerer Happen für alle Death Metal-Fans, die auf die groovigere Variante stehen und dieselben Einflüsse wie die Mucker teilen, also MOTÖRHEAD, SODOM, VENOM und BATHORY oder einfach nur seit 2017 auf frisches Futter von INFIDEL REICH warten.

Drei Anspieltipps: 'Killing Culture' vereint alle Merkmale, die INFIDEL REICH definieren, die schmissigen 'Reich Fucking Roll' und 'Gunzilla's Stand' sind beinahe schon astreiner Death'n'MOTÖRHEAD.

Gesamtwertung: 7.5 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Impius Mundi
02. Reichenstein
03. Killing Cultures
04. Gunzilla's Stand
05. Standby For Revolution
06. Reich Fucking Roll
07. Selling Salvation
08. Nuclear Showdowns
09. Victims Inc
10. Hymn To Victory
11. Hymn To Victory (Reich Version)
Band Website: www.facebook.com/infidelreich/
Medium: CD
Spieldauer: 40:30 Minuten
VÖ: 15.11.2019

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