Interview mit Till von Elvenpath

Ein Interview von Jukebox vom 13.04.2011 (15661 mal gelesen)
Im Zuge des neuen Albums der Frankfurter Power Metaller hatte ich Gelegenheit, Gitarrist Till einige Fragen zu stellen. So entstand ein wirklich interessantes und hochinformatives Interview, welches nicht nur Hintergrundwissen über die Band und das neue Album vermittelt, sondern auch ein wenig hinter die Kulissen blicken lässt.

Hallo Till, danke dass Du Dir die Zeit für ein paar Fragen nimmst.

Till: Hi Manuel, wir haben zu danken für das Interesse an ELVENPATH!

Erzähl unseren Lesern, die ELVENPATH noch nicht kennen, doch zunächst mal etwas über die Entstehung und die Geschichte der Band.

Till: Nun, ELVENPATH gibt es seit Anfang 2002, wir kommen aus Frankfurt und wurden von mir gegründet. Impuls für die Bandgründung war der dringende Wunsch, in einer Power Metal-Band zu spielen, und da diesbezüglich nichts zu finden war, wo man hätte einsteigen können, mußte natürlich ein Eigengewächs ran. Seitdem gibt es die Band ununterbrochen, wir haben eine Menge Gigs gespielt, zwei Demos und ein Album veröffentlicht und hatten leider auch eine Menge Besetzungswechsel. Das hat uns immer etwas zurückgeworfen. Von der Urbesetzung sind noch Christian (b) und ich dabei, der Rest wechselte mehrfach. Im März 2011 haben wir nun unser zweites volles Album veröffentlicht, welches an sich jedem Fan traditioneller Power Metal-Klänge gefallen dürfte.

Ist es richtig, dass der Bandname dem gleichnamigen Song von NIGHTWISH entsprungen ist?

Till: Es stimmt, daß wir uns nach dem gleichnamigen NIGHTWISH-Song benannt haben. Ich wollte einen Fantasynamen für die Band, der aber nicht so klischeehaft klingt, also möglichst nichts mit "Dragon", "Steel" oder "Fire". Der Name schlägt außerdem eine Brücke zu Tolkien, den ich sehr verehre, und in dessen Welt mich die Elben immer am meisten beeindruckten. Außerdem mag ich es irgendwie, wenn Bands sich nach Songs ihrer eigenen Lieblingsbands benennen, man denke an RUNNING WILD, EXCITER, DARK AVENGER, LONEWOLF und viele andere. Und NIGHTWISH sind eine meiner absoluten Lieblingsbands, auch wenn sich das auf unsere Musik nicht so deutlich niedergeschlagen hat.

Ihr hattet in den letzten Jahren mit einigen Besetzungswechseln zu kämpfen. Wie lange seid ihr in der aktuellen Besetzung jetzt stabil, und wie kam diese zustande?

Till: Wir sind jetzt seit zwei Jahren in der gleichen Besetzung unterwegs. Christian und ich sind ja wie gesagt schon länger zusammen am musizieren. Mit Dragutin habe ich vor einigen Jahren mal anderweitig gejammt und war sehr beeindruckt von seiner Stimme. Als wir dann einen neuen Sänger brauchten, war er mein Wunschkandidat Nr. 1, und erfreulicherweise war er nach einer gemeinsamen Probe schnell mit von der Partie. Über ihn kam dann der Kontakt zu Boldie und Oliver zustande, mit denen er bereits in seiner vorherigen Band zusammengespielt hatte. Allerdings steht nun doch wieder ein Besetzungswechsel an, da Boldie und ELVENPATH kürzlich beschlossen haben, aufgrund persönlicher Differenzen künftig getrennte Wege zu gehen. Er wird die anstehenden Konzerte noch mitspielen, aber wir suchen nunmehr einen neuen Drummer.

Würdest Du uns die einzelnen Bandmitglieder kurz charakterisieren und beschreiben?

Till: Da fangen wir mal mit unserem Sänger Dragutin an. Er ist nicht nur ausgesprochen stimmgewaltig, sondern auch extrem begeisterungsfähig und motiviert. Ich glaube, niemand trägt sein ELVENPATH-Shirt mit mehr Stolz als er. Er würde nahezu alles für die Band tun und lebt den Metal durch und durch. Er muß 72 Stunden in der Woche arbeiten, um seinen Riesenhund zu ernähren, gegen den Fenrir vermutlich wie ein Dackel wirken würde. Christian spielt Bass, ist sehr zuverlässig und treu und deshalb schon seit Anfangszeiten dabei. Wie alle Bassisten ist er der Ruhepol in der Band, außerdem ist er fürchterlich genau und detailverliebt und kann in aller seelenruhe stundenlang an einem winzigen Part basteln, während alle anderen längst Schweißausbrüche bekommen. Und er brachte seinen Kindern bereits im Alter von wenigen Wochen die Pommesgabel bei. Oliver wurde vermutlich bereits mit der Gitarre in der Hand geboren und hat sie seitdem nur selten weggelegt, daher wird er nervös, wenn er mal länger als zwei Minuten am Stück nicht spielen darf. Wie alle Künstler ist er außerdem ein wenig weltfremd und benötigt öfters mal einen Anstoß, sofern es um nichtgitarristische Themen geht. Und ich bin der Vereinsvorsitzende, der den Haufen zusammen und das Schiff auf Kurs hält, die Band nach außen hin vertritt und mit eiserner Faust seine Untertanen regiert. ;-) Nicht zu vergessen unser derzeitiger Aushilfsdrummer Angelo, der im Proberaum den Beat hält. Sehr problemlos, obwohl er bereits auf zwei RUNNING WILD-Alben zu hören war.......

Kommen wir zum neuen Album. Wie lange wart ihr mit dem Songwriting beschäftigt?

Till: Das läßt sich nicht so ganz einfach beantworten, denn die Stücke sind nicht alle brandneu, sondern stammen vielmehr aus verschiedenen Epochen der Band. 'For our liberty', 'Into the future', 'Guardians of the Underground' und 'Metalsteel' sind relativ neu. 'Enflaming demands' war bereits für das letzte Album vorgesehen, gefiel uns dann aber doch nicht gut genug, wurde nochmal kräftig überarbeitet und klingt jetzt so, wie es sollte. Und 'Moria', 'Cellars of doom', 'Metalwar' und 'War of steel' sind teilweise schon richtig alt, wurden aber nie veröffentlicht – abgesehen von 'Metalwar', welches wir 2003 schon mal aufgenommen und auf einem regionalen Sampler sowie auf unserer Homepage zum Download veröffentlicht hatten. Das bedeutet nicht, dass die Songs damals nicht gut genug gewesen wären und wir jetzt Resteverwertung betreiben oder dass uns nichts mehr einfällt. Aber aufgrund der Besetzungswechsel waren wir halt auch immer wieder zur Inaktivität gezwungen, da sich nicht jede Lücke schnell schließen ließ. Und wir finden die Stücke alle so gut, daß sie auch zur Veröffentlichung kommen sollten, insofern musste manch neuerer Song jetzt erstmal warten, weil wir zunächst mit den älteren Songs klar Schiff machen wollten.

Konnten sich an der Entstehung der Songs schon alle Bandmitglieder beteiligen, oder ist diese Aufgabe innerhalb der Band in festen Händen?

Till: Ein Song ('Into the future') wurde ja bereits von Oliver und Dragutin beigesteuert. Ich bin auch sicher, daß die beiden künftig noch mehr zum Songwriting beitragen werden. Für die meisten Stücke bin zwar ich verantwortlich, aber jeder ist herzlich eingeladen, neue Songs für ELVENPATH zu schreiben, so lange es stilistisch passt und die Qualität stimmt. Außerdem sind an den Arrangements, d.h. der genauen Ausfeilung der einzelnen Parts, ohnehin alle Musiker beteiligt.

Wo wart ihr im Studio, wie lange hattet ihr Zeit für die Aufnahmen, und wie war die Stimmung im Studio?

Till: Das Album wurde unter der Fuchtel von Kai Stahlenberg im Kohlekeller-Studio aufgenommen – einem schön gelegenen, kleinen aber sehr guten Studio im Odenwald. Dort entstand bereits unser letztes Album, und wir waren so zufrieden, dass wir die neue Scheibe ebenfalls dort aufnehmen wollten. Das war auch eine richtige Entscheidung, denn die Arbeit verlief in entspannter Atmosphäre, aber sehr konzentriert, wie es sein sollte. Kai hat es geschafft, alle zur Bestleistung anzutreiben und einen Sound zurechtzuzaubern, der nicht besser sein könnte. Wir sind erneut vollkommen zufrieden mit dem Ergebnis und ich kann das Studio nur weiterempfehlen. Insgesamt haben wir etwas mehr als zwei Wochen aufgenommen und knapp eine Woche gemischt.

Ihr spielt ja ganz offensichtlich massiv mit den ganzen Klischees der Metalszene. Woher kommt das? Ist das alles wirklich ernst gemeint, oder muss man das bei euch mit einem gewissen Lächeln sehen und ihr übertreibt da bewusst ein wenig?

Till: Ich dachte eigentlich, Zeilen wie "Heavy Metal cows and Heavy Metal horses" sagen genug über die Seriosität mancher Texte aus ;-). Nun, da hat die Medaille für uns zwei Seiten. Einerseits sind die drei letzten Stücke des Albums klar mit einem Augenzwinkern zu verstehen. Da muß ich vielleicht etwas zur Entstehungsgeschichte erzählen: Unser alter Gitarrist Michael und ich hatten damals 'Metalwar' geschrieben, noch bevor es ELVENPATH überhaupt gab. Wir wollten einfach eine Nummer schreiben, die die damals im Zuge des sogenannten "True Metal-Revivals" hochgespülten Klischees ein wenig auf die Schippe nahm – musikalisch und textlich. Und als es ELVENPATH dann gab, nahmen wir den Song ins Programm, er kam großartig an und wurde bei fast jedem Gig dargeboten sowie auch in kleinem Rahmen veröffentlicht. Die Fortsetzungen waren eigentlich nicht geplant, aber aus einer Jam während einer Probe entwickelte sich dann spontan 'War of steel', und wir legten dann fest, daß wir aus der Chose eine Trilogie machen wollten. Der dritte Teil sollte 'Metalsteel' heißen und bewusst derart den Vogel abschießen, dass das Thema "True Metal-Parodie" danach für alle Zeiten durch sein sollte. Ich glaube, das ist uns auch gelungen, denn noch dümmer kann ein Text in dieser Richtung eigentlich nicht sein ;-). (Ein wahres Wort - gelassen ausgedrückt! ;-) Anm des Verfassers) Das heißt aber nicht, dass wir den Metal nicht ernstnähmen – das ist die andere Seite der Medaille. Wir sind durchaus Metaller mit Herz und Seele, nehmen unsere Musik ernst und drücken unsere Liebe zu selbiger aus – 'Into the future' und 'Guardians of the underground' handeln ebenfalls vom Metal, sind aber keineswegs als Parodie zu verstehen, sondern sind ehrlicher Ausdruck unserer metallischen Leidenschaft. Wir nehmen unsere Musik also durchaus ernst – die drei beschriebenen Klischeesongs sind eben auch nicht nur Parodie sondern auch wirklich gute Kompositionen -, uns selbst aber nicht immer, denn wir sind halt auch ein Haufen unverbesserlicher Kasperköppe.

Woher kommt Eure Liebe zu derartigen Klischees?

Till: In erster Linie von einer jahrelangen Überdosierung mit MANOWAR im Laufe des größten Teils meines Lebens. Des weiteren von Bands wie GODDESS OF DESIRE, HAMMERFALL, WIZARD, SACRED STEEL, MAJESTY etc., die diese Schiene aufgegriffen und fortgeführt haben. Der Heavy Metal hat viele Gesichter, und sie sind aus unterschiedlichen Gründen interessant. Ich mag es, wenn Bands anspruchsvolle Texte schreiben, für die man wirklich sein Gehirn benutzen muss, die eine tiefere Aussage haben. Ich mag es aber auch, eben dieses Gehirn mal pausieren zu lassen und sozusagen mit dem Bauch zu hören, denn auch wenn derartige Klischeetexte nicht gerade anspruchsvoll sind, steckt doch immer eine gewisse Leidenschaft und ehrliche Liebe zum Metal darin, die mich anspricht, da ich diese Leidenschaft teile. Und gerade im Fall MANOWAR muss ich sagen, dass ich ihre Musik nach wie vor zutiefst verehre, da sie mich aus so mancher persönlichen Krise gerettet hat. Ihre Musik und Texte haben mich wieder aufgebaut, wenn es mir dreckig ging – ein Szenario, welches vermutlich jeder echte Metalfan ähnlich erlebt hat, auch wenn es für ihn vielleicht eine andere Band war. Aber MANOWAR mit ihrer Schlachtenthematik, ihrer Epik und ihrer Hingabe haben mich da deutlich geprägt.

Welche Bands würdest Du selbst als die größten Einflüsse von ELVENPATH bezeichnen?

Till: Ich glaube, die sind nicht so schwierig herauszuhören, da müßten auf jeden Fall Bands wie BLIND GUARDIAN, HELLOWEEN, IRON MAIDEN, MANOWAR und HAMMERFALL genannt werden. Das sind auch die Bands, bei welchen sich der Musikgeschmack der Mitglieder konzentriert. Natürlich hören wir noch andere Arten von Musik, teilweise sind auch andere Einflüsse in unserer Musik zu bemerken, aber hauptsächlich konzentriert es sich doch bei den genannten Bands.

Ihr habt das Album ja erneut ohne den Rückhalt eines Labels veröffentlicht. Ist diese Entscheidung bewusst so gefallen, oder ist es einfach schwerer geworden, ein passendes und interessiertes Label zu finden?

Till: Wir haben durchaus versucht, einen Deal zu ergattern, aber die einzigen Angebote, die wir hatten, waren so schwach, dass das eigentlich keine Verbesserung gegenüber einer Eigenproduktion bedeutet hätte. Insofern haben wir es vorgezogen, das Heft selbst in der Hand zu behalten. Man merkt schon, wie sich die Musikindustrie verändert hat - Labels wollen kein Geld mehr in einen Newcomer investieren und sind sehr zögerlich. Ein Budget zum Aufnehmen bekommt man als neues Signing ohnehin nicht mehr, das muss so oder so von Seiten der Band bezahlt werden. Und wenn dann auch der Vertrieb nur über Mailorder läuft und man sogar die Promopäckchen noch selbst verschicken muss, fragt man sich wohl schon, wieso man eigentlich einen Vertrag unterschrieben hat. Natürlich handhaben das nicht alle Labels so, manche leisten sicherlich auch gute Arbeit, aber auch kleine Labels erwarten aus dem Stand gute Verkäufe, ohne dass der Band ausreichend Zeit zum Wachsen eingeräumt wird. Somit bleiben wir also weiter vertragslos und versuchen, die CD möglichst weitläufig unter die Leute zu bringen. Falls aber ein ernstzunehmendes Label doch mal Interesse an uns zeigen sollte, sind wir da durchaus offen.

Ihr habt Euer neues Album ja bereits bei einer Releaseparty live vorgestellt. Wie waren die Reaktionen auf das neue Material?

Till: ELVENPATH sind eine Band, die ihre Songs in der Regel erstmal ausgiebig live spielt, bevor sie sie aufnimmt und veröffentlicht. Mit einer Ausnahme haben wir alle Stücke des Albums, auch die neueren, bereits bei zahlreichen Gigs dargeboten, und die Reaktionen waren überwiegend positiv. Vor allem die Songs der Truelogy sind absolute Publikumsfavoriten. Bei unserer Releaseparty haben wir es uns auch nicht nehmen lassen, das komplette Album in voller Länge zu spielen, es war schließlich der Veröffentlichungstag. Künftig wird es aber wieder mehr alte Klassiker zu hören geben, und in bester ELVENPATH-Manier wird demnächst auch der eine oder andere neue Song auftauchen, der dann das nächste Album schmücken wird.

Wann und wo gibt es weitere Möglichkeiten, Euch zu sehen?

Till: Im Moment ist nur eine Belgien-Minitour bestätigt: vom 1.-4.6. werden wir unser westliches Nachbarland betouren. Wir arbeiten aber an weiteren Auftritten sowohl regional als auch weiter weg, da ist im Moment aber noch nichts bestätigt. Schaut einfach immer mal auf unsere Homepage oder tragt euch für unseren Newsletter ein, dann verpasst ihr uns nicht mehr. Wir sind aber immer an Konzerten interessiert und spielen mit Freuden an jeder Steckdose. Also wenn wir schon viel zu lange nicht mehr in eurer Nähe waren – organisiert ein Konzert und ladet uns ein!

Ich weiß von Dir, dass Du privat musikalisch alles andere als eingefahren bist, und einen breitgefächerten Geschmack hast. Wie beurteilst Du die aktuelle Entwicklung der gesamten Metalszene mit all ihren Sparten?

Till: Nun, zunächst möchte ich festhalten, dass es toll ist, wie viele gute Bands die Metalszene so hervorbringt. Die alten Bands gibt es immer noch oder wieder, jüngere wachsen nach, viele von ihnen bieten eine Menge Qualität. Dem gegenüber steht natürlich eine immense Zahl an Bands, welche sich irgendwo zwischen uninteressantem Mittelmaß und abgrundtiefer Schlechtigkeit bewegen. Was nicht so schlimm ist, denn es gibt genügend gute Bands, um jeden Fan zufriedenzustellen. Aber Geld regiert nun mal auch im Metal die Welt, und das bedeutet, dass nicht die besten Bands ins Rampenlicht gerückt werden sondern diejenigen, welche das finanzstärkste Label im Rücken haben. Dementsprechend sind es immer wieder die gleichen Bands, die auf den wichtigen Festivals spielen dürfen, die prestigeträchtige Touren mitfahren dürfen und in den großen Magazinen (die längst nur mehr Kataloge der entsprechenden geldgebenden Firmen sind) präsentiert werden. Leider gibt es viele Fans, die das einfach schlucken und sich nicht die Mühe machen, den Metal mit all seiner Magie zu entdecken. Denn der Metal ist wie eine Höhle voller Edelsteine: die wahren Schätze muss man suchen und aufstöbern, die werden einem nicht unter die Nase gehalten. Das andere Extrem finde ich allerdings genauso daneben: manch selbsternannter Undergroundfanatiker schaut auch nicht auf die Qualität, sondern beachtet nur, ob eine Band möglichst unbekannt ist, aber obskur ist eben auch nicht gleich gut. Die Szene ist aber eben seit den 80ern immer weiter angewachsen, und keinem gelingt es mehr, den Überblick zu behalten. Wenn man alte Magazine aus den späten 80ern liest, wird man feststellen, dass bereits damals Worte wie "Veröffentlichungsoverkill" und "Gesundschrumpfung" zu lesen waren. Natürlich ist das genaue Gegenteil passiert! Demzufolge kann keiner mehr überblicken, was es eigentlich alles an Stilrichtungen und Bands gibt. Ich bin immer wieder überrascht, wenn ich erfahre, dass diese oder jene Band schon wieder ein neues Album draußen hat, und dann denke ich kurz nach und stelle fest, dass das letzte zwar schon wieder drei Jahre alt ist, diese Zeit aber geradezu vorbeigeflogen ist. Die vielen Sparten, in welche der Metal mittlerweile aufgeteilt ist, sind ja auch schon sehr zahlreich, selbst innerhalb einer bestimmten Sparte ist der Überblick schon schwer. Und jemand wie ich, der eben einen durchaus breitgefächerten Geschmack hat und viele verschiedene Richtungen mag, ist noch übler dran ;-). Aber so lange ich überall auf gute Bands stoße, kann ich damit leben. Es ist mir lieber, wenn es mehr gute Veröffentlichungen gibt, als ich mir kaufen kann, als wenn wirklich nur noch Schrott produziert würde.

Was hältst Du von der anhaltenden Veröffentlichungsflut? Hast Du die Befürchtung, dass eine Band wie ELVENPATH dabei etwas untergehen könnte?

Till: Das Thema habe ich ja eben schon angeschnitten. Die Szene ist viel größer geworden, als sich in den 80ern jemand hätte träumen lassen, wofür es meines Erachtens unterschiedliche Gründe gibt. Zum einen besteht die Metalszene nicht mehr nur aus einer Generation sondern derer zwei oder gar drei. Die alten Bands hören nicht auf oder reformieren sich, die jungen wachsen nach. Zum anderen ist es durch die technische Entwicklung finanziell einfacher geworden, eine eigene CD zu veröffentlichen, man braucht nicht mehr unbedingt ein Label. Aber der Kuchen ist nicht größer geworden, er wird jetzt nur unter viel mehr Bands aufgeteilt, daher muss man sich nicht wundern, wenn alle über sinkende Verkäufe klagen. Dass eine eher unbekannte Band wie ELVENPATH da untergeht, liegt auf der Hand. Es ist auch nicht ganz einfach, zu beobachten, wie ein Album, an dem man lange gearbeitet, in welches man viel Zeit, Energie und Geld investiert hat, in der Szene quasi eine Viertelstunde Aufmerksamkeit bekommt, bevor die nächsten Bands schon wieder nachrücken. Aber so ist die Szene heutzutage, das wird sich nicht ändern. Es ist auch verständlich, dass jeder seine Musik unter die Menschen bringen will. Man muss das einfach realistisch sehen. Wir haben uns nie Illusionen gemacht, irgendwann kiloweise CDs verkaufen und Unsummen scheffeln zu können. Aber wir können erhobenen Hauptes sagen, dass wir immer Qualität abgeliefert haben – wir haben uns nie mit halben Sachen begnügt, und einen gewissen Namen konnten wir uns mit unseren Veröffentlichungen und Konzerten durchaus machen, glaube ich.

Musstet Ihr euch auch schon mit illegalem Download rumärgern, oder seht ihr das eher als Chance, euch etwas mehr ins Gespräch zu bringen?

Till: Für uns ist das kein Problem. Es ist heutzutage unausweichlich, dass ein Album spätestens einen Tag nach der Veröffentlichung im Netz steht, das muss man einfach realistisch sehen. Wer sich die CD nicht kaufen will, der wird sie sich nicht kaufen, egal was man für einen Hokuspokus mit Kopierschutz, Voiceovers, gekennzeichneten MP3s etc. anstellt. Und wer das Album im Original haben will, der kauft es sich, wenn er das Geld dazu hat, so einfach ist das. Für uns ist das Internet auf jeden Fall eine Chance für Gratiswerbung, das bringt im Endeffekt mehr Bekanntheit, als es uns wirklich schadet, denn wie gesagt: Die meisten, die sich unsere neue CD runtergeladen haben, hätten sie sich anderweitig auch nicht gekauft, da bin ich mir sicher. Ich glaube eher, dass die allgemein sinkenden Verkäufe auf die immer größere Anzahl an Bands zurückzuführen ist – wenn sich 100 statt 20 Leute einen Kuchen teilen, werden die Stücke nun mal kleiner.

Vielen Dank für die Beantwortung meiner Fragen. Die letzten Zeilen gehören wie immer Dir/Euch:

Till: Erstmal vielen Dank an dich für dein Interesse und die Unterstützung! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, die Fans dazu aufzurufen, den Underground wieder mehr zu unterstützen. Und damit meine ich nicht, zum Keep It True oder Headbangers Open Air zu fahren und irgendwelchen vermeintlichen alten Kultbands nachzuhecheln. Der Underground ist überall – es gibt auch bei euch sicherlich Bands, die sich redlich mühen aber niemals zu derartigen Festivals eingeladen werden, weil sie halt nicht aus den USA und nicht aus den 80ern sind. Geht in eure lokalen Kneipen und Jugendzentren, schaut euch eure lokalen Undergroundbands an, kauft ihre Demos und tragt ihre Shirts. Sie brauchen eure Unterstützung. Stay Metal!

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