Interview mit Terry DeFire von Crystal Throne

Ein Interview von baarikärpänen vom 12.02.2022 (6308 mal gelesen)
CRYSTAL THRONE sind nicht nur einfach eine weitere neue Band, die sich dem traditionellen Metal verschrieben hat. Denn die Franzosen kombinieren auf ihrem Debüt gut abgehangenen Stahl der Güteklasse A mit frühem Progressive Metal, wie ihn zum Beispiel FATES WARNING spielten. Dabei herausgekommen ist ein Album, das als echtes Ausrufezeichen zu bewerten ist. Sänger Terry DeFire stellte sich bereitwillig unseren neugierigen Fragen.

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Lass mich zu Anfang sagen, wie beeindruckt ich war, als ich euer Album zum ersten Mal gehört habe. Hochachtung! Wie waren denn die Reaktionen von Presse und Fans bisher?

Terry: Vielen Dank! Die Reaktionen waren bis jetzt durchgehend positiv. Besonders freut es uns, dass wir so viel positives Feedback von außerhalb Frankreichs bekommen. Reviews, Interviews, unsere Musik im Radio zu hören und zu sehen, dass unsere CDs in so viele Länder verschickt werden, ist schon eine Art Belohnung für uns. Deutschland, Belgien, Skandinavien, sogar Polen, USA, Japan oder Süd-Amerika. Man scheint unsere Musik zu mögen.

In meinem Review habe ich geschrieben, dass es für mich so eine Art "New Wave of Traditional French Metal" gibt. Besonders wenn man an Bands wie HERZEL, TENTATION, die reformierten SORTILÈGE und jetzt eben auch CRYSTAL THRONE denkt. Wie siehst du das?

Terry: Da kann ich durchaus zustimmen. Frankreich hat im Moment eine Menge großartiger Bands zu bieten. Mit einigen davon sind wir befreundet.

Ihr seid ja keine "Frischlinge" mehr. Kannst du uns etwas mehr zum musikalischen Background der einzelnen Musiker erzählen?

Terry: Ich bin schon mit Hard Rock aufgewachsen, also Sachen wie SCORPIONS, DEEP PURPLE, RAINBOW... Sehr beeinflusst hat mich die erste Welle des Prog Metal, wie er von FATES WARNING, CRIMSON GLORY oder QUEENSRÿCHE gespielt wurde, auch wenn ich natürlich jede Menge andere Sachen gehört habe. In der Anfangszeit habe ich in verschiedenen lokalen Bands als Gitarrist oder Sänger gespielt, bis ich dann bei der belgischen Band HORACLE eingestiegen bin. Mit der Band habe ich zwei EPs und einen Longplayer veröffentlicht (2015). Wir standen unter anderem mit so tollen Bands wie DIAMOND HEAD, TYTAN, CANDLEMASS oder MANILLA ROAD auf der Bühne. Im Moment bin ich neben CRYSTAL THRONE noch bei THE HELL PATROL (einer JUDAS PRIEST-Coverband) und bei CRIMSON CHALICE, von ICED EARTH und QUEENSRÿCHE beeinflusst, aktiv. Dunkel, aggressiv und dennoch sehr melodisch, mit zwei Gitarristen und Keyboarder. Wir gehen sehr wahrscheinlich nächsten Monat ins Studio. Der CRYSTAL THRONE-Gitarrist Max spielt noch bei DRENALIZE, einer Hard Rock-Band aus Frankreich, die gerade dabei sind, ihr zweites Album zu veröffentlichen. Außerdem veröffentlicht er unter seinem Namen auch Alben, die mehr in Richtung Progressive Metal gehen. Mit unserem Bassisten Jeff, einem sehr guten Freund von mir, habe ich schon vor zehn Jahren versucht, eine Band auf die Füße zu stellen. Zum Glück hat es jetzt endlich geklappt. Er spielt übrigens auch in der großartigen französischen Death Metal-Band CATALYST. Was den Rest der Band angeht, sind wir gerade auf der Suche, da uns unser Drummer Alex Gricar (spielt auch bei DRENALIZE) verlassen hat. Wir haben einen vielversprechenden Nachfolger, der sich bei uns vorgestellt hat. Außerdem suchen wir dringend noch einen zweiten Gitarristen für die Live-Shows, da Max die komplexen Sachen auf der Bühne gar nicht alleine spielen könnte.

Ihr habt euch 2019 gegründet. Was gibt es von den Anfängen der Band zu erzählen?

Terry: Im Grunde hat es damit angefangen, dass Max und ich uns unterhalten haben und reichlich genervt waren von den Leuten, die einfach nur so zum Spaß, ohne Ambitionen, in einer Band zocken. Wir kamen zu dem Entschluss, dass wir es einfach mal versuchen sollten. Verstehst du, wir sind beide Musiker, die die Sache einfach anpacken und nicht nur labern, wie so viele andere in dem Business. Max hat seinen eigenen Kanal auf YouTube und wir haben uns den Spaß gemacht, eines Abends in einem Livestream vor der Kamera einen Song zu schreiben. Das hat sehr gut funktioniert und wir dachten uns, warum nicht gleich ein ganzes Album schreiben. War natürlich eine echte Challenge, aber hat uns das nötige Feuer unterm Hintern gemacht.

Ihr seid aus Metz, also sehr dicht dran an Deutschland, Luxemburg und Belgien. Habt ihr Verbindungen in die dortigen Szenen?

Terry: Na sicher. Wie ich schon erwähnt habe, war ich ja auch in Belgien aktiv in einer Band, und wir haben auch sehr oft in Deutschland gespielt. Deutschland ist in gewisser Weise ja auch sowas wie ein sicherer Hafen für Bands, die sich dem traditionellen Metal verschrieben haben. Deswegen von meiner Seite: Danke Deutschland!

Normalerweise veröffentlichen neuformierte Bands ja erstmal ein Demo. CRYSTAL THRONE kamen aber gleich mit einem kraftvollen und professionellen Album um die Ecke, was sicher eurem Background geschuldet ist?

Terry: Richtig. Obwohl ich schon sagen muss, dafür dass die äußeren Umstände alles andere als leicht waren, waren wir verdammt schnell. Aber sowohl Max als auch ich sind ja sehr professionell unterwegs und keine blutigen Anfänger. Wir waren schon gleich zu Beginn in einem guten Flow. Gute 85% des Albums standen recht schnell. Aber auch die restlichen 15% waren keine echte Herausforderung, obwohl unser Material alles andere als simpel gestrickt ist. Die anderen Mitglieder kamen übrigens erst danach zur Band.

Im Gegensatz zu den erwähnten HERZEL, TENTATION oder auch EXISTANCE, deren Musik eher geprägt ist von den straighten Helden der NWoBHM oder den mittleren 80ern, habt ihr einen total anderen Ansatz gewählt. Die Musik von CRYSTAL THRONE ist deutlich komplexer und auch progressiver. Auch wenn das Info-Blatt Bands wie FATES WARNING oder QUEENSRÿCHE anführt, seid ihr weit entfernt davon, eine Kopie zu sein und habt einen sehr eigenständigen Stil. Was schwebt euch also vor, wenn ihr die Songs schreibt?

Terry: Nochmals vielen Dank. Hm, das ist schwer zu erklären. Ich denke, du musst einfach nur mit dir im Einklang sein und dich nicht weiter darum kümmern, was alles so auf dich einprasselt. Ich meine die Welt da draußen. Das gilt sowohl physisch - wir sind zum Beispiel gerne einfach nur unter uns und brauchen nicht einen Haufen weiterer Leute - als auch sich einfach mal von der Welt zu lösen, vom Zeitgeist. Wir kümmern uns eigentlich nicht darum, was gerade angesagt ist, egal ob es im Heavy Metal ist oder in den eher progressiveren Spielarten. Wir würzen unser Songwriting gerne mit originellen Ideen, die wir dennoch aus einem recht konservativen Stil beziehen (was immer das auch bedeuten mag - der Autor). Das gibt uns mehr Möglichkeiten, uns auszudrücken und gibt uns die Freiheit, auch mal was zu wagen. Es muss übrigens nicht unbedingt komplex sein, was wir machen. Wir sind da sehr frei in der Gestaltung unserer Songs. Klar, wir hatten beide natürlich unsere Einflüsse, die wir in uns aufgenommen haben. Aber mittlerweile sind wir an einem Punkt, wo wir es gar nicht mehr nötig haben, irgendjemanden oder irgend eine Band zu kopieren.

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Ich stimme größtenteils mit dem überein, was in eurem Info-Blatt steht, aber besonders ein Song, 'Mechanical Tyranny', erinnert mich doch sehr an VOIVOD. Das liegt nicht nur am Titel, sondern vor allem an der musikalischen Umsetzung. Habt ihr die Kanadier beim Songwriting irgendwie im Hinterkopf gehabt?

Terry: Nicht wirklich. Ehrlich gesagt hatten wir keine andere Band im Hinterkopf. Wir wussten nur, dass gerade dieser Song jede Menge Wucht brauchte. Ich war mir klar, dass mein Gesang bei diesem Stück viel aggressiver sein musste und Max hat eine Menge Thrash in sein Gitarrenspiel gepackt. Vielleicht liegt es einfach nur an dem verrückten Tuning der Gitarre, dass dich der Song so an VOIVOD erinnert.

Ich denke 'Foreshadowed Sands' ist ein sehr komplexer Song auf dem Album, und es braucht eine Weile bis er zündet. Ich zumindest musste ihn mir sehr oft anhören. Gerade weil er so komplex ist, musste also ein zweiter Gitarrist her?

Terry: Ha, die Meinung hast du fast exklusiv. Ehrlich gesagt, dachten wir das aber auch. Deswegen hat es uns auch etwas gewundert, dass gerade dieser Song mit seinem ägyptischen Vibe bisher am besten bei den Leuten angekommen ist. Und ja, genau deshalb sind wir gerade dabei, einen zweiten Gitarristen an Bord zu holen. Einer der Kandidaten hat mir gerade erst ein Video geschickt, in dem er unsere Songs spielt. Und er ist wirklich gut. 'Foreshadowed Sands' kann man einfach nicht mit nur einer Gitarre auf die Bühne bringen. Max hat da einen Wahnsinnsjob abgeliefert, bei all den Gitarrenspuren.

Wo wir gerade von Shows sprechen, kommt natürlich die Frage nach euren bisherigen Aktivitäten auf dem Live-Sektor. War ja bestimmt nicht einfach, eine Band zu starten und schon kurze Zeit später bringt Corona alles zum Stehen.

Terry: Glücklicherweise mussten wir keine Shows canceln, weil keine geplant waren. Und ehrlich gesagt haben wir auch noch keine Shows gespielt. Bis jetzt ist auch nur ein Gig im Juli bestätigt. Es ist halt alles noch frisch und neu. Unser Album ist ja auch erst ein paar Monate auf dem Markt. Aber wir sind bereit für Shows. Also ihr Organisatoren, kontaktiert uns und wir sind bereit eure Bühnen in Schutt und Asche zu legen (lacht).

Wenn man Interviews liest, dann scheint es zwei Seiten zu geben. Da sind die Bands, die wirklich unter all den Beschränkungen leiden und auf der anderen Seite Bands, die gerade wegen der Beschränkungen die Zeit endlich nutzen konnten, um ausgiebig an ihrem Material zu arbeiten. Wo sehr ihr euch?

Terry: Na ja, rein finanziell gesehen ist es ja ein Desaster für alle, seien es Bands, Clubs, Veranstalter, Bühnenarbeiter... Der Untergrund hatte es ja sowieso nicht leicht und dann kam auch noch die Pandemie obendrauf. Wir drücken einfach die Daumen, dass es sich möglichst bald wieder normalisiert und wir unser Album auch live promoten können und es nicht weiterhin so ist, dass Shows kurz vor Beginn noch gecancelt werden.

Lass uns besser wieder zu erfreulicheren Themen kommen. Ehrlich gesagt hat mich vor allem Max und sein Können an den sechs Saiten umgehauen. Er selbst nennt ja Jason Becker als sein Idol, aber ich höre da auch viel Yngwie Malmsteen. Vor allem der Beginn von 'Steelbirds' ist da ein gutes Beispiel.

Terry: Hell yeah! Das Intro zu diesem Song ist wirklich sehr "neoclassical". Trifft aber auch auf viele seiner Soli auf dem Album zu. Max ist ein echter Künstler, sehr präzise, sauber und artikuliert in seinem Spiel.

Wenn man nach den Infos auf Metal Archives geht, sind CRYSTAL THRONE immer noch independent, also ohne Vertrag. Stimmt das noch und habt ihr nicht Angebote von interessierten Plattenfirmen gehabt?

Terry: Die Info stimmt immer noch. Wenn ich ehrlich bin, ist das auch in Ordnung für uns. Wir entscheiden selbst, wann und was wir veröffentlichen. Auch in finanzieller Hinsicht ist es für uns im Moment die attraktivste Lösung, wenn wir uns um alles kümmern.

Es ist ja geplant, dass es von eurem Album auch eine limitierte Vinyl-Auflage geben soll. Leider teilt ihr euch momentan mit vielen anderen kleineren Acts das gleiche Schicksal. Nicht nur sind die Rohstoffe sehr limitiert, und dann kommen auch noch die großen Label, die mit ihren riesigen Aufträgen, wie zum Beispiel der neuen ADELE, die Presswerke blockieren. Eure Veröffentlichung war für Februar geplant, wurde aber schon vor einigen Wochen von euch nach hinten verschoben. Wie ist der aktuelle Stand?

Terry: Nah man, unsere Musik ist so episch, die haben gerade heute erst ADELE wegen uns aufs Wartegleis geschoben (lacht). Spaß beiseite, du hast natürlich Recht, was die momentane Situation angeht. Leider wird es wohl bis Mitte des Jahres dauern, bis wir das Vinyl verschicken können. Und weißt du was, ich kann es selbst nicht mehr erwarten, bis ich das Ding in Händen habe, vor allem wegen dem tollen Artwork von Velio Josto. Das Album wird als Doppel-Vinyl im Gatefold erscheinen, weil wir keine Abstriche in der Soundqualität haben wollten. Wir sind super zufrieden mit den bisherigen Vorbestellungen und es sind auch nur noch wenige Exemplare erhältlich. Wer also Interesse hat, der schaut ganz schnell auf unserer Seite bei Bandcamp vorbei.

Wie du bereits erwähnt hast, hat Velio Josto euer Artwork gestaltet. Er hat ja unter anderem schon für sehr bekannte Acts wie ENFORCER oder RIOT V gearbeitet. Wie seid ihr an ihn gekommen und ist das Artwork exklusiv für euch entstanden?

Terry: Ich kenne Velio schon eine ganze Weile, da er zuvor schon zwei Artworks für meine alte Band HORACLE gestaltet hat. Es macht Spaß, mit Velio zu arbeiten, weil er sehr genau auf die Vorstellungen der jeweiligen Bands eingeht. Und ein großartiger Künstler ist er außerdem.

Auch die Produktion und der Mix eures Albums sind wirklich sehr gelungen. Habt ihr selbst produziert und wie liefen die Aufnahmen ab?

Terry: (auf deutsch) Danke! Den größten Verdienst hatte aber Claude vom Dogged Studio. Er hat das Album gemischt und gemastert und hatte jede Menge...Geduld (lacht). Betrifft im besonderen meine Vocals, weil da zum Teil 20 Spuren übereinander liegen wegen der Harmonien, und auch bei den Drums hatte er eine Menge Arbeit. Es war cool, mit ihm zu arbeiten, weil wir schon sehr genaue Vorstellungen vom Endergebnis hatten: es sollte nicht so komprimiert klingen wie so viele Alben in den letzten 20 Jahren, aber doch sehr klar und vor allem sollte man alle Instrumente klar heraushören können. Claude, du rockst! Wenn du "Dooged Studio" auf YouTube eingibst findest du übrigens Videos, die ihm beim Mix von Teilen unseres Albums zeigen. So eine Art Tutorial. Die Aufnahmen selbst haben Max und ich zuhause erledigt.

Wir nähern uns so langsam dem Ende. Zeit, uns wissen zu lassen, ob ihr an neuem Material arbeitet oder was ihr so geplant habt.

Terry: Wie ich schon erwähnte, stellen wir unsere Armee gerade neu auf, mit zwei neuen Kriegern an Bord. Ich denke also mal, die Welt zu erobern wäre ein guter Plan (lacht). Wir müssen wirklich auf die Bühne, um unser Album zu promoten. Und zwar ASAP! Im Moment machen wir wirklich alles, um die Scheibe zu promoten. Dazu arbeiten wir neuerdings mit einem Promoter und verbringen eine Menge Zeit damit, Interviews zu geben, so oft wie möglich auf Instagram Updates zu posten, so wie auch auf Facebook und unserem YouTube-Kanal. Geplant ist übrigens auch eine eigene Website. Und ja, wir haben tatsächlich schon mit der Arbeit am nächsten Album angefangen. Ich kann dir versprechen, es wird unser Debüt ganz schön alt aussehen lassen. Und bevor ich es vergesse: Vielen Dank für das Interesse von Bleeding4Metal und von dir an unserer Band. Metal never dies, so join the ranks Crystalers!

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