Interview mit Wilska von Survivors Zero

Ein Interview von Lestat vom 09.03.2010 (9171 mal gelesen)
Vor dem Konzert in Aschaffenburg auf ihrer Tour zusammen mit HYPOCRISY gab Wilska ein Interview. Er erzählte dabei nicht nur Dinge zum Songwriting, zur momentanen Tour und zum Entstehungsprozess von SURVIVORS ZERO, er sagte auch ein paar Worte zu seinem Ausscheiden aus FINNTROLL vor einigen Jahren.

Hallo Wilska! Bei euch ist soweit alles OK?

Wilska: Ja, soweit gehts uns gut.

Gut ins Jahr 2010 gestartet?

Wilska: Oh ja. Das letzte Jahr hat auch gut aufgehört. Wir haben im September das Album heraus gebracht, haben dann eine kleine Tour durch Finnland mit zwei Bands vom selben Label gemacht und haben danach geschlafen, geprobt und uns erholt. Und jetzt sind wir halt im Bus mit schwedischen Verrückten (lacht).

Und hast du irgendwelche Vorsätze für 2010?

Wilska: Nun ja, wenn wir von dieser Tour zurück kehren, haben wir 5 Wochen Pause und dann gehts weiter mit einer US-Tour, einige Festivals im Sommer, und im August oder September werden wir beginnen ein neues Album aufzunehmen.

Es gibt also dieses Jahr noch einen neuen Output?

Wilska: Ja! Wir haben auch schon die ersten Demosongs aufgenommen. Und als Supportband haben wir viel Freizeit. Und daher haben wir unser Laptopstudioequipment mitgenommen. Wir nehmen dann halt im Bus oder im Backstagebereich Riffs auf.

Sami hat in einem früheren Interview etwas davon gesagt, dass die neuen Lieder zusammen mit den Fans geschrieben werden sollen. Ist das passiert, oder war es doch "nur" die Band, die geschrieben hat?

Wilska: Nein, es war nur die Band. Ich bin mir auch nicht wirklich sicher, was für eine Idee Sami da hatte. Wir haben aber auch genug Riffs und Ideen. Zu diesem Zeitpunkt sind wir auch mehr im "Touring-Modus". Wenn wir dann wohlauf zurück kommen, wollen wir uns auf das Songwriting konzentrieren.

... sofern ihr überhaupt in die USA hinein kommt.

Wilska: Ja, genau. Wir warten immer noch auf die Visa.

Ihr könntet ja stattdessen auch die amerikanischen Fans nach Europa holen.

Wilska: Yeah...das ist auch billig. Es ist nur ein Problem der Logistik.

Hier in Europa hat die Tour vor ein oder zwei Wochen angefangen...

Wilska: Vor zwei Wochen, in der Markthalle in Hamburg.

Und wie war die Tour bisher? War es stressig?

Wilska: Wir geben auf der Tour 23 Konzerte, und es sind auch ein paar Tage Frei dabei. Bisher lief alles sehr gut. Wir sind mit HYPOCRISY gut gestartet, wir haben einen komfortablen Bus, in dem man auch wie ein Mensch leben kann...

Und ihr hattet noch keine Probleme mit der deutschen Polizei oder so? Ich denke da an die letzten Tour von Peter mit PAIN.

Wilska: Ja, nun, offensichtlich ist bisher alles gut gegangen. Auf einer früheren Tour haben wir an einer Raststelle gehalten, und mindestens zwei von den Jungs wurden von der Polizei aufgeschrieben und verwarnt, weil sie in den Wald gepisst haben. Aber auf dieser Tour ist noch nichts passiert. Allerdings fahren wir heute Nacht nach Zürich, an der Schweizer Grenze könnte es vielleicht Probleme geben. Die letzten Male, wenn wir dort über die Grenze sind, wurde der Bus angehalten, alle mussten aussteigen, der Bus wurde von zwei unterschiedlichen Hunden beschnüffelt...Sie scheinen dort keine langen Haare zu mögen.

Nochmal zurück zum zu erwartenden Album: Was werden wir zu erwarten haben? Geht es in die gleiche Richtung oder habt ihr neue Ansätze im Kopf?

Wilska: So wie es bisher aussieht, wird der grundsätzliche Stil der gleiche sein. Worüber wir bisher gesprochen haben, ist, dass vielleicht in Bezug auf die Texte sich was verändern wird. Und wir sind jetzt am Verhandeln und schauen, wo wir es aufnehmen und was für einen Produzenten wir nehmen. Und dass wir ein Studio finden, in dem wir uns ein wenig mehr auf den Gesang konzentrieren können. Damit er ein wenig abwechslungsreicher wird. Also wir wollen nichts kitschig-melodisches, sondern einfach ein wenig mehr variieren. Aber schauen wir mal, was dabei heraus kommt. Auch beim aktuellen Album gab es einige Lieder, die in der Demoversion noch wesentlich anders waren als das, was nachher auf dem Album war.

Und wer macht das Hauptsongwriting?

Wilska: Sami, unser Gitarrist, macht den Hauptteil des Songwritings. Normalerweise läuft das so: Er nimmt was auf, schickt es an uns alle, und jeder bringt seine Ideen ein. Wir stellen die Songs dann zusammen fertig. Es wird auch auf dem neuen Album Material von verschiedenen Leute aus der Band geben. Auf der Tour haben wir aber auch einfach viel darüber gesprochen.

Und gibt es bei der neuen Scheibe auch so etwas wie ein Thema?

Wilska: Nein, noch nicht. Also im Großen und Ganzen war das erste Album ein Theme-Album. Es geht dabei immer wieder um organisierte Religion in der Geschichte. Was organisierte Religionen im Zusammenspiel mit der Politik in der Geschichte so alles angestellt haben. Es gibt nur zwei Lieder auf dem alten Album, die dieses Thema nicht aufnehmen. Bei dem einen geht es nur um Aggression, und das andere war der letzte Song, der für das Album auf Demo aufgenommen wurde. Ich habe nur eines Nachts um zwei Uhr eine Email mit einer MP3-Datei von Sami bekommen, und dazu hat er was geschrieben wie "Here is the last Song...very drunk now...must sleep. Write lyrics about serial killers" (lacht). Auf dem nächsten Album werden wir sehen, ob es ein Theme gibt.

Ich habe noch eine Frage zu eurem Namen, SURVIVORS ZERO. Als ich den das erste Mal gehört habe, musste ich an ein Computerspiel, irgendeinen Ego-Shooter, denken. Wie seid ihr auf den Namen gekommen?

Wilska: Die ursprüngliche Idee kam von unserem Freund Juha Harju, er ist der Bassist in der Band DEATH CHAIN. Wir haben mal mit Sami gesprochen, und da kamen wir auf den Gedanken: Eine Death-Metal-Band, eine Band über den Tod, keine Überlebenden, null Überlebende, SURVIVORS: ZERO. Es hat dann irgendwie ins Konzept der Band gepasst. Wir haben einfach eine ein wenig zynische Sicht der Zukunft.

Und wie ist die Band entstanden? War es nur Sami, der von den Bands, die er aufnehmen musste, frustriert war, und sich Leute gesucht hat?

Wilska: Naja, es war so ungefähr. Sami hat erst mich angerufen, dann Tommi, und sagte: OK, ich möchte was machen, ich habe auch Songs, ich will eine Band. Und ihr seid die Jungs, die ich drin haben will. Für die Solos und die Leadgitarre war eigentlich dann der Gitarrist von MACHINE MEN vorgesehen, Jaakko-Ville Hintikka, aber er ist halt in MACHINE MEN involviert und lebt auch 300 km weit weg. Und da wir Realisten sind, haben wir gemerkt, dass das nicht funktionieren wird. Also haben wir Janni ins Spiel gebracht, den ich schon seit Jahren kenne, ich habe den Sound für seine andere Band gemacht, SCORCHER. Ich dachte, er ist ein netter Junge, der nicht heult und macht, was wir wollen. Und dann haben wir natürlich erstmal angefangen, viel zu proben. Es war von Anfang an die Idee, dass es nicht nur ein Projekt bleibt, sondern eine richtige Band ist. Wir wollten nichts überstürzen, loslegen und Gastmusiker ins Studio einladen. Der einzige Gast war Jonas Kjellgren von SCAR SYMMETRY, der das Album produziert hat. Er hat ein Gitarrenlead eingespielt, weil wir wollten, dass er auch auf dem Album ist. Und Antti, der Gitarrist bei WARMEN und SCORCHER ist. Und wir wollten ihn haben, weil er wahnsinnig ist. Er ist wahnsinnig und ein wahnsinnig guter Gitarrist. Und wir wollten einfach ein over-the-top Gitarrensolo. Es lief ungefähr so ab: wir fragten ihn, und er meinte: "OK, lass es uns Sonntag machen". Er rief mich dann um elf Uhr morgens an von einer Bar, ein paar hundert Meter von meinem Haus entfernt. Er sagte nur "Wir müssen gaaanz schnell ins Studio. Ich habe den ganzen Morgen gesoffen. Noch zwei Stunden, und ich kann keine Gitarre mehr anfassen." Ich habe ihn dann ins Studio gebracht. Die ersten 15 Minuten hat Jonas, unser Produzent, gedacht, diesen Typen mitzubringen, sei ein reiner Witz gewesen. Er dachte, wir hätten irgendeinen Trinker auf der Straße aufgelesen und behaupten nun, dass das ein Gitarrist sei, der keiner ist. Nun ja, wir haben ihm eine Gitarre in die Hand gegeben und Jonas meinte dann nur "OK, jetzt verstehe ich. Spiel, spiel!".

Und der Titel der CD, "999", bezieht sich auch auf den ganzen Religionskram, dass die Welt sich dem Ende zuneigt und so...

Wilska: Ja, in dem Jahr war quasi das erste Mal weltweit, zumindest in der katholischen Welt, so eine Art Panik, ausgelöst durch den katholischen Glauben. Und wir haben uns dann gedacht: eigentlich hat ja jede Religion solche Untergangsszenarien, in denen gesagt wird, dass die Welt jetzt endet. Also wie zum Beispiel jetzt auch 2012...Und dann gibt es natürlich noch die anderen Bedeutungen, aber wir dachten uns einfach, dass es cool ist.

Was für andere Bedeutungen?

Wilska: Naja, von den Zahlen her ist es sehr nett, wenn man es einfach umdreht. Und ich persönlich bin auf die Zahl Neun schon mein ganzes Leben fixiert. Persönlicher Kram.

Darf ich etwas zu deiner FINNTROLL-Vergangenheit fragen? Du wurdest ja etwas ruppig aus FINNTROLL rausgeworfen. Gab es damals ein Nachspiel, Gespräche oder so?

Wilska: Natürlich gab es danach ein wenig böses Blut zwischen uns. Aber wir sind ja alle erwachsen. Heute sind wir eigentlich alle wieder ziemlich gute Freunde. Jeder hat damals die Situation verstanden, in der wir uns befanden. An diesem Punkt der Bandgeschichte gab es einfach zu viel Touren und zu wenig Kommunikation. Und wenn du in einem Bus zusammengepfercht bist für über 100 Tage im Jahr, dann wird manchmal eben aus einer Mücke ein Elefant gemacht. Und wenn du darüber nicht redest, dann explodiert es einfach irgendwann. Und an diesem Punkt, auf den letzten Touren, habe ich mich einfach ein wenig außerhalb der Restband gefühlt. Ich habe einfach meine eigenen Vorstellungen, wie die Dinge laufen sollten. Andere Leute haben vielleicht andere Vorstellungen. Wir sehen uns jedenfalls heute wieder recht oft, wir gehen zusammen weg, wir supporten FINNTROLL auf der US-Tour, zusammen mit MOONSORROW. Als ich hörte, dass die Jungs von FINNTROLL uns gefragt haben, ob wir sie supporten, dachte ich mir "gut, dann wurden jetzt die letzten Probleme beerdigt". Wir waren damals einfach an einem Punkt angekommen, an dem wir nicht mehr zusammen in einen Bus gepasst haben.

Dann war der Schnitt also besser, bevor schlimmere Dinge passiert wären...

Wilska: Ja, sicher...ab einem bestimmten Punkt wären sie es gewesen, die hätten beerdigt werden können (lacht). Manchmal hilft es einfach, wenn man ein wenig zeitliche Distanz zu solchen Dingen bekommt.

Stehen schon Festivals fest, die ihr mit SURVIVORS ZERO besucht?

Wilska: Das einzig größere, das bisher feststeht, ist das Tuska Open Air in Helsinki. Und dann ist da noch das Sundowns Rock in Ostfinnland.

Also nichts in Deutschland?

Wilska: Nein, wir versuchen immer noch in Europa, das Album den Leuten vorzustellen, wir sind im Rest Europas einfach noch zu unbekannt. Ich denke, dieses Jahr wird nichts Großes mehr passieren, eher 2011. Aber es tut sich was. Wir hatten einige fantastische Shows, bei denen die Leute total durchdrehten. Vor allem in Frankreich, in Lyon, hatten wir eine Show, bei der wir auf der Bühne standen und dachten "was zur Hölle macht ihr da unten?". Die Leute machten Stagediving, große Circlepits. Das ging weit über unsere Erwartungen hinaus. Wir wussten einfach nicht, was wir vom Publikum zu erwarten hatten. Ich habe schon viele Supportslots für größere Bands gespielt. Es kann passieren, dass du ausgebuht wirst, oder dass sie nach der Hauptband rufen. Aber auf dieser Tour war das Publikum einfach großartig. Wir finden das so toll. Auch dass wir den Bus mit HYPOCRISY teilen können. Ich kenne Peter nun schon einige Jahre. Zwar nicht näher, aber ich dachte mir "ok, das sind coole Jungs". Aber vom ersten Tag an stand fest, dass es keine Hauptband oder Supportband gibt, sondern wir einfach Jungs sind, die ein paar Bier trinken und AC/DC hören.

Das hört sich gut an. Dir gebührt zum Schluss nun die Ehre der letzten Worte.

Wilska: Ich hasse das!

Dann solltest du zur Presse wechseln!

Wilska: (lacht)Ja, klar. Ich könnte jetzt mit den ganzen Klischees loslegen: Kauft die CD, kommt zu den Shows. Nun gut, das richtet sich jetzt an die Leute, die auf der Tour bei unseren Shows waren: Wir finden es wirklich toll, wie wir behandelt wurden, all die Freundlichkeit, was wir bekommen haben...einfach atemberaubend. Wir werden einfach weiter machen und Ärsche treten, das ist das Beste, was wir können!

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