Tension - Decay

Review von baarikärpänen vom 27.01.2022 (5489 mal gelesen)
Tension - Decay 40 Jahre und kein bisschen aus der Mode. Ganz egal, was so mancher Troll auch sagen mag, aber der Nachschub an Bands, die sich dem traditionellen Stahl verbunden fühlen, ist auch weiterhin gesichert. Gleiches gilt auch für Fans und Käufer. Und es sind nicht nur die "alten Säcke", die sich auf diese Weise erhoffen, ihre Jugend wieder und wieder auf den Plattenteller zu bringen. Ich finde es durchaus spannend in den einschlägigen Foren zu lesen, welche Acts junge Hörer zur harten Musik gebracht haben. Das sind in vielen Fällen nämlich nicht die "Big Shots" wie METALLICA, MAIDEN, SLAYER oder KREATOR, sondern oft Truppen, die eben nicht die große Karriere hingelegt haben. Aber das nur am Rande. Ganz viele neue Bands aus dem Lager des True Metal sehen sich ja eigentlich in der Tradition der NWoBHM. Eigentlich die meisten. Es gibt aber eben auch welche, die die NWoBHM erst an zweiter Stelle ihrer Einflüsse erwähnen, so wie im Falle der Leipziger TENSION, bei denen etwas ganz anderes im Fokus steht: die First Wave of Swedish Heavy Metal (oder kurz FWoSWHM) rund um Bands wie HEAVY LOAD, GOTHAM CITY und viele andere. Ein spannender Ansatz, dem TENSION auch gerecht werden. So viel sei schon mal vorweggenommen.

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TENSION, die 2015 von Sänger Maik H. und Gitarrist Phil M. gegründet wurden, haben aber durchaus noch weitere spannende Einflüsse, auf die sie zurückgreifen. Da wäre zum Beispiel Metal aus Osteuropa, wie er etwa von FORMEL 1, ARIJA oder POKOLGÉP gespielt wurde. Aber auch durchaus Genrefremdes wie die MISFITS oder DISCHARGE sind laut Band inspirationsfördernd (auch wenn man sie in der Musik von TENSION mit der Lupe suchen muss). Wie dem auch sei, Grünschnäbel sind TENSION nicht, denn auch der Rest der Band hat unter anderem schon bei TOXIC BEAST oder den deutschen PROWLER gezockt. 2017 erschien eine selbstbetitelte EP, es folgten Konzerte mit unter anderem MANILLA ROAD oder auch SATAN. Nun liegt also der erste Longplayer "Decay" vor. Und was soll ich sagen, TENSION machen auf vorliegendem Werk wirklich meiner bescheidenen Meinung nach alles richtig und liefern so dem True Metal-Gourmet neun gute Gründe, dieses Album zu lieben.

Der Einstieg in den Opener 'Open The Gates' gelingt mit einem kurzen Intro schon mal authentisch, nach 45 Sekunden nimmt der Song so richtig Fahrt auf. Was mir positiv auffällt ist der Fakt, dass vor allem den Gitarren viel Raum im Sound gegeben wird, ohne Bass oder Drums zu einem Hintergrundrauschen zu degradieren. So gehört sich das! TENSION zeigen gerade bei diesem Song, dass der Verweis auf die FWoSWHM nicht nur so dahin gesagt war. Mich erinnert der Song durchaus an die Schweden MADISON, beziehungsweise deren Song 'Lay Down Your Arms', auch wenn TENSION 'Open The Gates' eine gewisse episch-progressive Note verpassen. Dass auf "Decay" auch Freunde des teutonischen Stahls der frühen 80er einige Referenzen finden, dafür steht das nachfolgende 'Higher Power', bei welchem ich sofort an ATLAIN denken musste. Klar, auch TENSION werden das Rad nicht neu erfinden und mal eben ein neues Genre kreieren, aber wie die Leipziger ihre Einflüsse kombinieren, das hat schon was. Stellvertretend dafür sei 'Age Of The Stars' genannt, wo NWoBHM und FWoSWHM sich mit typisch deutschem Metal zu einem fröhlichen Kneipenabend treffen. Geschmack beweisen die Leipziger ebenfalls, wenn sie sich wie bei 'Black Nights' mal eben dezent an HIGH SPIRITS und ihrem 'Another Night In The City' orientieren. Fairerweise sei gesagt, dass TENSION wesentlich roher und weniger glattgebügelt klingen. Das passend betitelte 'Earth Crisis' (wenn man sich anschaut, was auf dieser Welt gerade alles abgeht) beendet "Decay" perfekt. TENSION haben dem Song jede Menge Abwechslung gegönnt, eine Prise Speed Metal hier, eine Prise Epik da, dazu noch eine Messerspitze NWoBHM. Sieht man mal vom balladesk klingenden Beginn von 'Age Of The Stars' ab, machen TENSION auf "Decay" keine Gefangenen. Von Anfang bis Ende gibt es auf diesem Album die metallische Vollbedienung. Da ist es auch zu verschmerzen, dass auf "Decay" nach einmaligem Hören kein offensichtlicher "Hit" zu finden ist. Dafür hat man mit diesem Album aber umso mehr Freude, je öfter man es hört. Ein kurzes Wort noch zu Sänger Maik H. Den werden nicht wenige als Schwachpunkt der Band ausmachen. Dem möchte ich mal klar widersprechen. Vor allem, wenn man wie ich einen "sweet tooth" für deutsche Bands aus den frühen 80ern hat, so wie zum Beispiel STEELER oder die bereits genannten ATLAIN. Peter Burtz und Peter Müller waren nun wirklich nicht das, was man ein Goldkehlchen nennen würde. Aber ohne ihre charakteristischen Stimmen wären STEELER oder ATLAIN nicht das gewesen, was STEELER oder ATLAIN immer noch für viele sind.

Die CD und die Kassette bieten neun Songs. Zusätzlich gibt es in der CD-Version noch die Stücke der Debut-EP als Bonus. Auf Vinyl finden sich leider nur acht Songs, den neunten hat sich die Band für eine Split-EP aufgehoben, die irgendwann später in 2022 veröffentlicht werden soll. Es darf also jeder überlegen, in welcher Form er sich "Decay" zulegen möchte. Egal wie die Entscheidung auch ausfällt, am Ende des Tages haben TENSION mit "Decay" ein Album eingespielt, das einen spannenden Ansatz bietet, roh klingt und vor allem authentisch. Dass mögen True Metal-Hasser doof finden, aber mir ist das achteinhalb Punkte wert. Traditionsbewusste Banger wissen also, was zu tun ist.



Gesamtwertung: 8.5 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Open The Gates
02. Higher Power
03. Hellflight
04. Cosmic Gaze
05. Age Of The Stars
06. Black Knights
07. Mooncrusher
08. Mistress
09. Earth Crisis
Band Website: www.facebook.com/TensionLE/
Medium: CD, Vinyl, Tape
Spieldauer: 44:45 Minuten
VÖ: 28.01.2022

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