Interview mit Marco Rogowski, André Dederichs, Marvin Jordans, Tim Bielen, Tobias Schönbeck von Lautstærke
Ein Interview von Farvynn vom 11.03.2022 (19602 mal gelesen)
Zwei Wochen nach dem Re-Release ihres Debütalbums "Vom Morgen Danach (Deluxe)" konnte ich es mir nicht nehmen lassen und hab den Newcomern aus Euskirchen zu einem kurzes Mailer-Interview geladen. Neben der Zusammenarbeit mit ihrem Label NRT-Records und der steile Aufstieg des Albums wurde über einige Wermutstropfen der Pandemie und den Hintergründen einiges Songs gequatscht.
Hey erstmal, schön, dass ihr euch die Zeit für das Interview nehmen könnt. Stellt euch und die Band doch erstmal kurz vor.
Marco: Die Band besteht aus André Dederichs an den Vocals/Akustikgitarre, Tobias Schönbeck an der Leadgitarre, Tim Bielen an der Rhythmusgitarre, Marvin Jordans am Bass und Marco Rogowski an den Drums.
Wie fühlt ihr euch nach der Veröffentlichung eures Albums "Vom Morgen Danach"?
Marco: Sehr gut! Wir hätten nicht damit gerechnet, dass die physische Kopie des Albums gleich zwei mal auf Amazon ausverkauft sein wird und wir in verschiedenen Neuerscheinungscharts auf Amazon und Apple Musik auftauchen. Wer hätte das gedacht? Auch an dieser Stelle danke für die zahlreichen, meist positiven und konstruktiven Reviews!
Das Album ist ja ein Re-Release, wie kam es zur erneuten Veröffentlichung?
Marco: Nachdem wir unser Album im DIY Format fast gleichzeitig mit dem Start der Corona-Pandemie released haben, was etwas nach hinten losging, haben wir uns entschlossen, mit NRT- Records das ganze Ding neu aufzulegen! Wir wollten den Songs auf dem Album eine zweite Chance geben. Deshalb gab es ein neues Design, zwei Bonussongs (deswegen Deluxe) und mit Philipp Gottfried an unserer Seite auch jemand, der die Scheibe professionell vermarkten kann. Ich denke, wir können zufrieden mit dem Ergebnis sein!
Was könnt ihr Positives aus der letzten Zeit mitnehmen und auf was hättet ihr lieber verzichtet?
Marco: Leider ist da die Liste der Dingem auf die wir verzichten können, momentan länger als die der positiven Dinge. Pandemie, keine Gigs, wenig Bandleben, wenig zusammen musiziert. Dann sind wir alle in Euskirchen Mitte 2021 vom Hochwasser betroffen gewesen, privat, aber auch Teile unserer Technik sind abgesoffen. Alles Dinge, die man vorher nicht kannte, mit denen wir aber irgendwie dealen mussten. Aber das sind aus jetziger Sicht ja "Storys von Vorgestern". Wir nehmen jetzt den positiven Schwung mit dem Re-Release des Albums mit und blicken nach vorne!
Erst im letzten Jahr habt ihr ja den Vertrag mit NRT-Records unterschrieben. Wie läuft bislang die Zusammenarbeit mit ihnen?
André: Fantastisch. Ich glaube, wir haben mit NRT-Records und deren Partner*innen das fehlende Puzzleteil gefunden, welches uns noch fehlte, um gehört zu werden. Allen voran Labelchef Philipp Gottfried, der scheinbar vier Hände und zwei Köpfe hat. Der arbeitet echt für zwei. Das wiederum motiviert uns ungemein, Gas zu geben.
Das Album habt ihr ja erstmals im Jahr 2020 in Eigenproduktion herausgebracht. In wie weit unterscheidet sich die gesamte Produktion im Vergleich zu der Arbeit mit dem Label?
André: Der Aufnahmeprozess im Studio ist komplett identisch. Da gibt es für uns bei der Aufnahmen der zwei Bonussongs keine Veränderung im Vergleich zu den Aufnahmen Ende 2019. Unser Produzent Frederic Gieselbach und wir als Band sind ein eingespieltes Team. Das wird auch zukünftig mit Sicherheit so bleiben. Im Bereich des Album-Marketing gibt es halt exorbitante Unterschiede im Vergleich zum Ersterscheinungsjahr 2020, wo wir alles in Eigenregie und mit bescheidenen Möglichkeiten regeln mussten. Wir wachsen hier gemeinsam mit NRT-Records.
Anschließend stellt sich mir gerade noch die Frage, ob ihr das alte Material aus 2020 wiederverwenden konntet oder ob ihr sämtliche Songs nochmal neu aufgenommen habt?
André: Wir haben das Material, bis auf die Bonussongs, komplett verwenden können. Die Songs sollten genauso klingen, wie sie auch in 2020 geklungen haben. Wir wollten sie lediglich auf einer größeren Bühne präsentieren. Aber keine Sorge. Wir haben die Zeit sinnvoll genutzt und uns mit Frederic getroffen. Nicht nur zum Quatschen (zwinkert).
Nun aber mal weg vom Technischen und rein ins Songwriting. Wer kümmert sich da bei euch um die Texte und wer um die Instrumente?
André: Das kommt alles aus meinem Keyboard. Nein, natürlich nicht. Jeder ist Herr seines Instrumentes. Spätestens wenn wir uns im Proberaum Gedanken um das Arrangement machen, will sich jeder mit seinem Instrument selbst verwirklichen. Vorschläge der anderen werden dennoch angehört. Bei Meinungsverschiedenheiten beugt man sich dann der demokratischen Abstimmung. Meistens finden wir da einen Weg. Falls nicht: Schlichtungsstelle Frederic. Bei den Texten ist es da schon leichter. Da habe ich freies Spiel. Ich gehe in der Regel hin und schicke den Jungs meine neusten Texte per Whatsapp rüber und bin dankbar, wenn sie da mal drüber schauen. Manchmal machen sie das auch (zwinkert). So kann man Dinge, die beispielsweise unverständlich oder zu verklausuliert getextet wurden, nochmal anpassen. Mich freut es umso mehr, wenn jemand aus der Band mit eigenen Textzeilen um die Ecke kommt. Tobi ist da auf dem Vormarsch. Allgemein ist das Texten aus meiner Sicht ein sehr fordernder Part. Da schließe ich mich gerne für mehrere Stunden an einem absolut ruhigen Ort ein. Anders klappt es meist nicht bei mir.
Wie läuft so etwas generell bei euch ab? Trefft ihr euch einmal die Woche beziehungsweise einmal im Monat mit einem Haufen Ideen im Proberaum oder seid ihr da immer im Gespräch, sobald einer eine Idee hat?
Marvin: Also das lief und läuft recht unterschiedlich - zumeist aber haben André oder Tobi eine Idee, die sie ausarbeiten und dann mit in den Proberaum bringen, sodass wir zusammen dran arbeiten können - digital oder analog (also im Proberaum oder von Zuhause aus übers Netz).
Eure Texte scheinen durch weltliche Probleme, wie zum Beispiel die Flüchtlingskrise, geprägt zu sein. Das Thema ist ja reichlich schwere Kost. Wie kam es dazu, genau darüber zu schreiben?
Marvin: Also speziell bei dem Song 'Hilf mir' waren es zuerst einmal die Gedanken von André, die ihm im Urlaub in den Sinn kamen und eben auch die ständige Präsenz des Themas in den Medien und in unserm persönlichen Umkreis, die uns dazu bewegt haben, dieses Lied zu produzieren. Ein Grund war aber auch, dass das Thema - sowie auch die ständige Missachtung von Menschenrechten generell - für uns ein wichtiges Thema ist, das unserer Meinung nach, trotz allem, immer noch viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommt, also immer noch mehr Aufmerksamkeit verdient.
Wird es in naher Zukunft noch mehr solch politischer und weltlich bewegter Texte geben? Könnt ihr da eventuell schon mal einen Vorgeschmack liefern?
Marvin: Da bin ich mir sicher. Leider geht einer Band wie uns (zur Zeit) ja leider nicht das Material aus - auch wenn sich immer mehr und mehr Menschen sozial und politisch gegen den ganzen Mist da draußen wehren.
Eure Texte sind aber nicht nur weltlich geprägt, sondern weisen viele zwischenmenschlicher und psychischer Probleme auf, die zuletzt in 'Feuer' und 'Vermissen'. Sprecht ihr da überwiegend aus eigener Erfahrung oder generell über das, was den Menschen bewegt?
Tim: Der Ursprung eines Textes ist meist die eigene Erfahrung. Dieser Kern wird dann durch relevante Situationen erweitert, die jemand anders erlebt hat oder auch frei erfunden sind. Gerade in unseren gefühlvolleren Texten ist es uns wichtig, den Zuhörer direkt anzusprechen und ihm die Möglichkeit zu geben, sich mit dem Text zu identifizieren.
Danke erstmal für die Einsicht. Welcher der 21 Songs ist eigentlich euer persönlicher Favorit und warum?
Tim: Das wechselt schon mal etwas und ist im Allgemeinen von der aktuellen Stimmung jedes Einzelnen abhängig. Ganz weit oben im Kurs sind aber meist 'Kunst', 'Egal' und 'Lautstärke'. Für uns sind das einfach typische LAUTSTAERKE-Songs, die immer Spaß machen.
Mir persönlich gefallen ja gerade die kurzen Zwischensequenzen wie 'Für Dich' und 'Neulich'. Wie kommt man auf solch Ideen und wer ist diese mysteriöse Carina?
Tim: Freut mich, dass es dir gefällt. Hierzu haben wir wirklich sehr geteiltes Feedback erhalten, die Leute wissen nicht immer, was sie damit anfangen sollen. Unsere Idee dabei war es, das Album etwas aufzulockern und ein persönlicheres Bild der Band zu zeichnen. Carina existiert tatsächlich und ist eine Arbeitskollegin von André. In 'Unmagnetisch' ist sie allerdings ehrlicherweise etwas überspitzt dargestellt.
Euch wurde die Frage garantiert schon 100 mal gestellt, aber seid ihr der Meinung, dass SERUM 114 und BROILERS euch stark beeinflusst haben?
Tobias: Ich mag die BROILERS und war sogar schon auf ein paar Konzerten, aber der Stil des Arrangements und die gepresste/gehauchte Stimme ist schon ein ordentlicher Unterschied zu uns.
Und wenn wir schon dabei sind, welche Bands haben euch tatsächlich beeinflusst?
Tobias: Wir sind fünf Köpfe und haben alle unsere speziellen Vorlieben, dementsprechend wirkt unsere Musik auch von Track zu Track so verschieden. Wir haben sogar schon gesagt bekommen, dass wir unsere "Musikrichtung noch nicht gefunden haben". Diesen Gedanken kann ich beruhigt zurückweisen. Es wird in Zukunft sogar noch verschiedenere Tracks geben! Natürlich gehören zu unseren größten Vorbildern DIE ÄRZTE. Selbst die haben schon bis heute auf ihren Alben für ordentlich Vielfalt gesorgt. Manche in der Band, (wie ich zum Beispiel) hören auch Metalcore. Die Band BRING ME THE HORIZON sorgt selbst in der Schiene für ordentlich Vielfalt landet damit sogar Chartplatzierung. Sie bleiben in anderen Tracks ihrem Stil treu oder vermischen vieles. Alles wie zum Beispiel AC/DC oder METALLICA von vorne bis hinten gleich durchzuballern, kann ich leider nicht mehr ernst nehmen. Mir fehlt da die Vielfalt. Das sieht die Mehrheit der Band ähnlich.
So Jungs, leider war es das auch schon wieder. Ich bedanke mich erstmal und möchte euch gerne das Schlusswort überlassen.
Tobias: Vielen Dank für das Interview! War schön, in dieser verrückten Zeit nochmal auf andere Gedanken zu kommen.