Dead Summer Society - So Many Years Of Longing

Review von Zephir vom 14.04.2015 (4548 mal gelesen)
Dead Summer Society - So Many Years Of Longing Die Verpackung ist so gothic, wie es mehr eigentlich nicht geht: der Name DEAD SUMMER SOCIETY ist allein schon programmatisch, der Albumtitel "So Many Years Of Longing" wohl nicht minder, um von der traurig-schönen Dame im langen Kleid mit langem Wallehaar, die das Cover ziert, mal ganz zu schweigen. Wie anders tritt dieses Artwork auf im Vergleich zu der wurzelartigen Gallertmasse, die das Debüt "Visions From A Thousand Lives" (2012) zierte! Doch schon damals wurde das Ein-Mann-Projekt, verkörpert und vertont durch Emiliano Santoro aka Mist, sich mit sich selbst nicht recht einig, ob man nun mit italienischem Gothic Metal liebäugelt (der schließlich starke Namen wie MANDRAGORA SCREAM hervorgebracht hat) oder eher mit zaghaften Doom-Anleihen, oder auch mit dem einen oder anderen vorsichtigen Versuch, BM-Elemente einzubauen.

Ähnlich steht es um das zweite Werk "So Many Years Of Longing", das sich frappierend fragmentarisch gibt. Stilistisch wechselt DEAD SUMMER SOCIETY zwischen den im gotischen Genre üblichen Keyboardsounds wie Synthie-Strings, einschlägigen Gitarren-Hooklines, kontemplativen Doom-Passagen und Black-Metal-ähnlichen Blastbeats, sodass man nicht wirklich weiß, womit man hier eigentlich zu tun hat. Das romantische Intro namens 'So Many Years' besteht aus Gitarrengeplimmel, einer deutlich separat eingezupften Basslinie und dem Effekt von einer auf Vinyl kratzenden Nadel, was dem Ganzen einen nostalgischen Touch verleiht und die Aufmerksamkeit des Hörers deutlich steigen lässt. 'Coldness Gods' startet anschließend in einem Gewand, auf dem Gothic Doom geschrieben steht, so der Bass scheinbar nur einen Ton kann und die sparsam eingesetzten Vocals zunächst in schöner Tiefe grollen, um dann in geheimnisvolles Flüstern überzugehen. So rechte Schwere will sich aber nicht einstellen, es fehlt die Tiefe, die sonst dem Doom zueigen ist. Weiterhin irritieren die Wechsel, die mehrere der Songs mittendrin zerreißen, wie 'It Devours My Faith', wenn der Track zwischendurch einfach ausfadet und ein neuer, stilistisch völlig anders gearteter Teil beginnt, als hätte man auf Teufel komm raus versucht, zwei Songs in einem unterzubringen. Insgesamt sind die sterilen Drums sind eine Schwachstelle - fast dass man ihre digitale Zusammenstellung vermuten könnte. Die halbherzig klassische Frauenstimme, die zwischendurch plötzlich aus dem Nichts zum Vorschein kommt, klingt ganz so, wie das Cover aussieht und dürfte all jenen gefallen, die das Gotische in der Musik schätzen (mir persönlich sagt sie offen gestanden nicht zu).

'Some Peace To Feel', ein schwermütig-romantischer Kandidat, startet mit einer langen Instrumentalpassage, die leider durch ein empörend lieblos eingeklimpertes E-Piano zerstört wird (sorry, aber über dynamischen Anschlag verfügt doch heutzutage jedes Keyboard?!). Gleiches war schon auf dem Vorgängeralbum zu hören und verunstaltet auch das nun folgende Instrumental-Intermezzo 'Longing', das aber mit seinen penetranten String-Synthies ohnehin nicht zu retten gewesen wäre. Eine stärkere Nummer ist wiederum 'Shatters', die mit Post-Metal-mäßig gelayerten Gitarren und vielschichtigen gegrowlten, gesungenen und eingesprochenen Vocals den Begriff des Post-Doom wohl ziemlich genau trifft. Hiermit beweist Allrounder Mist sein Können, und davon hätte ich gerne mehr - werde mit der Gothic-Pop-Rock-Nummer 'State Of Waiting' aber völlig aus dem schönen Gefühl der Tiefe herausgerissen. Nicht nur, dass bis zum Einsatz der Gitarren alles außer den Vocals nach Synthesizer klingt, was sich vor allem im Beat aufs Ärgste bemerkbar macht. Die leidend tremulöse Stimme der mir namentlich unbekannten Sängerin (Santoro arbeitete mit mehreren zusammen) ist einfach überhaupt nicht mein Fall.

Insgesamt ist "So Many Years Of Longing" eine eher schwächliche Angelegenheit, die sicherlich hier und da ihre starken Seiten zeigt, so auch mit dem effektvollen Sprachsample zu Beginn des letzten Songs, 'Stalemate', dessen melodischem Blastbeat-Start und den stimmvollen, fast ein wenig geshouteten Vocals. Auch die feminine Stimme ist hier sehr viel erträglicher und 'Stalemate' ist gemeinsam mit 'Shatters' mein Liebling des Albums. "So Many Years Of Longing" hätte dazugewonnen, wenn man von den zwölf Tracks einige herausgestrichen hätte. Hätte, hätte, Fahrradkette. Warten wir einmal ab, in welche Richtung sich das nächste Werk bewegen wird und ob DEAD SUMMER SOCIETY dann vielleicht verstärkt an den Stärken arbeitet - die sind nämlich da, sie halten sich nur noch viel zu sehr versteckt.

Gesamtwertung: 5.0 Punkte
blood blood blood blood blood dry dry dry dry dry
Trackliste Album-Info
01. So Many Years
02. Coldness Gods
03. It Devours My Faith
04. Some Peace To Feel
05. Longing
06. Shatters
07. State Of Waiting
08. Every Death Is Certain
09. A Winter Day
10. Failure
11. Desperate Sun
12. Stalemate
Band Website:
Medium: CD
Spieldauer: 1:06:02 Minuten
VÖ: 22.03.2015

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten