Rock Hard Festival 2009

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Take off: 29.05.2009 - Review (14870 mal gelesen)

Sommer, Sonne und Musik - das ist das RockHard Festival. Wie bereits im Vorjahr durften sich die Metalheads auf dem RHF vom Wetter durchaus verwöhnt fühlen, auch wenn die Sonne nicht ganz so erbarmungslos niederging wie im Vorjahr, der Autor zog sich dennoch einen kleinen Sonnenbrand zu.

Freitag

Aber genug des Selbstmitleids und rein in eine Restrospektive des Festivals. Als um 15 Uhr am Freitag WITCHBURNER die Bühne betraten, saß ich selbst leider noch im neunten Stock eines 70er Jahre Fertigbaus ohne Fenster und genoß linguistische Metapherntheorien in literarischen Beispielen, sehr schade, denn, so sagten zumindest einige Besucher, WITCHBURNER gelang wohl ein großartiges Opening für das Festival. Ebenso unterhaltsam waren wohl auch die Briten von ANGEL WITCH, deren Sound ich zumindest noch ein wenig hörte.

Richtig ins Geschehen ging es dann mit DESTRÖYER 666, welche durch das RockHard selbst wieder gesellschaftsfähig gemacht wurden und aufgrund - Achtung! Böse Unterstellung - dieses gut geplanten Marketingverfahrens zog die Band auch viele Menschen vor die Bühnen. Musikalisch unterhaltsam, aber auf der Bühne eher belanglos prügelten sich die vier Aussis durch ihr Set, vielleicht störte auch die Sonne etwas die Athmosphäre, ein eher unspektakulärer Auftakt.

Wie man es als harte Band denn richtig machen kann zeigte danach PRONG. Die Helden des 90er Crossovers boten neben guten Songs und fettem Sound vor allem eine Menge Coolness und viel Spaß. Knallender Cowbellsound zu einem Anfangs etwas undifferenziert anmutenden Bass. Dennoch, spätestens zu 'Break your fingers, break your neck' war die Moshpitstimmung aus der Crowd auf die Tribünen übergeschwappt und es wurde fleißigst mitgegröhlt. Coole Band, coole Show, da werden wohl CD-Käufe fällig.

Ganz sicher nicht fällig werden diese aber bei JAG PANZER, der sicherlich belanglosesten Band des Festivals. Uncharismtaisch und mit den langweiligsten Soli des Powermetal, auch wenn DRAGONFORCE am folgenden Tag eine durchaus beachtliche Konkurrenz darboten, langweilte sich die Band durch ein Set, welches vor allem Auffälligkeiten durch viele Chöre, Keyboard und Melodieparts vom Band erlangte und lies die Stimmung im Amphietheater durchaus etwas sinken. Ich frage mich ernsthaft, warum es Menschen gibt, die sich fragen, warum diese Band den Durchbruch nie geschafft hat.

Doch genug der Langeweile, ein Härtetest stand an. Funktionieren OPETH auf einem Festival? DAMAGED JUSTICE-Gitarrist Maik Stiens merkte im Vorfeld an, dass es unangebracht sei, OPETH auf einem Festival spielen zu lassen, immerhin bräuchten sie 90 Minuten für ihre 6 Songs. So viel Wahrheitsgehalt im zweiten Teil der Aussage liegt, umso gefehlt hat der erste Teil. OPETH passten wunderbar ins Billing und wurden, im Gegensatz zu den großartigen SPOCKS BEARD im Vorjahr, auch vom gesamten Publikum angenommen. Mit viel Waldprojektionen auf der Leinwand und einer eher statischen Bühnenshow gehören OPETH zwar nicht zu den unterhaltsamsten Bands dieses Planeten, auch wenn die Ansagen von Mikael Akerfeldt einer gewissen Komik nicht entbehren, jedoch zählen sie zu den Bands, denen eine hervorragende Umsetzung des Albummaterials gelingt. Hervorragend illuminiert wurden vor allem die psychedelischen Parts des Sets, ein wenig wie ARTE schauen auf LSD und der erste Abend klang sehr entspannt aus. Vorfreude auf Samstag war garantiert.

Samstag

Auch die erste Band des Samstags sei mit einem quasi Zitat gewürdigt, denn auch EVOCATION bekam ich dank eines Recklinghäuser Kennzeichens vor mir, nur als Schall aus dem Wald auf die Ohren. Der O-Ton von LAYMENT-Gitarrero Tobe Schmidt fiel jedoch äußerst positiv aus: "Extrem überzeugender, technischer Deathmetal, unbedingt den ganzen Katalog kaufen!" Na, dann lassen wir das mal so stehen und gehen über zu GRAND MAGUS.

Das Strockholmer Trio wirkte Anfangs etwas nervös und auch der schwankende Sound war etwas störend. Die Sound- und Präsenzprobleme erübrigten sich jedoch nach kurzer Zeit und die Band machte richtig Spaß. Sänger JB wirkte ein wenig wie ein junger Rob Halford, zumindest aus der Distanz, und die gute Laune, welche die Band verbreitete, ließ auch die Anfangs etwas schiefen zweistimmigen Gesangslinien vergessen, vor allem, da sich die vokalistische Zusammenarbeit während des Sets steigerte. Eine kleine Deutschstunde gab's dann noch vor dem Titeltrack des letzten Albums "Iron Will" und als sich die Band nach 40 Minuten verabschiedete, verlieb mehr als Höflichkeitsapplaus.

Mit dem folgenden Act hatte ich damals, als "Le Fol" auf meinen Tisch landete, so meine Problemchen. Live sind AUDREY HORNE jedoch eine Bank und boten auf, was sich in diversen Jahren musikalischer Betätigung so ansammelt. Dass die Jungs eigentlich eher aus härteren Gefilden kommen, war ihnen nicht anzumerken, und vor allem die Nähe zum Publikum, welcher vor allem Sänger Torkjell Rød fröhnte und welche die Securitys dazu zwang als Kabelführung zu dienen, machte den Gig sehr unterhaltsam. Schade nur, dass das Sixtett die Bühne bereits zehn Minuten vor offiziellem Setende, laut Running Order, verließ.[jos]

Da sich mein Kollege JoS während des Auftritts von HAIL OF BULLETS den fleischlichen Genüssen widmete - selbst ein aufopferungsvoller Schreiberling muss ab und an mal etwas essen - ist es an mir ein paar Worte über den Auftritt der Jungs aus unserem Lieblingsnachbarland zu verlieren. Während bei AUDREY HORNE direkt vor der Bühne eine kleine, dafür aber textsichere Fanschar versammelt war, konnte man beim Gig von HAIL OF BULLETS das erste Mal für diesen Tag feststellen, dass es endlich richtig voll wurde. Das mag auch ein wenig an der voranschreitenden Tageszeit gelegen haben, immerhin lag zu diesem Zeitpunkt bereits ein anstrengender Festivaltag hinter den Besuchern, der bei dem ein oder anderen seine Spuren hinterlassen haben dürfte. Nicht nur die Freunde des Death Metal kamen dann auf ihre Kosten, die Jungs aus den Niederlanden verstanden es, Stimmung zu machen. Die steigerten sie noch mit Anfeuerungen an die Menge, sie wollten hören wer lauter schreien könne; die Fans aus Amiland, wo die Band die letzten Shows gespielt hat, oder das Rock Hard Festival. Fazit: gelebte Völkerverständigung, bei der sowohl die Band als auch die Fans merklich ihren Spaß hatten. [ssy]

Vier Worte zu DRAGONFORCE: "This is Spinal Tap!". Zugegebenermaßen, unterhaltsam war die Show und einen guten Tag hatte die Band auch erwischt. Die Doublebass rumpelte nicht allzu schlimm und der eine oder andere Ton der zweistimmigen Gitarrenläufe passte auch auf seinen Gegenpart. Dennoch bleibt bei der "fastest Band of the world" immernoch der bittere Beigeschmack langweiliger Songs und Soli. Geschwindigkeit ist eben nicht alles, manchmal braucht es auch Technik und Gefühl und so bleibt, trotz unterhaltsamer Zirkusshow mit Trampolinen, ein nicht unbedingt allzu positives Bild von 'STUDIOFORCE' hängen. So radikal, wie Kollege Micha von RADIO GEHACKTES es ausdrückte, als er sagte, er wusste gar nicht, dass eine Band so egal sein kann, sehe ich es zwar nicht, aber als Playbacktheater würden sich DRAGONFORCE doch besser machen, als als Metalband.

Aber genug des Theaters, back to the roots, ab zu FORBIDDEN. Die Bayarea Thrasher überzeugten bereits auf dem letzten BANG YOUR HEAD!!! und bewiesen auch auf dem diesjährigen RockHard, dass sie es noch immer drauf haben. Eine gute Setlist und sehr guter Gesang animierten dann auch das Publikum zum ersten großen Circlepit des Festivals - sogar mit einer Inselbildung in der Mitte, was mir bisher noch nicht zu Augen gekommen ist - und die Stimmung im Amphietheater trieb weiter Richtung Siedepunkt. Mitsamt spaßigen Ansagen "Well, we could have played both songs while talking" hinterliesen FORBIDDEN einen guten Gesamteindruck, so muss Thrashmetal live aussehen!

Nun aber zu etwas ganz anderem. JON OLIVA'S PAIN gaben sich die Ehre und waren so freundlich, sich großteils auf SAVATAGE Songs zu berufen und wurden damit die Band des Festivals. Jon Oliva selbst bewies sich gut bei Stimme und auch wenn zu Beginn des Sets kaum Menschen vor der Bühne waren, so war der Innenraum zum Ende des Sets doch gut gefüllt. 'Hounds' wurde erneut Chris Oliva gewidmet, es gab 'Of Rage And War' und mit 'Tonight He Grins Again', wie auch 'Believe' spielte sich die Band in die Herzen vieler der Besucher. Während der Meister der Dramatik sich selbst leicht feuchte Augen bescherte, brach neben mir ein junger Headbanger beinahe unter Tränen zusammen, so etwas habe ich bei anderen Bands selten gesehen. Mit 'Jesus saves' und dem obligatorischen 'Hall of the Mountain King' gings dann doch eher im Uptempo aus dem Set. Ein Wort reicht: "Wahnsinn!". Jetzt noch eine Band spielen zu lassen wäre eigentlich Blasphemie, doch die Running Order wollte es so.

Und im großen und ganzen war das auch nicht schlimm. Im vierten Anlauf bekam ich dann CHILDREN OF BODOM auch endlich zu sehen, welche mit angeschlagenem Alexi - ausgerenkte Schulter, gebrochene Rippe - nur 80 ihrer 90 Minuten Headliner Zeit ausnutzten, dies jedoch technisch großartig und mit unterhaltsamer Bühnenshow. Keyboarder Janne Wirman brachte den uralten Essen-Witz, ja, er war in Essen saufen, was aus seinem Munde aber irgendwie wirklich spaßig war, und auch die Setlist ließ nicht zu wünschen übrig. Mit 'Needled 24/7' gings direkt fix ins Set und auch weitere Klassiker á la 'Bodom After Midnight' und 'In Your Face' wurden gespielt. Zudem noch eine kleine Einlage mit VAN HALENs 'Jump'. Sehr spaßig und so ging es gut gelaunt nach Hause.

Sonntag

Auf zum letzten und längsten Tag des Festivals. Diesmal beschwerte ein BMW Cabrio die Anreise - nun, 70 km/h sind aber auch eine enorme Geschwindigkeit. Dennoch gelang ein flüchtiger Blick auf die Opener des Tages, TRACEDAWN, zu werfen und der gefiel. Die Band war agil und publikumsnah, machte einfach Spaß.

Ein Filetstück des Tages, O-Ton Michael Rensen, gab es danach mit FIREWIND und was ganz schmackhaftes war die Band wahrlich. Melodic-Powermetal at it's best. Das griechische Quintett mit Gitarrist und Keyboarder in Doppelfunktion spielte alte und neue Songs und bot als Schmankerl noch 'Maniac' von Michael Sembello oben drauf. Cool.

Ganz cool wurde es danach bei BULLET. Die Schweden sind inzwischen anscheinend zur RockHard Lieblingsband avanciert und durften diesmal recht spät spielen, füllten diese Positon aber auch vollkommen aus. Dreckiger Rock'n'Roll, ein Bastard aus JUDAS PRIEST und ACCEPT, ja, so macht ein Festival Spaß. Der Rest des Amphietheaters sah das augenscheinlich ähnlich, denn spätestens beim Sing-along von 'Bang Your Head' wurde gut mitgegröhlt.

Was passiert eigentlich in Disneyland, wenn die Sonne untergegangen ist? DAD - Langform: DISNEYLAND AFTER DARK - gaben einen überwältigenden Eindruck. Nicht nur, dass Stig Petersen wieder einen ganzen Schrank voll, nun, zweisaitern dabei hatte, nein, die Combo gab sich auch so größte Mühe mit dem Publikum zu feiern und fuhr dickes Feuerwerk auf. Im Gegensatz zu DRAGONFORCE wirkte die Sache hier jedoch stimmig und cool, sodass sich bei dem Abschlussdoppel 'Sleeping My Day Away' und 'Monster Philosophy' einige Tänzer auf den Tribünen fanden, während schon bereits im Vorfeld die eine oder andere Polonaise durch das Publikum marschierte.

Doch genug der Rockmusik, es war Zeit wieder einmal ein paar Schläge auf die Fresse zu verteilen. Letztes Jahr durfte Lee Altus mit EXODUS ran, dieses Jahr waren es HEATHEN, die in Gelsenkirchen, unter stimmlicher Führung von Immer-mal-wieder-Sänger David Godfrey, good and friendly violence ausriefen. Cooles Set, fetter Moshpit. Ordentliche Sache.

Ganz legendär sollte es dann bei UFO werden. Die britische Kultband hat nun einmal einen Backkatalog an Hits, der eine Wahnsinnsshow möglich macht. Es fanden sich jedoch primär neue Titel auf der Setlist wieder und nicht nur das von mir sehr gewünschte 'I'm a loser' wurde nicht gespielt, sondern auch auf 'Lights out' und 'Doctor Doctor' wurde verzichtet. Zudem wirkte die Band allgemein sehr hüftsteif und gab jenen Besuchern, welche lieber am Bierstand verblieben, Recht. Einige Minuten überzogen und eher belanglos. Sehr Schade.

Ganz und garnicht belanglos hingegen waren SACRED REICH. Die Thrasher erfüllten die an sie gerichteten Erwartungen genauso, wie es ihre Genrekollegen zuvor getan hatten. Der Circlepit wurde noch größer und spätestens bei 'Surfing Nicaragua' brüllte das gesamte Amphietheater mit. Würdiger Co-Headliner über den ich jedoch nicht viel mehr zu sagen habe.

Auch zu SAXON gibt es eigentlich nicht viel zu erzählen. Bereits geschätzte sechs und gefühlte einhundert Mal habe ich die Jungs um Biff inzwischen gesehen und es war nie auch nur ein schwacher Moment dabei. Genauso gestaltete es sich auch an diesem Sonntag auf dem RHF. Drei Songs vom neuen Album, ansonsten die Klassikerschiene durch, außer - jetzt kommts - 'Crusader'. Ich wusste garnicht, dass es eine Show ohne 'Crusader' geben kann und ebenso ließ sich '747 - Strangers In The Night' vermissen, dennoch war die Show großartig und machte einmal wieder höllisch Spaß. Vor allem das Doppelpack 'Denim And Leather'/'Princess of the Night' - letzteres bis zum Letzten ausgereizt - brachte noch einmal eine Menge Feuer in die begeisterte Meute, sodass sich die ursympatischen NWoBHM-Helden unter lauten SAXON-Rufen aus dem Amphietheater verabschiedeten.

Fazit der ganzen Geschichte? Es war wieder einmal ein großartiges RockHard Festival, welches, trotz eigentlich eher schwachen Billings, enorm viel gute Musik aufbot. Götz hat übrigens inzwischen die Haare ganz ab, das Bier ist einmal wieder 20 Cent teurer geworden und die Preise für die kulinarische Versorgung waren, wie fast überall, auch dieses Jahr auf dem RockHard wieder eine Zumutung sondergleichen.

Was geblieben ist, ist jedoch die netteste Security der Welt und die coolste Festivallocation Deutschlands. An dieser Stelle beste Grüße vom RockHard, wo Sebastian Seydel und Daniel "JoS" Lucas für euch arbeiteten, schwitzten, bangten, tanzten und vielleicht auch mal ein Bierchen tranken.[jos]

Billing
CHILDREN OF BODOM
OPETH
JON OLIVA'S PAIN
HEATHEN
BULLET
SACRED REICH
UFO

FORBIDDEN :: DRAGONFORCE :: D:A:D :: FIREWIND :: GRAND MAGUS :: ANGEL WITCH :: HAIL OF BULLETS :: JAG PANZER :: PRONG :: AUDREY HORNE :: WITCHBURNER :: EVOCATION :: DESTRÖYER 666 :: TRACEDAWN

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